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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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chen Grad von Erkenntniß, Vermögen,
Gedächtniß, Einbildungskraft, ingleichen
von Eindrucksfähigkeit, Empfindung und
Schnellkraft, ieder Schädel Rezeptivität
habe. Und wenn ein Mathematiker die
Bogenlinien der Stirn auf gerade Linien zu
reduziren unternähm, welches mir sehr prak-
tikabel scheint, würde man den Verstand ei-
nes Menschen mit gemeiner Kramerelle aus-
messen können, wie eine Rolle Band. Nur
fürcht' ich, daß diese herrliche Erfindung
nicht allewege das leisten werde, was das
physiognomische Publikum sich davon ver-
spricht. Nehms ab an dem verbesserten
und zu ökonomischen Gebrauch eingerichte-
ten Oometer, der seit mehrern Jahrern in
meiner Wirthschaft im Brauch ist. Zuwei-
len ist mirs damit ganz mißlungen, daß
die Eyer, aus welchen Hühnlein hätten aus-
kriechen sollen, eitel Hähn gebracht haben;
auch wohl die Unfruchtbaren, weil sie das

Eyer-
N

chen Grad von Erkenntniß, Vermoͤgen,
Gedaͤchtniß, Einbildungskraft, ingleichen
von Eindrucksfaͤhigkeit, Empfindung und
Schnellkraft, ieder Schaͤdel Rezeptivitaͤt
habe. Und wenn ein Mathematiker die
Bogenlinien der Stirn auf gerade Linien zu
reduziren unternaͤhm, welches mir ſehr prak-
tikabel ſcheint, wuͤrde man den Verſtand ei-
nes Menſchen mit gemeiner Kramerelle aus-
meſſen koͤnnen, wie eine Rolle Band. Nur
fuͤrcht’ ich, daß dieſe herrliche Erfindung
nicht allewege das leiſten werde, was das
phyſiognomiſche Publikum ſich davon ver-
ſpricht. Nehms ab an dem verbeſſerten
und zu oͤkonomiſchen Gebrauch eingerichte-
ten Oometer, der ſeit mehrern Jahrern in
meiner Wirthſchaft im Brauch iſt. Zuwei-
len iſt mirs damit ganz mißlungen, daß
die Eyer, aus welchen Huͤhnlein haͤtten aus-
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auch wohl die Unfruchtbaren, weil ſie das

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[193/0193] chen Grad von Erkenntniß, Vermoͤgen, Gedaͤchtniß, Einbildungskraft, ingleichen von Eindrucksfaͤhigkeit, Empfindung und Schnellkraft, ieder Schaͤdel Rezeptivitaͤt habe. Und wenn ein Mathematiker die Bogenlinien der Stirn auf gerade Linien zu reduziren unternaͤhm, welches mir ſehr prak- tikabel ſcheint, wuͤrde man den Verſtand ei- nes Menſchen mit gemeiner Kramerelle aus- meſſen koͤnnen, wie eine Rolle Band. Nur fuͤrcht’ ich, daß dieſe herrliche Erfindung nicht allewege das leiſten werde, was das phyſiognomiſche Publikum ſich davon ver- ſpricht. Nehms ab an dem verbeſſerten und zu oͤkonomiſchen Gebrauch eingerichte- ten Oometer, der ſeit mehrern Jahrern in meiner Wirthſchaft im Brauch iſt. Zuwei- len iſt mirs damit ganz mißlungen, daß die Eyer, aus welchen Huͤhnlein haͤtten aus- kriechen ſollen, eitel Haͤhn gebracht haben; auch wohl die Unfruchtbaren, weil ſie das Eyer- N

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/193>, abgerufen am 20.05.2024.