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Allgemeine Zeitung. Nr. 7. München, 8. Januar 1924.

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Allgemeine Zeitung
Süddeutsches Tagblatt Großdeutsche Rundschau
127. Jahrgang. Nr. 7
München, Dienstag den 8. Januar 1924.
Einzelpreis 10 Pfennig.
Hauptschriftleitung und verantwortlich für Deutsche und Bayerische Politik:
Max Heilgemayr. -- Wirtschaftßeitung u. Auswärttge Politik: Josef Schrepfer.
-- Unpolitische Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. -- Kunst u. Musik: Albin v.
Probram-Gladona. -- Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. -- Anzeigenteil: Josef
Spiegel, sämtl. in München. -- Redaktion: München, Baaderstr. 1, Tel. 27940. -- Berliner
Schriftleitung: SW 68., Zimmerstr. 9, Tel. Zentrum 54.98 u. 8967; Leiter: Alfred Gerigk.
[Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erscheint täglich. Bei Störung des Erscheinens infolge höherer
Gewalt oder Streiks besteht kein Anspruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-
zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-spaltige
Millimeterzeile im Inseratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.
Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Postscheckkonto: München 8170.
Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderstraße 1 und 1a. Telefon 24287.

[Spaltenumbruch]
Neue Verhandlungen mit der
Ruhrindustrie.

Sonderdienst der Allgem. Zeitung.


Wie man hört, wer-
den in den nächsten Tagen neue Ver-
handlungen
zwischen der Ruhrindustrie
und der Besatzungsbehörde über die Ver-
längerung des Micumabkom-
mens
stattfinden, da dieses Abkommen be-
reits im Januar abläuft.

Die Stellung der deutschen Industrie wird
bei diesen neuen Verhandlungen eine etwas
günstigere sein, weil diesmal die Ruhr-
industriellen in dem neuabgeschlossenen
Kohlensyndikat dem anderen Part-
ner gegenüberstehen.

Man beurteilt zurzeit die Lage der Ruhr-
industrie noch nicht ungünstig. Das Angebot
in deutscher Kohle wurde zwar im Ausland
in den letzten Tagen begrüßt, doch wurden
die Preise als unhaltbar bezeichnet.

Die auf Grund des Micumabkommens
auf der Kohle ruhenden Lasten wirkten der-
art drückend, daß an einen Abbau der Koh-
lenpreise wohl noch nicht herangegangen
werden kann. Es ist übrigens bemerkens-
wert, daß auf einigen Zechen bereits die
Friedensleistung der Arbeiter
wieder erreicht wurde.

Auch in Berlin Besprechungen.

(Eigener Bericht der
"Allg. Ztg.") Vertreter der wichtigsten Wirt-
schaftsgruppen des besetzten Gebietes ka-
men heute zu einer Besprechung mit
der Reichsregierung
in Berlin an.
Die eingehenden Verhandlungen betrafen
Fragen des Verkehrs und des allge-
meinen Wirtschaftslebens.

Auf Grund dieser Besprechungen wird
von der Reichsregierung eine Reihe von
Verordnungen vorbereitet, die in den
nächsten Tagen herauskommen werden.

Neurath bei Mussolini.

Botschafter v. Neu-
rath,
der gestern von Lugano zurückge-
kehrt ist, wird heute Mussolini besuchen,
um ihm die Grüße Dr. Strese-
manns
zu übermitteln.

Die deutsch-serbischen Reparatsons-
verhandlungen.

Der südslavische
Delegierte für die Reparationskommission,
Dr. Juritsch, wurde von der Regierung
beauftragt, nach Berlin zu reisen, um mit
Deutschland über die Reparations-
Sachlieferungen zu verhandeln. Auch das
Außen- und Finanzministerium entsenden
Delegierte nach Berlin, um die zwischen
beiden Ländern schwebenden Unstimmig-
keiten beizulegen.

Italien baut Riesenluftkreuzer.

Dem "Intransigeant"
wird aus Turin gemeldet, daß in Rom mit
dem Bau eines Luftkreuzers be-
gonnen sei, der 45 000 Kubikmeter umfas-
sen soll. Es handelt sich um einen halb-
starren Luftkreuzer, der der größte der
Welt sein dürfte. Demnächst soll ferner ein
anderes Luftschiff von 120 000 Kubikmeter
Inhalt gebaut werden.

Rußlands Streben nach Anerkennung.

Wie hiesige Blätter aus
Sofia melden, hat die Moskauer Regierung
an Bulgarien eine Note gerichtet, in
der sie vorschlägt, die Wiederaufnahme der
diplomatischen Beziehungen zwischen beiden
Ländern zu betätigen und eine Aner-
kennung der Moskauer Regie-
rung
in die Wege zu leiten.

[Spaltenumbruch]
Englands nächste Ziele.

Sonderdienst der Allgemeinen Zeitung.


Die Ausführungen maßgebender englischer Politiker lassen
keinen Zweifel darüber, daß in der nächsten Zeit mit einer erhöhten außenpoli-
tischen Aktivität Englands
zu rechnen ist, wobei die gegenwärtigen parla-
mentarischen Schwierigkeiten überwunden werden und wieder eine Sicherung im In-
nern vorhanden ist.

Eine solche verstärkte Tätigkeit der englischen Diplomatie wird in ihren Auswirkun-
gen auch die deutsche Frage beeinflussen. In erster Linie aber wird sie eine Stär-
kung der englischen Position auf dem Festlande
gegenüber den fran-
zösischen Machtplänen zum Ziele haben.

Der diplomatische Berichterstatter der "Evening News" betont heute in einer Pole-
mik gegen die "Times", daß die englische Außenpolitik der nächsten Zeit nicht etwa von
Erwägungen, wie Mitleid mit Deutschland geleitet werde, sondern lediglich von dem
Gesichtspunkt des englischen Prestiges im Auslande und der wirtschaft-
lichen Interessen Englands auf dem Kontinent.

