Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Fryne-Bozene. Die ihr mein mattes Hertz gedänket zu erschlei-chen! Ein edler Landesfürst der seine Leute richt/ Der zwingt und zäumt sich selst/ und thut kein böses nicht. Darauflegt sich der Fürst auf seine rechte Seiten/ Und suchet seine Ruh/ die schön' Annehmligkei- ten/ Der jungen Schäferinn die er bey ihm be- tracht/ Vergönnens aber nicht; Er lieg die gantze Nacht Und streitet mit sich selbst/ die heisse Liebesflammen Die flattern lichterloh/ und schlagen starck zusam- men/ Die wunderbare Lteb' erhitzet ihm das Blut/ Die Tugend ist bemüht zu leschen diese Gluht. Wie! (sprach er abermal) sind das nicht Wun- dersachen! Kan so ein schlechtes Werk mein Hertze ruhloß machen? Hat denn ein bloß Gesicht solch' unerhörte Stärk? Es ist des Menschen Hertz ein rechtes Wun- derwerk. Wir Fürsten sind ja zwar wie Götter auf der Er- den/ Wie bald kan aber doch die Lust verbittert wer- den. Wir schweb- und leben zwar in voller Herrlich- keit/ Bald aber nahet sich die herbe Traurigkeit/ Der wir uns nicht versehn. Es kan ein klein Er- getzen Der e iij
Fryne-Bozene. Die ihr mein mattes Hertz gedaͤnket zu erſchlei-chen! Ein edler Landesfuͤrſt der ſeine Leute richt/ Der zwingt und zaͤumt ſich ſelſt/ und thut kein boͤſes nicht. Darauflegt ſich der Fuͤrſt auf ſeine rechte Seiten/ Und ſuchet ſeine Ruh/ die ſchoͤn’ Annehmligkei- ten/ Der jungen Schaͤferinn die er bey ihm be- tracht/ Vergoͤnnens aber nicht; Er lieg die gantze Nacht Und ſtreitet mit ſich ſelbſt/ die heiſſe Liebesflammen Die flattern lichterloh/ und ſchlagen ſtarck zuſam- men/ Die wunderbare Lteb’ erhitzet ihm das Blut/ Die Tugend iſt bemuͤht zu leſchen dieſe Gluht. Wie! (ſprach er abermal) ſind das nicht Wun- derſachen! Kan ſo ein ſchlechtes Werk mein Hertze ruhloß machen? Hat denn ein bloß Geſicht ſolch’ unerhoͤrte Staͤrk? Es iſt des Menſchen Hertz ein rechtes Wun- derwerk. Wir Fuͤrſten ſind ja zwar wie Goͤtter auf der Er- den/ Wie bald kan aber doch die Luſt verbittert wer- den. Wir ſchweb- und leben zwar in voller Herrlich- keit/ Bald aber nahet ſich die herbe Traurigkeit/ Der wir uns nicht verſehn. Es kan ein klein Er- getzen Der e iij
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Fryne-Bozene.
Die ihr mein mattes Hertz gedaͤnket zu erſchlei-
chen!
Ein edler Landesfuͤrſt der ſeine Leute richt/
Der zwingt und zaͤumt ſich ſelſt/ und thut kein
boͤſes nicht.
Darauflegt ſich der Fuͤrſt auf ſeine rechte Seiten/
Und ſuchet ſeine Ruh/ die ſchoͤn’ Annehmligkei-
ten/
Der jungen Schaͤferinn die er bey ihm be-
tracht/
Vergoͤnnens aber nicht; Er lieg die gantze
Nacht
Und ſtreitet mit ſich ſelbſt/ die heiſſe Liebesflammen
Die flattern lichterloh/ und ſchlagen ſtarck zuſam-
men/
Die wunderbare Lteb’ erhitzet ihm das Blut/
Die Tugend iſt bemuͤht zu leſchen dieſe Gluht.
Wie! (ſprach er abermal) ſind das nicht Wun-
derſachen!
Kan ſo ein ſchlechtes Werk mein Hertze ruhloß
machen?
Hat denn ein bloß Geſicht ſolch’ unerhoͤrte
Staͤrk?
Es iſt des Menſchen Hertz ein rechtes Wun-
derwerk.
Wir Fuͤrſten ſind ja zwar wie Goͤtter auf der Er-
den/
Wie bald kan aber doch die Luſt verbittert wer-
den.
Wir ſchweb- und leben zwar in voller Herrlich-
keit/
Bald aber nahet ſich die herbe Traurigkeit/
Der wir uns nicht verſehn. Es kan ein klein Er-
getzen
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Zitationshilfe: | Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/159>, abgerufen am 18.06.2024. |