Tausende von Neunaugen an dasselbe überall festgesogen hatten, die sich ohne Zweifel in dem süßen Stromwasser befanden und mit unsern Feinden gemeinschaftliche Sache ge- macht zu haben schienen, um uns dort zu- rückzuhalten. Da indeß alles Losreissen mit den Händen nicht genügte, uns von diesem Ungeziefer zu befreien, so zogen wir endlich einige Taue unter dem Boote durch, womit wir dasselbe durch Hin- und Herziehen all- mählig abstreiften.
Während ich nun mein Verkehr, bald mit mehr, bald mit weniger Glück, an der Küste fortsetzte und mich dabei immer weiter vom Schiffe entfernte, begann mir allmählig das frische Wasser zu mangeln, ohne daß ich des- sen am Lande wieder hätte habhaft werden können. Es schien mir demnach Zeit, mich wieder nach dem Schiffe hinzuwenden; gleich- wohl aber fand ich, in der Zwischenzeit von 13 Tagen, sammt meinen Gefährten und den paar erhandelten Negern, überflüssige Zeit, die steigenden Schrecknisse eines unauslösch- lichen Durstes unter diesem glühenden Himmel zu erproben. Wer es nicht selbst erfahren hat, ist durchaus unfähig, sich dies Elend in seiner ganzen Größe vorzustellen. Mit dem Mangel an frischem Wasser wurden uns auch unsre trock- nen Lebensvorräthe an Erbsen, Graupen u. s. w unbrauchbar: denn mit Seewasser
Tauſende von Neunaugen an daſſelbe uͤberall feſtgeſogen hatten, die ſich ohne Zweifel in dem ſuͤßen Stromwaſſer befanden und mit unſern Feinden gemeinſchaftliche Sache ge- macht zu haben ſchienen, um uns dort zu- ruͤckzuhalten. Da indeß alles Losreiſſen mit den Haͤnden nicht genuͤgte, uns von dieſem Ungeziefer zu befreien, ſo zogen wir endlich einige Taue unter dem Boote durch, womit wir daſſelbe durch Hin- und Herziehen all- maͤhlig abſtreiften.
Waͤhrend ich nun mein Verkehr, bald mit mehr, bald mit weniger Gluͤck, an der Kuͤſte fortſetzte und mich dabei immer weiter vom Schiffe entfernte, begann mir allmaͤhlig das friſche Waſſer zu mangeln, ohne daß ich deſ- ſen am Lande wieder haͤtte habhaft werden koͤnnen. Es ſchien mir demnach Zeit, mich wieder nach dem Schiffe hinzuwenden; gleich- wohl aber fand ich, in der Zwiſchenzeit von 13 Tagen, ſammt meinen Gefaͤhrten und den paar erhandelten Negern, uͤberfluͤſſige Zeit, die ſteigenden Schreckniſſe eines unausloͤſch- lichen Durſtes unter dieſem gluͤhenden Himmel zu erproben. Wer es nicht ſelbſt erfahren hat, iſt durchaus unfaͤhig, ſich dies Elend in ſeiner ganzen Groͤße vorzuſtellen. Mit dem Mangel an friſchem Waſſer wurden uns auch unſre trock- nen Lebensvorraͤthe an Erbſen, Graupen u. ſ. w unbrauchbar: denn mit Seewaſſer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0051"n="47"/>
Tauſende von Neunaugen an daſſelbe uͤberall<lb/>
feſtgeſogen hatten, die ſich ohne Zweifel in<lb/>
dem ſuͤßen Stromwaſſer befanden und mit<lb/>
unſern Feinden gemeinſchaftliche Sache ge-<lb/>
macht zu haben ſchienen, um uns dort zu-<lb/>
ruͤckzuhalten. Da indeß alles Losreiſſen mit<lb/>
den Haͤnden nicht genuͤgte, uns von dieſem<lb/>
Ungeziefer zu befreien, ſo zogen wir endlich<lb/>
einige Taue unter dem Boote durch, womit<lb/>
wir daſſelbe durch Hin- und Herziehen all-<lb/>
maͤhlig abſtreiften.</p><lb/><p>Waͤhrend ich nun mein Verkehr, bald mit<lb/>
mehr, bald mit weniger Gluͤck, an der Kuͤſte<lb/>
fortſetzte und mich dabei immer weiter vom<lb/>
Schiffe entfernte, begann mir allmaͤhlig das<lb/>
friſche Waſſer zu mangeln, ohne daß ich deſ-<lb/>ſen am Lande wieder haͤtte habhaft werden<lb/>
koͤnnen. Es ſchien mir demnach Zeit, mich<lb/>
wieder nach dem Schiffe hinzuwenden; gleich-<lb/>
wohl aber fand ich, in der Zwiſchenzeit von<lb/>
13 Tagen, ſammt meinen Gefaͤhrten und den<lb/>
paar erhandelten Negern, uͤberfluͤſſige Zeit,<lb/>
die ſteigenden Schreckniſſe eines unausloͤſch-<lb/>
lichen Durſtes unter dieſem gluͤhenden Himmel<lb/>
zu erproben. Wer es nicht ſelbſt erfahren hat,<lb/>
iſt durchaus unfaͤhig, ſich dies Elend in ſeiner<lb/>
ganzen Groͤße vorzuſtellen. Mit dem Mangel an<lb/>
friſchem Waſſer wurden uns auch unſre trock-<lb/>
nen Lebensvorraͤthe an Erbſen, Graupen<lb/>
u. ſ. w unbrauchbar: denn mit Seewaſſer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[47/0051]
Tauſende von Neunaugen an daſſelbe uͤberall
feſtgeſogen hatten, die ſich ohne Zweifel in
dem ſuͤßen Stromwaſſer befanden und mit
unſern Feinden gemeinſchaftliche Sache ge-
macht zu haben ſchienen, um uns dort zu-
ruͤckzuhalten. Da indeß alles Losreiſſen mit
den Haͤnden nicht genuͤgte, uns von dieſem
Ungeziefer zu befreien, ſo zogen wir endlich
einige Taue unter dem Boote durch, womit
wir daſſelbe durch Hin- und Herziehen all-
maͤhlig abſtreiften.
Waͤhrend ich nun mein Verkehr, bald mit
mehr, bald mit weniger Gluͤck, an der Kuͤſte
fortſetzte und mich dabei immer weiter vom
Schiffe entfernte, begann mir allmaͤhlig das
friſche Waſſer zu mangeln, ohne daß ich deſ-
ſen am Lande wieder haͤtte habhaft werden
koͤnnen. Es ſchien mir demnach Zeit, mich
wieder nach dem Schiffe hinzuwenden; gleich-
wohl aber fand ich, in der Zwiſchenzeit von
13 Tagen, ſammt meinen Gefaͤhrten und den
paar erhandelten Negern, uͤberfluͤſſige Zeit,
die ſteigenden Schreckniſſe eines unausloͤſch-
lichen Durſtes unter dieſem gluͤhenden Himmel
zu erproben. Wer es nicht ſelbſt erfahren hat,
iſt durchaus unfaͤhig, ſich dies Elend in ſeiner
ganzen Groͤße vorzuſtellen. Mit dem Mangel an
friſchem Waſſer wurden uns auch unſre trock-
nen Lebensvorraͤthe an Erbſen, Graupen
u. ſ. w unbrauchbar: denn mit Seewaſſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/51>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.