In der gleichen Richtung soll eine englische Intervention in Prag, Buka-
rest und Warschau wirken, die sich auf die französischen Rüstungskredite bezieht. Die
Aktion soll vor allem den englischen Einfluß bei diesen Mächten stärken.

Diese stärkere Aktivität der englischen Politik zeigt sich auch darin, daß der Arbeiter-
führer Macdonald, der bestimmt damit rechnet, daß nach der Thronrede am 17. Jan.
der Rücktritt Baldwins und seine Berufung zur Regierungsbildung erfolgen wird, Noel
Buckon zum Schatzkanzler in Aussicht genommen hat, der im Auftrage der englischen
Arbeiterpartei bereits eine Besichtigungsreise durch das Ruhrgebiet
unternommen hat.

Vor einer englisch-italienischen Annäherung.

Meldungen aus Rom beschäftigen sich angelegentlich mit den Mög-
lichkeiten einer englisch-italienischen Annäherung und betonen, daß diese
immer mehr eine greifbare Gestalt annehme. Die englische Regierung hat ange-
kündigt, daß sie bereit sei, den Vertrag zu erfüllen, wonach zur Abrundung des italieni-
schen Somalilandes noch einige Teile abgetreten werden sollen. Die Abtretung
wird am Vorabend der Reise des italienischen Königs nach England bekanntgegeben
werden.

[Spaltenumbruch]
Der Ausfall der
französischen Senatswahlen.

Das Endergeb-
nis der Senatswahlen
liegt bis auf
das Resultat der Insel Martinique vor. Es
haben erhalten: die Konservativen und Li-
beralen 17 Sitze, gewonnen 0, verloren 2,
die Republikaner 16 Sitze, gewonnen 3, ver-
loren 2, die radikalen Republikaner 22
Sitze, gewonnen 3, verloren 4, die unab-
hängigen Radikalen 4 Sitze, gewonnen 1,
verloren 5, die sozialistischen Radikalen 50
Sitze, gewonnen 6, verloren 4, die sozia-
listischen Republikaner 4 Sitze, gewonnen 4,
verloren 0, die Sozialisten 2 Sitze, gewon-
nen 2, verloren 0.

88 ehemalige Senatoren wurden wieder-
gewählt. 27 Senatoren treten neu in das
Parlament ein. Nach den Gruppierungen
der Senatsparteien sind gewählt: 50 Mit-
glieder der demokratischen Linken, 33 Mit-
glieder der republikanischen Union, 13
Linksrepublikaner und 11 Mitglieder der
Rechten.

Von den bekannten Senatoren wurden
geschlagen Neulems, Gustave Rivet und de
Lemercle.

"Oeuvre" schreibt zu dem Ergebnis.

In der Zusammensetzung des Senats sei
keine große Aenderung eingetre-
ten. Der Senat bleibe nicht nur ausgespro-
chen republikanisch, sondern sogar radikal.

"Echo de Paris" erklärt, der Linksblock
habe auf einen Ruck zu seinen Gunsten wie
im Jahre 1920 und auf den Rückgang der
Gemäßigten als angenehmes Vorspiel für
die im April stattfindenden allgemeinen
Wahlen gerechnet, aber das Gegenteil sei
eingetreten.

"Gaulois" sagt, es sei zweifelhaft, ob sich
aus diesem Wahlergebnis ein Schluß auf
die großen Frühjahrswahlen ziehen lasse.

[Spaltenumbruch]

"Figaro" bezeichnet die Wahlschlacht als
eine Remispartie.


Die neueren Meldun-
gen über das Ergebnis der Senats-
wahlen
bestätigen, daß die Linke
einen kleinen Erfolg
errungen hat,
indem die bisher bereits vorhandene kleine
Linksmehrheit etwas verstärkt wurde. Eine
unmittelbare Wirkung auf die französische
Gesamtpolitik wird jedoch der Ausfall die-
ser Wahlen nicht haben, dazu ist zum min-
desten noch das Ergebnis der in etwa drei
Monaten stattfindenden Kammerwah-
len
abzuwarten.

Die Lage in Griechenland.

Wie aus Athen gemeldet
wird, ist der Weg des früheren Ministerpräsiden-
ten Venizelos mit Schwierigkeiten besetzt.
Die Führer der antivenizelistischen Partei wol-
len sich erst nach der Rückkehr König Georg II.
nach Athen zu einer Erörterung der schwebenden
Fragen herbeilassen. Andererseits beabsichtigen
die Republikaner das Ergebnis der Volksabstim-
mung, wenn es zu Gunsten der Monarchie aus-
fällt, nicht anzuerkennen.

Die rohalistischen Blätter betonen, daß die Ab-
wesenheit Venizelos, statt zur Aussöhnung der
Parteien beizutragen, lediglich die Meinungs-
verschiedenheiten zwischen den rivalisierenden
Gruppen verschärfe und eine Annäherung un-
möglich mache.

Ein monarchistisches Blatt veröffentlicht auf
der ersten Seite die Lichtbilder der griechischen
Minister, die von der Revolutionsregierung hin-
gerichtet wurden, und macht Venizelos für ihren
Tod verantwortlich. Eine andere Zeitung schil-
dert den früheren Ministerpräsidenten als einen
Tyrann und behauptet, daß der politische
Kampf fortdauern werde, so lange Venizelos sich
nicht völlig von den Regierungsgeschäften zurück-
ziehe.

Die Lage in Mexiko

Nach einer Meldung
aus dem Hauptquartier der Aufständigen hat
Huerta den Angriff auf Mexiko-City be-
gonnen.

[Spaltenumbruch]
Der sinkende Franken.

Während die deutsche Mark seit dem 20. No-
vember vorigen Jahres stabil geblieben ist, hat in
den letzten Tagen das Sinken des französischen
Franken
die französischen Finanz- und Wirtschafts-
kreise in eine starke Erregung versetzt.

