Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

schichte der Nachfolger Alexanders, wenige Jahre vor Ti-
mäus, eine kurze Nachricht von der Römischen alten Ge-
schichte gab, deren Dürftigkeit Dionysius, wie die der
schon weitläuftigeren Erzählungen des Timäus und Poly-
bius, tadelt 86). Er selbst verwahrt sich gegen den Ver-
dacht der Erdichtung bey Lesern dieser drey Schriftstel-
ler, welche bey ihm fänden was jene nicht hätten: nicht
aber auf den Fall daß sie etwas ganz verschiednes erzähl-
ten 87). Aber auch nach Timäus und Polybius erhielt
sich noch die ältere griechische Sage bey den zu Alexan-
drien entstandnen Litteratoren und Lesern alter Selten-
heiten; bey denen die alles nur aus der älteren
Griechischen Litteratur schöpfen wollten. Heraklides
Lembus, um d. J. 600., wiederholte Aristoteles Er-
zählung von Achäern und gefangnen Troerinnen: und
so schrieb noch Orus von Theben nach Kephalon,
Romulus und Romus, Aenegs Söhne, wären Roms
Stifter 88).

Ohne Zweifel hatte Timäus seine Erzählung von Rö-
mern erhalten, wie er von Laviniensern die Geheimnisse
der Penaten erfuhr. Denn die gewöhnliche Sage herrschte

86) I. c. 7.
87) Diokles von Peparethus, den Plutarch als den frühesten
Schriftsteller nennt der die allgemein bekannte Erzählung
geschrieben habe, können wir nicht älter annehmen als Ti-
mäus. Daß Fabius Pietor ihm gefolgt sey, ist gewiß nur
Plutarchs Vermuthung.
88) Etymolog. magn. s. v. Rome.

ſchichte der Nachfolger Alexanders, wenige Jahre vor Ti-
maͤus, eine kurze Nachricht von der Roͤmiſchen alten Ge-
ſchichte gab, deren Duͤrftigkeit Dionyſius, wie die der
ſchon weitlaͤuftigeren Erzaͤhlungen des Timaͤus und Poly-
bius, tadelt 86). Er ſelbſt verwahrt ſich gegen den Ver-
dacht der Erdichtung bey Leſern dieſer drey Schriftſtel-
ler, welche bey ihm faͤnden was jene nicht haͤtten: nicht
aber auf den Fall daß ſie etwas ganz verſchiednes erzaͤhl-
ten 87). Aber auch nach Timaͤus und Polybius erhielt
ſich noch die aͤltere griechiſche Sage bey den zu Alexan-
drien entſtandnen Litteratoren und Leſern alter Selten-
heiten; bey denen die alles nur aus der aͤlteren
Griechiſchen Litteratur ſchoͤpfen wollten. Heraklides
Lembus, um d. J. 600., wiederholte Ariſtoteles Er-
zaͤhlung von Achaͤern und gefangnen Troerinnen: und
ſo ſchrieb noch Orus von Theben nach Kephalon,
Romulus und Romus, Aenegs Soͤhne, waͤren Roms
Stifter 88).

Ohne Zweifel hatte Timaͤus ſeine Erzaͤhlung von Roͤ-
mern erhalten, wie er von Lavinienſern die Geheimniſſe
der Penaten erfuhr. Denn die gewoͤhnliche Sage herrſchte

