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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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fen die Hülle von sich, meinen 's wär Wet-
ter wie in Hundstagen; kröchen gleichwohl
gern wieder unter, wenn die Witterung sich
ändert und der Wind aus dem kalten Loche
bläßt; aber da ists vorbey, haben sie's doch
nicht besser haben wollen, stehen hernach
unbedeckt in Wind und Wetter da, und sehn
so frostig und nüchtern aus, daß es einem
iammert.

Oft ists mit der Anonymität auch nur
Gezier. Ein groß Theil der Skribenten,
welche die Leipziger Meß beziehen, könnten
getrost ihren Vor- und Zunamen aufs Titel-
blatt ihrer Schriften setzen, und würden im
offenen Helm dennoch so unbekannt bleiben
als unter dem Mantel; oder das Risiko von
Schand und Ehr, wär wenigstens in einem
Termin von sechs Monaten abgemacht.
Gemeiniglich treibt die folgende Meß die
Produkte der vorhergehenden ab, wie das
iunge Laub im Frühling das verdorrete vom

vorigen
M 4

fen die Huͤlle von ſich, meinen ’s waͤr Wet-
ter wie in Hundstagen; kroͤchen gleichwohl
gern wieder unter, wenn die Witterung ſich
aͤndert und der Wind aus dem kalten Loche
blaͤßt; aber da iſts vorbey, haben ſie’s doch
nicht beſſer haben wollen, ſtehen hernach
unbedeckt in Wind und Wetter da, und ſehn
ſo froſtig und nuͤchtern aus, daß es einem
iammert.

Oft iſts mit der Anonymitaͤt auch nur
Gezier. Ein groß Theil der Skribenten,
welche die Leipziger Meß beziehen, koͤnnten
getroſt ihren Vor- und Zunamen aufs Titel-
blatt ihrer Schriften ſetzen, und wuͤrden im
offenen Helm dennoch ſo unbekannt bleiben
als unter dem Mantel; oder das Riſiko von
Schand und Ehr, waͤr wenigſtens in einem
Termin von ſechs Monaten abgemacht.
Gemeiniglich treibt die folgende Meß die
Produkte der vorhergehenden ab, wie das
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vorigen
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[183/0183] fen die Huͤlle von ſich, meinen ’s waͤr Wet- ter wie in Hundstagen; kroͤchen gleichwohl gern wieder unter, wenn die Witterung ſich aͤndert und der Wind aus dem kalten Loche blaͤßt; aber da iſts vorbey, haben ſie’s doch nicht beſſer haben wollen, ſtehen hernach unbedeckt in Wind und Wetter da, und ſehn ſo froſtig und nuͤchtern aus, daß es einem iammert. Oft iſts mit der Anonymitaͤt auch nur Gezier. Ein groß Theil der Skribenten, welche die Leipziger Meß beziehen, koͤnnten getroſt ihren Vor- und Zunamen aufs Titel- blatt ihrer Schriften ſetzen, und wuͤrden im offenen Helm dennoch ſo unbekannt bleiben als unter dem Mantel; oder das Riſiko von Schand und Ehr, waͤr wenigſtens in einem Termin von ſechs Monaten abgemacht. Gemeiniglich treibt die folgende Meß die Produkte der vorhergehenden ab, wie das iunge Laub im Fruͤhling das verdorrete vom vorigen M 4

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/183>, abgerufen am 20.05.2024.