Vergleichen wir die Entwicklung am englischen
Pfund,
so kostete das englische Pfund beispiels-
weise am 9. Oktober vorigen Jahres noch 76
Franken, am 4. Januar mußten dagegen für die
englische Münzeinheit bereits 88 Franken ange-
legt werden. An den übrigen Weltbörsen war
natürlich die gleiche Entwicklung zu bemerken.
Während zum Beispiel in Neuyork am 16. Okto-
ber der Frankenkurs noch über 6 Cents sich stellte,
war er bis zum 4. Januar auf 4,88 Cents zurück-
gegangen.

In ihrer kopflosen Erregung sucht die franzö-
sische Presse nach den verschiedensten Erklärungen
für diese ihr absolut unerklärliche Erscheinung.
Nur darauf kommt sie nicht, daß der wahre
Grund für das Sinken des Franken
in der fran-
zösischen Politik seit dem Friedensschlusse liegt.

Zunächst tauchte der völlig absurde Gedanke
auf, daß auf einer Konferenz deutscher Bankiers
eine Generaloffensive gegen die französische Wäh-
rung vorbereitet worden sei. Natürlich ein kind-
liches Märchen,
um auch hier wieder die berech-
tigte Erregung der französischen Steuerzahler über
die Inflationspolitik Poincares auf Deutsch-
land
abzulenken. Es gehört der ganze traurige
Mut der französischen Presse dazu, diese Dinge so
völlig zu verdrehen.

In Wirklichkeit liegen die Dinge doch so, daß
die Politik Poincares die Zahlungsfähigkeit
Deutschlands immer weiter vernichtet, und daß
eben schließlich bei der engen Verflechtung der
Weltwirtschaft auch Frankreich in diesen Strudel
des Währungsverfalls mit hineingerissen wird.
Frankreich sollte nicht vergessen, daß auch seine
eigene Wirtschaft bereits stark passiv geworden
ist, daß die Anlagen im Auslande nicht mehr
den Fehlbetrag seiner eigenen Handelsbilanz aus-
gleichen können. Der französische Sozialist Francis
Delaisi hat das kürzlich in einem Aufsatz in der
"Deutsch-französischen Wirtschaftskorrespondenz"
schlagend nachgewiesen. Der genannte Verfasser
gibt dann als einziges Mittel, dem Währungs-
verfall zu steuern, das nicht mehr ganz neue Mit-
tel an, Deutschland zahlen zu lassen.

Und so steht Frankreich jetzt tatsächlich vor der
entscheidungsschweren Frage, ob es endlich von
Deutschland Reparationen annehmen will, d. h.
ob es einer Regelung der Reparationsfrage auf
dem Verhandlungswege beistimmen will, oder ob
es weiter durch Fortsetzung seiner Politik der po-
litischen und wirtschaftlichen Unterjochung Deutsch-
lands
seine eigene Währung, und damit seine
gesamte Wirtschaft vernichten will. Das ist die
Schicksalsfrage für beide Völker.

Hüten wir Deutsche uns davor, allzu große
Hoffnungen auf die wirtschaftliche Einsicht Frank-
reichs zu setzen. Der maßlose Ehrgeiz und die
brutale Machtgier dieses sich nur schwach vermeh-
renden Volkes haben bisher immer die Wirt-
schaftsvernunft zurückgedrängt.

Möglich wäre es ja, daß der weitere Verfall
des Franken wenigstens die Wirtschaftskreise
Frankreichs
zu einer tieferen Einsicht und Er-
kenntnis der Zusammenhänge bringt. Aber selbst
von dieser wachsenden Einsicht der Wirtschaft bis
zu ihrer politischen Auswirkung auf die französi-
sche Gesamtpolitik wäre immerhin noch ein weiter
Schritt.

Die deutsche Wirtschaft darf sich daher im
Augenblick weniger den Hoffnungen hingeben,
die sich auf diese Entwicklung in Frankreich auf-
bauen, sondern sie hat andere Aufgaben und mit
der Wirtschaft hat das gesamte deutsche Volk die
Pflicht, alles zu verhindern, was eine neue In-
flation unserer Währung und damit eine neue
Schwächung unserer, nun einigermaßen stabili-
sierten Mark bedeuten würde.

Das ist zunächst für uns alle die Folgerung,
die wir aus dem sinkenden Franken ziehen


Allgemeine Zeitung
Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau
127. Jahrgang. Nr. 7
München, Dienstag den 8. Januar 1924.
Einzelpreis 10 Pfennig.
Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik:
Max Heilgemayr. — Wirtſchaftſzeitung u. Auswärttge Politik: Joſef Schrepfer.
Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v.
Probram-Gladona. — Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. — Anzeigenteil: Joſef
Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner
Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 54.98 u. 8967; Leiter: Alfred Gerigk.
[Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer
Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-
zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige
Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.
Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170.
Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287.

[Spaltenumbruch]
Neue Verhandlungen mit der
Ruhrinduſtrie.

Sonderdienſt der Allgem. Zeitung.


Wie man hört, wer-
den in den nächſten Tagen neue Ver-
handlungen
zwiſchen der Ruhrinduſtrie
und der Beſatzungsbehörde über die Ver-
längerung des Micumabkom-
mens
ſtattfinden, da dieſes Abkommen be-
reits im Januar abläuft.

Die Stellung der deutſchen Induſtrie wird
bei dieſen neuen Verhandlungen eine etwas
günſtigere ſein, weil diesmal die Ruhr-
induſtriellen in dem neuabgeſchloſſenen
Kohlenſyndikat dem anderen Part-
ner gegenüberſtehen.

Man beurteilt zurzeit die Lage der Ruhr-
induſtrie noch nicht ungünſtig. Das Angebot
in deutſcher Kohle wurde zwar im Ausland
in den letzten Tagen begrüßt, doch wurden
die Preiſe als unhaltbar bezeichnet.

Die auf Grund des Micumabkommens
auf der Kohle ruhenden Laſten wirkten der-
art drückend, daß an einen Abbau der Koh-
lenpreiſe wohl noch nicht herangegangen
werden kann. Es iſt übrigens bemerkens-
wert, daß auf einigen Zechen bereits die
Friedensleiſtung der Arbeiter
wieder erreicht wurde.

Auch in Berlin Beſprechungen.

