den, und Anwendungen desselben sind geblieben, deren Ursprung von den Späteren nicht erkannt ward.
Die Etrusker folgten, wie die Türken, der redlichen Regel Frieden nur unter der Form eines Waffenstillstands auf bestimmte Jahre zu schließen. Die römischen Frie- densschlüsse mit Veji, Tarquinii, Cäre, Capena, den Faliskern und Volsinii werden fast ohne Ausnahme als Waffenstillstand mit Beyfügung der Dauer angegeben. Nun wird den Etruskern nicht vorgeworfen daß sie den Vertrag gebrochen hätten, obgleich fast immer die Feind- seligkeiten begonnen haben ehe die Jahre des Waffenstill- stands, nach den Fasten, verlaufen sind. Ein Beyspiel unter mehreren ganz unzweydeutigen, welche im Fort- gang dieser Geschichte angezeigt werden sollen, gewährt der Vejentische Friede des Jahrs 280. Dieser war auf vierzig Jahre geschlossen. Im Jahr 316 fiel Fidenä ab, und vereinigte sich mit Veji: welches voraussetzt daß diese Republik schon im Kriegsstand gegen Rom war. Dieser Abfall war den Römern äußerst gehässig, dennoch klagen sie die Vejenter nicht an, ihre Eide gebrochen zu haben. Noch deutlicher ist daß Livius, als von dem zwanzigjäh- rigen Stillstand des Jahrs 329 nach den Fasten achtzehn verflossen waren, im Jahr 347, sagt, der Waffenstill- stand sey verlaufen gewesen59). Dies erklärt sich nur durch die Anwendung des zehnmonatlichen Jahrs. Denn von diesem sind 40 = 33 1/3 , 20 = 16 2/3 : so daß im ersten Fall das Verhältniß des Friedens schon mit dem Jahr 314, im zweyten mit dem Jahr 346 aufhörte.
59) Livius IV. 58.
den, und Anwendungen deſſelben ſind geblieben, deren Urſprung von den Spaͤteren nicht erkannt ward.
Die Etrusker folgten, wie die Tuͤrken, der redlichen Regel Frieden nur unter der Form eines Waffenſtillſtands auf beſtimmte Jahre zu ſchließen. Die roͤmiſchen Frie- densſchluͤſſe mit Veji, Tarquinii, Caͤre, Capena, den Faliskern und Volſinii werden faſt ohne Ausnahme als Waffenſtillſtand mit Beyfuͤgung der Dauer angegeben. Nun wird den Etruskern nicht vorgeworfen daß ſie den Vertrag gebrochen haͤtten, obgleich faſt immer die Feind- ſeligkeiten begonnen haben ehe die Jahre des Waffenſtill- ſtands, nach den Faſten, verlaufen ſind. Ein Beyſpiel unter mehreren ganz unzweydeutigen, welche im Fort- gang dieſer Geſchichte angezeigt werden ſollen, gewaͤhrt der Vejentiſche Friede des Jahrs 280. Dieſer war auf vierzig Jahre geſchloſſen. Im Jahr 316 fiel Fidenaͤ ab, und vereinigte ſich mit Veji: welches vorausſetzt daß dieſe Republik ſchon im Kriegsſtand gegen Rom war. Dieſer Abfall war den Roͤmern aͤußerſt gehaͤſſig, dennoch klagen ſie die Vejenter nicht an, ihre Eide gebrochen zu haben. Noch deutlicher iſt daß Livius, als von dem zwanzigjaͤh- rigen Stillſtand des Jahrs 329 nach den Faſten achtzehn verfloſſen waren, im Jahr 347, ſagt, der Waffenſtill- ſtand ſey verlaufen geweſen59). Dies erklaͤrt ſich nur durch die Anwendung des zehnmonatlichen Jahrs. Denn von dieſem ſind 40 = 33⅓, 20 = 16⅔: ſo daß im erſten Fall das Verhaͤltniß des Friedens ſchon mit dem Jahr 314, im zweyten mit dem Jahr 346 aufhoͤrte.
