Allgemeine Zeitung, Nr. 8, vom 9. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung. Aus dem Stadtrat. Freigabe der Lebensmittelkartenstellen. Durch Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R. Kritik an der städtischen Gebührenpolitik. Die St.-R. Weiß gab hierauf nachstehende Er- "Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, seine Stel- Rathaus-Anträgestatistik. Wie Bürgermeister Von sämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner- Senkung der Fleischpreise. Die Preisprüfungsstelle München Für Mastrindfleisch 57--72 Pf. (derzeitiger Diese Preise sind berechnet nach dem durch- Die Ueberprüfung der Wurstwaren- Kurse und Vorlesungen. Landwirtschaftliche Kurse in Weihenstephan. l. H. An der Höheren Staatslehranstalt für Vorträge über die Berufswahl. Die Berufs- Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja- 1. "Die Wichtigkeit der Berufswahl". 2. Aerzt- Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja- Bei dem großen Ernste der allgemeinen Wirt- Fahrpreisermäßigung zugunsten der Jugend- pflege. Die Bescheinigung der Eisenbahnverwal- Deutsche Volkspartei (Nationalliberale Partei) München. Wochen-Versammlung am Der "Geschäftsbericht" der Fahrraddiebe. Er ist zwar von den Herren dieser Zunft nicht Der Wert der gestohlenen Räder läßt sich durch Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad- Kraftwagen- und Krafträderdiebstähle gelang- Verurteilte Schieber und Wucherer. Auf An- Kleine Zeitung. Gestorben: Apothekersgattin Lina Bräuti- In den Ruhestand versetzt. Oberregierungsrat s. Ein Schwindler im Priesterrock hat sich in Der Meister des jüngsten Tages. 8 Roman Sie wissen, Bischoff, ich bin kein Gallerie- Und um Eugen Bischoff einen Begriff von dieser "Ich, um dies schöne Ebenmaß betrogen, von Er unterbrach sich selbst mit einer textkritischen "Nein, umgekehrt, zuerst kommt ,verkürzt', ,Entstellt verwahrlost --' -- wie geht es weiter? "Genug, Doktor!" unterbrach ihn der Schau- "In diese Welt des Atmens" -- stören Sie "Genug!" rief Eugen Bischoff und preßte die Doktor Gorski ließ sich nicht beirren: [Spaltenumbruch]"Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter "Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu- Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt "Ich werde euch zeigen, wie man den Richard "Ich habe meine eigene Auffassung von der Eugen Bischoff streifte ihn mit einem tückischen "Aufgepaßt!" befahl er. "Ich gehe rasch hin- "Du willst dich schminken?" meinte Dinas Bru- Eugen Bischoffs Augen flackerten und glänzten. "Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni- Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er "Hören Sie, -- Ihr Semblinsky. Ihr großer Und nun war er draußen, ich sah ihn eilig 5. Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit Er beugte sich vor und erhaschte mit einem ent- "Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache ist "Der dir's geraten, Lear, Das und eine unwillig abwehrende Be- (Fortsetzung folgt.) Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung. Aus dem Stadtrat. Freigabe der Lebensmittelkartenſtellen. Durch Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R. Kritik an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik. Die St.-R. Weiß gab hierauf nachſtehende Er- „Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, ſeine Stel- Rathaus-Anträgeſtatiſtik. Wie Bürgermeiſter Von ſämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner- Senkung der Fleiſchpreiſe. Die Preisprüfungsſtelle München Für Maſtrindfleiſch 57—72 Pf. (derzeitiger Dieſe Preiſe ſind berechnet nach dem durch- Die Ueberprüfung der Wurſtwaren- Kurſe und Vorleſungen. Landwirtſchaftliche Kurſe in Weihenſtephan. l. H. An der Höheren Staatslehranſtalt für Vorträge über die Berufswahl. Die Berufs- Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja- 1. „Die Wichtigkeit der Berufswahl“. 2. Aerzt- Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja- Bei dem großen Ernſte der allgemeinen Wirt- Fahrpreisermäßigung zugunſten der Jugend- pflege. Die Beſcheinigung der Eiſenbahnverwal- Deutſche Volkspartei (Nationalliberale Partei) München. Wochen-Verſammlung am Der „Geſchäftsbericht“ der Fahrraddiebe. Er iſt zwar von den Herren dieſer Zunft nicht Der Wert der geſtohlenen Räder läßt ſich durch Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad- Kraftwagen- und Krafträderdiebſtähle gelang- Verurteilte Schieber und Wucherer. Auf An- Kleine Zeitung. Geſtorben: Apothekersgattin Lina Bräuti- In den Ruheſtand verſetzt. Oberregierungsrat s. Ein Schwindler im Prieſterrock hat ſich in Der Meiſter des jüngſten Tages. 8 Roman Sie wiſſen, Biſchoff, ich bin kein Gallerie- Und um Eugen Biſchoff einen Begriff von dieſer „Ich, um dies ſchöne Ebenmaß betrogen, von Er unterbrach ſich ſelbſt mit einer textkritiſchen „Nein, umgekehrt, zuerſt kommt ‚verkürzt’, ‚Entſtellt verwahrloſt —’ — wie geht es weiter? „Genug, Doktor!“ unterbrach ihn der Schau- „In dieſe Welt des Atmens“ — ſtören Sie „Genug!“ rief Eugen Biſchoff und preßte die Doktor Gorski ließ ſich nicht beirren: [Spaltenumbruch]„Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter „Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu- Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt „Ich werde euch zeigen, wie man den Richard „Ich habe meine eigene Auffaſſung von der Eugen Biſchoff ſtreifte ihn mit einem tückiſchen „Aufgepaßt!“ befahl er. „Ich gehe raſch hin- „Du willſt dich ſchminken?“ meinte Dinas Bru- Eugen Biſchoffs Augen flackerten und glänzten. „Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni- Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er „Hören Sie, — Ihr Semblinſky. Ihr großer Und nun war er draußen, ich ſah ihn eilig 5. Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit Er beugte ſich vor und erhaſchte mit einem ent- „Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache iſt „Der dir’s geraten, Lear, Das und eine unwillig abwehrende Be- (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi>. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Stadtzeitung.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Aus dem Stadtrat.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Freigabe der Lebensmittelkartenſtellen.