Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

vom Hauß introducirte, und doch nicht mit
der Sprache heraus wollt, wer er eigentlich
sey. Also war ihrer Seits kein ander Mit-
tel übrig, als physiognomische Betrach-
tungen anzustellen, die ganze Verhand-
lung dauert ungefehr sechs Sekunden; aber
in Worte übergetragen, getraut ich mirs
schwerlich auf sechs Bogen zusammen zu
drängen, was die Blicke all sagten. Der
physiognomische Blitzblick, ist eine so kurze
und nervöse Sprache, daß unter allen le-
benden Sprachen, nur allein die Japani-
sche ungefehr damit in den nämlichen Ver-
hältniß steht, als diese mit der Deutschen.
Drum würd ich Kürz' halber, unsre physio-
gnomische Entrevüe ins Japanesische über-
setzen, wenn ich mich so drauf verstünd als
Freund Asmus, dessen bekannte Audienz
beym Kaiser, (davon die wässerige Ueber-
setzung, um den Pränumeranten das Ver-
ständniß zu öfnen, viele Blätter in seinen

Werken
K

vom Hauß introducirte, und doch nicht mit
der Sprache heraus wollt, wer er eigentlich
ſey. Alſo war ihrer Seits kein ander Mit-
tel uͤbrig, als phyſiognomiſche Betrach-
tungen anzuſtellen, die ganze Verhand-
lung dauert ungefehr ſechs Sekunden; aber
in Worte uͤbergetragen, getraut ich mirs
ſchwerlich auf ſechs Bogen zuſammen zu
draͤngen, was die Blicke all ſagten. Der
phyſiognomiſche Blitzblick, iſt eine ſo kurze
und nervoͤſe Sprache, daß unter allen le-
benden Sprachen, nur allein die Japani-
ſche ungefehr damit in den naͤmlichen Ver-
haͤltniß ſteht, als dieſe mit der Deutſchen.
Drum wuͤrd ich Kuͤrz’ halber, unſre phyſio-
gnomiſche Entrevuͤe ins Japaneſiſche uͤber-
ſetzen, wenn ich mich ſo drauf verſtuͤnd als
Freund Aſmus, deſſen bekannte Audienz
beym Kaiſer, (davon die waͤſſerige Ueber-
ſetzung, um den Praͤnumeranten das Ver-
ſtaͤndniß zu oͤfnen, viele Blaͤtter in ſeinen

Werken
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="145"/>
vom Hauß introducirte, und doch nicht mit<lb/>
der Sprache heraus wollt, wer er eigentlich<lb/>
&#x017F;ey. Al&#x017F;o war ihrer Seits kein ander Mit-<lb/>
tel u&#x0364;brig, als phy&#x017F;iognomi&#x017F;che Betrach-<lb/>
tungen anzu&#x017F;tellen, die ganze Verhand-<lb/>
lung dauert ungefehr &#x017F;echs Sekunden; aber<lb/>
in Worte u&#x0364;bergetragen, getraut ich mirs<lb/>
&#x017F;chwerlich auf &#x017F;echs Bogen zu&#x017F;ammen zu<lb/>
dra&#x0364;ngen, was die Blicke all &#x017F;agten. Der<lb/>
phy&#x017F;iognomi&#x017F;che Blitzblick, i&#x017F;t eine &#x017F;o kurze<lb/>
und nervo&#x0364;&#x017F;e Sprache, daß unter allen le-<lb/>
benden Sprachen, nur allein die Japani-<lb/>
&#x017F;che ungefehr damit in den na&#x0364;mlichen Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß &#x017F;teht, als die&#x017F;e mit der Deut&#x017F;chen.<lb/>
Drum wu&#x0364;rd ich Ku&#x0364;rz&#x2019; halber, un&#x017F;re phy&#x017F;io-<lb/>
gnomi&#x017F;che Entrevu&#x0364;e ins Japane&#x017F;i&#x017F;che u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;etzen, wenn ich mich &#x017F;o drauf ver&#x017F;tu&#x0364;nd als<lb/>
Freund A&#x017F;mus, de&#x017F;&#x017F;en bekannte Audienz<lb/>
beym Kai&#x017F;er, (davon die wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erige Ueber-<lb/>
&#x017F;etzung, um den Pra&#x0364;numeranten das Ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß zu o&#x0364;fnen, viele Bla&#x0364;tter in &#x017F;einen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K</fw><fw place="bottom" type="catch">Werken</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0145] vom Hauß introducirte, und doch nicht mit der Sprache heraus wollt, wer er eigentlich ſey. Alſo war ihrer Seits kein ander Mit- tel uͤbrig, als phyſiognomiſche Betrach- tungen anzuſtellen, die ganze Verhand- lung dauert ungefehr ſechs Sekunden; aber in Worte uͤbergetragen, getraut ich mirs ſchwerlich auf ſechs Bogen zuſammen zu draͤngen, was die Blicke all ſagten. Der phyſiognomiſche Blitzblick, iſt eine ſo kurze und nervoͤſe Sprache, daß unter allen le- benden Sprachen, nur allein die Japani- ſche ungefehr damit in den naͤmlichen Ver- haͤltniß ſteht, als dieſe mit der Deutſchen. Drum wuͤrd ich Kuͤrz’ halber, unſre phyſio- gnomiſche Entrevuͤe ins Japaneſiſche uͤber- ſetzen, wenn ich mich ſo drauf verſtuͤnd als Freund Aſmus, deſſen bekannte Audienz beym Kaiſer, (davon die waͤſſerige Ueber- ſetzung, um den Praͤnumeranten das Ver- ſtaͤndniß zu oͤfnen, viele Blaͤtter in ſeinen Werken K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/145
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/145>, abgerufen am 20.05.2024.