59) Livius IV. 58.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0224"n="202"/>
den, und Anwendungen deſſelben ſind geblieben, deren<lb/>
Urſprung von den Spaͤteren nicht erkannt ward.</p><lb/><p>Die Etrusker folgten, wie die Tuͤrken, der redlichen<lb/>
Regel Frieden nur unter der Form eines Waffenſtillſtands<lb/>
auf beſtimmte Jahre zu ſchließen. Die roͤmiſchen Frie-<lb/>
densſchluͤſſe mit Veji, Tarquinii, Caͤre, Capena, den<lb/>
Faliskern und Volſinii werden faſt ohne Ausnahme als<lb/>
Waffenſtillſtand mit Beyfuͤgung der Dauer angegeben.<lb/>
Nun wird den Etruskern nicht vorgeworfen daß ſie den<lb/>
Vertrag gebrochen haͤtten, obgleich faſt immer die Feind-<lb/>ſeligkeiten begonnen haben ehe die Jahre des Waffenſtill-<lb/>ſtands, nach den Faſten, verlaufen ſind. Ein Beyſpiel<lb/>
unter mehreren ganz unzweydeutigen, welche im Fort-<lb/>
gang dieſer Geſchichte angezeigt werden ſollen, gewaͤhrt<lb/>
der Vejentiſche Friede des Jahrs 280. Dieſer war auf<lb/>
vierzig Jahre geſchloſſen. Im Jahr 316 fiel Fidenaͤ ab,<lb/>
und vereinigte ſich mit Veji: welches vorausſetzt daß dieſe<lb/>
Republik ſchon im Kriegsſtand gegen Rom war. Dieſer<lb/>
Abfall war den Roͤmern aͤußerſt gehaͤſſig, dennoch klagen<lb/>ſie die Vejenter nicht an, ihre Eide gebrochen zu haben.<lb/>
Noch deutlicher iſt daß Livius, als von dem zwanzigjaͤh-<lb/>
rigen Stillſtand des Jahrs 329 nach den Faſten achtzehn<lb/>
verfloſſen waren, im Jahr 347, ſagt, der Waffenſtill-<lb/>ſtand ſey verlaufen geweſen<noteplace="foot"n="59)">Livius <hirendition="#aq">IV. 58.</hi></note>. Dies erklaͤrt ſich nur<lb/>
durch die Anwendung des zehnmonatlichen Jahrs. Denn<lb/>
von dieſem ſind 40 = 33⅓, 20 = 16⅔: ſo daß im erſten<lb/>
Fall das Verhaͤltniß des Friedens ſchon mit dem Jahr<lb/>
314, im zweyten mit dem Jahr 346 aufhoͤrte.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[202/0224]
den, und Anwendungen deſſelben ſind geblieben, deren
Urſprung von den Spaͤteren nicht erkannt ward.
Die Etrusker folgten, wie die Tuͤrken, der redlichen
Regel Frieden nur unter der Form eines Waffenſtillſtands
auf beſtimmte Jahre zu ſchließen. Die roͤmiſchen Frie-
densſchluͤſſe mit Veji, Tarquinii, Caͤre, Capena, den
Faliskern und Volſinii werden faſt ohne Ausnahme als
Waffenſtillſtand mit Beyfuͤgung der Dauer angegeben.
Nun wird den Etruskern nicht vorgeworfen daß ſie den
Vertrag gebrochen haͤtten, obgleich faſt immer die Feind-
ſeligkeiten begonnen haben ehe die Jahre des Waffenſtill-
ſtands, nach den Faſten, verlaufen ſind. Ein Beyſpiel
unter mehreren ganz unzweydeutigen, welche im Fort-
gang dieſer Geſchichte angezeigt werden ſollen, gewaͤhrt
der Vejentiſche Friede des Jahrs 280. Dieſer war auf
vierzig Jahre geſchloſſen. Im Jahr 316 fiel Fidenaͤ ab,
und vereinigte ſich mit Veji: welches vorausſetzt daß dieſe
Republik ſchon im Kriegsſtand gegen Rom war. Dieſer
Abfall war den Roͤmern aͤußerſt gehaͤſſig, dennoch klagen
ſie die Vejenter nicht an, ihre Eide gebrochen zu haben.
Noch deutlicher iſt daß Livius, als von dem zwanzigjaͤh-
rigen Stillſtand des Jahrs 329 nach den Faſten achtzehn
verfloſſen waren, im Jahr 347, ſagt, der Waffenſtill-
ſtand ſey verlaufen geweſen 59). Dies erklaͤrt ſich nur
durch die Anwendung des zehnmonatlichen Jahrs. Denn
von dieſem ſind 40 = 33⅓, 20 = 16⅔: ſo daß im erſten
Fall das Verhaͤltniß des Friedens ſchon mit dem Jahr
314, im zweyten mit dem Jahr 346 aufhoͤrte.
59) Livius IV. 58.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/224>, abgerufen am 01.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.