</hi> </head><lb/> <p>Durch<lb/> Beſchluß des Kommunalverbandsausſchuſſes ſoll-<lb/> ten die Materialien und Räume der Verwal-<lb/> tungsabteilung des Mehlamtes und der Lebens-<lb/> mittelkartenverteilungsſtellen bis auf Weiteres<lb/> zur Verfügung des ſtädtiſchen Lebensmittelrefe-<lb/> rates bleiben. Das Sachreferat war der Auf-<lb/> faſſung, daß der Stadtrat keine Verpflichtung<lb/> habe, Vorſorgemaßnahmen hinſichtlich der Wie-<lb/> deraufnahme der Zwangswirtſchaft auch für den<lb/> — unwahrſcheinlichen — Fall zu treffen, daß<lb/> die Rentenmark den Weg der Inflation beſchrei-<lb/> tet und damit eine neuerliche Geldentwertung<lb/> eintreten würde. Sollte das doch eintreten, ſo<lb/> würden die Verhältniſſe nach Anſchauung des<lb/> Referates derartig werden, daß ganz andere<lb/> Zwangsmaßnahmen getroffen werden müßten,<lb/> als lediglich auf dem Gebiete der Brotgetreide-<lb/> wirtſchaft.</p><lb/> <p>Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R.<lb/><hi rendition="#g">Pfeiffer</hi>, beſchloß der Stadtrat, den Beſchluß<lb/> des Kommunalverbandes inſoweit aufzuheben,<lb/> als die Materialien und Räume der Lebens-<lb/> mittelkartenſtellen nicht mehr zur Verfügung des<lb/> Lebensmittelreferates gehalten werden. Der<lb/> Turnſaal im Roſentalſchulhaus wird dem ſtädti-<lb/> ſchen Milchamt für die Milchkartenverteilung zur<lb/> Verfügung geſtellt. Mit der Vermietung des<lb/> Seitengebäudes im Anweſen Hohenzollernſtraße<lb/> Nr. 16, wo ſich eine Verteilungsſtelle befand, an<lb/> eine Privatfirma, erklärte ſich der Stadtrat ein-<lb/> verſtanden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Kritik an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik.</hi> </head><lb/> <p>Die<lb/> Erwiderungen auf die Kritik des Senatspräſiden-<lb/> ten am Reichsfinanzhof, Dr. <hi rendition="#g">Strutz</hi>, an der<lb/> ſtädtiſchen Gebührenpolitik fanden in der Stadt-<lb/> ratsſitzung am Dienstag ihre Fortſetzung. St.-R.<lb/><hi rendition="#g">Niedermayer</hi> von der l. S. P. verlas eine<lb/> längere Erklärung, in der die Angriffe des Se-<lb/> natspräſidenten als unberechtigt zurückgewieſen<lb/> werden. Die U. S. P. habe ſtets die Finanzpolitik<lb/> der V. S. P. und B. V. P. bekämpft, nachdem die<lb/> Politik der Mehrheitsſozialiſten ſich von jener der<lb/> Volkspartei in nichts unterſcheide. (Heiterkeit.)</p><lb/> <p>St.-R. <hi rendition="#g">Weiß</hi> gab hierauf nachſtehende Er-<lb/> klärung ab:</p><lb/> <cit> <quote>„Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren<lb/> Kollegen Nußbaum und Scharnagel — in der<lb/> letzten Hauptausſchußſitzung — zum Artikel des<lb/> Herrn Senatspräſidenten Strutz in der Preſſe<lb/> könnten den Anſchein erwecken, als ob die <hi rendition="#g">De-<lb/> mokratiſche Stadtratsfraktion</hi> mit<lb/> dieſer Finanzpolitik einverſtanden geweſen wäre,<lb/> ſie ſogar mitgemacht hätte. Wir ſtellen demge-<lb/> mäß feſt, daß für die Finanzpolitik des Jahres<lb/> 1923, die wir fortgeſetzt mit rein ſachlichen<lb/> Gründen bekämpft haben, nur die Vereinigte So-<lb/> zialiſtiſche Partei, die Bayeriſche Volkspartei und<lb/> die Kollegen Dr. Jodlbauer und Humar verant-<lb/> wortlich ſind. Wir haben keinen Anlaß, uns ge-<lb/> gen die Kritik zu wenden, die Herr Dr. Strutz<lb/> in dieſer Politik geübt hat.“</quote> </cit><lb/> <p>St.-R. Dr. <hi rendition="#g">Jodlbauer</hi> erklärte, ſeine Stel-<lb/> lung gegenüber der gemeindlichen Gebühren-<lb/> politik ſei ſtets diktiert geweſen von ſeinem Ver-<lb/> antwortungsgefühl den tatſächlichen Intereſſen<lb/> der Stadt und der Geſamtbevölkerung gegen-<lb/> über. Bürgermeiſter Schmid bemerkte noch,<lb/> es wäre jedenfalls würdiger geweſen, wenn die<lb/> Fraktionen ſich dazu hätten verſtehen können, eine<lb/> gemeinſame Erklärung nach dem Vorſchlag des<lb/> Stadtratsdirektoriums abzugeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Rathaus-Anträgeſtatiſtik.</hi> </head><lb/> <p>Wie Bürgermeiſter<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Küfner</hi> in der 2. Stadtratsſitzung in Be-<lb/> antwortung einer Anfrage mitteilte, haben die<lb/> Parteien im Laufe des Jahes 1923 insgeſamt<lb/> 132 Anträge geſtellt, was an ſich nicht viel iſt.<lb/> Davon entſielen 28 auf die V. S. P., 26 auf die<lb/> B. V. P., 6 auf einzelne Mitglieder der B. V. P.,<lb/><hi rendition="#g">31 auf die</hi> D. D. P., 7 auf die Liberale Bür-<lb/><cb/> gerpartei (Dr. Jodlbauer), 2 auf den Hausbeſitz<lb/> (Humar), 21 auf die U. S. P., 8 auf die K. P. D.<lb/> Je 1 Antrag wurde geſtellt von den weiblichen<lb/> Mitgliedern des Stadtrates, von den Stadträtin-<lb/> nen Kießelbuch und Kämpfer.</p><lb/> <p>Von ſämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner-<lb/> ledigt, 2 wurden zum Teil erledigt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Senkung der Fleiſchpreiſe.</hi> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Preisprüfungsſtelle München</hi><lb/> hat die Fleiſchpreiſe überprüft und gegenüber den<lb/> derzeitigen Ladenpreiſen eine erhebliche Senkung<lb/> derſelben vorgenommen. Als <hi rendition="#g">häufigſte</hi> Preiſe<lb/> werden als angemeſſen erklärt:</p><lb/> <p>Für Maſtrindfleiſch 57—72 Pf. (derzeitiger<lb/> Ladenpreis 70—130 Pf.), Ochſenfleiſch 2. Qualität<lb/> 47—69 Pf. (50—80 Pf.), Kalbfleiſch 50—65 Pf.<lb/> (60—90 Pf.), Schweinefleiſch 100 Pf. (100 bis<lb/> 130 Pf.), Schaffleiſch 68 Pf. (70—80 Pf.), Gefrier-<lb/> fleiſch 61 Pf. (70 Pf.).</p><lb/> <p>Dieſe Preiſe ſind berechnet nach dem durch-<lb/> ſchnittlichen Einſtandspreis der letzten Viehmärkte.<lb/> Die <hi rendition="#g">Forderung höherer Preiſe</hi> iſt im<lb/> Einzelfalle von den Metzgern den Behörden ge-<lb/> genüber zu <hi rendition="#g">verantworten</hi>. Zu dieſem Zwecke<lb/> wird die Preisbildung künftighin ſtrengſtens über-<lb/> wacht; den Metzgern wurde außerdem die <hi rendition="#g">Füh-<lb/> rung eines Einkaufsbuches</hi> vorgeſchrie-<lb/> ben. Die Metzger wurden auch neuerdings ver-<lb/> pflichtet, die <hi rendition="#g">Preiſe</hi> wie auch die <hi rendition="#g">Qualitä-<lb/> ten</hi> an ihrer Preistafel <hi rendition="#g">anzuſchreiben</hi>,<lb/> wobei als „Maſtrindfleiſch“ (d. i. Fleiſch von<lb/> Ochſen, Kühen, Kalbinnen 1. Qualität) auf den<lb/> Preistafeln nur Fleiſch, das von Tieren erſten<lb/> Maſtzuſtandes herrührt, bezeichnet werden darf.<lb/> Alle übrigen Rindfleiſchſorten ſind ſchlechthin als<lb/> Rindfleiſch zu bezeichnen. Gefrierfleiſch muß als<lb/> ſolches auf der Preistafel benannt werden. Die<lb/> übliche Bezeichnung „prima“ hat in Zukunft weg-<lb/> zubleiben. Irreführende Qualitätsangaben wer-<lb/> den unter Umſtänden als Betrug verfolgt und<lb/> haben die Schließung des Geſchäftes zur Folge.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Ueberprüfung der Wurſtwaren-<lb/> preiſe</hi> konnte noch nicht zum Abſchluß ge-<lb/> bracht werden. Die Schweinemetzgerzwangsinnung<lb/> wurde aber veranlaßt, auf eine angemeſſene Sen-<lb/> kung der Preiſe mit allem Nachdruck hinzuwirken.