Forderung nach Fug und Billigkeit auszu- mitteln. Er strich sein Geld ein; und als er demnächst auf eine bescheidene Weise be- merkt hatte, daß er während mehrerer Tage ungewöhnlich viel Noth und Mühe an mei- nem Borde ausgestanden, um sich vielleicht Rechnung auf eine ausserordentliche Vergü- tung machen zu können, unterbrach ich ihn durch die Erklärung: "Das ist allerdings wahr, Herr Schweiger. Geben sie dem Manne noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß seiner Treue und angestrengten Fleißes." -- Der Lootse bedankte sich; und das war ab- gethan.
Nun aber kam auch die Reihe an den alten Fischer von Enkhuizen. "Sagt an, Vater, was habt Jhr verdient?" fragte mein Bevollmächtigter. Der Kerl setzte sich aber- mals in Positur, und ließ sich vernehmen: "Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das, "wie ich weiß, eine Million werth ist, und "dessen Kapitain eine Fracht von huudert- "tausend Gulden macht. Derowegen ver- "lange ich nicht mehr und nicht weniger, als "funfzehnhundert Gulden an Lootsen- "gebühr; und ich hoffe, die sollen mir "werden."
Jch lachte dem alten Knaben in's Ange- sicht, und fragte: ob er sich vielleicht nur versprochen und fünf oder funfzehn Gulden
Forderung nach Fug und Billigkeit auszu- mitteln. Er ſtrich ſein Geld ein; und als er demnaͤchſt auf eine beſcheidene Weiſe be- merkt hatte, daß er waͤhrend mehrerer Tage ungewoͤhnlich viel Noth und Muͤhe an mei- nem Borde ausgeſtanden, um ſich vielleicht Rechnung auf eine auſſerordentliche Verguͤ- tung machen zu koͤnnen, unterbrach ich ihn durch die Erklaͤrung: „Das iſt allerdings wahr, Herr Schweiger. Geben ſie dem Manne noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß ſeiner Treue und angeſtrengten Fleißes.‟ — Der Lootſe bedankte ſich; und das war ab- gethan.
Nun aber kam auch die Reihe an den alten Fiſcher von Enkhuizen. „Sagt an, Vater, was habt Jhr verdient?‟ fragte mein Bevollmaͤchtigter. Der Kerl ſetzte ſich aber- mals in Poſitur, und ließ ſich vernehmen: „Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das, „wie ich weiß, eine Million werth iſt, und „deſſen Kapitain eine Fracht von huudert- „tauſend Gulden macht. Derowegen ver- „lange ich nicht mehr und nicht weniger, als „funfzehnhundert Gulden an Lootſen- „gebuͤhr; und ich hoffe, die ſollen mir „werden.‟
Jch lachte dem alten Knaben in’s Ange- ſicht, und fragte: ob er ſich vielleicht nur verſprochen und fuͤnf oder funfzehn Gulden
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Forderung nach Fug und Billigkeit auszu-
mitteln. Er ſtrich ſein Geld ein; und als
er demnaͤchſt auf eine beſcheidene Weiſe be-
merkt hatte, daß er waͤhrend mehrerer Tage
ungewoͤhnlich viel Noth und Muͤhe an mei-
nem Borde ausgeſtanden, um ſich vielleicht
Rechnung auf eine auſſerordentliche Verguͤ-
tung machen zu koͤnnen, unterbrach ich ihn
durch die Erklaͤrung: „Das iſt allerdings
wahr, Herr Schweiger. Geben ſie dem Manne
noch zwei Dukaten, als williges Anerkenntniß
ſeiner Treue und angeſtrengten Fleißes.‟ —
Der Lootſe bedankte ſich; und das war ab-
gethan.
Nun aber kam auch die Reihe an den
alten Fiſcher von Enkhuizen. „Sagt an,
Vater, was habt Jhr verdient?‟ fragte mein
Bevollmaͤchtigter. Der Kerl ſetzte ſich aber-
mals in Poſitur, und ließ ſich vernehmen:
„Mynheer, ich habe ein Schiff gerettet, das,
„wie ich weiß, eine Million werth iſt, und
„deſſen Kapitain eine Fracht von huudert-
„tauſend Gulden macht. Derowegen ver-
„lange ich nicht mehr und nicht weniger, als
„funfzehnhundert Gulden an Lootſen-
„gebuͤhr; und ich hoffe, die ſollen mir
„werden.‟
Jch lachte dem alten Knaben in’s Ange-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/195>, abgerufen am 16.06.2024.
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