mals die Schelle, und ließ nunmehr auch den Koch vor mich fordern.
Der Schelm mochte nun wohl schon er- fahren haben, was Seiner wartete. Er leistete also zwar Gehorsam; beobachtete aber die kluge Vorsicht, die Thüre nur gerade so- weit zu öffnen, daß mir Nase und Augen sichtbar wurden. "Näher, Schurke!" donnerte ich ihm entgegen; er hingegen suchte mich zu begütigen, und bat: "O, lieber Kapitain, laßt es doch gut seyn!" -- Jch wiederholte mein Gebot: da er aber gleichwohl die Thüre in der Hand behielt, warf ich ihm mein Rohr an den Kopf, und er sah dabei seine Gele- genheit ab, die Thüre zuzuschnappen und sich auf's Verdeck zurückzuziehen. -- Auch der zweite Feind war nun aus dem Felde ge- schlagen: jetzt kam es noch darauf an, einen entscheidenden Hauptschlag zu vollführen und die Kerle durch plötzlichen Schreck vollends zu unterjochen.
Jch überlegte im Auf- und Abgehen, daß, je längere Zeit ich, bei dem anhaltenden Ge- gen-Winde, bedürfen würde, um den Sund zu erreichen und mein rebellisches Volk durch obrigkeitlichen Beistand zu Paaren zu treiben, leicht in den nächsten Augenblicken sich etwas ereignen könnte, was den gesunkenen frechen Muth desselben wieder höbe und übel ärger machte. Am gescheutesten also schien mir's,
mals die Schelle, und ließ nunmehr auch den Koch vor mich fordern.
Der Schelm mochte nun wohl ſchon er- fahren haben, was Seiner wartete. Er leiſtete alſo zwar Gehorſam; beobachtete aber die kluge Vorſicht, die Thuͤre nur gerade ſo- weit zu oͤffnen, daß mir Naſe und Augen ſichtbar wurden. „Naͤher, Schurke!‟ donnerte ich ihm entgegen; er hingegen ſuchte mich zu beguͤtigen, und bat: „O, lieber Kapitain, laßt es doch gut ſeyn!‟ — Jch wiederholte mein Gebot: da er aber gleichwohl die Thuͤre in der Hand behielt, warf ich ihm mein Rohr an den Kopf, und er ſah dabei ſeine Gele- genheit ab, die Thuͤre zuzuſchnappen und ſich auf’s Verdeck zuruͤckzuziehen. — Auch der zweite Feind war nun aus dem Felde ge- ſchlagen: jetzt kam es noch darauf an, einen entſcheidenden Hauptſchlag zu vollfuͤhren und die Kerle durch ploͤtzlichen Schreck vollends zu unterjochen.
Jch uͤberlegte im Auf- und Abgehen, daß, je laͤngere Zeit ich, bei dem anhaltenden Ge- gen-Winde, beduͤrfen wuͤrde, um den Sund zu erreichen und mein rebelliſches Volk durch obrigkeitlichen Beiſtand zu Paaren zu treiben, leicht in den naͤchſten Augenblicken ſich etwas ereignen koͤnnte, was den geſunkenen frechen Muth deſſelben wieder hoͤbe und uͤbel aͤrger machte. Am geſcheuteſten alſo ſchien mir’s,
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mals die Schelle, und ließ nunmehr auch
den Koch vor mich fordern.
Der Schelm mochte nun wohl ſchon er-
fahren haben, was Seiner wartete. Er
leiſtete alſo zwar Gehorſam; beobachtete aber
die kluge Vorſicht, die Thuͤre nur gerade ſo-
weit zu oͤffnen, daß mir Naſe und Augen
ſichtbar wurden. „Naͤher, Schurke!‟ donnerte
ich ihm entgegen; er hingegen ſuchte mich
zu beguͤtigen, und bat: „O, lieber Kapitain,
laßt es doch gut ſeyn!‟ — Jch wiederholte
mein Gebot: da er aber gleichwohl die Thuͤre
in der Hand behielt, warf ich ihm mein Rohr
an den Kopf, und er ſah dabei ſeine Gele-
genheit ab, die Thuͤre zuzuſchnappen und ſich
auf’s Verdeck zuruͤckzuziehen. — Auch der
zweite Feind war nun aus dem Felde ge-
ſchlagen: jetzt kam es noch darauf an, einen
entſcheidenden Hauptſchlag zu vollfuͤhren und
die Kerle durch ploͤtzlichen Schreck vollends
zu unterjochen.
Jch uͤberlegte im Auf- und Abgehen, daß,
je laͤngere Zeit ich, bei dem anhaltenden Ge-
gen-Winde, beduͤrfen wuͤrde, um den Sund
zu erreichen und mein rebelliſches Volk durch
obrigkeitlichen Beiſtand zu Paaren zu treiben,
leicht in den naͤchſten Augenblicken ſich etwas
ereignen koͤnnte, was den geſunkenen frechen
Muth deſſelben wieder hoͤbe und uͤbel aͤrger
machte. Am geſcheuteſten alſo ſchien mir’s,
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/227>, abgerufen am 17.06.2024.
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