vielleicht gar die Sache gleich in Richtigkeit gebracht werden könnte.
Der Freund der Frau Gertrudtinn, bestärkte den alten Säugling sehr in diesem Vorsatze, und fuhr fort, ihm eine ausführliche Auskunst über der- selben Vermögen zu geben, nebst andern dahin einschla- genden dem Alten überaus angenehmen Gesprächen. Es entspann sich daher zwischen beiden eine wechselsei- tige Vertraulichkeit, und sie hatten einander so viel zu sagen, daß, als gegen Abend, die Zeit zur Abfarth herankam, der alte Säugling sich, ohne Umstände, in den Wagen des fremden Herrn setzte; damit sie in ihrem Gespräche fortfahren, und ihre Rathschläge und Entwürfe ferner ins Reine bringen könnten.
Der junge Säugling fuhr also ganz allein. Dieser war durch die Lieblichkeit der Jungfer Anastasia, und durch den Weihrauch, den sie seinen Gedichten angezündet hatte, (denn er hielt ihr Seufzen und Erröthen bloß für eine starke Wirkung seiner Ge- dichte) in die wohlgefälligste Laune gesetzt worden. Es war einer der schönsten Sommerabende. Er stieg daher aus dem Wagen, als der Weg neben einem Walde vorbeygieng, um einen Spaziergang zu Fuße zu machen. Der Kutscher beschrieb ihm einen Fussteig, der nach einer Viertelmeile wieder aus dem
Walde
vielleicht gar die Sache gleich in Richtigkeit gebracht werden koͤnnte.
Der Freund der Frau Gertrudtinn, beſtaͤrkte den alten Saͤugling ſehr in dieſem Vorſatze, und fuhr fort, ihm eine ausfuͤhrliche Auskunſt uͤber der- ſelben Vermoͤgen zu geben, nebſt andern dahin einſchla- genden dem Alten uͤberaus angenehmen Geſpraͤchen. Es entſpann ſich daher zwiſchen beiden eine wechſelſei- tige Vertraulichkeit, und ſie hatten einander ſo viel zu ſagen, daß, als gegen Abend, die Zeit zur Abfarth herankam, der alte Saͤugling ſich, ohne Umſtaͤnde, in den Wagen des fremden Herrn ſetzte; damit ſie in ihrem Geſpraͤche fortfahren, und ihre Rathſchlaͤge und Entwuͤrfe ferner ins Reine bringen koͤnnten.
Der junge Saͤugling fuhr alſo ganz allein. Dieſer war durch die Lieblichkeit der Jungfer Anaſtaſia, und durch den Weihrauch, den ſie ſeinen Gedichten angezuͤndet hatte, (denn er hielt ihr Seufzen und Erroͤthen bloß fuͤr eine ſtarke Wirkung ſeiner Ge- dichte) in die wohlgefaͤlligſte Laune geſetzt worden. Es war einer der ſchoͤnſten Sommerabende. Er ſtieg daher aus dem Wagen, als der Weg neben einem Walde vorbeygieng, um einen Spaziergang zu Fuße zu machen. Der Kutſcher beſchrieb ihm einen Fusſteig, der nach einer Viertelmeile wieder aus dem
Walde
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[124[123]/0134]
vielleicht gar die Sache gleich in Richtigkeit gebracht
werden koͤnnte.
Der Freund der Frau Gertrudtinn, beſtaͤrkte
den alten Saͤugling ſehr in dieſem Vorſatze, und
fuhr fort, ihm eine ausfuͤhrliche Auskunſt uͤber der-
ſelben Vermoͤgen zu geben, nebſt andern dahin einſchla-
genden dem Alten uͤberaus angenehmen Geſpraͤchen.
Es entſpann ſich daher zwiſchen beiden eine wechſelſei-
tige Vertraulichkeit, und ſie hatten einander ſo viel
zu ſagen, daß, als gegen Abend, die Zeit zur Abfarth
herankam, der alte Saͤugling ſich, ohne Umſtaͤnde,
in den Wagen des fremden Herrn ſetzte; damit ſie in
ihrem Geſpraͤche fortfahren, und ihre Rathſchlaͤge und
Entwuͤrfe ferner ins Reine bringen koͤnnten.
Der junge Saͤugling fuhr alſo ganz allein. Dieſer
war durch die Lieblichkeit der Jungfer Anaſtaſia,
und durch den Weihrauch, den ſie ſeinen Gedichten
angezuͤndet hatte, (denn er hielt ihr Seufzen und
Erroͤthen bloß fuͤr eine ſtarke Wirkung ſeiner Ge-
dichte) in die wohlgefaͤlligſte Laune geſetzt worden.
Es war einer der ſchoͤnſten Sommerabende. Er
ſtieg daher aus dem Wagen, als der Weg neben
einem Walde vorbeygieng, um einen Spaziergang zu
Fuße zu machen. Der Kutſcher beſchrieb ihm einen
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 124[123]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/134>, abgerufen am 18.06.2024.
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