86) I. c. 7.
87) Diokles von Peparethus, den Plutarch als den fruͤheſten
Schriftſteller nennt der die allgemein bekannte Erzaͤhlung
geſchrieben habe, koͤnnen wir nicht aͤlter annehmen als Ti-
maͤus. Daß Fabius Pietor ihm gefolgt ſey, iſt gewiß nur
Plutarchs Vermuthung.
88) Etymolog. magn. s. v. Ῥώμη.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="146"/>
&#x017F;chichte der Nachfolger Alexanders, wenige Jahre vor Ti-<lb/>
ma&#x0364;us, eine kurze Nachricht von der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen alten Ge-<lb/>
&#x017F;chichte gab, deren Du&#x0364;rftigkeit Diony&#x017F;ius, wie die der<lb/>
&#x017F;chon weitla&#x0364;uftigeren Erza&#x0364;hlungen des Tima&#x0364;us und Poly-<lb/>
bius, tadelt <note place="foot" n="86)"><hi rendition="#aq">I. c.</hi> 7.</note>. Er &#x017F;elb&#x017F;t verwahrt &#x017F;ich gegen den Ver-<lb/>
dacht der Erdichtung bey Le&#x017F;ern die&#x017F;er <hi rendition="#g">drey</hi> Schrift&#x017F;tel-<lb/>
ler, welche bey ihm fa&#x0364;nden was jene nicht ha&#x0364;tten: nicht<lb/>
aber auf den Fall daß &#x017F;ie etwas ganz ver&#x017F;chiednes erza&#x0364;hl-<lb/>
ten <note place="foot" n="87)">Diokles von Peparethus, den Plutarch als den fru&#x0364;he&#x017F;ten<lb/>
Schrift&#x017F;teller nennt der die allgemein bekannte Erza&#x0364;hlung<lb/>
ge&#x017F;chrieben habe, ko&#x0364;nnen wir nicht a&#x0364;lter annehmen als Ti-<lb/>
ma&#x0364;us. Daß Fabius Pietor ihm gefolgt &#x017F;ey, i&#x017F;t gewiß nur<lb/>
Plutarchs Vermuthung.</note>. Aber auch nach Tima&#x0364;us und Polybius erhielt<lb/>
&#x017F;ich noch die a&#x0364;ltere griechi&#x017F;che Sage bey den zu Alexan-<lb/>
drien ent&#x017F;tandnen Litteratoren und Le&#x017F;ern alter Selten-<lb/>
heiten; bey denen die alles nur aus der a&#x0364;lteren<lb/>
Griechi&#x017F;chen Litteratur &#x017F;cho&#x0364;pfen wollten. Heraklides<lb/>
Lembus, um d. J. 600., wiederholte Ari&#x017F;toteles Er-<lb/>
za&#x0364;hlung von Acha&#x0364;ern und gefangnen Troerinnen: und<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chrieb noch Orus von Theben nach Kephalon,<lb/>
Romulus und Romus, Aenegs So&#x0364;hne, wa&#x0364;ren Roms<lb/>
Stifter <note place="foot" n="88)"><hi rendition="#aq">Etymolog. magn. s. v.</hi> &#x1FEC;&#x03CE;&#x03BC;&#x03B7;.</note>.</p><lb/>
          <p>Ohne Zweifel hatte Tima&#x0364;us &#x017F;eine Erza&#x0364;hlung von Ro&#x0364;-<lb/>
mern erhalten, wie er von Lavinien&#x017F;ern die Geheimni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Penaten erfuhr. Denn die gewo&#x0364;hnliche Sage herr&#x017F;chte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0168] ſchichte der Nachfolger Alexanders, wenige Jahre vor Ti- maͤus, eine kurze Nachricht von der Roͤmiſchen alten Ge- ſchichte gab, deren Duͤrftigkeit Dionyſius, wie die der ſchon weitlaͤuftigeren Erzaͤhlungen des Timaͤus und Poly- bius, tadelt 86). Er ſelbſt verwahrt ſich gegen den Ver- dacht der Erdichtung bey Leſern dieſer drey Schriftſtel- ler, welche bey ihm faͤnden was jene nicht haͤtten: nicht aber auf den Fall daß ſie etwas ganz verſchiednes erzaͤhl- ten 87). Aber auch nach Timaͤus und Polybius erhielt ſich noch die aͤltere griechiſche Sage bey den zu Alexan- drien entſtandnen Litteratoren und Leſern alter Selten- heiten; bey denen die alles nur aus der aͤlteren Griechiſchen Litteratur ſchoͤpfen wollten. Heraklides Lembus, um d. J. 600., wiederholte Ariſtoteles Er- zaͤhlung von Achaͤern und gefangnen Troerinnen: und ſo ſchrieb noch Orus von Theben nach Kephalon, Romulus und Romus, Aenegs Soͤhne, waͤren Roms Stifter 88). Ohne Zweifel hatte Timaͤus ſeine Erzaͤhlung von Roͤ- mern erhalten, wie er von Lavinienſern die Geheimniſſe der Penaten erfuhr. Denn die gewoͤhnliche Sage herrſchte 86) I. c. 7. 87) Diokles von Peparethus, den Plutarch als den fruͤheſten Schriftſteller nennt der die allgemein bekannte Erzaͤhlung geſchrieben habe, koͤnnen wir nicht aͤlter annehmen als Ti- maͤus. Daß Fabius Pietor ihm gefolgt ſey, iſt gewiß nur Plutarchs Vermuthung. 88) Etymolog. magn. s. v. Ῥώμη.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/168
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/168>, abgerufen am 31.10.2024.