Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

alter, wo alle Ding zweyschürig sind, daß
man sie brauchen kan zu Schimpf und Ernst
wie die Taktik, um mit einerley Schwen-
kung im Feld eine Schanze, und in der
Akademie eine Pastete zu berennen; wo die
ehrwürdigsten und ernsthaftesten Ding' in
ein Puppenröckgen müssen gekleidet werden,
wenn sie anziehend werden und Aufmerk-
samkeit erregen sollen: müßt einer, däucht
mich, nicht so rasch mit dem Schwerdt Pe-
tri drein schlagen, und Einem, der ein neu
Spiel erfindet, gleich ein Ohr abhauen wol-
len. Eben drum hab ich für mein Theil
dem Präceptor nicht gehorcht, bin ihm aus
der Schul gelaufen, und setz mein physio-
gnomisch Bilboquet rüstig fort, welches
mich vor den heftigen Jnsulten der Lange-
weile bißher so sicher gestellt hat, als die
unternommene Reise vor den Anfällen des
Zipperleins, das mich um diese Jahreszeit
sonst selten unangefochten läßt.

Hier-
H 5

alter, wo alle Ding zweyſchuͤrig ſind, daß
man ſie brauchen kan zu Schimpf und Ernſt
wie die Taktik, um mit einerley Schwen-
kung im Feld eine Schanze, und in der
Akademie eine Paſtete zu berennen; wo die
ehrwuͤrdigſten und ernſthafteſten Ding’ in
ein Puppenroͤckgen muͤſſen gekleidet werden,
wenn ſie anziehend werden und Aufmerk-
ſamkeit erregen ſollen: muͤßt einer, daͤucht
mich, nicht ſo raſch mit dem Schwerdt Pe-
tri drein ſchlagen, und Einem, der ein neu
Spiel erfindet, gleich ein Ohr abhauen wol-
len. Eben drum hab ich fuͤr mein Theil
dem Praͤceptor nicht gehorcht, bin ihm aus
der Schul gelaufen, und ſetz mein phyſio-
gnomiſch Bilboquet ruͤſtig fort, welches
mich vor den heftigen Jnſulten der Lange-
weile bißher ſo ſicher geſtellt hat, als die
unternommene Reiſe vor den Anfaͤllen des
Zipperleins, das mich um dieſe Jahreszeit
ſonſt ſelten unangefochten laͤßt.

Hier-
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="121"/>
alter, wo alle Ding zwey&#x017F;chu&#x0364;rig &#x017F;ind, daß<lb/>
man &#x017F;ie brauchen kan zu Schimpf und Ern&#x017F;t<lb/>
wie die Taktik, um mit einerley Schwen-<lb/>
kung im Feld eine Schanze, und in der<lb/>
Akademie eine Pa&#x017F;tete zu berennen; wo die<lb/>
ehrwu&#x0364;rdig&#x017F;ten und ern&#x017F;thafte&#x017F;ten Ding&#x2019; in<lb/>
ein Puppenro&#x0364;ckgen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gekleidet werden,<lb/>
wenn &#x017F;ie anziehend werden und Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit erregen &#x017F;ollen: mu&#x0364;ßt einer, da&#x0364;ucht<lb/>
mich, nicht &#x017F;o ra&#x017F;ch mit dem Schwerdt Pe-<lb/>
tri drein &#x017F;chlagen, und Einem, der ein neu<lb/>
Spiel erfindet, gleich ein Ohr abhauen wol-<lb/>
len. Eben drum hab ich fu&#x0364;r mein Theil<lb/>
dem Pra&#x0364;ceptor nicht gehorcht, bin ihm aus<lb/>
der Schul gelaufen, und &#x017F;etz mein phy&#x017F;io-<lb/>
gnomi&#x017F;ch Bilboquet ru&#x0364;&#x017F;tig fort, welches<lb/>
mich vor den heftigen Jn&#x017F;ulten der Lange-<lb/>
weile bißher &#x017F;o &#x017F;icher ge&#x017F;tellt hat, als die<lb/>
unternommene Rei&#x017F;e vor den Anfa&#x0364;llen des<lb/>
Zipperleins, das mich um die&#x017F;e Jahreszeit<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;elten unangefochten la&#x0364;ßt.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0121] alter, wo alle Ding zweyſchuͤrig ſind, daß man ſie brauchen kan zu Schimpf und Ernſt wie die Taktik, um mit einerley Schwen- kung im Feld eine Schanze, und in der Akademie eine Paſtete zu berennen; wo die ehrwuͤrdigſten und ernſthafteſten Ding’ in ein Puppenroͤckgen muͤſſen gekleidet werden, wenn ſie anziehend werden und Aufmerk- ſamkeit erregen ſollen: muͤßt einer, daͤucht mich, nicht ſo raſch mit dem Schwerdt Pe- tri drein ſchlagen, und Einem, der ein neu Spiel erfindet, gleich ein Ohr abhauen wol- len. Eben drum hab ich fuͤr mein Theil dem Praͤceptor nicht gehorcht, bin ihm aus der Schul gelaufen, und ſetz mein phyſio- gnomiſch Bilboquet ruͤſtig fort, welches mich vor den heftigen Jnſulten der Lange- weile bißher ſo ſicher geſtellt hat, als die unternommene Reiſe vor den Anfaͤllen des Zipperleins, das mich um dieſe Jahreszeit ſonſt ſelten unangefochten laͤßt. Hier- H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/121
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/121>, abgerufen am 20.05.2024.