(Eigener Bericht der
„Allg. Ztg.“) Vertreter der wichtigſten Wirt-
ſchaftsgruppen des beſetzten Gebietes ka-
men heute zu einer Beſprechung mit
der Reichsregierung
in Berlin an.
Die eingehenden Verhandlungen betrafen
Fragen des Verkehrs und des allge-
meinen Wirtſchaftslebens.

Auf Grund dieſer Beſprechungen wird
von der Reichsregierung eine Reihe von
Verordnungen vorbereitet, die in den
nächſten Tagen herauskommen werden.

Neurath bei Muſſolini.

Botſchafter v. Neu-
rath,
der geſtern von Lugano zurückge-
kehrt iſt, wird heute Muſſolini beſuchen,
um ihm die Grüße Dr. Streſe-
manns
zu übermitteln.

Die deutſch-ſerbiſchen Reparatſons-
verhandlungen.

Der ſüdſlaviſche
Delegierte für die Reparationskommiſſion,
Dr. Juritſch, wurde von der Regierung
beauftragt, nach Berlin zu reiſen, um mit
Deutſchland über die Reparations-
Sachlieferungen zu verhandeln. Auch das
Außen- und Finanzminiſterium entſenden
Delegierte nach Berlin, um die zwiſchen
beiden Ländern ſchwebenden Unſtimmig-
keiten beizulegen.

Italien baut Rieſenluftkreuzer.

Dem „Intranſigeant“
wird aus Turin gemeldet, daß in Rom mit
dem Bau eines Luftkreuzers be-
gonnen ſei, der 45 000 Kubikmeter umfaſ-
ſen ſoll. Es handelt ſich um einen halb-
ſtarren Luftkreuzer, der der größte der
Welt ſein dürfte. Demnächſt ſoll ferner ein
anderes Luftſchiff von 120 000 Kubikmeter
Inhalt gebaut werden.

Rußlands Streben nach Anerkennung.

Wie hieſige Blätter aus
Sofia melden, hat die Moskauer Regierung
an Bulgarien eine Note gerichtet, in
der ſie vorſchlägt, die Wiederaufnahme der
diplomatiſchen Beziehungen zwiſchen beiden
Ländern zu betätigen und eine Aner-
kennung der Moskauer Regie-
rung
in die Wege zu leiten.

[Spaltenumbruch]
Englands nächſte Ziele.

Sonderdienſt der Allgemeinen Zeitung.


Die Ausführungen maßgebender engliſcher Politiker laſſen
keinen Zweifel darüber, daß in der nächſten Zeit mit einer erhöhten außenpoli-
tiſchen Aktivität Englands
zu rechnen iſt, wobei die gegenwärtigen parla-
mentariſchen Schwierigkeiten überwunden werden und wieder eine Sicherung im In-
nern vorhanden iſt.

Eine ſolche verſtärkte Tätigkeit der engliſchen Diplomatie wird in ihren Auswirkun-
gen auch die deutſche Frage beeinfluſſen. In erſter Linie aber wird ſie eine Stär-
kung der engliſchen Poſition auf dem Feſtlande
gegenüber den fran-
zöſiſchen Machtplänen zum Ziele haben.

Der diplomatiſche Berichterſtatter der „Evening News“ betont heute in einer Pole-
mik gegen die „Times“, daß die engliſche Außenpolitik der nächſten Zeit nicht etwa von
Erwägungen, wie Mitleid mit Deutſchland geleitet werde, ſondern lediglich von dem
Geſichtspunkt des engliſchen Preſtiges im Auslande und der wirtſchaft-
lichen Intereſſen Englands auf dem Kontinent.

In der gleichen Richtung ſoll eine engliſche Intervention in Prag, Buka-
reſt und Warſchau wirken, die ſich auf die franzöſiſchen Rüſtungskredite bezieht. Die
Aktion ſoll vor allem den engliſchen Einfluß bei dieſen Mächten ſtärken.

Dieſe ſtärkere Aktivität der engliſchen Politik zeigt ſich auch darin, daß der Arbeiter-
führer Macdonald, der beſtimmt damit rechnet, daß nach der Thronrede am 17. Jan.
der Rücktritt Baldwins und ſeine Berufung zur Regierungsbildung erfolgen wird, Noel
Buckon zum Schatzkanzler in Ausſicht genommen hat, der im Auftrage der engliſchen
Arbeiterpartei bereits eine Beſichtigungsreiſe durch das Ruhrgebiet
unternommen hat.

Vor einer engliſch-italieniſchen Annäherung.

Meldungen aus Rom beſchäftigen ſich angelegentlich mit den Mög-
lichkeiten einer engliſch-italieniſchen Annäherung und betonen, daß dieſe
immer mehr eine greifbare Geſtalt annehme. Die engliſche Regierung hat ange-
kündigt, daß ſie bereit ſei, den Vertrag zu erfüllen, wonach zur Abrundung des italieni-
ſchen Somalilandes noch einige Teile abgetreten werden ſollen. Die Abtretung
wird am Vorabend der Reiſe des italieniſchen Königs nach England bekanntgegeben
werden.

[Spaltenumbruch]
Der Ausfall der
franzöſiſchen Senatswahlen.

Das Endergeb-
nis der Senatswahlen
liegt bis auf
das Reſultat der Inſel Martinique vor. Es
haben erhalten: die Konſervativen und Li-
beralen 17 Sitze, gewonnen 0, verloren 2,
die Republikaner 16 Sitze, gewonnen 3, ver-
loren 2, die radikalen Republikaner 22
Sitze, gewonnen 3, verloren 4, die unab-
hängigen Radikalen 4 Sitze, gewonnen 1,
verloren 5, die ſozialiſtiſchen Radikalen 50
Sitze, gewonnen 6, verloren 4, die ſozia-
liſtiſchen Republikaner 4 Sitze, gewonnen 4,
verloren 0, die Sozialiſten 2 Sitze, gewon-
nen 2, verloren 0.