<lb/> Der Preis für 1 Pfund Lyoner Wurſt und Leber-<lb/> käſe wurde inzwiſchen mit 55 Pf. pro Pfund für<lb/> angemeſſen erklärt.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Kurſe und Vorleſungen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Landwirtſchaftliche Kurſe in Weihenſtephan.</hi> </head><lb/> <p>l. <hi rendition="#aq">H.</hi> An der Höheren Staatslehranſtalt für<lb/> Gartenbau in Weihenſtephan bei München be-<lb/> ginnen am 15. Februar 1924 die nachfolgenden<lb/> Lehrgänge: ein allgemeiner einjähriger Lehrgang,<lb/> zugleich Vorſtufe für den höheren Lehrgang, ein<lb/> einjähriger höherer Lehrgang in Abteilungen für<lb/> Obſt-, Gemüſe- und Erwerbsgartenbau und Gar-<lb/> tengeſtaltung, ein einjähriger Lehrgang für Obſt-<lb/> und Gemüſebau (auch für Nichtgärtner), ein<lb/> Seminarlehrgang zur Vertiefung und Speziali-<lb/> ſierung und Ausbildung für den Lehrberuf (Dauer<lb/> ½ und 1 Jahr). Verdienſtmöglichkeiten in den<lb/> Anſtaltsbetrieben bis zur Höhe der Unterhal-<lb/> tungskoſten ſind gegeben. Unterrichtspläne, Prü-<lb/> fungen und Berechtigungen entſprechen den<lb/> gleichartigen höheren Gartenbaulehranſtalten. Den<lb/> Anmeldungen ſind Zeugnisabſchriften und Lebens-<lb/> lauf beizufügen. Gaſtſchüler und Praktikanten<lb/> werden zugelaſſen. Ferner finden im Laufe des<lb/> Jahres nachſtehende kürzere Unterrichtskurſe ſtatt,<lb/> und zwar: vom 11. Februar bis 8. März Baum-<lb/> wärterkurs, 1. Teil; vom 31. März bis 12. April<lb/> Obſtbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche<lb/> und Lehrer; vom 22. April bis 26. April Lehr-<lb/> gang für Gemüſebau und Blumenpflege; vom<lb/> 12. Mai bis 24. Mai Lehrgang für Gemüſe-<lb/> bau und Blumenpflege für Damen; vom<lb/><cb/> 9. Juli bis 11. Juli Lehrgang für Beeren-<lb/> verwertung; vom 10. September bis 12. Septem-<lb/> ber Lehrgang für Obſt- und Gemüſeverwertung<lb/> für Frauen und Mädchen; vom 15. September<lb/> bis 20. September Baumwärterkurs, 2. Teil; vom<lb/> 22. September bis 27. September Obſtbaukurs<lb/> für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche und Lehrer;<lb/> vom 13. Oktober bis 18. Oktober Keltereikurs, und<lb/> vom 10. November bis 29. November Obſtbaukurs<lb/> für Straßenaufſeher.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Vorträge über die Berufswahl.</hi> </head><lb/> <p>Die Berufs-<lb/> beratungsſtelle beim Arbeitsnachweis München<lb/> veranſtaltet bei freiem Eintritt berufskundliche<lb/> Vorträge:</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Für Knaben</hi><hi rendition="#g">Donnerstag, den 17. Ja-<lb/> nuar</hi> 1924, abends 7 Uhr, Kaufmannsſchule,<lb/> Roſental Nr. 7:</p><lb/> <p>1. „Die Wichtigkeit der Berufswahl“. 2. Aerzt-<lb/> licher Vortrag über „Die körperliche Eignung zum<lb/> gewerblichen Beruf“. (Mit Lichbildern.) <hi rendition="#g">Mon-<lb/> tag, den 21. Januar</hi> 1924, abends 7 Uhr,<lb/> Roſental 7. 1. Holzbearbeitende Berufe: Bau-<lb/> ſchreiner, Parkettleger, Möbelſchreiner, Holzma-<lb/> ſchiniſten, Drechsler, Wagner, Schäffler. 2. Le-<lb/> derbearbeitende Berufe: Sattler, Portefeuiller,<lb/> Tapezierer, Polſterer, Gerber, Handſchuhmacher.<lb/> 3. Bekleidungsgewerbe: Schneider, Schuhmacher.<lb/><hi rendition="#g">Mittwoch, den 23. Januar</hi> 1924, abends<lb/> 7 Uhr, Prankhſtraße 2. Metallbearbeitende Be-<lb/> rufe: Grobmechaniker, Feinmechaniker, Kunſt-<lb/> und Bauſchloſſer (mit Werlſtattbeſichtigung).<lb/><hi rendition="#g">Freitag, den 25. Januar</hi> 1924, abends 7<lb/> Uhr, Bayer, Kunſtgewerbeverein, Pfandhaus-<lb/> ſtraße Nr. 7. Kunſtgewerbe: Die verſchiedenen<lb/> Gruppen des Kunſtgewerbes: Gürtler, Graveur,<lb/> Ziſeleur, Gold- und Silberarbeiter, Kunſt- und<lb/> Möbelſchreiner, Holzbildhauer, Dekorationsmaler,<lb/> Keramiker, Vergolder, Unedelmetallarbeiter,<lb/> Glasmalerei und Hohlglasfabrikation, Textilien.<lb/><hi rendition="#g">Montag, den 28. Januar</hi> 1924, abends<lb/> 7 Uhr, Roſental Nr. 7. Kaufmänniſche Berufe:<lb/> 1. Der Kaufmann. 2. Der Drogiſt. 3. Der<lb/> Bankbeamte. <hi rendition="#g">Donnerstag, den 31. Ja-<lb/> nuar</hi> 1924, abends 7 Uhr, Roſental Nr. 7.<lb/> 1. Elektrotechniſche Berufe: Elektro-Inſtallateure,<lb/> Elektro-Mechaniker, Elektro-Maſchinenbauer,<lb/> Elektro-Techniker. 2. Bauhandwerkliche Berufe:<lb/> Maler, Anſtreicher, Lackierer, Glaſer, Steinmetz.<lb/><hi rendition="#g">Montag, den 4. Februar</hi> 1924, abends<lb/> 7 Uhr, Roſental 7. Maſchineninduſtrie (mit Licht-<lb/> bildern): 1. Maſchinenſchloſſer, Dreher, Fräſer,<lb/> Schleifer, Schweißer, Schmiede, Werkzeugmacher,<lb/> Maſchinen- und Apparatebauer. 2. Modell-<lb/> ſchreiner. 3. Former und Gießer.</p><lb/> <p>Für <hi rendition="#b">Mädchen:</hi> <hi rendition="#g">Samstag, den 19. Ja-<lb/> nuar</hi> 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:<lb/> Die Frau in der Hauswirtſchaft und in der<lb/> Landwirtſchaft. <hi rendition="#g">Donnerstag, den 24. Ja-<lb/> nuar</hi> 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7: Die<lb/> Frau im Handwerk und im Kunſthandwerk.<lb/><hi rendition="#g">Samstag, den 26. Januar</hi> 1924, nach-<lb/> mittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau im<lb/> kaufmänniſchen Berufe. 2. Die techniſche Aſſi-<lb/> ſtentin. <hi rendition="#g">Samstag, den 2. Februar</hi> 1924,<lb/> nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau<lb/> im Poſt- und Eiſenbahndienſt. 2. Die Frau im<lb/> ſtaatlichen und ſtädtiſchen Dienſt. <hi rendition="#g">Donners-<lb/> tag, den 7. Februar</hi> 1924, abends 7 Uhr,<lb/> Roſental 7: Die Frau in den ſozialen und pflege-<lb/> riſchen Berufen. <hi rendition="#g">Samstag, den 9. Fe-<lb/> bruar</hi> 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:<lb/> Die Frau in den Lehrberufen.</p><lb/> <p>Bei dem großen Ernſte der allgemeinen Wirt-<lb/> ſchaftslage, dem Mangel an gewünſchten Lehr-<lb/> ſtellen und der vielfach beſtehenden Unkenntnis<lb/> der einzelnen Berufe kann den zur Schulent-<lb/> laſſung kommennen Knaben und Mädchen ſowie<lb/> deren Angehörigen der Beſuch dieſer Vorträge<lb/> dringend empfohlen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Fahrpreisermäßigung zugunſten der Jugend-<lb/> pflege.</hi> </head><lb/> <p>Die Beſcheinigung der Eiſenbahnverwal-<lb/> tung über den Eintrag der Jugendpflege-Vereine<lb/> in die Liſte der Reichsbahndirektion gilt für dieſes<lb/> Mal ausnahmsweiſe noch bis zum 31. Januar<lb/> 1924. Erneuerungsanträge für 1924 ſind recht-<lb/> zeitig an die Reichsbahndirektion zu richten, in<lb/><cb/> deren Bezirk ſich der Vereinsſitz befindet. Dem<lb/> Antrag ſind die bisherigen Beſcheinigungen bei-<lb/> zugeben, auf denen von der Ortspolizeibehörde<lb/> beſtätigt ſein muß, daß der Verein noch beſteht.