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Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872.

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[Spaltenumbruch] Woche hindurch keine größere Anzahl als die Hälfte derselben in der Kammer ver-
sammelt werden. Es ist demnach nicht unwahrscheinlich daß, wenn die Sachen sich
nicht ändern sollten, entweder Bulgaris oder Deligeorgis mit der Bildung eines
neuen Cabinets beauftragt werden dürften, wobei es sich von selbst versteht daß
die gegenwärtige Kammer aufgelöst werden würde. Ministerwechsel und Kammer-
auflösungen aus solchen Gründen, ohne jede wichtige Ursache oder Hauptfrage, sind
leider hier oft gesehen worden, und nur die mißverstandene und mißdeutete Ver-
fassung kann die Schuld davon tragen. Es herrscht dagegen die allgemeine Ent-
rüstung der Journale, und die feste Ueberzeugung daß dem so fest und im patriotisch-
sten Sinne an der Verfassung haltenden Könige solcherlei Seenen höchst unlieb
sind. Sogar die parlamentarischsten Blätter geben zu daß es auf diesem Wege
nicht mehr gut vorwärts gehe. -- Wie fast unaufhörlich in diesem Jahre, so machen
auch neuerdings wieder ganz unwahre und verleumderische Artikel über den Stand
der Laurion-Frage die Runde durch die europäischen Blätter. Unter anderm brachte
das "Journ. des Debats" jüngst wieder eine ganze Fülle falscher Angaben,
wovon z. B. auch die "Nationalzeitung" vom 14 d. M. und viele andere größere
Blätter die Quintessenz zum Besten gaben. "Die Griechen -- heißt es darin --
glaubten ein gutes Geschäft zu machen indem sie durch Kammerbeschluß die schon
einer französisch-italienischen Gesellschaft concessionirten Silberminen (!) zurückneh-
men, weil sie bemerkten daß diese Minen viel reicher sind als man allgemein ge-
glaubt hatte." Wir wollen dem "Journ. des Debats" seine Auslassungen über die
griechische Ehrlichkeit mit dem Vorhalt zurückgeben,*) daß es wenigstens nicht ehrlich
ist die Thatsachen zu verdrehen, und Dinge vorzubringen die in Wahrheit nicht existirent
Der einfache Sachverhalt ist folgender: Die Gesellschaft Roux und Comp., welche
im Jahre 1864 die über 11/2 Millionen Tonnen betragenden, mehr als 10 Proc.
Blei haltigen und silberreichen Schlacken (Skorien) des antiken Laurion, an der
Südspitze von Attika, zu dem Zwecke verlangt hatte daraus "Salben, Gläser und
Flaschen" fabriciren zu wollen, erhielt von der griechischen Regierung erstens eine
förmliche Concession über diese Schlacken, denen am 14 April 1867 eine Steuer
von 10 Proc. vom Reinertrag auferlegt wurde, um zweitens eine gleichfalls rechts-
gültige Concession über ein fast 13,000,000 Quadratmeter betragendes Gruben-
feld in Laurion, um darauf Blei- und Silbererze abbauen zu können. Niemand
hat je diese beiden alleinigen Concessionen angetastet, oder nur angezweifelt, ob-
wohl die Gesellschaft reichlich Blei und Silber ausführt (jährlich etwa 10,000
Tonnen Blei, das gegen 500 Gramme Silber pro Tonne enthält), ohne noch allen
Verpflichtungen in Betreff des Bezahlens der auferlegten Steuern nachgekommen
zu sein. Nun aber ergab sich aus einer genaueren Untersuchung der Erden und
antiken Halden (Ekvoladen) des gesammten Lauriongebietes daß dieselben sehr blei-
und silberreich seien, und daß die Gesellschaft seit mehr als zwei Jahren täglich
große Massen derselben mit den Schlacken verschmilzt, wodurch die Ausbeute an
Blei sowohl als an Silber, da nun das Blei gegen 800 Gramme Silber pro Tonne
enthielt, vergrößert wurde. Die Regierung verbot in ihrem angefochtenen Rechte
den Gebrauch dieser Halden, worauf die Gesellschaft sich an die Gesandtschaften
Frankreichs und Italiens wandte, und diese Spoliation zu dem Gegenstande diplo-
matischer Verhandlungen und grimmiger Schmähartikel gegen das ungerecht lei-
dende Land machte. Da auch in der "Allgem. Ztg." ein Artikel im August er-
schienen ist der diese Frage juristisch zum Vortheile der Gesellschaft verhandelt,
so werden diese wenigen Zeilen zur Steuer der Wahrheit vielleicht nützlich sein. --
Der König von Dänemark und König Georg besuchten vor einigen Tagen den
greisen Seehelden Kanaris.

Türkei.

Kaum hatte ich Ihnen mitgetheilt daß die Central-
regierung mit dem Gedanken umgehe Vicinalstraßen im Innern herstellen zu lassen,
so wurden wir von Konstantinopel mit der Nachricht überrascht: es sei ernstlich an
maßgebender Stelle davon die Rede von Staatswegen den Bau eines Schienen-
netzes in Anatolien in kürzester Frist in Angriff zu nehmen. Einerseits soll die
fertige Bahnstrecke Scutari-Ismid bis Eski-Scheir in der Richtung nach Angora
erweitert, andererseits die Kassaba-und Aidin-Linien in entsprechender Weise fort-
geführt werden. Sollte es in der That zur Ausführung der in Aussicht genom-
menen Projeete kommen, so würde in der Folge in den so arg vernachlässigten
anatolischen Communicationsmitteln eine Umgestaltung Platz greifen welche für
Handel und Wandel von durchgreifender, erfreulicher Bedeutung werden müßte.
Indeß dürfte es gut sein die hochgehenden Erwartungen in etwas herabzustimmen
bis zu dem Zeitpunkt wo das Unternehmen eine greifbarere Gestalt gewonnen. --
Während Italien Anstrengungen macht durch neue Dampfschifffahrts-Gesellschaften
den Verkehr mit den östlichen Ländergebieten von Genua und Brindisi aus zu vermit-
teln, bietet gleichzeitig die Odessaer russische Dampfschifffahrtsgesellschaft alles auf um
im Wettkampf den concurrirenden Linien eine hervorragende Stellung zu behaupten.
Die Dampferflotte dieser Gesellschaft ist neuerdings wesentlich vergrößert worden. Die
Gesellschaft wird von der russischen Regierung unterstützt, die indeß jetzt mit den
Leistungen derselben in keiner Weise im Einklang steht. Einstweilen behauptet der
österreichische Lloyd seinen altbewährten guten Ruf in den levantinischen Gewässern.
-- In Phocäa am Aegeischen Meer und nicht weit von der Nordseite unseres Golfs
gelegen, wurde letzthin ein Bas-Relief gefunden, das seiner gediegenen Arbeit nach
der schönsten Epoche griechischer Kunst anzugehören scheint. Es stellt einen Hahn
in streitbarer Stellung dar. Ein hiesiger gelehrter Grieche will im Hahn das Sinn-
bild der alten Phocäer erblicken -- ein Sinnbild das deren kriegerische Neigungen ver-
kürzere. Sollte nicht etwa der krakehlsüchtige gallische Hahn seine Ahnenschaft bis
auf die Phocäer, die ja bekanntlich Marseille gegründet und entwickelt haben, zurück-
führen dürfen?