88 ehemalige Senatoren wurden wieder-
gewählt. 27 Senatoren treten neu in das
Parlament ein. Nach den Gruppierungen
der Senatsparteien ſind gewählt: 50 Mit-
glieder der demokratiſchen Linken, 33 Mit-
glieder der republikaniſchen Union, 13
Linksrepublikaner und 11 Mitglieder der
Rechten.

Von den bekannten Senatoren wurden
geſchlagen Neulems, Guſtave Rivet und de
Lemercle.

„Oeuvre“ ſchreibt zu dem Ergebnis.

In der Zuſammenſetzung des Senats ſei
keine große Aenderung eingetre-
ten. Der Senat bleibe nicht nur ausgeſpro-
chen republikaniſch, ſondern ſogar radikal.

„Echo de Paris“ erklärt, der Linksblock
habe auf einen Ruck zu ſeinen Gunſten wie
im Jahre 1920 und auf den Rückgang der
Gemäßigten als angenehmes Vorſpiel für
die im April ſtattfindenden allgemeinen
Wahlen gerechnet, aber das Gegenteil ſei
eingetreten.

„Gaulois“ ſagt, es ſei zweifelhaft, ob ſich
aus dieſem Wahlergebnis ein Schluß auf
die großen Frühjahrswahlen ziehen laſſe.

[Spaltenumbruch]

„Figaro“ bezeichnet die Wahlſchlacht als
eine Remispartie.


Die neueren Meldun-
gen über das Ergebnis der Senats-
wahlen
beſtätigen, daß die Linke
einen kleinen Erfolg
errungen hat,
indem die bisher bereits vorhandene kleine
Linksmehrheit etwas verſtärkt wurde. Eine
unmittelbare Wirkung auf die franzöſiſche
Geſamtpolitik wird jedoch der Ausfall die-
ſer Wahlen nicht haben, dazu iſt zum min-
deſten noch das Ergebnis der in etwa drei
Monaten ſtattfindenden Kammerwah-
len
abzuwarten.

Die Lage in Griechenland.

Wie aus Athen gemeldet
wird, iſt der Weg des früheren Miniſterpräſiden-
ten Venizelos mit Schwierigkeiten beſetzt.
Die Führer der antivenizeliſtiſchen Partei wol-
len ſich erſt nach der Rückkehr König Georg II.
nach Athen zu einer Erörterung der ſchwebenden
Fragen herbeilaſſen. Andererſeits beabſichtigen
die Republikaner das Ergebnis der Volksabſtim-
mung, wenn es zu Gunſten der Monarchie aus-
fällt, nicht anzuerkennen.

Die rohaliſtiſchen Blätter betonen, daß die Ab-
weſenheit Venizelos, ſtatt zur Ausſöhnung der
Parteien beizutragen, lediglich die Meinungs-
verſchiedenheiten zwiſchen den rivaliſierenden
Gruppen verſchärfe und eine Annäherung un-
möglich mache.

Ein monarchiſtiſches Blatt veröffentlicht auf
der erſten Seite die Lichtbilder der griechiſchen
Miniſter, die von der Revolutionsregierung hin-
gerichtet wurden, und macht Venizelos für ihren
Tod verantwortlich. Eine andere Zeitung ſchil-
dert den früheren Miniſterpräſidenten als einen
Tyrann und behauptet, daß der politiſche
Kampf fortdauern werde, ſo lange Venizelos ſich
nicht völlig von den Regierungsgeſchäften zurück-
ziehe.

Die Lage in Mexiko

Nach einer Meldung
aus dem Hauptquartier der Aufſtändigen hat
Huerta den Angriff auf Mexiko-City be-
gonnen.

[Spaltenumbruch]
Der ſinkende Franken.

Während die deutſche Mark ſeit dem 20. No-
vember vorigen Jahres ſtabil geblieben iſt, hat in
den letzten Tagen das Sinken des franzöſiſchen
Franken
die franzöſiſchen Finanz- und Wirtſchafts-
kreiſe in eine ſtarke Erregung verſetzt.

Vergleichen wir die Entwicklung am engliſchen
Pfund,
ſo koſtete das engliſche Pfund beiſpiels-
weiſe am 9. Oktober vorigen Jahres noch 76
Franken, am 4. Januar mußten dagegen für die
engliſche Münzeinheit bereits 88 Franken ange-
legt werden. An den übrigen Weltbörſen war
natürlich die gleiche Entwicklung zu bemerken.
Während zum Beiſpiel in Neuyork am 16. Okto-
ber der Frankenkurs noch über 6 Cents ſich ſtellte,
war er bis zum 4. Januar auf 4,88 Cents zurück-
gegangen.

In ihrer kopfloſen Erregung ſucht die franzö-
ſiſche Preſſe nach den verſchiedenſten Erklärungen
für dieſe ihr abſolut unerklärliche Erſcheinung.
Nur darauf kommt ſie nicht, daß der wahre
Grund für das Sinken des Franken
in der fran-
zöſiſchen Politik ſeit dem Friedensſchluſſe liegt.

Zunächſt tauchte der völlig abſurde Gedanke
auf, daß auf einer Konferenz deutſcher Bankiers
eine Generaloffenſive gegen die franzöſiſche Wäh-
rung vorbereitet worden ſei. Natürlich ein kind-
liches Märchen,
um auch hier wieder die berech-
tigte Erregung der franzöſiſchen Steuerzahler über
die Inflationspolitik Poincarés auf Deutſch-
land
abzulenken. Es gehört der ganze traurige
Mut der franzöſiſchen Preſſe dazu, dieſe Dinge ſo
völlig zu verdrehen.

