Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Fryne-Bozene. Und ob er schon vernimmt wie weit sie sey gekommen/Wie weit sie in der Zucht und Tugend zugenom- men/ So wil er dennoch nicht sie bringen an den Tag/ Biß ein und ander Herr ihr Wesen sehen mag. Er kennt des Fürsten Hertz und sein erhitztes Lie- ben/ Er merket daß sein Sinn wird hin und her getrie- ben/ Und weil er über diß Bozenen Schönheit weiß/ Und ihre Trefligkeit/ so denket er mit Fleiß/ Wie endlich doch einmal die Sachen anzufan- gen/ Damit des Fürsten Hertz und sehnliches Ver- langen Vergnüget werden mag? Er wil erst gerne sehn/ Ob seine schöne Fryn' auch Fürstlich kan be- stehn. Der Fürste geht einmal im Zimmer auf und nie- der/ Bald setzt er sich zum Tisch/ bald strekkt er seine Glieder Vor Hertzens Mattigkeit dort auf ein Faul- bett hin/ Und denket allezeit an seine Schäferinn: Ob diß auch wolgethan das er ihm vorgenommen/ Daß solch ein Hürtenkind soll in sein Bette kom- men/ Als rechtes Ehgemahl/ und Landesfürstinn sein? Die Liebe saget Ja/ der hohe Stand sagt Nein. Die
Fryne-Bozene. Und ob er ſchon vernim̃t wie weit ſie ſey gekom̃en/Wie weit ſie in der Zucht und Tugend zugenom- men/ So wil er dennoch nicht ſie bringen an den Tag/ Biß ein und ander Herꝛ ihr Weſen ſehen mag. Er kennt des Fuͤrſten Hertz und ſein erhitztes Lie- ben/ Er merket daß ſein Sinn wird hin und her getrie- ben/ Und weil er uͤber diß Bozenen Schoͤnheit weiß/ Und ihre Trefligkeit/ ſo denket er mit Fleiß/ Wie endlich doch einmal die Sachen anzufan- gen/ Damit des Fuͤrſten Hertz und ſehnliches Ver- langen Vergnuͤget werden mag? Er wil erſt gerne ſehn/ Ob ſeine ſchoͤne Fryn’ auch Fuͤrſtlich kan be- ſtehn. Der Fuͤrſte geht einmal im Zimmer auf und nie- der/ Bald ſetzt er ſich zum Tiſch/ bald ſtrekkt er ſeine Glieder Vor Hertzens Mattigkeit dort auf ein Faul- bett hin/ Und denket allezeit an ſeine Schaͤferinn: Ob diß auch wolgethan das er ihm vorgenom̃en/ Daß ſolch ein Huͤrtenkind ſoll in ſein Bette kom- men/ Als rechtes Ehgemahl/ und Landesfuͤrſtinn ſein? Die Liebe ſaget Ja/ der hohe Stand ſagt Nein. Die
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Fryne-Bozene.
Und ob er ſchon vernim̃t wie weit ſie ſey gekom̃en/
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So wil er dennoch nicht ſie bringen an den
Tag/
Biß ein und ander Herꝛ ihr Weſen ſehen mag.
Er kennt des Fuͤrſten Hertz und ſein erhitztes Lie-
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Er merket daß ſein Sinn wird hin und her getrie-
ben/
Und weil er uͤber diß Bozenen Schoͤnheit weiß/
Und ihre Trefligkeit/ ſo denket er mit Fleiß/
Wie endlich doch einmal die Sachen anzufan-
gen/
Damit des Fuͤrſten Hertz und ſehnliches Ver-
langen
Vergnuͤget werden mag? Er wil erſt gerne
ſehn/
Ob ſeine ſchoͤne Fryn’ auch Fuͤrſtlich kan be-
ſtehn.
Der Fuͤrſte geht einmal im Zimmer auf und nie-
der/
Bald ſetzt er ſich zum Tiſch/ bald ſtrekkt er ſeine
Glieder
Vor Hertzens Mattigkeit dort auf ein Faul-
bett hin/
Und denket allezeit an ſeine Schaͤferinn:
Ob diß auch wolgethan das er ihm vorgenom̃en/
Daß ſolch ein Huͤrtenkind ſoll in ſein Bette kom-
men/
Als rechtes Ehgemahl/ und Landesfuͤrſtinn
ſein?
Die Liebe ſaget Ja/ der hohe Stand ſagt
Nein.
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Zitationshilfe: | Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/173>, abgerufen am 17.06.2024. |