Verschiedenes.

Ordensverleihungen.)

Se. Maj. der König
hat zum Neujahrstage folgende Ordensverleihungen vollzogen: I. Großcomthurkreuz
vom heil. Michael: Staatsrath v. Schubert. II Comthurkreuz vom heil. Michael: Frhr.
v. Gasser, Gesandter in Stuttgart, Frhr. v. Rieder, ehemaliger Gesandter in Carlsruhe,
Graf v. Hompesch, Gesandter in London, Frhr. v. Niethamer, Gesandter in Brüssel,
v. Körner, Appellationsgerichtsdirector in Zweibrücken, v. Kobell, Regierungs-
[Spaltenumbruch] Director in München, v. Engerer, Ministerialrath in München. III. Ritterkreuz
des Verdienstordens der bayerischen Krone: Ph. Briel, Apellgerichtsdirector in
Augsburg, Julius Knappe, Appellgerichtsdirector in Bamberg, Schehler, Mini-
sterialrath in München, Kahn, Reg.-Director in Bayreuth, Delamotte, Regierungs-
Director in Speyer, W. Völk, Ministerialrath in München, W. Siebold,
Universitätsprofessor in München, Dr. v. Kobell, Universitätsprofessor in München,
K. Forster, sen., Fabrikbesitzer in Augsburg. IV. Ritterkreuz des Verdienstordens vom
heil. Michael: I. Classe. Ziegler, Geh. Secretär und wirklicher Rath in Mänchen,
v. Schieber, Appellgerichtsdirector in Passau, Künsberg Appellgerichtsrath in München,
Beselmüller, Appellgerichtsrath in München, Küssner, Staatsanwalt in München,
Merkel, Appellgerichtsrath in Nürnberg, Fertsch, Appellgerichtsrath in Amberg, Fleißner,
Bez.-Ger.-Director in Deggendorf, Rußwurm, Bez.-Ger.-Director in Neuburg a. W.,
Kopp, Bez.-Ger.-Director in München, Bibra, Staatsanwalt in München, Bahn, Land-
richter in Würzburg, Schlichthörle, Notar in München, Westheimer, Reg.-Rath in
München, Frhr. v. Crailsheim in Ausbach, Martin, Bez.-Amtmann in Regensburg,
Heyder, Reg.-Rath in Altötting, v. Merz, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Dinkels-
bühl, v. Braun, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Rothenburg, Forster, Bez.-Amtmann
in Burglengenfeld, Dr. Bopp, Bezirksarzt in Landau in der Pfalz, Mandel, Bürger-
meister in Ausbach, Gierl, Ministerialrath in München, v. Necklinghausen, Universitäts-
professor in Würzburg, Frhr. v. Gorup-Besanez, Universitätsprofessor in Erlangen,
Dr. A. Buchner, Universitätsprofessor in München, Kemmer, Studienrector in Bamberg,
Büschl, geistl. Rath und Stadtpfarrer in Augsburg, Dr. Göringer, prot. Stadtpfarrer
in Augsburg, Landgraf, Regierungsrath in München, Blank, Seminarpräfect in Würz-
burg, Lamberger, Oberrechnungsrath in München, Bertram, Reg.-Rath in Regensburg,
v. Melzl, Reg.-Rath in Augsburg, Wunderer, Reg.-Rath in Bayreuth, Lucas, Ober-
berg- und Salinenrath in München, Mahn, Hauptcassa-Cassier in München, Lederer,
Bankoberbeamter in Würzburg, Pöhlmann, Aufschlagsoberbeamter in Ausbach, Leit-
maier, Rentbeamter in Erding, Dittmann, Forstmeister in Würzburg, Eggensberger,
Oberzollrath in München, Gombart, Director in München, Breidenbach, Directions-
rath in München, Röckl, Directionsrath in München, Müller, Centralzollcassier in
München, Flessa, Oberzollinspector in Passau, Dr. Erlenmayer, Prof. der polyt. Schule
in München, Harter, Rector des Realgymnasiums in München, Dr. Bischoff, Lyceal-
professor in Regensburg, Klumpp, Kreisbaurath in München, Hamminger, Gutsbesitzer
in Luckofen.

* Vor dem Militärbezirksgerichte in Nürnberg gieng am Samstag
die dreitägige Verhandlung gegen den k. b. Hauptmann Schoch vom 7. Infanteris-
regiment zu Ende. Die Anklagepunkte ergeben sich aus folgenden Fragen an die Ge-
schwornen: "Ist Hauptmann Schoch des militärischen Verbrechens der Feigheit dadurch
schuldig daß er als Ausfluß eines rechtswidrigen Vorsatzes aus Furcht vor persönlicher
Gefahr seine militärische Dienstpflicht dadurch verletzte daß er a) am 6 Aug. 1871 im
Gefechte zu Niederbronn als Commandant der 6. Compagnie des 7. Inf.-Regiments,
während sein Bataillon auf einer von diesem Ort abfallenden Höhe vorgegangen, hier
über 1 Stunde im Feuergefecht gewesen und dann den Feind durch einen den Abhang hinun-
ter gemachten Bajonnettangriff zurückgeworsen, statt der Compagnie zu folgen, so weit
hinter derselben zurückblieb, daß er sie nicht mehr überblicken konnte, und sich länger als
1 Stunde thels sitzend, theils liegend hinter einem Baum versteckt hielt; b) nachdem er
am 1 Sept. desselben Jahres vor Beginn der Schlacht bei Sedan beim Uebergang über
den Bahndamm bei Bazeilles gefallen, von der hiedurch behaupteten Verletzung aber
bereits am 6 Sept. als geheilt entlassen, am 19 desselben Monats, als sein Bataillon
bei Beginn des Gefechtes von Malabry aus gegen eine bei Plessis-Piquet gelegene Park-
mauer über freies Terrain vorgegangen und von dieser Mauer aus plötzlich heftig be-
schossen wurde, so daß es sich in das rechts seitwärts und rückwärts liegende Gehölz hatte
zurückziehen müssen, während das Bataillon wieder gegen den Feind vorgeschoben wurde,
eine Stunde lang im Feuer stand und endlich mit Sturm über die vom Feinde besetzt
gewesene Parkmauer hinüber drang, statt bei seiner Compagnie zu bleiben und diese zu
befehligen, unter der Vorschützung eines linkseitigen Knieleidens sich zuerst hinter einer
etwa 12 Schritte von der Gefechtslinie rückwärts stehenden steinernen Säule, dann in
einer noch 12--15 Schritte zurück im Park an einer nach rüchwärts ziemlich stark ab-
fallenden Böschung gelegenen und etwa 5--6 Schuß tiesen, vor feindlichen Kugeln ziem-
lich sichern Erdvertiefung theils liegend, theils sitzend versteckt gehalten und sich hiedurch
dem Gefechte zu entziehen gesucht und wirklich sich entzogen hat; c) in der Nacht vom
21 auf den 22 und vom 23 auf den 24 desselben Monats, als seine Compagnie wäh-
rend der Cernirung von Paris nächst der Schanze bei Moulin de la Tour auf Arbeit,
ferner am 25, 26, dann 30 Sept. mit 2 Oct., während seine Compagnie auf Vorposten,
statt jene Arbeiten zu leiten und an diesem Vorpostendienste theilzunehmen, sich immer mög-
lichst rückwärts und an einem möglichst sichern Platze aufhielt, hiedurch aber nicht nur
dem Dienst innerhalb der Cernirungslinie sich entzog, sondern auch der Mannschaft
schaft ein übles Beispiel gab?" Die Geschwornen erschienen nach etwa halbstündiger Bera-
thung wieder im Saale. Der Obmann (Major Friedlein) verkündigte den Wahrspruch, wel-
cher alle drei Theile der Frage mit "Nein" beantwortete. Vom Publicum, das in dichten
Reihen nicht bloß den Zuschauerraum des Sitzungssaals, sondern auch alle Vorräume,
den benachbarten Corridor und die Treppen füllte, und das aus Civilisten und Militärs
zusammengesetzt war, wurde der Wahrspruch mit donnernden Bravo- und Hochrufen
begrüßt. Der Gerichtshof -- bestehend aus den HH. Generalmajor Diehl (Vorsitzen-
der), Stabsauditor Reulbach (Director), Regimentsauditor Leithner, Regimentsauditor
Ulsamer, Rittmeister Tretzel und Hauptmann Günther -- erklärte nunmehr die Frei-
sprechung des Angeklagten,
indem er gleichzeitig dessen sofortige Entlassung
aus der Untersuchungshaft verfügte. Hr. Hauptmann Schoch verließ darauf den Saal
unter lauten Zurufen des Publicums, wie überhaupt hervorgehoben werden muß daß
sich unter den Zuhörern im Laufe der Verhandlung eine immer günstigere Meinung
für den Angeklagten gebildet hatte.