In Wirklichkeit liegen die Dinge doch ſo, daß
die Politik Poincarés die Zahlungsfähigkeit
Deutſchlands immer weiter vernichtet, und daß
eben ſchließlich bei der engen Verflechtung der
Weltwirtſchaft auch Frankreich in dieſen Strudel
des Währungsverfalls mit hineingeriſſen wird.
Frankreich ſollte nicht vergeſſen, daß auch ſeine
eigene Wirtſchaft bereits ſtark paſſiv geworden
iſt, daß die Anlagen im Auslande nicht mehr
den Fehlbetrag ſeiner eigenen Handelsbilanz aus-
gleichen können. Der franzöſiſche Sozialiſt Francis
Delaiſi hat das kürzlich in einem Aufſatz in der
„Deutſch-franzöſiſchen Wirtſchaftskorreſpondenz“
ſchlagend nachgewieſen. Der genannte Verfaſſer
gibt dann als einziges Mittel, dem Währungs-
verfall zu ſteuern, das nicht mehr ganz neue Mit-
tel an, Deutſchland zahlen zu laſſen.

Und ſo ſteht Frankreich jetzt tatſächlich vor der
entſcheidungsſchweren Frage, ob es endlich von
Deutſchland Reparationen annehmen will, d. h.
ob es einer Regelung der Reparationsfrage auf
dem Verhandlungswege beiſtimmen will, oder ob
es weiter durch Fortſetzung ſeiner Politik der po-
litiſchen und wirtſchaftlichen Unterjochung Deutſch-
lands
ſeine eigene Währung, und damit ſeine
geſamte Wirtſchaft vernichten will. Das iſt die
Schickſalsfrage für beide Völker.

Hüten wir Deutſche uns davor, allzu große
Hoffnungen auf die wirtſchaftliche Einſicht Frank-
reichs zu ſetzen. Der maßloſe Ehrgeiz und die
brutale Machtgier dieſes ſich nur ſchwach vermeh-
renden Volkes haben bisher immer die Wirt-
ſchaftsvernunft zurückgedrängt.

Möglich wäre es ja, daß der weitere Verfall
des Franken wenigſtens die Wirtſchaftskreiſe
Frankreichs
zu einer tieferen Einſicht und Er-
kenntnis der Zuſammenhänge bringt. Aber ſelbſt
von dieſer wachſenden Einſicht der Wirtſchaft bis
zu ihrer politiſchen Auswirkung auf die franzöſi-
ſche Geſamtpolitik wäre immerhin noch ein weiter
Schritt.

Die deutſche Wirtſchaft darf ſich daher im
Augenblick weniger den Hoffnungen hingeben,
die ſich auf dieſe Entwicklung in Frankreich auf-
bauen, ſondern ſie hat andere Aufgaben und mit
der Wirtſchaft hat das geſamte deutſche Volk die
Pflicht, alles zu verhindern, was eine neue In-
flation unſerer Währung und damit eine neue
Schwächung unſerer, nun einigermaßen ſtabili-
ſierten Mark bedeuten würde.

Das iſt zunächſt für uns alle die Folgerung,
die wir aus dem ſinkenden Franken ziehen