<lb/> Die Ausfertigungsgebühr beträgt 0,20 Goldmark<lb/> für jeden Ausweis. Zuſendung der Beſcheinigun-<lb/> gen durch die Poſt erfolgt nur gegen Beigabe der<lb/> Portogebühr für Einſchreibebrief. Für jeden<lb/> Jugendpflegeverein wird nur ein Ausweis abge-<lb/> geben. Ausnahmen können nur bei großen Ver-<lb/> einen und auch hier nur in ganz beſchränktem<lb/> Umfang gemacht werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Deutſche Volkspartei (Nationalliberale Partei)<lb/> München.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Wochen-Verſammlung</hi> am<lb/><hi rendition="#g">Mittwoch</hi>, 9. Januar, abends 8 Uhr, im Partei-<lb/> heim (Maximiliansſtr. 4). Es ſpricht Landtags-<lb/> abgeordnete Frau Dr. <hi rendition="#g">Wolf</hi> über <hi rendition="#g">Landtags-<lb/> auflöſung und Volksentſcheid</hi>. —<lb/> Gäſte haben Zutritt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Der „Geſchäftsbericht“ der Fahrraddiebe.</hi> </head><lb/> <p>Er iſt zwar von den Herren dieſer Zunft nicht<lb/> ſelbſt herausgegeben, wohl aber von der Münche-<lb/> ner Polizei, und darum beſonders glaubwürdig.<lb/> Im Jahre 1923 gelangten in München 5081 Fahr-<lb/> raddiebſtähle zur Anzeige gegenüber 4369 im Vor-<lb/> jahre. Von den gemeldeten Fällen trafen auf<lb/> München 2349, auf das übrige Bayern 2604, auf<lb/> das übrige Deutſche Reich 128.</p><lb/> <p>Der Wert der geſtohlenen Räder läßt ſich durch<lb/> die Geldentwertung 1923 nicht genau beziffern,<lb/> geht aber in Hunderte von Billiarden. Jn 1366<lb/> Fällen erwiſchte man die Täter. In 715 Fällen<lb/> konnten die Räder beigebracht werden.</p><lb/> <p>Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad-<lb/> abteilung 572 Perſonen — gegen 423 im Jahre<lb/> 1922 —, darunter 34 jugendliche und 15 weib-<lb/> liche. Von den ermittelten Tätern wurden 267<lb/> verurteilt, davon 39 mit Zuchthaus.</p><lb/> <p>Kraftwagen- und Krafträderdiebſtähle gelang-<lb/> ten 518 zur Anzeige, gegen 260 im Jahre 1922;<lb/> davon entfallen auf München 191. In 270 Fällen<lb/> wurden die Täter, in 140 Fällen wurde die Beute<lb/> wieder beigebracht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Verurteilte Schieber und Wucherer.</hi> </head><lb/> <p>Auf An-<lb/> zeige der Landeswucherabwehrſtelle München<lb/> wurden in der letzten Zeit von den Gerichten in<lb/> München, Aſchaffenburg, Coburg, Kempten, Mies-<lb/> bach, Paſſau und Würzburg wiederum <hi rendition="#g">Schie-<lb/> ber und Wucherer</hi> verurteilt und zwar we-<lb/> gen Preiswuchers mit Kartoffeln, Mehl, Käſe,<lb/> Vieh, Eiern, Seife, Zinkplatten und anderem.<lb/> Es wurden Strafen bis zu <hi rendition="#g">drei Wochen Ge-<lb/> fängnis</hi> und bis zu <hi rendition="#g">500 Goldmark<lb/> Geldſtrafe</hi> ausgeſprochen, zurückgehaltene<lb/> Waren und Uebergewinne in einer Reihe von<lb/> Fällen beſchlagnahmt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Kleine Zeitung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geſtorben:</hi> </head><lb/> <p>Apothekersgattin Lina <hi rendition="#g">Bräuti-<lb/> gam</hi>, geb. Brendl; Staatsrats- und Profeſſors-<lb/> gattin Johanna <hi rendition="#g">Biſchof</hi>, geb. Billhäuſer;<lb/> Marg. <hi rendition="#g">Abrell</hi>, geb. Zimmermann; Oberſchaff-<lb/> ner Franz <hi rendition="#g">Bſchorr</hi>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">In den Ruheſtand verſetzt.</hi> </head><lb/> <p>Oberregierungsrat<lb/> Guſtav <hi rendition="#g">Merz</hi>, Regierungsrat Joſef <hi rendition="#g">Neu-<lb/> mayer</hi> und Regierungsbaurat Ferdinand<lb/><hi rendition="#g">Peiſenegger</hi> der Reichsbahndirektion Mün-<lb/> chen wurden unter Anerkennung ihrer Dienſt-<lb/> leiſtung in den dauernden Ruheſtand verſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p><hi rendition="#aq">s.</hi><hi rendition="#b">Ein Schwindler im Prieſterrock</hi> hat ſich in<lb/> verſchiedenen Orten Bayerns unter den falſchen<lb/> Namen Dr. Neumeier, Dr. Heinz und Dr. Enzler<lb/> herumgetrieben. Feſtgeſtellt wurde, daß der Mann<lb/> als Dr. Müller im Schweizer Polizeiblatt aus-<lb/> geſchrieben iſt. Der Hochſtapler las Meſſen, hielt<lb/> Predigten — auch in München —, gab ſich als<lb/> Biſchof, Kardinal und bayeriſcher Prinz aus und<lb/> erzählte denen, die nicht alle werden, er ſtehe<lb/> dem Papſt nahe. Das hinderte ihn aber nicht,<lb/> hin und wieder auch als Unterſtützungsſchwindler<lb/> aufzutreten. Zurzeit iſt der Mann verſchwunden;<lb/> in ſeiner Münchener Wohnung wurde u. a. ein<lb/> goldener Kelch beſchlagnahmt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </div> <cb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Der Meiſter des jüngſten Tages.</hi><lb/> 8<lb/></head> <argument> <p> <hi rendition="#b">Roman</hi> </p> </argument><lb/> <byline> <hi rendition="#b">Von <hi rendition="#g">Leo Perutz</hi>.</hi> </byline><lb/> <p>Sie wiſſen, Biſchoff, ich bin kein Gallerie-<lb/> enthuſiaſt, aber dieſer Semblinſky, — einfach fa-<lb/> belhaft. Die Einfälle, die der Mann hatte! Wie<lb/> er auf den Stufen des Palaſtes ſitzt, den Hand-<lb/> ſchuh in die Höhe wirft und wieder fängt und ſich<lb/> dehnt und ſtreckt, wie eine Katze in der Sonne!<lb/> Und dann, wie er den Monolog aufbaut!“</p><lb/> <p>Und um Eugen Biſchoff einen Begriff von dieſer<lb/> Leiſtung zu geben, fängt Doktor Gorski mit viel<lb/> Pathos und leidenſchaftlichen Bewegungen zu de-<lb/> klamieren an:</p><lb/> <p>„Ich, um dies ſchöne Ebenmaß betrogen, von<lb/> der Natur um Bildung falſch verkürzt —“</p><lb/> <p>Er unterbrach ſich ſelbſt mit einer textkritiſchen<lb/> Bemerkung:</p><lb/> <p>„Nein, umgekehrt, zuerſt kommt ‚verkürzt’,<lb/> dann ‚betrogen’. Macht nichts.</p><lb/> <p>‚Entſtellt verwahrloſt —’ — wie geht es weiter?<lb/> — ‚vor der Zeit geſandt in dieſe Welt des<lb/> Atmens’ —“</p><lb/> <p>„Genug, Doktor!“ unterbrach ihn der Schau-<lb/> ſpieler vorläufig noch ſehr ſanft.</p><lb/> <p>„In dieſe Welt des Atmens“ — ſtören Sie<lb/> mich nicht — ‚halb kaum fertig gemacht, und<lb/> zwar ſo lahm und ungeziemend, daß Hunde bel-<lb/> len, hink’ ich wo vorbei’ —“</p><lb/> <p>„Genug!“ rief Eugen Biſchoff und preßte die<lb/> Fäuſte an die Ohren. „Hören Sie auf! Sie<lb/> machen mich krank.“</p><lb/> <p>Doktor Gorski ließ ſich nicht beirren:</p><lb/> <cb/> <p>„Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter<lb/> kann kürzen dieſe fein beredten Tage, bin ich<lb/> gewillt, ein Böſewicht zu werden’ —“</p><lb/> <p>„Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu-<lb/> drehen, wenn Sie nicht aufhören“, fuhr Eugen<lb/> Biſchoff auf ihn los. „Ich bitte Sie, Sie machen<lb/> ja aus dieſem Gloſter einen ſentimentaken Hans-<lb/> wurſt! Richard <hi rendition="#aq">III.