Industrie, Handel und Verkehr.


Beim Jahresschluß geziemt es fühlenden und
denkenden Menschen Emkehr in sich selbst zu halten. Das ist so deutscher Brauch und
Sitte! Und warum sollte sich ein Börsenberichterstatter dieser Menschlichkeit entschlagen!
Versuchen auch wir zu thun was dem Menschen ziemt, und wär's auf die Gefahr hin
-- etwas sentimental zu werden. Die trockenen Thatsachen und nüchternen Maximen eines
Börsenberichts haben für alle Leser, selbst für die Leute von Fach und Beruf, nur den Reiz
der sibyllimschen Bücher. Man will zwischen seinen Zeilen stückweise oder auch ganz die
nächste Zukunft und die Schicksale seines Besitzes herauelesen. Die Gewißheit daß die Pro-
phetengabe den Geistern der Gegenwart versagt ist, hindert keinen an der Lectüre, ebenso
wenig als sie die meisten Referenten davon abschreckt aus der Vergangenheit Schlüsse auf die
Zukunft zu ziehen -- sie bezeichnen das ebenso bescheiden der Sache als der Form nach
mit einem verhüllenden Fremdwort: proguosticiren. Auch wir sind in der Lage uns dieser
üblen Gewohnheit anzuklagen, und fühlen uns sogar zum Bekenntniß gedrungen daß wir
uns nicht selten der unbefugten Wahrsagerei sogar mit Vorliebe hingegeben haben. Aber,
die Hand aufs Herz, nicht leichtsinnig und vor allem nicht auf dem Gebiete wo auch auf
der Börse der bloße Zufall an die Stelle der Vernunft tritt. Die Chancen des Spiels
regelt auch auf der Börse der Aberglaude, d. h. er glaubt sie zu regeln oder doch günstig
stimmen zu können. Wir haben unsre Aufgabe anders gefaßt, und vor allen Dingen danach

*) Das "Jonrn. des Deb." hat übrigens diese unrichtige Darstellung in einer bald
darauf folgenden Zuschrift berichtigt. D. Red.

[Spaltenumbruch] Woche hindurch keine größere Anzahl als die Hälfte derſelben in der Kammer ver-
ſammelt werden. Es iſt demnach nicht unwahrſcheinlich daß, wenn die Sachen ſich
nicht ändern ſollten, entweder Bulgaris oder Deligeorgis mit der Bildung eines
neuen Cabinets beauftragt werden dürften, wobei es ſich von ſelbſt verſteht daß
die gegenwärtige Kammer aufgelöst werden würde. Miniſterwechſel und Kammer-
auflöſungen aus ſolchen Gründen, ohne jede wichtige Urſache oder Hauptfrage, ſind
leider hier oft geſehen worden, und nur die mißverſtandene und mißdeutete Ver-
faſſung kann die Schuld davon tragen. Es herrſcht dagegen die allgemeine Ent-
rüſtung der Journale, und die feſte Ueberzeugung daß dem ſo feſt und im patriotiſch-
ſten Sinne an der Verfaſſung haltenden Könige ſolcherlei Seenen höchſt unlieb
ſind. Sogar die parlamentariſchſten Blätter geben zu daß es auf dieſem Wege
nicht mehr gut vorwärts gehe. — Wie faſt unaufhörlich in dieſem Jahre, ſo machen
auch neuerdings wieder ganz unwahre und verleumderiſche Artikel über den Stand
der Laurion-Frage die Runde durch die europäiſchen Blätter. Unter anderm brachte
das „Journ. des Débats“ jüngſt wieder eine ganze Fülle falſcher Angaben,
wovon z. B. auch die „Nationalzeitung“ vom 14 d. M. und viele andere größere
Blätter die Quinteſſenz zum Beſten gaben. „Die Griechen — heißt es darin —
glaubten ein gutes Geſchäft zu machen indem ſie durch Kammerbeſchluß die ſchon
einer franzöſiſch-italieniſchen Geſellſchaft conceſſionirten Silberminen (!) zurückneh-
men, weil ſie bemerkten daß dieſe Minen viel reicher ſind als man allgemein ge-
glaubt hatte.“ Wir wollen dem „Journ. des Débats“ ſeine Auslaſſungen über die
griechiſche Ehrlichkeit mit dem Vorhalt zurückgeben,*) daß es wenigſtens nicht ehrlich
iſt die Thatſachen zu verdrehen, und Dinge vorzubringen die in Wahrheit nicht exiſtirent
Der einfache Sachverhalt iſt folgender: Die Geſellſchaft Roux und Comp., welche
im Jahre 1864 die über 1½ Millionen Tonnen betragenden, mehr als 10 Proc.
Blei haltigen und ſilberreichen Schlacken (Skorien) des antiken Laurion, an der
Südſpitze von Attika, zu dem Zwecke verlangt hatte daraus „Salben, Gläſer und
Flaſchen“ fabriciren zu wollen, erhielt von der griechiſchen Regierung erſtens eine
förmliche Conceſſion über dieſe Schlacken, denen am 14 April 1867 eine Steuer
von 10 Proc. vom Reinertrag auferlegt wurde, um zweitens eine gleichfalls rechts-
gültige Conceſſion über ein faſt 13,000,000 Quadratmeter betragendes Gruben-
feld in Laurion, um darauf Blei- und Silbererze abbauen zu können. Niemand
hat je dieſe beiden alleinigen Conceſſionen angetaſtet, oder nur angezweifelt, ob-
wohl die Geſellſchaft reichlich Blei und Silber ausführt (jährlich etwa 10,000
Tonnen Blei, das gegen 500 Gramme Silber pro Tonne enthält), ohne noch allen
Verpflichtungen in Betreff des Bezahlens der auferlegten Steuern nachgekommen
zu ſein. Nun aber ergab ſich aus einer genaueren Unterſuchung der Erden und
antiken Halden (Ekvoladen) des geſammten Lauriongebietes daß dieſelben ſehr blei-
und ſilberreich ſeien, und daß die Geſellſchaft ſeit mehr als zwei Jahren täglich
große Maſſen derſelben mit den Schlacken verſchmilzt, wodurch die Ausbeute an
Blei ſowohl als an Silber, da nun das Blei gegen 800 Gramme Silber pro Tonne
enthielt, vergrößert wurde. Die Regierung verbot in ihrem angefochtenen Rechte
den Gebrauch dieſer Halden, worauf die Geſellſchaft ſich an die Geſandtſchaften
Frankreichs und Italiens wandte, und dieſe Spoliation zu dem Gegenſtande diplo-
matiſcher Verhandlungen und grimmiger Schmähartikel gegen das ungerecht lei-
dende Land machte. Da auch in der „Allgem. Ztg.“ ein Artikel im Auguſt er-
ſchienen iſt der dieſe Frage juriſtiſch zum Vortheile der Geſellſchaft verhandelt,
ſo werden dieſe wenigen Zeilen zur Steuer der Wahrheit vielleicht nützlich ſein. —
Der König von Dänemark und König Georg beſuchten vor einigen Tagen den
greiſen Seehelden Kanaris.

