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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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man sagt, daß man vorher alles nachlesen müße, was
andere bekannte Schriftsteller über diese Materie ge-
schrieben haben, daß man sich aber doch nicht müße
merken laßen, wie viel man gelesen habe, daß man
seine ganze Materie wohl überlegen und anordnen
müße, und daß zu allem diesen sehr viel Zeit und Ar-
beit gehöre?

Seb. Allerdings!

Mag. Meinen Sie aber, daß der, der bekannt
werden, ein Amt erschreiben, seinem Patron ein
Buch dediciren, seinen Freund erheben oder seinen
Feind erniedrigen will, allemahl Geschicklichkeit ha-
ben werde, oder viel Zeit und Arbeit werde anwen-
den können?

Seb. Nein! Wenn aber dis nicht ist, so muß er
auch gar kein Buch schreiben, denn den wahren
Hauptzweck des Schriftstellens unwichtigen Neben-
zwecken aufopfern, ist eines wahren Gelehrten ganz
unwürdig.

Mag. Ja freilich eines Gelehrten! Aber ein
Schriftsteller, kann es im Laufe seines Gewerbes nicht
so genau nehmen.

Seb. Jch weiß nicht wie Sie sprechen. Ein
Buchdrucker oder ein Buchhändler, mag ein Gewer-
be mit Büchern haben, aber ein Schriftsteller ist ein

Gelehrter
F 5



man ſagt, daß man vorher alles nachleſen muͤße, was
andere bekannte Schriftſteller uͤber dieſe Materie ge-
ſchrieben haben, daß man ſich aber doch nicht muͤße
merken laßen, wie viel man geleſen habe, daß man
ſeine ganze Materie wohl uͤberlegen und anordnen
muͤße, und daß zu allem dieſen ſehr viel Zeit und Ar-
beit gehoͤre?

Seb. Allerdings!

Mag. Meinen Sie aber, daß der, der bekannt
werden, ein Amt erſchreiben, ſeinem Patron ein
Buch dediciren, ſeinen Freund erheben oder ſeinen
Feind erniedrigen will, allemahl Geſchicklichkeit ha-
ben werde, oder viel Zeit und Arbeit werde anwen-
den koͤnnen?

Seb. Nein! Wenn aber dis nicht iſt, ſo muß er
auch gar kein Buch ſchreiben, denn den wahren
Hauptzweck des Schriftſtellens unwichtigen Neben-
zwecken aufopfern, iſt eines wahren Gelehrten ganz
unwuͤrdig.

Mag. Ja freilich eines Gelehrten! Aber ein
Schriftſteller, kann es im Laufe ſeines Gewerbes nicht
ſo genau nehmen.

Seb. Jch weiß nicht wie Sie ſprechen. Ein
Buchdrucker oder ein Buchhaͤndler, mag ein Gewer-
be mit Buͤchern haben, aber ein Schriftſteller iſt ein

Gelehrter
F 5
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[89/0113] man ſagt, daß man vorher alles nachleſen muͤße, was andere bekannte Schriftſteller uͤber dieſe Materie ge- ſchrieben haben, daß man ſich aber doch nicht muͤße merken laßen, wie viel man geleſen habe, daß man ſeine ganze Materie wohl uͤberlegen und anordnen muͤße, und daß zu allem dieſen ſehr viel Zeit und Ar- beit gehoͤre? Seb. Allerdings! Mag. Meinen Sie aber, daß der, der bekannt werden, ein Amt erſchreiben, ſeinem Patron ein Buch dediciren, ſeinen Freund erheben oder ſeinen Feind erniedrigen will, allemahl Geſchicklichkeit ha- ben werde, oder viel Zeit und Arbeit werde anwen- den koͤnnen? Seb. Nein! Wenn aber dis nicht iſt, ſo muß er auch gar kein Buch ſchreiben, denn den wahren Hauptzweck des Schriftſtellens unwichtigen Neben- zwecken aufopfern, iſt eines wahren Gelehrten ganz unwuͤrdig. Mag. Ja freilich eines Gelehrten! Aber ein Schriftſteller, kann es im Laufe ſeines Gewerbes nicht ſo genau nehmen. Seb. Jch weiß nicht wie Sie ſprechen. Ein Buchdrucker oder ein Buchhaͤndler, mag ein Gewer- be mit Buͤchern haben, aber ein Schriftſteller iſt ein Gelehrter F 5

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/113>, abgerufen am 01.11.2024.