</hi> iſt ein Raubtier, ein Unheld.<lb/> eine Beſtie — aber doch ein Mann und ein König,<lb/> kein hyſteriſcher Hanswurſt, zum Teufel noch ein-<lb/> mal.“</p><lb/> <p>Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt<lb/> im Zimmer hin und her zu gehen. Plötzlich blieb<lb/> er ſtehen, und nun kam es genau ſo, wie es Dok-<lb/> tor Gorski vorhergeſehen hatte.</p><lb/> <p>„Ich werde euch zeigen, wie man den Richard<lb/> ſpielen muß. Jetzt einmal Ruhe — ihr ſollt den<lb/> Monolog zu hören bekommen.“</p><lb/> <p>„Ich habe meine eigene Auffaſſung von der<lb/> Figur“, ſagte Doktor Gorski mit kühler Imper-<lb/> tinenz. „Aber, bitte, — <hi rendition="#g">Sie</hi> ſind der Schauſpie-<lb/> ler, ich laſſe mich gerne belehren.“</p><lb/> <p>Eugen Biſchoff ſtreifte ihn mit einem tückiſchen<lb/> Blick voll hämiſcher Verachtung. Im Begriffe, ſich<lb/> in den Shakeſpeareſchen König zu verwandeln,<lb/> ſah er nicht mehr Doktor Gorski vor ſich, ſon-<lb/> dern ſeinen armſeligen Bruder Clarence.</p><lb/> <p>„Aufgepaßt!“ befahl er. „Ich gehe raſch hin-<lb/> über in den Pavillon. Macht inzwiſchen die Fen-<lb/> ſter auf, man hält es ja hier nicht aus vor<lb/> Rauch. — Ich bin gleich wieder da.“</p><lb/> <p>„Du willſt dich ſchminken?“ meinte Dinas Bru-<lb/> der. „Wozu das, Eugen? Wir verzichten auf die<lb/> Maske.“</p><lb/> <p>Eugen Biſchoffs Augen flackerten und glänzten.<lb/> Er war in einer Erregung, wie ich ihn in einer<lb/><cb/> ähnlichen nie zuver geſehen hatte. Und er ſagte<lb/> etwas ſehr Sonderbares:</p><lb/> <p>„Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni-<lb/> form will ich ſehen. Eine Weile müßt Ihr mich<lb/> allein laſſen. In zwei Minuten bin ich wieder da.“</p><lb/> <p>Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er<lb/> wieder zurück.</p><lb/> <p>„Hören Sie, — Ihr Semblinſky. Ihr großer<lb/> Semblinſky, wiſſen Sie, was er iſt? Ein Dumm-<lb/> kopf. Ich hab’ ihn einmal als Jago geſehen, —<lb/> eine Kataſtrophe!“</p><lb/> <p>Und nun war er draußen, ich ſah ihn eilig<lb/> durch den Garten gehen, er ſprach mit ſich ſelbſt,<lb/> er geſtikulierte, er war ſchon auf Baynards Schloß,<lb/> in König Richards Welt. Beinahe hätte er, wie er<lb/> ſo dahinlief, ſeinen alten Gärtner umgeſtoßen,<lb/> der noch immer, obwohl es auch draußen ſchon<lb/> dunkel war, auf dem Raſen kniete und Gras<lb/> ſchnitt. Gleich darauf verſchwand Eugen Biſchoffs<lb/> Geſtalt, und einen Augenblick ſpäter wurden drü-<lb/> ben im Pavillon die Fenſter hell und ſtreuten<lb/> zitternde Lichter und bewegte Schatten über den<lb/> großen, ſchweigenden, nächtlichen Garten.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">5.</hi> </p><lb/> <p>Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit<lb/> falſchem Pathos und einem lächerlichen Aufwand<lb/> an Geſten Verſe aus den Dramen Shakeſpeares<lb/> zu deklomieren, er tat es nunmehr, da Eugen<lb/> Biſchoff das Zimmer verlaſſen hatte, aus reiner<lb/> Begeiſterung für die Sache, aus Eigenſinn, und<lb/> um ſich die Zeit des Wartens zu verkürzen.<lb/> Jetzt hielt er, völlig wild geworden, beim König<lb/> Lear und beſtand darauf, mit ſeiner etwas hei-<lb/> ſeren Stimme uns allen zum Verdruß die Lie-<lb/><cb/> der des Narren vorzutragen nach Melodien, die<lb/> der Augenblick ihm eingab. Indeſſen ſaß der In-<lb/> genieur ſchweigend in ſeinem Lehnſtuhl, zündete<lb/> eine Zigarette an der anderen an und betrachtete<lb/> das Teppichmuſter zu ſeinen Füßen. Ihn ließ<lb/> die Geſchichte des jungen Seeoffiziers nicht zur<lb/> Ruhe kommen, die rätſelhaften und tragiſchen<lb/> Umſtände dieſes Selbſtmordes fuhren fort, ihn<lb/> zu beſchäftigen. Bisweilen fuhr er auf und ſah<lb/> verwundert und kopfſchüttelnd den ſingenden Dok-<lb/> tor an, ſo wie man ein ſeltenes und unbegreif-<lb/> liches Phänomen anſtaunt, und einmal machte er<lb/> den Verſuch, ihn in die Welt vernünftiger Tat-<lb/> ſachen zurückzuführen.</p><lb/> <p>Er beugte ſich vor und erhaſchte mit einem ent-<lb/> ſchloſſenen Griff Doktor Gorskis Handgelenk.</p><lb/> <p>„Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache iſt<lb/> mir ganz und gar nicht klar. Einen Augenblick,<lb/> bitte, ſo hören Sie mir doch zu! Nehmen wir<lb/> einmal an: Es war ein Selbſtmord, und er kam<lb/> aus dem Entſchluß eines Augenblicks. Gut. Aber<lb/> warum, frage ich Sie dann, hat ſich der Offizier<lb/> ſchon eine Viertelſtunde vorher in ſein Zimmer<lb/> eingeſchloſſen. Denkt noch gar nicht an Selbſt-<lb/> mord und ſperrt die Türe ab — zu weichem<lb/> Zweck? Erklären Sie mir das, bitte!“</p><lb/> <p>„Der dir’s geraten, Lear,<lb/> Dein Land zu geben hin,<lb/> Den ſtell’ hieher zu mir,<lb/> Oder ſteh du für ihn!“</p><lb/> <p>Das und eine unwillig abwehrende Be-<lb/> wegung, eine ſolche, mit der man etwa Fliegen<lb/> wegſcheucht — das war alles, was Doktor Gorskt<lb/> zur Antwort gab.</p><lb/> <p>(Fortſetzung folgt.)</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924
Münchener Stadtzeitung.
Aus dem Stadtrat.
Freigabe der Lebensmittelkartenſtellen.
Durch
Beſchluß des Kommunalverbandsausſchuſſes ſoll-
ten die Materialien und Räume der Verwal-
tungsabteilung des Mehlamtes und der Lebens-
mittelkartenverteilungsſtellen bis auf Weiteres
zur Verfügung des ſtädtiſchen Lebensmittelrefe-
rates bleiben. Das Sachreferat war der Auf-
faſſung, daß der Stadtrat keine Verpflichtung
habe, Vorſorgemaßnahmen hinſichtlich der Wie-
deraufnahme der Zwangswirtſchaft auch für den
— unwahrſcheinlichen — Fall zu treffen, daß
die Rentenmark den Weg der Inflation beſchrei-
tet und damit eine neuerliche Geldentwertung
eintreten würde. Sollte das doch eintreten, ſo
würden die Verhältniſſe nach Anſchauung des
Referates derartig werden, daß ganz andere
Zwangsmaßnahmen getroffen werden müßten,
als lediglich auf dem Gebiete der Brotgetreide-
wirtſchaft.
Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R.
Pfeiffer, beſchloß der Stadtrat, den Beſchluß
des Kommunalverbandes inſoweit aufzuheben,
als die Materialien und Räume der Lebens-
mittelkartenſtellen nicht mehr zur Verfügung des
Lebensmittelreferates gehalten werden. Der
Turnſaal im Roſentalſchulhaus wird dem ſtädti-
ſchen Milchamt für die Milchkartenverteilung zur
Verfügung geſtellt. Mit der Vermietung des
Seitengebäudes im Anweſen Hohenzollernſtraße
Nr. 16, wo ſich eine Verteilungsſtelle befand, an
eine Privatfirma, erklärte ſich der Stadtrat ein-
verſtanden.