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[0001] Allgemeine Zeitung Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau127. Jahrgang. Nr. 7 München, Dienstag den 8. Januar 1924. Einzelpreis 10 Pfennig. Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik: Max Heilgemayr. — Wirtſchaftſzeitung u. Auswärttge Politik: Joſef Schrepfer. — Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v. Probram-Gladona. — Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. — Anzeigenteil: Joſef Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 54.98 u. 8967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung] Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287. Neue Verhandlungen mit der Ruhrinduſtrie. Sonderdienſt der Allgem. Zeitung. * Paris, 7. Januar. Wie man hört, wer- den in den nächſten Tagen neue Ver- handlungen zwiſchen der Ruhrinduſtrie und der Beſatzungsbehörde über die Ver- längerung des Micumabkom- mens ſtattfinden, da dieſes Abkommen be- reits im Januar abläuft. Die Stellung der deutſchen Induſtrie wird bei dieſen neuen Verhandlungen eine etwas günſtigere ſein, weil diesmal die Ruhr- induſtriellen in dem neuabgeſchloſſenen Kohlenſyndikat dem anderen Part- ner gegenüberſtehen. Man beurteilt zurzeit die Lage der Ruhr- induſtrie noch nicht ungünſtig. Das Angebot in deutſcher Kohle wurde zwar im Ausland in den letzten Tagen begrüßt, doch wurden die Preiſe als unhaltbar bezeichnet. Die auf Grund des Micumabkommens auf der Kohle ruhenden Laſten wirkten der- art drückend, daß an einen Abbau der Koh- lenpreiſe wohl noch nicht herangegangen werden kann. Es iſt übrigens bemerkens- wert, daß auf einigen Zechen bereits die Friedensleiſtung der Arbeiter wieder erreicht wurde. Auch in Berlin Beſprechungen. Berlin, 7. Januar. (Eigener Bericht der „Allg. Ztg.“) Vertreter der wichtigſten Wirt- ſchaftsgruppen des beſetzten Gebietes ka- men heute zu einer Beſprechung mit der Reichsregierung in Berlin an. Die eingehenden Verhandlungen betrafen Fragen des Verkehrs und des allge- meinen Wirtſchaftslebens. Auf Grund dieſer Beſprechungen wird von der Reichsregierung eine Reihe von Verordnungen vorbereitet, die in den nächſten Tagen herauskommen werden. Neurath bei Muſſolini. * Rom, 7. Januar. Botſchafter v. Neu- rath, der geſtern von Lugano zurückge- kehrt iſt, wird heute Muſſolini beſuchen, um ihm die Grüße Dr. Streſe- manns zu übermitteln. Die deutſch-ſerbiſchen Reparatſons- verhandlungen. * Belgrad, 7. Januar. Der ſüdſlaviſche Delegierte für die Reparationskommiſſion, Dr. Juritſch, wurde von der Regierung beauftragt, nach Berlin zu reiſen, um mit Deutſchland über die Reparations- Sachlieferungen zu verhandeln. Auch das Außen- und Finanzminiſterium entſenden Delegierte nach Berlin, um die zwiſchen beiden Ländern ſchwebenden Unſtimmig- keiten beizulegen. Italien baut Rieſenluftkreuzer. Paris, 7. Januar. Dem „Intranſigeant“ wird aus Turin gemeldet, daß in Rom mit dem Bau eines Luftkreuzers be- gonnen ſei, der 45 000 Kubikmeter umfaſ- ſen ſoll. Es handelt ſich um einen halb- ſtarren Luftkreuzer, der der größte der Welt ſein dürfte. Demnächſt ſoll ferner ein anderes Luftſchiff von 120 000 Kubikmeter Inhalt gebaut werden. Rußlands Streben nach Anerkennung. London, 7. Jan. Wie hieſige Blätter aus Sofia melden, hat die Moskauer Regierung an Bulgarien eine Note gerichtet, in der ſie vorſchlägt, die Wiederaufnahme der diplomatiſchen Beziehungen zwiſchen beiden Ländern zu betätigen und eine Aner- kennung der Moskauer Regie- rung in die Wege zu leiten. Englands nächſte Ziele. Sonderdienſt der Allgemeinen Zeitung. * London, 7. Januar. Die Ausführungen maßgebender engliſcher Politiker laſſen keinen Zweifel darüber, daß in der nächſten Zeit mit einer erhöhten außenpoli- tiſchen Aktivität Englands zu rechnen iſt, wobei die gegenwärtigen parla- mentariſchen Schwierigkeiten überwunden werden und wieder eine Sicherung im In- nern vorhanden iſt. Eine ſolche verſtärkte Tätigkeit der engliſchen Diplomatie wird in ihren Auswirkun- gen auch die deutſche Frage beeinfluſſen. In erſter Linie aber wird ſie eine Stär- kung der engliſchen Poſition auf dem Feſtlande gegenüber den fran- zöſiſchen Machtplänen zum Ziele haben. Der diplomatiſche Berichterſtatter der „Evening News“ betont heute in einer Pole- mik gegen die „Times“, daß die engliſche Außenpolitik der nächſten Zeit nicht etwa von Erwägungen, wie Mitleid mit Deutſchland geleitet werde, ſondern lediglich von dem Geſichtspunkt des engliſchen Preſtiges im Auslande und der wirtſchaft- lichen Intereſſen Englands auf dem Kontinent. In der gleichen Richtung ſoll eine engliſche Intervention in Prag, Buka- reſt und Warſchau wirken, die ſich auf die franzöſiſchen Rüſtungskredite bezieht. Die Aktion ſoll vor allem den engliſchen Einfluß bei dieſen Mächten ſtärken. Dieſe ſtärkere Aktivität der engliſchen Politik zeigt ſich auch darin, daß der Arbeiter- führer Macdonald, der beſtimmt damit rechnet, daß nach der Thronrede am 17. Jan. der Rücktritt Baldwins und ſeine Berufung zur Regierungsbildung erfolgen wird, Noel Buckon zum Schatzkanzler in Ausſicht genommen hat, der im Auftrage der engliſchen Arbeiterpartei bereits eine Beſichtigungsreiſe durch das Ruhrgebiet unternommen hat. Vor einer engliſch-italieniſchen Annäherung. * Rom, 7. Januar. Meldungen aus Rom beſchäftigen ſich angelegentlich mit den Mög- lichkeiten einer engliſch-italieniſchen Annäherung und betonen, daß dieſe immer mehr eine greifbare Geſtalt annehme. Die engliſche Regierung hat ange- kündigt, daß ſie bereit ſei, den Vertrag zu erfüllen, wonach zur Abrundung des italieni- ſchen Somalilandes noch einige Teile abgetreten werden ſollen. Die Abtretung wird am Vorabend der Reiſe des italieniſchen Königs nach England bekanntgegeben werden. Der Ausfall der franzöſiſchen Senatswahlen. * Paris, 7. Januar. Das Endergeb- nis der Senatswahlen liegt bis auf das Reſultat der Inſel Martinique vor. Es haben erhalten: die Konſervativen und Li- beralen 17 Sitze, gewonnen 0, verloren 2, die Republikaner 16 Sitze, gewonnen 3, ver- loren 2, die radikalen Republikaner 22 Sitze, gewonnen 3, verloren 4, die unab- hängigen Radikalen 4 Sitze, gewonnen 1, verloren 5, die ſozialiſtiſchen Radikalen 50 Sitze, gewonnen 6, verloren 4, die ſozia- liſtiſchen Republikaner 4 Sitze, gewonnen 4, verloren 0, die Sozialiſten 2 Sitze, gewon- nen 2, verloren 0. 