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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

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ihrer Lobsprüche ist ein Wehethun; und Richter-sein
scheint ihnen Seligkeit.

Also aber rathe ich euch, meine Freunde: miss¬
traut Allen, in welchen der Trieb, zu strafen, mächtig ist!

Das ist Volk schlechter Art und Abkunft; aus
ihren Gesichtern blickt der Henker und der Spürhund.

Misstraut allen Denen, die viel von ihrer Ge¬
rechtigkeit reden! Wahrlich, ihren Seelen fehlt es
nicht nur an Honig.

Und wenn sie sich selber "die Guten und Ge¬
rechten" nennen, so vergesst nicht, dass ihnen zum
Pharisäer Nichts fehlt als -- Macht!

Meine Freunde, ich will nicht vermischt und ver¬
wechselt werden.

Es giebt Solche, die predigen meine Lehre vom
Leben: und zugleich sind sie Prediger der Gleichheit
und Taranteln.

Dass sie dem Leben zu Willen reden, ob sie
gleich in ihrer Höhle sitzen, diese Gift-Spinnen, und
abgekehrt vom Leben: das macht, sie wollen damit
wehethun.

Solchen wollen sie damit wehethun. die jetzt die
Macht haben: denn bei diesen ist noch die Predigt
vom Tode am besten zu Hause.

Wäre es anders, so würden die Taranteln anders
lehren: und gerade sie waren ehemals die besten
Welt-Verleumder und Ketzer-Brenner.

Mit diesen Predigern der Gleichheit will ich nicht
vermischt und verwechselt sein. Denn so redet mir
die Gerechtigkeit: "die Menschen sind nicht gleich."

Und sie sollen es auch nicht werden! Was wäre

ihrer Lobsprüche ist ein Wehethun; und Richter-sein
scheint ihnen Seligkeit.

Also aber rathe ich euch, meine Freunde: miss¬
traut Allen, in welchen der Trieb, zu strafen, mächtig ist!

Das ist Volk schlechter Art und Abkunft; aus
ihren Gesichtern blickt der Henker und der Spürhund.

Misstraut allen Denen, die viel von ihrer Ge¬
rechtigkeit reden! Wahrlich, ihren Seelen fehlt es
nicht nur an Honig.

Und wenn sie sich selber „die Guten und Ge¬
rechten“ nennen, so vergesst nicht, dass ihnen zum
Pharisäer Nichts fehlt als — Macht!

Meine Freunde, ich will nicht vermischt und ver¬
wechselt werden.

Es giebt Solche, die predigen meine Lehre vom
Leben: und zugleich sind sie Prediger der Gleichheit
und Taranteln.

Dass sie dem Leben zu Willen reden, ob sie
gleich in ihrer Höhle sitzen, diese Gift-Spinnen, und
abgekehrt vom Leben: das macht, sie wollen damit
wehethun.

Solchen wollen sie damit wehethun. die jetzt die
Macht haben: denn bei diesen ist noch die Predigt
vom Tode am besten zu Hause.

Wäre es anders, so würden die Taranteln anders
lehren: und gerade sie waren ehemals die besten
Welt-Verleumder und Ketzer-Brenner.

Mit diesen Predigern der Gleichheit will ich nicht
vermischt und verwechselt sein. Denn so redet mir
die Gerechtigkeit: „die Menschen sind nicht gleich.“

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[28/0038] ihrer Lobsprüche ist ein Wehethun; und Richter-sein scheint ihnen Seligkeit. Also aber rathe ich euch, meine Freunde: miss¬ traut Allen, in welchen der Trieb, zu strafen, mächtig ist! Das ist Volk schlechter Art und Abkunft; aus ihren Gesichtern blickt der Henker und der Spürhund. Misstraut allen Denen, die viel von ihrer Ge¬ rechtigkeit reden! Wahrlich, ihren Seelen fehlt es nicht nur an Honig. Und wenn sie sich selber „die Guten und Ge¬ rechten“ nennen, so vergesst nicht, dass ihnen zum Pharisäer Nichts fehlt als — Macht! Meine Freunde, ich will nicht vermischt und ver¬ wechselt werden. Es giebt Solche, die predigen meine Lehre vom Leben: und zugleich sind sie Prediger der Gleichheit und Taranteln. Dass sie dem Leben zu Willen reden, ob sie gleich in ihrer Höhle sitzen, diese Gift-Spinnen, und abgekehrt vom Leben: das macht, sie wollen damit wehethun. Solchen wollen sie damit wehethun. die jetzt die Macht haben: denn bei diesen ist noch die Predigt vom Tode am besten zu Hause. Wäre es anders, so würden die Taranteln anders lehren: und gerade sie waren ehemals die besten Welt-Verleumder und Ketzer-Brenner. Mit diesen Predigern der Gleichheit will ich nicht vermischt und verwechselt sein. Denn so redet mir die Gerechtigkeit: „die Menschen sind nicht gleich.“ Und sie sollen es auch nicht werden! Was wäre

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/38>, abgerufen am 31.10.2024.