Kritik an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik.
Die
Erwiderungen auf die Kritik des Senatspräſiden-
ten am Reichsfinanzhof, Dr. Strutz, an der
ſtädtiſchen Gebührenpolitik fanden in der Stadt-
ratsſitzung am Dienstag ihre Fortſetzung. St.-R.
Niedermayer von der l. S. P. verlas eine
längere Erklärung, in der die Angriffe des Se-
natspräſidenten als unberechtigt zurückgewieſen
werden. Die U. S. P. habe ſtets die Finanzpolitik
der V. S. P. und B. V. P. bekämpft, nachdem die
Politik der Mehrheitsſozialiſten ſich von jener der
Volkspartei in nichts unterſcheide. (Heiterkeit.)
St.-R. Weiß gab hierauf nachſtehende Er-
klärung ab:
„Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren
Kollegen Nußbaum und Scharnagel — in der
letzten Hauptausſchußſitzung — zum Artikel des
Herrn Senatspräſidenten Strutz in der Preſſe
könnten den Anſchein erwecken, als ob die De-
mokratiſche Stadtratsfraktion mit
dieſer Finanzpolitik einverſtanden geweſen wäre,
ſie ſogar mitgemacht hätte. Wir ſtellen demge-
mäß feſt, daß für die Finanzpolitik des Jahres
1923, die wir fortgeſetzt mit rein ſachlichen
Gründen bekämpft haben, nur die Vereinigte So-
zialiſtiſche Partei, die Bayeriſche Volkspartei und
die Kollegen Dr. Jodlbauer und Humar verant-
wortlich ſind. Wir haben keinen Anlaß, uns ge-
gen die Kritik zu wenden, die Herr Dr. Strutz
in dieſer Politik geübt hat.“
St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, ſeine Stel-
lung gegenüber der gemeindlichen Gebühren-
politik ſei ſtets diktiert geweſen von ſeinem Ver-
antwortungsgefühl den tatſächlichen Intereſſen
der Stadt und der Geſamtbevölkerung gegen-
über. Bürgermeiſter Schmid bemerkte noch,
es wäre jedenfalls würdiger geweſen, wenn die
Fraktionen ſich dazu hätten verſtehen können, eine
gemeinſame Erklärung nach dem Vorſchlag des
Stadtratsdirektoriums abzugeben.
Rathaus-Anträgeſtatiſtik.
Wie Bürgermeiſter
Dr. Küfner in der 2. Stadtratsſitzung in Be-
antwortung einer Anfrage mitteilte, haben die
Parteien im Laufe des Jahes 1923 insgeſamt
132 Anträge geſtellt, was an ſich nicht viel iſt.
Davon entſielen 28 auf die V. S. P., 26 auf die
B. V. P., 6 auf einzelne Mitglieder der B. V. P.,
31 auf die D. D. P., 7 auf die Liberale Bür-
gerpartei (Dr. Jodlbauer), 2 auf den Hausbeſitz
(Humar), 21 auf die U. S. P., 8 auf die K. P. D.
Je 1 Antrag wurde geſtellt von den weiblichen
Mitgliedern des Stadtrates, von den Stadträtin-
nen Kießelbuch und Kämpfer.
Von ſämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner-
ledigt, 2 wurden zum Teil erledigt.
Senkung der Fleiſchpreiſe.
Die Preisprüfungsſtelle München
hat die Fleiſchpreiſe überprüft und gegenüber den
derzeitigen Ladenpreiſen eine erhebliche Senkung
derſelben vorgenommen. Als häufigſte Preiſe
werden als angemeſſen erklärt:
Für Maſtrindfleiſch 57—72 Pf. (derzeitiger
Ladenpreis 70—130 Pf.), Ochſenfleiſch 2. Qualität
47—69 Pf. (50—80 Pf.), Kalbfleiſch 50—65 Pf.
(60—90 Pf.), Schweinefleiſch 100 Pf. (100 bis
130 Pf.), Schaffleiſch 68 Pf. (70—80 Pf.), Gefrier-
fleiſch 61 Pf. (70 Pf.).
Dieſe Preiſe ſind berechnet nach dem durch-
ſchnittlichen Einſtandspreis der letzten Viehmärkte.
Die Forderung höherer Preiſe iſt im
Einzelfalle von den Metzgern den Behörden ge-
genüber zu verantworten. Zu dieſem Zwecke
wird die Preisbildung künftighin ſtrengſtens über-
wacht; den Metzgern wurde außerdem die Füh-
rung eines Einkaufsbuches vorgeſchrie-
ben. Die Metzger wurden auch neuerdings ver-
pflichtet, die Preiſe wie auch die Qualitä-
ten an ihrer Preistafel anzuſchreiben,
wobei als „Maſtrindfleiſch“ (d. i. Fleiſch von
Ochſen, Kühen, Kalbinnen 1. Qualität) auf den
Preistafeln nur Fleiſch, das von Tieren erſten
Maſtzuſtandes herrührt, bezeichnet werden darf.
Alle übrigen Rindfleiſchſorten ſind ſchlechthin als
Rindfleiſch zu bezeichnen. Gefrierfleiſch muß als
ſolches auf der Preistafel benannt werden. Die
übliche Bezeichnung „prima“ hat in Zukunft weg-
zubleiben. Irreführende Qualitätsangaben wer-
den unter Umſtänden als Betrug verfolgt und
haben die Schließung des Geſchäftes zur Folge.
Die Ueberprüfung der Wurſtwaren-
preiſe konnte noch nicht zum Abſchluß ge-
bracht werden. Die Schweinemetzgerzwangsinnung
wurde aber veranlaßt, auf eine angemeſſene Sen-
kung der Preiſe mit allem Nachdruck hinzuwirken.
Der Preis für 1 Pfund Lyoner Wurſt und Leber-
käſe wurde inzwiſchen mit 55 Pf. pro Pfund für
angemeſſen erklärt.
Kurſe und Vorleſungen.
Landwirtſchaftliche Kurſe in Weihenſtephan.
l. H. An der Höheren Staatslehranſtalt für
Gartenbau in Weihenſtephan bei München be-
ginnen am 15. Februar 1924 die nachfolgenden
Lehrgänge: ein allgemeiner einjähriger Lehrgang,
zugleich Vorſtufe für den höheren Lehrgang, ein
einjähriger höherer Lehrgang in Abteilungen für
Obſt-, Gemüſe- und Erwerbsgartenbau und Gar-
tengeſtaltung, ein einjähriger Lehrgang für Obſt-
und Gemüſebau (auch für Nichtgärtner), ein
Seminarlehrgang zur Vertiefung und Speziali-
ſierung und Ausbildung für den Lehrberuf (Dauer
½ und 1 Jahr). Verdienſtmöglichkeiten in den
Anſtaltsbetrieben bis zur Höhe der Unterhal-
tungskoſten ſind gegeben. Unterrichtspläne, Prü-
fungen und Berechtigungen entſprechen den
gleichartigen höheren Gartenbaulehranſtalten. Den
Anmeldungen ſind Zeugnisabſchriften und Lebens-
lauf beizufügen. Gaſtſchüler und Praktikanten
werden zugelaſſen. Ferner finden im Laufe des
Jahres nachſtehende kürzere Unterrichtskurſe ſtatt,
und zwar: vom 11. Februar bis 8. März Baum-
wärterkurs, 1. Teil; vom 31. März bis 12. April
Obſtbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche
und Lehrer; vom 22. April bis 26. April Lehr-
gang für Gemüſebau und Blumenpflege; vom
12. Mai bis 24. Mai Lehrgang für Gemüſe-
bau und Blumenpflege für Damen; vom
9. Juli bis 11. Juli Lehrgang für Beeren-
verwertung; vom 10. September bis 12. Septem-
ber Lehrgang für Obſt- und Gemüſeverwertung
für Frauen und Mädchen; vom 15. September
bis 20. September Baumwärterkurs, 2. Teil; vom
22. September bis 27. September Obſtbaukurs
für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche und Lehrer;
vom 13. Oktober bis 18. Oktober Keltereikurs, und
vom 10. November bis 29. November Obſtbaukurs
für Straßenaufſeher.
Vorträge über die Berufswahl.