88 ehemalige Senatoren wurden wieder- gewählt. 27 Senatoren treten neu in das Parlament ein. Nach den Gruppierungen der Senatsparteien ſind gewählt: 50 Mit- glieder der demokratiſchen Linken, 33 Mit- glieder der republikaniſchen Union, 13 Linksrepublikaner und 11 Mitglieder der Rechten. Von den bekannten Senatoren wurden geſchlagen Neulems, Guſtave Rivet und de Lemercle. „Oeuvre“ ſchreibt zu dem Ergebnis. In der Zuſammenſetzung des Senats ſei keine große Aenderung eingetre- ten. Der Senat bleibe nicht nur ausgeſpro- chen republikaniſch, ſondern ſogar radikal. „Echo de Paris“ erklärt, der Linksblock habe auf einen Ruck zu ſeinen Gunſten wie im Jahre 1920 und auf den Rückgang der Gemäßigten als angenehmes Vorſpiel für die im April ſtattfindenden allgemeinen Wahlen gerechnet, aber das Gegenteil ſei eingetreten. „Gaulois“ ſagt, es ſei zweifelhaft, ob ſich aus dieſem Wahlergebnis ein Schluß auf die großen Frühjahrswahlen ziehen laſſe. „Figaro“ bezeichnet die Wahlſchlacht als eine Remispartie. * Paris, 7. Januar. Die neueren Meldun- gen über das Ergebnis der Senats- wahlen beſtätigen, daß die Linke einen kleinen Erfolg errungen hat, indem die bisher bereits vorhandene kleine Linksmehrheit etwas verſtärkt wurde. Eine unmittelbare Wirkung auf die franzöſiſche Geſamtpolitik wird jedoch der Ausfall die- ſer Wahlen nicht haben, dazu iſt zum min- deſten noch das Ergebnis der in etwa drei Monaten ſtattfindenden Kammerwah- len abzuwarten. Die Lage in Griechenland. Paris, 7. Januar. Wie aus Athen gemeldet wird, iſt der Weg des früheren Miniſterpräſiden- ten Venizelos mit Schwierigkeiten beſetzt. Die Führer der antivenizeliſtiſchen Partei wol- len ſich erſt nach der Rückkehr König Georg II. nach Athen zu einer Erörterung der ſchwebenden Fragen herbeilaſſen. Andererſeits beabſichtigen die Republikaner das Ergebnis der Volksabſtim- mung, wenn es zu Gunſten der Monarchie aus- fällt, nicht anzuerkennen. Die rohaliſtiſchen Blätter betonen, daß die Ab- weſenheit Venizelos, ſtatt zur Ausſöhnung der Parteien beizutragen, lediglich die Meinungs- verſchiedenheiten zwiſchen den rivaliſierenden Gruppen verſchärfe und eine Annäherung un- möglich mache. Ein monarchiſtiſches Blatt veröffentlicht auf der erſten Seite die Lichtbilder der griechiſchen Miniſter, die von der Revolutionsregierung hin- gerichtet wurden, und macht Venizelos für ihren Tod verantwortlich. Eine andere Zeitung ſchil- dert den früheren Miniſterpräſidenten als einen Tyrann und behauptet, daß der politiſche Kampf fortdauern werde, ſo lange Venizelos ſich nicht völlig von den Regierungsgeſchäften zurück- ziehe. Die Lage in Mexiko Waſhington, 7. Januar. Nach einer Meldung aus dem Hauptquartier der Aufſtändigen hat Huerta den Angriff auf Mexiko-City be- gonnen. Der ſinkende Franken. s. München, 7. Januar. Während die deutſche Mark ſeit dem 20. No- vember vorigen Jahres ſtabil geblieben iſt, hat in den letzten Tagen das Sinken des franzöſiſchen Franken die franzöſiſchen Finanz- und Wirtſchafts- kreiſe in eine ſtarke Erregung verſetzt. Vergleichen wir die Entwicklung am engliſchen Pfund, ſo koſtete das engliſche Pfund beiſpiels- weiſe am 9. Oktober vorigen Jahres noch 76 Franken, am 4. Januar mußten dagegen für die engliſche Münzeinheit bereits 88 Franken ange- legt werden. An den übrigen Weltbörſen war natürlich die gleiche Entwicklung zu bemerken. Während zum Beiſpiel in Neuyork am 16. Okto- ber der Frankenkurs noch über 6 Cents ſich ſtellte, war er bis zum 4. Januar auf 4,88 Cents zurück- gegangen. In ihrer kopfloſen Erregung ſucht die franzö- ſiſche Preſſe nach den verſchiedenſten Erklärungen für dieſe ihr abſolut unerklärliche Erſcheinung. Nur darauf kommt ſie nicht, daß der wahre Grund für das Sinken des Franken in der fran- zöſiſchen Politik ſeit dem Friedensſchluſſe liegt. Zunächſt tauchte der völlig abſurde Gedanke auf, daß auf einer Konferenz deutſcher Bankiers eine Generaloffenſive gegen die franzöſiſche Wäh- rung vorbereitet worden ſei. Natürlich ein kind- liches Märchen, um auch hier wieder die berech- tigte Erregung der franzöſiſchen Steuerzahler über die Inflationspolitik Poincarés auf Deutſch- land abzulenken. Es gehört der ganze traurige Mut der franzöſiſchen Preſſe dazu, dieſe Dinge ſo völlig zu verdrehen. In Wirklichkeit liegen die Dinge doch ſo, daß die Politik Poincarés die Zahlungsfähigkeit Deutſchlands immer weiter vernichtet, und daß eben ſchließlich bei der engen Verflechtung der Weltwirtſchaft auch Frankreich in dieſen Strudel des Währungsverfalls mit hineingeriſſen wird. Frankreich ſollte nicht vergeſſen, daß auch ſeine eigene Wirtſchaft bereits ſtark paſſiv geworden iſt, daß die Anlagen im Auslande nicht mehr den Fehlbetrag ſeiner eigenen Handelsbilanz aus- gleichen können. Der franzöſiſche Sozialiſt Francis Delaiſi hat das kürzlich in einem Aufſatz in der „Deutſch-franzöſiſchen Wirtſchaftskorreſpondenz“ ſchlagend nachgewieſen. Der genannte Verfaſſer gibt dann als einziges Mittel, dem Währungs- verfall zu ſteuern, das nicht mehr ganz neue Mit- tel an, Deutſchland zahlen zu laſſen. Und ſo ſteht Frankreich jetzt tatſächlich vor der entſcheidungsſchweren Frage, ob es endlich von Deutſchland Reparationen annehmen will, d. h. ob es einer Regelung der Reparationsfrage auf dem Verhandlungswege beiſtimmen will, oder ob es weiter durch Fortſetzung ſeiner Politik der po- litiſchen und wirtſchaftlichen Unterjochung Deutſch- lands ſeine eigene Währung, und damit ſeine geſamte Wirtſchaft vernichten will. Das iſt die Schickſalsfrage für beide Völker. Hüten wir Deutſche uns davor, allzu große Hoffnungen auf die wirtſchaftliche Einſicht Frank- reichs zu ſetzen. Der maßloſe Ehrgeiz und die brutale Machtgier dieſes ſich nur ſchwach vermeh- renden Volkes haben bisher immer die Wirt- ſchaftsvernunft zurückgedrängt. Möglich wäre es ja, daß der weitere Verfall des Franken wenigſtens die Wirtſchaftskreiſe Frankreichs zu einer tieferen Einſicht und Er- kenntnis der Zuſammenhänge bringt. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-09-13T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 7. München, 8. Januar 1924, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine07_1924/1>, abgerufen am 16.05.2024.