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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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Sammetrock zum Hackeklotz, und zerstückt'
ihn wie einen ausgeschlachteten Schöps.

Hat der Lavater gar eine artige Speku-
lation, meint derselbe aus den bloßen Dau-
men eines Menschen, oder auch nur aus
dessen Abschattung, die Gesichtsform dessel-
ben Menschen, und bekanntermaßen aus
dieser, den ganzen Charakter; ein folglich
vermöge eines untrüglichen Schlusses, aus
der Silhouette des Daumens das Jnwendi-
ge des ganzen Menschen zu errathen. Das
heißt wahrlich recht ex ungue leonem!
Thu's ihm einer nach wers kan, ich getrau
mir das Stücklein nicht zu praktiziren.
Nach meinem unmaßgeblichen Davorhal-
ten, läßt sich aus der Physiognomie der
Kleidung auf das Thun und Wesen eines
Menschen ein viel sicherer Schluß machen,
als aus der Physiognomie des Daumens;
obgleich der Daum ein Glied ist des mensch-
lichen Leibes, und das Kleid nur ein Acces-

sorium

Sammetrock zum Hackeklotz, und zerſtuͤckt’
ihn wie einen ausgeſchlachteten Schoͤps.

Hat der Lavater gar eine artige Speku-
lation, meint derſelbe aus den bloßen Dau-
men eines Menſchen, oder auch nur aus
deſſen Abſchattung, die Geſichtsform deſſel-
ben Menſchen, und bekanntermaßen aus
dieſer, den ganzen Charakter; ein folglich
vermoͤge eines untruͤglichen Schluſſes, aus
der Silhouette des Daumens das Jnwendi-
ge des ganzen Menſchen zu errathen. Das
heißt wahrlich recht ex ungue leonem!
Thu’s ihm einer nach wers kan, ich getrau
mir das Stuͤcklein nicht zu praktiziren.
Nach meinem unmaßgeblichen Davorhal-
ten, laͤßt ſich aus der Phyſiognomie der
Kleidung auf das Thun und Weſen eines
Menſchen ein viel ſicherer Schluß machen,
als aus der Phyſiognomie des Daumens;
obgleich der Daum ein Glied iſt des menſch-
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[176/0176] Sammetrock zum Hackeklotz, und zerſtuͤckt’ ihn wie einen ausgeſchlachteten Schoͤps. Hat der Lavater gar eine artige Speku- lation, meint derſelbe aus den bloßen Dau- men eines Menſchen, oder auch nur aus deſſen Abſchattung, die Geſichtsform deſſel- ben Menſchen, und bekanntermaßen aus dieſer, den ganzen Charakter; ein folglich vermoͤge eines untruͤglichen Schluſſes, aus der Silhouette des Daumens das Jnwendi- ge des ganzen Menſchen zu errathen. Das heißt wahrlich recht ex ungue leonem! Thu’s ihm einer nach wers kan, ich getrau mir das Stuͤcklein nicht zu praktiziren. Nach meinem unmaßgeblichen Davorhal- ten, laͤßt ſich aus der Phyſiognomie der Kleidung auf das Thun und Weſen eines Menſchen ein viel ſicherer Schluß machen, als aus der Phyſiognomie des Daumens; obgleich der Daum ein Glied iſt des menſch- lichen Leibes, und das Kleid nur ein Acceſ- ſorium

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/176>, abgerufen am 20.05.2024.