Die Berufs-
beratungsſtelle beim Arbeitsnachweis München
veranſtaltet bei freiem Eintritt berufskundliche
Vorträge:
Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja-
nuar 1924, abends 7 Uhr, Kaufmannsſchule,
Roſental Nr. 7:
1. „Die Wichtigkeit der Berufswahl“. 2. Aerzt-
licher Vortrag über „Die körperliche Eignung zum
gewerblichen Beruf“. (Mit Lichbildern.) Mon-
tag, den 21. Januar 1924, abends 7 Uhr,
Roſental 7. 1. Holzbearbeitende Berufe: Bau-
ſchreiner, Parkettleger, Möbelſchreiner, Holzma-
ſchiniſten, Drechsler, Wagner, Schäffler. 2. Le-
derbearbeitende Berufe: Sattler, Portefeuiller,
Tapezierer, Polſterer, Gerber, Handſchuhmacher.
3. Bekleidungsgewerbe: Schneider, Schuhmacher.
Mittwoch, den 23. Januar 1924, abends
7 Uhr, Prankhſtraße 2. Metallbearbeitende Be-
rufe: Grobmechaniker, Feinmechaniker, Kunſt-
und Bauſchloſſer (mit Werlſtattbeſichtigung).
Freitag, den 25. Januar 1924, abends 7
Uhr, Bayer, Kunſtgewerbeverein, Pfandhaus-
ſtraße Nr. 7. Kunſtgewerbe: Die verſchiedenen
Gruppen des Kunſtgewerbes: Gürtler, Graveur,
Ziſeleur, Gold- und Silberarbeiter, Kunſt- und
Möbelſchreiner, Holzbildhauer, Dekorationsmaler,
Keramiker, Vergolder, Unedelmetallarbeiter,
Glasmalerei und Hohlglasfabrikation, Textilien.
Montag, den 28. Januar 1924, abends
7 Uhr, Roſental Nr. 7. Kaufmänniſche Berufe:
1. Der Kaufmann. 2. Der Drogiſt. 3. Der
Bankbeamte. Donnerstag, den 31. Ja-
nuar 1924, abends 7 Uhr, Roſental Nr. 7.
1. Elektrotechniſche Berufe: Elektro-Inſtallateure,
Elektro-Mechaniker, Elektro-Maſchinenbauer,
Elektro-Techniker. 2. Bauhandwerkliche Berufe:
Maler, Anſtreicher, Lackierer, Glaſer, Steinmetz.
Montag, den 4. Februar 1924, abends
7 Uhr, Roſental 7. Maſchineninduſtrie (mit Licht-
bildern): 1. Maſchinenſchloſſer, Dreher, Fräſer,
Schleifer, Schweißer, Schmiede, Werkzeugmacher,
Maſchinen- und Apparatebauer. 2. Modell-
ſchreiner. 3. Former und Gießer.
Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja-
nuar 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:
Die Frau in der Hauswirtſchaft und in der
Landwirtſchaft. Donnerstag, den 24. Ja-
nuar 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7: Die
Frau im Handwerk und im Kunſthandwerk.
Samstag, den 26. Januar 1924, nach-
mittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau im
kaufmänniſchen Berufe. 2. Die techniſche Aſſi-
ſtentin. Samstag, den 2. Februar 1924,
nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau
im Poſt- und Eiſenbahndienſt. 2. Die Frau im
ſtaatlichen und ſtädtiſchen Dienſt. Donners-
tag, den 7. Februar 1924, abends 7 Uhr,
Roſental 7: Die Frau in den ſozialen und pflege-
riſchen Berufen. Samstag, den 9. Fe-
bruar 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:
Die Frau in den Lehrberufen.
Bei dem großen Ernſte der allgemeinen Wirt-
ſchaftslage, dem Mangel an gewünſchten Lehr-
ſtellen und der vielfach beſtehenden Unkenntnis
der einzelnen Berufe kann den zur Schulent-
laſſung kommennen Knaben und Mädchen ſowie
deren Angehörigen der Beſuch dieſer Vorträge
dringend empfohlen werden.
Fahrpreisermäßigung zugunſten der Jugend-
pflege.
Die Beſcheinigung der Eiſenbahnverwal-
tung über den Eintrag der Jugendpflege-Vereine
in die Liſte der Reichsbahndirektion gilt für dieſes
Mal ausnahmsweiſe noch bis zum 31. Januar
1924. Erneuerungsanträge für 1924 ſind recht-
zeitig an die Reichsbahndirektion zu richten, in
deren Bezirk ſich der Vereinsſitz befindet. Dem
Antrag ſind die bisherigen Beſcheinigungen bei-
zugeben, auf denen von der Ortspolizeibehörde
beſtätigt ſein muß, daß der Verein noch beſteht.
Die Ausfertigungsgebühr beträgt 0,20 Goldmark
für jeden Ausweis. Zuſendung der Beſcheinigun-
gen durch die Poſt erfolgt nur gegen Beigabe der
Portogebühr für Einſchreibebrief. Für jeden
Jugendpflegeverein wird nur ein Ausweis abge-
geben. Ausnahmen können nur bei großen Ver-
einen und auch hier nur in ganz beſchränktem
Umfang gemacht werden.
Deutſche Volkspartei (Nationalliberale Partei)
München.
Wochen-Verſammlung am
Mittwoch, 9. Januar, abends 8 Uhr, im Partei-
heim (Maximiliansſtr. 4). Es ſpricht Landtags-
abgeordnete Frau Dr. Wolf über Landtags-
auflöſung und Volksentſcheid. —
Gäſte haben Zutritt.
Der „Geſchäftsbericht“ der Fahrraddiebe.
Er iſt zwar von den Herren dieſer Zunft nicht
ſelbſt herausgegeben, wohl aber von der Münche-
ner Polizei, und darum beſonders glaubwürdig.
Im Jahre 1923 gelangten in München 5081 Fahr-
raddiebſtähle zur Anzeige gegenüber 4369 im Vor-
jahre. Von den gemeldeten Fällen trafen auf
München 2349, auf das übrige Bayern 2604, auf
das übrige Deutſche Reich 128.
Der Wert der geſtohlenen Räder läßt ſich durch
die Geldentwertung 1923 nicht genau beziffern,
geht aber in Hunderte von Billiarden. Jn 1366
Fällen erwiſchte man die Täter. In 715 Fällen
konnten die Räder beigebracht werden.
Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad-
abteilung 572 Perſonen — gegen 423 im Jahre
1922 —, darunter 34 jugendliche und 15 weib-
liche. Von den ermittelten Tätern wurden 267
verurteilt, davon 39 mit Zuchthaus.
Kraftwagen- und Krafträderdiebſtähle gelang-
ten 518 zur Anzeige, gegen 260 im Jahre 1922;
davon entfallen auf München 191. In 270 Fällen
wurden die Täter, in 140 Fällen wurde die Beute
wieder beigebracht.
Verurteilte Schieber und Wucherer.
Auf An-
zeige der Landeswucherabwehrſtelle München
wurden in der letzten Zeit von den Gerichten in
München, Aſchaffenburg, Coburg, Kempten, Mies-
bach, Paſſau und Würzburg wiederum Schie-
ber und Wucherer verurteilt und zwar we-
gen Preiswuchers mit Kartoffeln, Mehl, Käſe,
Vieh, Eiern, Seife, Zinkplatten und anderem.
Es wurden Strafen bis zu drei Wochen Ge-
fängnis und bis zu 500 Goldmark
Geldſtrafe ausgeſprochen, zurückgehaltene
Waren und Uebergewinne in einer Reihe von
Fällen beſchlagnahmt.
Kleine Zeitung.
Geſtorben:
Apothekersgattin Lina Bräuti-
gam, geb. Brendl; Staatsrats- und Profeſſors-
gattin Johanna Biſchof, geb. Billhäuſer;
Marg. Abrell, geb. Zimmermann; Oberſchaff-
ner Franz Bſchorr.
In den Ruheſtand verſetzt.
