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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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eine geheime Kraft, auf die Oberfläche des
Gemüths einen solchen Eindruck zu machen,
wie auf die Oberfläche des Oceans, wo
er, wie die Gelehrten meinen, Ebb und
Fluth verursachen soll: gnug es lief mir
ein empfindsamer Schauer nach dem an-
dern den Rücken herunter, als ich in feier-
licher Stille, so viel fromme Seelen ein-
müthig ins sanfte Silberlicht des Voll-
monds hingegossen fand. Mitten aus den
Haufen glänzten mir, wie neugedeckte Zie-
geldächer, unter den bemooßten Stroh-
hütten eines Dorfes, zwo Feuerfarbene Sa-
loppen entgegen, von denen ich vermu-
thete, daß es Spörtlerische Familienan-
nexa wären. Um die Andacht nicht zu
unterbrechen, wollt ich mich nicht mitten
eindringen, sondern macht' am äussersten
Ende der Versammlung den Flügelmann;
nahm mir aber vor, die Saloppen nicht
aus den Augen zu lassen, sondern auf

dem
J 5

eine geheime Kraft, auf die Oberflaͤche des
Gemuͤths einen ſolchen Eindruck zu machen,
wie auf die Oberflaͤche des Oceans, wo
er, wie die Gelehrten meinen, Ebb und
Fluth verurſachen ſoll: gnug es lief mir
ein empfindſamer Schauer nach dem an-
dern den Ruͤcken herunter, als ich in feier-
licher Stille, ſo viel fromme Seelen ein-
muͤthig ins ſanfte Silberlicht des Voll-
monds hingegoſſen fand. Mitten aus den
Haufen glaͤnzten mir, wie neugedeckte Zie-
geldaͤcher, unter den bemooßten Stroh-
huͤtten eines Dorfes, zwo Feuerfarbene Sa-
loppen entgegen, von denen ich vermu-
thete, daß es Spoͤrtleriſche Familienan-
nexa waͤren. Um die Andacht nicht zu
unterbrechen, wollt ich mich nicht mitten
eindringen, ſondern macht’ am aͤuſſerſten
Ende der Verſammlung den Fluͤgelmann;
nahm mir aber vor, die Saloppen nicht
aus den Augen zu laſſen, ſondern auf

dem
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[137/0137] eine geheime Kraft, auf die Oberflaͤche des Gemuͤths einen ſolchen Eindruck zu machen, wie auf die Oberflaͤche des Oceans, wo er, wie die Gelehrten meinen, Ebb und Fluth verurſachen ſoll: gnug es lief mir ein empfindſamer Schauer nach dem an- dern den Ruͤcken herunter, als ich in feier- licher Stille, ſo viel fromme Seelen ein- muͤthig ins ſanfte Silberlicht des Voll- monds hingegoſſen fand. Mitten aus den Haufen glaͤnzten mir, wie neugedeckte Zie- geldaͤcher, unter den bemooßten Stroh- huͤtten eines Dorfes, zwo Feuerfarbene Sa- loppen entgegen, von denen ich vermu- thete, daß es Spoͤrtleriſche Familienan- nexa waͤren. Um die Andacht nicht zu unterbrechen, wollt ich mich nicht mitten eindringen, ſondern macht’ am aͤuſſerſten Ende der Verſammlung den Fluͤgelmann; nahm mir aber vor, die Saloppen nicht aus den Augen zu laſſen, ſondern auf dem J 5

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/137>, abgerufen am 20.05.2024.