Türkei.

Kaum hatte ich Ihnen mitgetheilt daß die Central-
regierung mit dem Gedanken umgehe Vicinalſtraßen im Innern herſtellen zu laſſen,
ſo wurden wir von Konſtantinopel mit der Nachricht überraſcht: es ſei ernſtlich an
maßgebender Stelle davon die Rede von Staatswegen den Bau eines Schienen-
netzes in Anatolien in kürzeſter Friſt in Angriff zu nehmen. Einerſeits ſoll die
fertige Bahnſtrecke Scutari-Ismid bis Eski-Scheïr in der Richtung nach Angora
erweitert, andererſeits die Kaſſaba-und Aidin-Linien in entſprechender Weiſe fort-
geführt werden. Sollte es in der That zur Ausführung der in Ausſicht genom-
menen Projeete kommen, ſo würde in der Folge in den ſo arg vernachläſſigten
anatoliſchen Communicationsmitteln eine Umgeſtaltung Platz greifen welche für
Handel und Wandel von durchgreifender, erfreulicher Bedeutung werden müßte.
Indeß dürfte es gut ſein die hochgehenden Erwartungen in etwas herabzuſtimmen
bis zu dem Zeitpunkt wo das Unternehmen eine greifbarere Geſtalt gewonnen. —
Während Italien Anſtrengungen macht durch neue Dampfſchifffahrts-Geſellſchaften
den Verkehr mit den öſtlichen Ländergebieten von Genua und Brindiſi aus zu vermit-
teln, bietet gleichzeitig die Odeſſaer ruſſiſche Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft alles auf um
im Wettkampf den concurrirenden Linien eine hervorragende Stellung zu behaupten.
Die Dampferflotte dieſer Geſellſchaft iſt neuerdings weſentlich vergrößert worden. Die
Geſellſchaft wird von der ruſſiſchen Regierung unterſtützt, die indeß jetzt mit den
Leiſtungen derſelben in keiner Weiſe im Einklang ſteht. Einſtweilen behauptet der
öſterreichiſche Lloyd ſeinen altbewährten guten Ruf in den levantiniſchen Gewäſſern.
— In Phocäa am Aegeiſchen Meer und nicht weit von der Nordſeite unſeres Golfs
gelegen, wurde letzthin ein Bas-Relief gefunden, das ſeiner gediegenen Arbeit nach
der ſchönſten Epoche griechiſcher Kunſt anzugehören ſcheint. Es ſtellt einen Hahn
in ſtreitbarer Stellung dar. Ein hieſiger gelehrter Grieche will im Hahn das Sinn-
bild der alten Phocäer erblicken — ein Sinnbild das deren kriegeriſche Neigungen ver-
kürzere. Sollte nicht etwa der krakehlſüchtige galliſche Hahn ſeine Ahnenſchaft bis
auf die Phocäer, die ja bekanntlich Marſeille gegründet und entwickelt haben, zurück-
führen dürfen?

Verſchiedenes.

Ordensverleihungen.)

Se. Maj. der König
hat zum Neujahrstage folgende Ordensverleihungen vollzogen: I. Großcomthurkreuz
vom heil. Michael: Staatsrath v. Schubert. II Comthurkreuz vom heil. Michael: Frhr.
v. Gaſſer, Geſandter in Stuttgart, Frhr. v. Rieder, ehemaliger Geſandter in Carlsruhe,
Graf v. Hompeſch, Geſandter in London, Frhr. v. Niethamer, Geſandter in Brüſſel,
v. Körner, Appellationsgerichtsdirector in Zweibrücken, v. Kobell, Regierungs-
[Spaltenumbruch] Director in München, v. Engerer, Miniſterialrath in München. III. Ritterkreuz
des Verdienſtordens der bayeriſchen Krone: Ph. Briel, Apellgerichtsdirector in
Augsburg, Julius Knappe, Appellgerichtsdirector in Bamberg, Schehler, Mini-
ſterialrath in München, Kahn, Reg.-Director in Bayreuth, Delamotte, Regierungs-
Director in Speyer, W. Völk, Miniſterialrath in München, W. Siebold,
Univerſitätsprofeſſor in München, Dr. v. Kobell, Univerſitätsprofeſſor in München,
K. Forſter, sen., Fabrikbeſitzer in Augsburg. IV. Ritterkreuz des Verdienſtordens vom
heil. Michael: I. Claſſe. Ziegler, Geh. Secretär und wirklicher Rath in Mänchen,
v. Schieber, Appellgerichtsdirector in Paſſau, Künsberg Appellgerichtsrath in München,
Beſelmüller, Appellgerichtsrath in München, Küſſner, Staatsanwalt in München,
Merkel, Appellgerichtsrath in Nürnberg, Fertſch, Appellgerichtsrath in Amberg, Fleißner,
Bez.-Ger.-Director in Deggendorf, Rußwurm, Bez.-Ger.-Director in Neuburg a. W.,
Kopp, Bez.-Ger.-Director in München, Bibra, Staatsanwalt in München, Bahn, Land-
richter in Würzburg, Schlichthörle, Notar in München, Weſtheimer, Reg.-Rath in
München, Frhr. v. Crailsheim in Ausbach, Martin, Bez.-Amtmann in Regensburg,
Heyder, Reg.-Rath in Altötting, v. Merz, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Dinkels-
bühl, v. Braun, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Rothenburg, Forſter, Bez.-Amtmann
in Burglengenfeld, Dr. Bopp, Bezirksarzt in Landau in der Pfalz, Mandel, Bürger-
meiſter in Ausbach, Gierl, Miniſterialrath in München, v. Necklinghauſen, Univerſitäts-
profeſſor in Würzburg, Frhr. v. Gorup-Beſanez, Univerſitätsprofeſſor in Erlangen,
Dr. A. Buchner, Univerſitätsprofeſſor in München, Kemmer, Studienrector in Bamberg,
Büſchl, geiſtl. Rath und Stadtpfarrer in Augsburg, Dr. Göringer, prot. Stadtpfarrer
in Augsburg, Landgraf, Regierungsrath in München, Blank, Seminarpräfect in Würz-
burg, Lamberger, Oberrechnungsrath in München, Bertram, Reg.-Rath in Regensburg,
v. Melzl, Reg.-Rath in Augsburg, Wunderer, Reg.-Rath in Bayreuth, Lucas, Ober-
berg- und Salinenrath in München, Mahn, Hauptcaſſa-Caſſier in München, Lederer,
Bankoberbeamter in Würzburg, Pöhlmann, Aufſchlagsoberbeamter in Ausbach, Leit-
maier, Rentbeamter in Erding, Dittmann, Forſtmeiſter in Würzburg, Eggensberger,
Oberzollrath in München, Gombart, Director in München, Breidenbach, Directions-
rath in München, Röckl, Directionsrath in München, Müller, Centralzollcaſſier in
München, Fleſſa, Oberzollinſpector in Paſſau, Dr. Erlenmayer, Prof. der polyt. Schule
in München, Harter, Rector des Realgymnaſiums in München, Dr. Biſchoff, Lyceal-
profeſſor in Regensburg, Klumpp, Kreisbaurath in München, Hamminger, Gutsbeſitzer
in Luckofen.

* Vor dem Militärbezirksgerichte in Nürnberg gieng am Samſtag
die dreitägige Verhandlung gegen den k. b. Hauptmann Schoch vom 7. Infanteris-
regiment zu Ende. Die Anklagepunkte ergeben ſich aus folgenden Fragen an die Ge-
ſchwornen: „Iſt Hauptmann Schoch des militäriſchen Verbrechens der Feigheit dadurch
ſchuldig daß er als Ausfluß eines rechtswidrigen Vorſatzes aus Furcht vor perſönlicher
Gefahr ſeine militäriſche Dienſtpflicht dadurch verletzte daß er a) am 6 Aug. 1871 im
Gefechte zu Niederbronn als Commandant der 6. Compagnie des 7. Inf.-Regiments,
während ſein Bataillon auf einer von dieſem Ort abfallenden Höhe vorgegangen, hier
über 1 Stunde im Feuergefecht geweſen und dann den Feind durch einen den Abhang hinun-
ter gemachten Bajonnettangriff zurückgeworſen, ſtatt der Compagnie zu folgen, ſo weit
hinter derſelben zurückblieb, daß er ſie nicht mehr überblicken konnte, und ſich länger als
1 Stunde thels ſitzend, theils liegend hinter einem Baum verſteckt hielt; b) nachdem er
am 1 Sept. desſelben Jahres vor Beginn der Schlacht bei Sedan beim Uebergang über
den Bahndamm bei Bazeilles gefallen, von der hiedurch behaupteten Verletzung aber
bereits am 6 Sept. als geheilt entlaſſen, am 19 desſelben Monats, als ſein Bataillon
bei Beginn des Gefechtes von Malabry aus gegen eine bei Pleſſis-Piquet gelegene Park-
mauer über freies Terrain vorgegangen und von dieſer Mauer aus plötzlich heftig be-
ſchoſſen wurde, ſo daß es ſich in das rechts ſeitwärts und rückwärts liegende Gehölz hatte
zurückziehen müſſen, während das Bataillon wieder gegen den Feind vorgeſchoben wurde,
eine Stunde lang im Feuer ſtand und endlich mit Sturm über die vom Feinde beſetzt
geweſene Parkmauer hinüber drang, ſtatt bei ſeiner Compagnie zu bleiben und dieſe zu
befehligen, unter der Vorſchützung eines linkſeitigen Knieleidens ſich zuerſt hinter einer
etwa 12 Schritte von der Gefechtslinie rückwärts ſtehenden ſteinernen Säule, dann in
einer noch 12—15 Schritte zurück im Park an einer nach rüchwärts ziemlich ſtark ab-
fallenden Böſchung gelegenen und etwa 5—6 Schuß tieſen, vor feindlichen Kugeln ziem-
lich ſichern Erdvertiefung theils liegend, theils ſitzend verſteckt gehalten und ſich hiedurch
dem Gefechte zu entziehen geſucht und wirklich ſich entzogen hat; c) in der Nacht vom
21 auf den 22 und vom 23 auf den 24 desſelben Monats, als ſeine Compagnie wäh-
rend der Cernirung von Paris nächſt der Schanze bei Moulin de la Tour auf Arbeit,
ferner am 25, 26, dann 30 Sept. mit 2 Oct., während ſeine Compagnie auf Vorpoſten,
ſtatt jene Arbeiten zu leiten und an dieſem Vorpoſtendienſte theilzunehmen, ſich immer mög-
lichſt rückwärts und an einem möglichſt ſichern Platze aufhielt, hiedurch aber nicht nur
dem Dienſt innerhalb der Cernirungslinie ſich entzog, ſondern auch der Mannſchaft
ſchaft ein übles Beiſpiel gab?“ Die Geſchwornen erſchienen nach etwa halbſtündiger Bera-
thung wieder im Saale. Der Obmann (Major Friedlein) verkündigte den Wahrſpruch, wel-
cher alle drei Theile der Frage mit „Nein“ beantwortete. Vom Publicum, das in dichten
Reihen nicht bloß den Zuſchauerraum des Sitzungsſaals, ſondern auch alle Vorräume,
den benachbarten Corridor und die Treppen füllte, und das aus Civiliſten und Militärs
zuſammengeſetzt war, wurde der Wahrſpruch mit donnernden Bravo- und Hochrufen
begrüßt. Der Gerichtshof — beſtehend aus den HH. Generalmajor Diehl (Vorſitzen-
der), Stabsauditor Reulbach (Director), Regimentsauditor Leithner, Regimentsauditor
Ulſamer, Rittmeiſter Tretzel und Hauptmann Günther — erklärte nunmehr die Frei-
ſprechung des Angeklagten,
indem er gleichzeitig deſſen ſofortige Entlaſſung
aus der Unterſuchungshaft verfügte. Hr. Hauptmann Schoch verließ darauf den Saal
unter lauten Zurufen des Publicums, wie überhaupt hervorgehoben werden muß daß
ſich unter den Zuhörern im Laufe der Verhandlung eine immer günſtigere Meinung
für den Angeklagten gebildet hatte.

Induſtrie, Handel und Verkehr.


Beim Jahresſchluß geziemt es fühlenden und
denkenden Menſchen Emkehr in ſich ſelbſt zu halten. Das iſt ſo deutſcher Brauch und
Sitte! Und warum ſollte ſich ein Börſenberichterſtatter dieſer Menſchlichkeit entſchlagen!
Verſuchen auch wir zu thun was dem Menſchen ziemt, und wär’s auf die Gefahr hin
— etwas ſentimental zu werden. Die trockenen Thatſachen und nüchternen Maximen eines
Börſenberichts haben für alle Leſer, ſelbſt für die Leute von Fach und Beruf, nur den Reiz
der ſibyllimſchen Bücher. Man will zwiſchen ſeinen Zeilen ſtückweiſe oder auch ganz die
nächſte Zukunft und die Schickſale ſeines Beſitzes heraueleſen. Die Gewißheit daß die Pro-
phetengabe den Geiſtern der Gegenwart verſagt iſt, hindert keinen an der Lectüre, ebenſo
wenig als ſie die meiſten Referenten davon abſchreckt aus der Vergangenheit Schlüſſe auf die
Zukunft zu ziehen — ſie bezeichnen das ebenſo beſcheiden der Sache als der Form nach
mit einem verhüllenden Fremdwort: proguoſticiren. Auch wir ſind in der Lage uns dieſer
üblen Gewohnheit anzuklagen, und fühlen uns ſogar zum Bekenntniß gedrungen daß wir
uns nicht ſelten der unbefugten Wahrſagerei ſogar mit Vorliebe hingegeben haben. Aber,
die Hand aufs Herz, nicht leichtſinnig und vor allem nicht auf dem Gebiete wo auch auf
der Börſe der bloße Zufall an die Stelle der Vernunft tritt. Die Chancen des Spiels
regelt auch auf der Börſe der Aberglaude, d. h. er glaubt ſie zu regeln oder doch günſtig
ſtimmen zu können. Wir haben unſre Aufgabe anders gefaßt, und vor allen Dingen danach

*) Das „Jonrn. des Déb.“ hat übrigens dieſe unrichtige Darſtellung in einer bald
darauf folgenden Zuſchrift berichtigt. D. Red.
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&#x017F;ind. Sogar die parlamentari&#x017F;ch&#x017F;ten Blätter geben zu daß es auf die&#x017F;em Wege<lb/>
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Der einfache Sachverhalt i&#x017F;t folgender: Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft Roux und Comp., welche<lb/>
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Blei haltigen und &#x017F;ilberreichen Schlacken (Skorien) des antiken Laurion, an der<lb/>
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&#x017F;o werden die&#x017F;e wenigen Zeilen zur Steuer der Wahrheit vielleicht nützlich &#x017F;ein. &#x2014;<lb/>
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Indeß dürfte es gut &#x017F;ein die hochgehenden Erwartungen in etwas herabzu&#x017F;timmen<lb/>
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Während Italien An&#x017F;trengungen macht durch neue Dampf&#x017F;chifffahrts-Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften<lb/>
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&#x2014; In Phocäa am Aegei&#x017F;chen Meer und nicht weit von der Nord&#x017F;eite un&#x017F;eres Golfs<lb/>
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Sitte! Und warum &#x017F;ollte &#x017F;ich ein Bör&#x017F;enberichter&#x017F;tatter die&#x017F;er Men&#x017F;chlichkeit ent&#x017F;chlagen!<lb/>
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[15/0007] Woche hindurch keine größere Anzahl als die Hälfte derſelben in der Kammer ver- ſammelt werden. Es iſt demnach nicht unwahrſcheinlich daß, wenn die Sachen ſich nicht ändern ſollten, entweder Bulgaris oder Deligeorgis mit der Bildung eines neuen Cabinets beauftragt werden dürften, wobei es ſich von ſelbſt verſteht daß die gegenwärtige Kammer aufgelöst werden würde. Miniſterwechſel und Kammer- auflöſungen aus ſolchen Gründen, ohne jede wichtige Urſache oder Hauptfrage, ſind leider hier oft geſehen worden, und nur die mißverſtandene und mißdeutete Ver- faſſung kann die Schuld davon tragen. Es herrſcht dagegen die allgemeine Ent- rüſtung der Journale, und die feſte Ueberzeugung daß dem ſo feſt und im patriotiſch- ſten Sinne an der Verfaſſung haltenden Könige ſolcherlei Seenen höchſt unlieb ſind. Sogar die parlamentariſchſten Blätter geben zu daß es auf dieſem Wege nicht mehr gut vorwärts gehe. — Wie faſt unaufhörlich in dieſem Jahre, ſo machen auch neuerdings wieder ganz unwahre und verleumderiſche Artikel über den Stand der Laurion-Frage die Runde durch die europäiſchen Blätter. Unter anderm brachte das „Journ. des Débats“ jüngſt wieder eine ganze Fülle falſcher Angaben, wovon z. B. auch die „Nationalzeitung“ vom 14 d. M. und viele andere größere Blätter die Quinteſſenz zum Beſten gaben. „Die Griechen — heißt es darin — glaubten ein gutes Geſchäft zu machen indem ſie durch Kammerbeſchluß die ſchon einer franzöſiſch-italieniſchen Geſellſchaft conceſſionirten Silberminen (!) zurückneh- men, weil ſie bemerkten daß dieſe Minen viel reicher ſind als man allgemein ge- glaubt hatte.“ Wir wollen dem „Journ. des Débats“ ſeine Auslaſſungen über die griechiſche Ehrlichkeit mit dem Vorhalt zurückgeben, *) daß es wenigſtens nicht ehrlich iſt die Thatſachen zu verdrehen, und Dinge vorzubringen die in Wahrheit nicht exiſtirent Der einfache Sachverhalt iſt folgender: Die Geſellſchaft Roux und Comp., welche im Jahre 1864 die über 1½ Millionen Tonnen betragenden, mehr als 10 Proc. Blei haltigen und ſilberreichen Schlacken (Skorien) des antiken Laurion, an der Südſpitze von Attika, zu dem Zwecke verlangt hatte daraus „Salben, Gläſer und Flaſchen“ fabriciren zu wollen, erhielt von der griechiſchen Regierung erſtens eine förmliche Conceſſion über dieſe Schlacken, denen am 14 April 1867 eine Steuer von 10 Proc. vom Reinertrag auferlegt wurde, um zweitens eine gleichfalls rechts- gültige Conceſſion über ein faſt 13,000,000 Quadratmeter betragendes Gruben- feld in Laurion, um darauf Blei- und Silbererze abbauen zu können. Niemand hat je dieſe beiden alleinigen Conceſſionen angetaſtet, oder nur angezweifelt, ob- wohl die Geſellſchaft reichlich Blei und Silber ausführt (jährlich etwa 10,000 Tonnen Blei, das gegen 500 Gramme Silber pro Tonne enthält), ohne noch allen Verpflichtungen in Betreff des Bezahlens der auferlegten Steuern nachgekommen zu ſein. Nun aber ergab ſich aus einer genaueren Unterſuchung der Erden und antiken Halden (Ekvoladen) des geſammten Lauriongebietes daß dieſelben ſehr blei- und ſilberreich ſeien, und daß die Geſellſchaft ſeit mehr als zwei Jahren täglich große Maſſen derſelben mit den Schlacken verſchmilzt, wodurch die Ausbeute an Blei ſowohl als an Silber, da nun das Blei gegen 800 Gramme Silber pro Tonne enthielt, vergrößert wurde. Die Regierung verbot in ihrem angefochtenen Rechte den Gebrauch dieſer Halden, worauf die Geſellſchaft ſich an die Geſandtſchaften Frankreichs und Italiens wandte, und dieſe Spoliation zu dem Gegenſtande diplo- matiſcher Verhandlungen und grimmiger Schmähartikel gegen das ungerecht lei- dende Land machte. Da auch in der „Allgem. Ztg.“ ein Artikel im Auguſt er- ſchienen iſt der dieſe Frage juriſtiſch zum Vortheile der Geſellſchaft verhandelt, ſo werden dieſe wenigen Zeilen zur Steuer der Wahrheit vielleicht nützlich ſein. — Der König von Dänemark und König Georg beſuchten vor einigen Tagen den greiſen Seehelden Kanaris. Türkei. § Smyrna, 23 Dec. Kaum hatte ich Ihnen mitgetheilt daß die Central- regierung mit dem Gedanken umgehe Vicinalſtraßen im Innern herſtellen zu laſſen, ſo wurden wir von Konſtantinopel mit der Nachricht überraſcht: es ſei ernſtlich an maßgebender Stelle davon die Rede von Staatswegen den Bau eines Schienen- netzes in Anatolien in kürzeſter Friſt in Angriff zu nehmen. Einerſeits ſoll die fertige Bahnſtrecke Scutari-Ismid bis Eski-Scheïr in der Richtung nach Angora erweitert, andererſeits die Kaſſaba-und Aidin-Linien in entſprechender Weiſe fort- geführt werden. Sollte es in der That zur Ausführung der in Ausſicht genom- menen Projeete kommen, ſo würde in der Folge in den ſo arg vernachläſſigten anatoliſchen Communicationsmitteln eine Umgeſtaltung Platz greifen welche für Handel und Wandel von durchgreifender, erfreulicher Bedeutung werden müßte. Indeß dürfte es gut ſein die hochgehenden Erwartungen in etwas herabzuſtimmen bis zu dem Zeitpunkt wo das Unternehmen eine greifbarere Geſtalt gewonnen. — Während Italien Anſtrengungen macht durch neue Dampfſchifffahrts-Geſellſchaften den Verkehr mit den öſtlichen Ländergebieten von Genua und Brindiſi aus zu vermit- teln, bietet gleichzeitig die Odeſſaer ruſſiſche Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft alles auf um im Wettkampf den concurrirenden Linien eine hervorragende Stellung zu behaupten. Die Dampferflotte dieſer Geſellſchaft iſt neuerdings weſentlich vergrößert worden. Die Geſellſchaft wird von der ruſſiſchen Regierung unterſtützt, die indeß jetzt mit den Leiſtungen derſelben in keiner Weiſe im Einklang ſteht. Einſtweilen behauptet der öſterreichiſche Lloyd ſeinen altbewährten guten Ruf in den levantiniſchen Gewäſſern. — In Phocäa am Aegeiſchen Meer und nicht weit von der Nordſeite unſeres Golfs gelegen, wurde letzthin ein Bas-Relief gefunden, das ſeiner gediegenen Arbeit nach der ſchönſten Epoche griechiſcher Kunſt anzugehören ſcheint. Es ſtellt einen Hahn in ſtreitbarer Stellung dar. Ein hieſiger gelehrter Grieche will im Hahn das Sinn- bild der alten Phocäer erblicken — ein Sinnbild das deren kriegeriſche Neigungen ver- kürzere. Sollte nicht etwa der krakehlſüchtige galliſche Hahn ſeine Ahnenſchaft bis auf die Phocäer, die ja bekanntlich Marſeille gegründet und entwickelt haben, zurück- führen dürfen? Verſchiedenes. # München, 31 Dec. Ordensverleihungen.) Se. Maj. der König hat zum Neujahrstage folgende Ordensverleihungen vollzogen: I. Großcomthurkreuz vom heil. Michael: Staatsrath v. Schubert. II Comthurkreuz vom heil. Michael: Frhr. v. Gaſſer, Geſandter in Stuttgart, Frhr. v. Rieder, ehemaliger Geſandter in Carlsruhe, Graf v. Hompeſch, Geſandter in London, Frhr. v. Niethamer, Geſandter in Brüſſel, v. Körner, Appellationsgerichtsdirector in Zweibrücken, v. Kobell, Regierungs- Director in München, v. Engerer, Miniſterialrath in München. III. Ritterkreuz des Verdienſtordens der bayeriſchen Krone: Ph. Briel, Apellgerichtsdirector in Augsburg, Julius Knappe, Appellgerichtsdirector in Bamberg, Schehler, Mini- ſterialrath in München, Kahn, Reg.-Director in Bayreuth, Delamotte, Regierungs- Director in Speyer, W. Völk, Miniſterialrath in München, W. Siebold, Univerſitätsprofeſſor in München, Dr. v. Kobell, Univerſitätsprofeſſor in München, K. Forſter, sen., Fabrikbeſitzer in Augsburg. IV. Ritterkreuz des Verdienſtordens vom heil. Michael: I. Claſſe. Ziegler, Geh. Secretär und wirklicher Rath in Mänchen, v. Schieber, Appellgerichtsdirector in Paſſau, Künsberg Appellgerichtsrath in München, Beſelmüller, Appellgerichtsrath in München, Küſſner, Staatsanwalt in München, Merkel, Appellgerichtsrath in Nürnberg, Fertſch, Appellgerichtsrath in Amberg, Fleißner, Bez.-Ger.-Director in Deggendorf, Rußwurm, Bez.-Ger.-Director in Neuburg a. W., Kopp, Bez.-Ger.-Director in München, Bibra, Staatsanwalt in München, Bahn, Land- richter in Würzburg, Schlichthörle, Notar in München, Weſtheimer, Reg.-Rath in München, Frhr. v. Crailsheim in Ausbach, Martin, Bez.-Amtmann in Regensburg, Heyder, Reg.-Rath in Altötting, v. Merz, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Dinkels- bühl, v. Braun, Reg.-Rath und Bez.-Amtmann in Rothenburg, Forſter, Bez.-Amtmann in Burglengenfeld, Dr. Bopp, Bezirksarzt in Landau in der Pfalz, Mandel, Bürger- meiſter in Ausbach, Gierl, Miniſterialrath in München, v. Necklinghauſen, Univerſitäts- profeſſor in Würzburg, Frhr. v. Gorup-Beſanez, Univerſitätsprofeſſor in Erlangen, Dr. A. Buchner, Univerſitätsprofeſſor in München, Kemmer, Studienrector in Bamberg, Büſchl, geiſtl. Rath und Stadtpfarrer in Augsburg, Dr. Göringer, prot. Stadtpfarrer in Augsburg, Landgraf, Regierungsrath in München, Blank, Seminarpräfect in Würz- burg, Lamberger, Oberrechnungsrath in München, Bertram, Reg.-Rath in Regensburg, v. Melzl, Reg.-Rath in Augsburg, Wunderer, Reg.-Rath in Bayreuth, Lucas, Ober- berg- und Salinenrath in München, Mahn, Hauptcaſſa-Caſſier in München, Lederer, Bankoberbeamter in Würzburg, Pöhlmann, Aufſchlagsoberbeamter in Ausbach, Leit- maier, Rentbeamter in Erding, Dittmann, Forſtmeiſter in Würzburg, Eggensberger, Oberzollrath in München, Gombart, Director in München, Breidenbach, Directions- rath in München, Röckl, Directionsrath in München, Müller, Centralzollcaſſier in München, Fleſſa, Oberzollinſpector in Paſſau, Dr. Erlenmayer, Prof. der polyt. Schule in München, Harter, Rector des Realgymnaſiums in München, Dr. Biſchoff, Lyceal- profeſſor in Regensburg, Klumpp, Kreisbaurath in München, Hamminger, Gutsbeſitzer in Luckofen. * Vor dem Militärbezirksgerichte in Nürnberg gieng am Samſtag die dreitägige Verhandlung gegen den k. b. Hauptmann Schoch vom 7. Infanteris- regiment zu Ende. Die Anklagepunkte ergeben ſich aus folgenden Fragen an die Ge- ſchwornen: „Iſt Hauptmann Schoch des militäriſchen Verbrechens der Feigheit dadurch ſchuldig daß er als Ausfluß eines rechtswidrigen Vorſatzes aus Furcht vor perſönlicher Gefahr ſeine militäriſche Dienſtpflicht dadurch verletzte daß er a) am 6 Aug. 1871 im Gefechte zu Niederbronn als Commandant der 6. Compagnie des 7. Inf.-Regiments, während ſein Bataillon auf einer von dieſem Ort abfallenden Höhe vorgegangen, hier über 1 Stunde im Feuergefecht geweſen und dann den Feind durch einen den Abhang hinun- ter gemachten Bajonnettangriff zurückgeworſen, ſtatt der Compagnie zu folgen, ſo weit hinter derſelben zurückblieb, daß er ſie nicht mehr überblicken konnte, und ſich länger als 1 Stunde thels ſitzend, theils liegend hinter einem Baum verſteckt hielt; b) nachdem er am 1 Sept. desſelben Jahres vor Beginn der Schlacht bei Sedan beim Uebergang über den Bahndamm bei Bazeilles gefallen, von der hiedurch behaupteten Verletzung aber bereits am 6 Sept. als geheilt entlaſſen, am 19 desſelben Monats, als ſein Bataillon bei Beginn des Gefechtes von Malabry aus gegen eine bei Pleſſis-Piquet gelegene Park- mauer über freies Terrain vorgegangen und von dieſer Mauer aus plötzlich heftig be- ſchoſſen wurde, ſo daß es ſich in das rechts ſeitwärts und rückwärts liegende Gehölz hatte zurückziehen müſſen, während das Bataillon wieder gegen den Feind vorgeſchoben wurde, eine Stunde lang im Feuer ſtand und endlich mit Sturm über die vom Feinde beſetzt geweſene Parkmauer hinüber drang, ſtatt bei ſeiner Compagnie zu bleiben und dieſe zu befehligen, unter der Vorſchützung eines linkſeitigen Knieleidens ſich zuerſt hinter einer etwa 12 Schritte von der Gefechtslinie rückwärts ſtehenden ſteinernen Säule, dann in einer noch 12—15 Schritte zurück im Park an einer nach rüchwärts ziemlich ſtark ab- fallenden Böſchung gelegenen und etwa 5—6 Schuß tieſen, vor feindlichen Kugeln ziem- lich ſichern Erdvertiefung theils liegend, theils ſitzend verſteckt gehalten und ſich hiedurch dem Gefechte zu entziehen geſucht und wirklich ſich entzogen hat; c) in der Nacht vom 21 auf den 22 und vom 23 auf den 24 desſelben Monats, als ſeine Compagnie wäh- rend der Cernirung von Paris nächſt der Schanze bei Moulin de la Tour auf Arbeit, ferner am 25, 26, dann 30 Sept. mit 2 Oct., während ſeine Compagnie auf Vorpoſten, ſtatt jene Arbeiten zu leiten und an dieſem Vorpoſtendienſte theilzunehmen, ſich immer mög- lichſt rückwärts und an einem möglichſt ſichern Platze aufhielt, hiedurch aber nicht nur dem Dienſt innerhalb der Cernirungslinie ſich entzog, ſondern auch der Mannſchaft ſchaft ein übles Beiſpiel gab?“ Die Geſchwornen erſchienen nach etwa halbſtündiger Bera- thung wieder im Saale. Der Obmann (Major Friedlein) verkündigte den Wahrſpruch, wel- cher alle drei Theile der Frage mit „Nein“ beantwortete. Vom Publicum, das in dichten Reihen nicht bloß den Zuſchauerraum des Sitzungsſaals, ſondern auch alle Vorräume, den benachbarten Corridor und die Treppen füllte, und das aus Civiliſten und Militärs zuſammengeſetzt war, wurde der Wahrſpruch mit donnernden Bravo- und Hochrufen begrüßt. Der Gerichtshof — beſtehend aus den HH. Generalmajor Diehl (Vorſitzen- der), Stabsauditor Reulbach (Director), Regimentsauditor Leithner, Regimentsauditor Ulſamer, Rittmeiſter Tretzel und Hauptmann Günther — erklärte nunmehr die Frei- ſprechung des Angeklagten, indem er gleichzeitig deſſen ſofortige Entlaſſung aus der Unterſuchungshaft verfügte. Hr. Hauptmann Schoch verließ darauf den Saal unter lauten Zurufen des Publicums, wie überhaupt hervorgehoben werden muß daß ſich unter den Zuhörern im Laufe der Verhandlung eine immer günſtigere Meinung für den Angeklagten gebildet hatte. Induſtrie, Handel und Verkehr. ** Frankfurt a. M., 31 Dec. Beim Jahresſchluß geziemt es fühlenden und denkenden Menſchen Emkehr in ſich ſelbſt zu halten. Das iſt ſo deutſcher Brauch und Sitte! Und warum ſollte ſich ein Börſenberichterſtatter dieſer Menſchlichkeit entſchlagen! Verſuchen auch wir zu thun was dem Menſchen ziemt, und wär’s auf die Gefahr hin — etwas ſentimental zu werden. Die trockenen Thatſachen und nüchternen Maximen eines Börſenberichts haben für alle Leſer, ſelbſt für die Leute von Fach und Beruf, nur den Reiz der ſibyllimſchen Bücher. Man will zwiſchen ſeinen Zeilen ſtückweiſe oder auch ganz die nächſte Zukunft und die Schickſale ſeines Beſitzes heraueleſen. Die Gewißheit daß die Pro- phetengabe den Geiſtern der Gegenwart verſagt iſt, hindert keinen an der Lectüre, ebenſo wenig als ſie die meiſten Referenten davon abſchreckt aus der Vergangenheit Schlüſſe auf die Zukunft zu ziehen — ſie bezeichnen das ebenſo beſcheiden der Sache als der Form nach mit einem verhüllenden Fremdwort: proguoſticiren. Auch wir ſind in der Lage uns dieſer üblen Gewohnheit anzuklagen, und fühlen uns ſogar zum Bekenntniß gedrungen daß wir uns nicht ſelten der unbefugten Wahrſagerei ſogar mit Vorliebe hingegeben haben. Aber, die Hand aufs Herz, nicht leichtſinnig und vor allem nicht auf dem Gebiete wo auch auf der Börſe der bloße Zufall an die Stelle der Vernunft tritt. Die Chancen des Spiels regelt auch auf der Börſe der Aberglaude, d. h. er glaubt ſie zu regeln oder doch günſtig ſtimmen zu können. Wir haben unſre Aufgabe anders gefaßt, und vor allen Dingen danach *) Das „Jonrn. des Déb.“ hat übrigens dieſe unrichtige Darſtellung in einer bald darauf folgenden Zuſchrift berichtigt. D. Red.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine02_1872/7>, abgerufen am 01.06.2024.