Oberregierungsrat
Guſtav Merz, Regierungsrat Joſef Neu-
mayer und Regierungsbaurat Ferdinand
Peiſenegger der Reichsbahndirektion Mün-
chen wurden unter Anerkennung ihrer Dienſt-
leiſtung in den dauernden Ruheſtand verſetzt.
s. Ein Schwindler im Prieſterrock hat ſich in
verſchiedenen Orten Bayerns unter den falſchen
Namen Dr. Neumeier, Dr. Heinz und Dr. Enzler
herumgetrieben. Feſtgeſtellt wurde, daß der Mann
als Dr. Müller im Schweizer Polizeiblatt aus-
geſchrieben iſt. Der Hochſtapler las Meſſen, hielt
Predigten — auch in München —, gab ſich als
Biſchof, Kardinal und bayeriſcher Prinz aus und
erzählte denen, die nicht alle werden, er ſtehe
dem Papſt nahe. Das hinderte ihn aber nicht,
hin und wieder auch als Unterſtützungsſchwindler
aufzutreten. Zurzeit iſt der Mann verſchwunden;
in ſeiner Münchener Wohnung wurde u. a. ein
goldener Kelch beſchlagnahmt.
Der Meiſter des jüngſten Tages.
8
Roman
Von Leo Perutz.
Sie wiſſen, Biſchoff, ich bin kein Gallerie-
enthuſiaſt, aber dieſer Semblinſky, — einfach fa-
belhaft. Die Einfälle, die der Mann hatte! Wie
er auf den Stufen des Palaſtes ſitzt, den Hand-
ſchuh in die Höhe wirft und wieder fängt und ſich
dehnt und ſtreckt, wie eine Katze in der Sonne!
Und dann, wie er den Monolog aufbaut!“
Und um Eugen Biſchoff einen Begriff von dieſer
Leiſtung zu geben, fängt Doktor Gorski mit viel
Pathos und leidenſchaftlichen Bewegungen zu de-
klamieren an:
„Ich, um dies ſchöne Ebenmaß betrogen, von
der Natur um Bildung falſch verkürzt —“
Er unterbrach ſich ſelbſt mit einer textkritiſchen
Bemerkung:
„Nein, umgekehrt, zuerſt kommt ‚verkürzt’,
dann ‚betrogen’. Macht nichts.
‚Entſtellt verwahrloſt —’ — wie geht es weiter?
— ‚vor der Zeit geſandt in dieſe Welt des
Atmens’ —“
„Genug, Doktor!“ unterbrach ihn der Schau-
ſpieler vorläufig noch ſehr ſanft.
„In dieſe Welt des Atmens“ — ſtören Sie
mich nicht — ‚halb kaum fertig gemacht, und
zwar ſo lahm und ungeziemend, daß Hunde bel-
len, hink’ ich wo vorbei’ —“
„Genug!“ rief Eugen Biſchoff und preßte die
Fäuſte an die Ohren. „Hören Sie auf! Sie
machen mich krank.“
Doktor Gorski ließ ſich nicht beirren:
„Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter
kann kürzen dieſe fein beredten Tage, bin ich
gewillt, ein Böſewicht zu werden’ —“
„Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu-
drehen, wenn Sie nicht aufhören“, fuhr Eugen
Biſchoff auf ihn los. „Ich bitte Sie, Sie machen
ja aus dieſem Gloſter einen ſentimentaken Hans-
wurſt! Richard III. iſt ein Raubtier, ein Unheld.
eine Beſtie — aber doch ein Mann und ein König,
kein hyſteriſcher Hanswurſt, zum Teufel noch ein-
mal.“
Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt
im Zimmer hin und her zu gehen. Plötzlich blieb
er ſtehen, und nun kam es genau ſo, wie es Dok-
tor Gorski vorhergeſehen hatte.
„Ich werde euch zeigen, wie man den Richard
ſpielen muß. Jetzt einmal Ruhe — ihr ſollt den
Monolog zu hören bekommen.“
„Ich habe meine eigene Auffaſſung von der
Figur“, ſagte Doktor Gorski mit kühler Imper-
tinenz. „Aber, bitte, — Sie ſind der Schauſpie-
ler, ich laſſe mich gerne belehren.“
Eugen Biſchoff ſtreifte ihn mit einem tückiſchen
Blick voll hämiſcher Verachtung. Im Begriffe, ſich
in den Shakeſpeareſchen König zu verwandeln,
ſah er nicht mehr Doktor Gorski vor ſich, ſon-
dern ſeinen armſeligen Bruder Clarence.
„Aufgepaßt!“ befahl er. „Ich gehe raſch hin-
über in den Pavillon. Macht inzwiſchen die Fen-
ſter auf, man hält es ja hier nicht aus vor
Rauch. — Ich bin gleich wieder da.“
„Du willſt dich ſchminken?“ meinte Dinas Bru-
der. „Wozu das, Eugen? Wir verzichten auf die
Maske.“
Eugen Biſchoffs Augen flackerten und glänzten.
Er war in einer Erregung, wie ich ihn in einer
ähnlichen nie zuver geſehen hatte. Und er ſagte
etwas ſehr Sonderbares:
„Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni-
form will ich ſehen. Eine Weile müßt Ihr mich
allein laſſen. In zwei Minuten bin ich wieder da.“
Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er
wieder zurück.
„Hören Sie, — Ihr Semblinſky. Ihr großer
Semblinſky, wiſſen Sie, was er iſt? Ein Dumm-
kopf. Ich hab’ ihn einmal als Jago geſehen, —
eine Kataſtrophe!“
Und nun war er draußen, ich ſah ihn eilig
durch den Garten gehen, er ſprach mit ſich ſelbſt,
er geſtikulierte, er war ſchon auf Baynards Schloß,
in König Richards Welt. Beinahe hätte er, wie er
ſo dahinlief, ſeinen alten Gärtner umgeſtoßen,
der noch immer, obwohl es auch draußen ſchon
dunkel war, auf dem Raſen kniete und Gras
ſchnitt. Gleich darauf verſchwand Eugen Biſchoffs
Geſtalt, und einen Augenblick ſpäter wurden drü-
ben im Pavillon die Fenſter hell und ſtreuten
zitternde Lichter und bewegte Schatten über den
großen, ſchweigenden, nächtlichen Garten.
5.
Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit
falſchem Pathos und einem lächerlichen Aufwand
an Geſten Verſe aus den Dramen Shakeſpeares
zu deklomieren, er tat es nunmehr, da Eugen
Biſchoff das Zimmer verlaſſen hatte, aus reiner
Begeiſterung für die Sache, aus Eigenſinn, und
um ſich die Zeit des Wartens zu verkürzen.
Jetzt hielt er, völlig wild geworden, beim König
Lear und beſtand darauf, mit ſeiner etwas hei-
ſeren Stimme uns allen zum Verdruß die Lie-
der des Narren vorzutragen nach Melodien, die
der Augenblick ihm eingab. Indeſſen ſaß der In-
genieur ſchweigend in ſeinem Lehnſtuhl, zündete
eine Zigarette an der anderen an und betrachtete
das Teppichmuſter zu ſeinen Füßen. Ihn ließ
die Geſchichte des jungen Seeoffiziers nicht zur
Ruhe kommen, die rätſelhaften und tragiſchen
Umſtände dieſes Selbſtmordes fuhren fort, ihn
zu beſchäftigen. Bisweilen fuhr er auf und ſah
verwundert und kopfſchüttelnd den ſingenden Dok-
tor an, ſo wie man ein ſeltenes und unbegreif-
liches Phänomen anſtaunt, und einmal machte er
den Verſuch, ihn in die Welt vernünftiger Tat-
ſachen zurückzuführen.
Er beugte ſich vor und erhaſchte mit einem ent-
ſchloſſenen Griff Doktor Gorskis Handgelenk.
„Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache iſt
mir ganz und gar nicht klar. Einen Augenblick,
bitte, ſo hören Sie mir doch zu! Nehmen wir
einmal an: Es war ein Selbſtmord, und er kam
aus dem Entſchluß eines Augenblicks. Gut. Aber
warum, frage ich Sie dann, hat ſich der Offizier
ſchon eine Viertelſtunde vorher in ſein Zimmer
eingeſchloſſen. Denkt noch gar nicht an Selbſt-
mord und ſperrt die Türe ab — zu weichem
Zweck? Erklären Sie mir das, bitte!“
„Der dir’s geraten, Lear,
Dein Land zu geben hin,
Den ſtell’ hieher zu mir,
Oder ſteh du für ihn!“
Das und eine unwillig abwehrende Be-
wegung, eine ſolche, mit der man etwa Fliegen
wegſcheucht — das war alles, was Doktor Gorskt
zur Antwort gab.
(Fortſetzung folgt.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |