Allgemeine Zeitung, Nr. 100, 10. April 1849.[Spaltenumbruch]
Die Versammlung in Heidelberg fand am Donnerstag den 5 April Preußen. Berlin, 5 April. Wir haben Tage äußerster Spannung Ein Berliner Schreiben im Nürnb. Correspondenten theilt einige geblieben, so daß wir unsere Berliner Neuigkeiten aus Frankfurt erholen müssen. Die in der Mainstadt angelangte telegraphische Depesche aus Berlin vom 7 Abends (deren unser obiger Frankfurter || Brief erwähnt) lau- tet vollständig: "Am 5 d. ist ein Theil der dänischen Flotte in den Busen von Eckernförde eingesegelt. Nach mehrstündiger Beschießung der Küsten- batterie ist das Linienschiff Christian VIII auf den Grund gefahren, in Brand geschossen und in die Luft gesprengt worden. Der Fregatte Gefion wurde das Steuerruder zerschossen, sie wurde genommen und es weht auf ihr die deutsche Flagge. Dieser Erfolg wurde mit 12 Feuerschlünden der Küstenbatterie gegen 140 der dänischen Marine errungen. Der Herzog von Sachsen-Coburg commandirte die Deutschen an diesem Ort." Leider sind dagegen schon mehr als ein Duzend deutscher Handelsschiffe in Ko- penhagen eingebracht. (Die neueste Post aus Schleswig-Holstein, Ham- burg etc. ist uns, gleich der Berliner, bis zur Stunde nicht zugekommen.) lo Schleswig-Holstein, 4 April. Die Dänen haben die Feind- Flensburg, 4 April 6 Uhr Abends. Gestern Abend war hier [Spaltenumbruch]
Die Verſammlung in Heidelberg fand am Donnerſtag den 5 April Preußen. ✸ Berlin, 5 April. Wir haben Tage äußerſter Spannung Ein Berliner Schreiben im Nürnb. Correſpondenten theilt einige geblieben, ſo daß wir unſere Berliner Neuigkeiten aus Frankfurt erholen müſſen. Die in der Mainſtadt angelangte telegraphiſche Depeſche aus Berlin vom 7 Abends (deren unſer obiger Frankfurter ‖ Brief erwähnt) lau- tet vollſtändig: „Am 5 d. iſt ein Theil der däniſchen Flotte in den Buſen von Eckernförde eingeſegelt. Nach mehrſtündiger Beſchießung der Küſten- batterie iſt das Linienſchiff Chriſtian VIII auf den Grund gefahren, in Brand geſchoſſen und in die Luft geſprengt worden. Der Fregatte Gefion wurde das Steuerruder zerſchoſſen, ſie wurde genommen und es weht auf ihr die deutſche Flagge. Dieſer Erfolg wurde mit 12 Feuerſchlünden der Küſtenbatterie gegen 140 der däniſchen Marine errungen. Der Herzog von Sachſen-Coburg commandirte die Deutſchen an dieſem Ort.“ Leider ſind dagegen ſchon mehr als ein Duzend deutſcher Handelsſchiffe in Ko- penhagen eingebracht. (Die neueſte Poſt aus Schleswig-Holſtein, Ham- burg ꝛc. iſt uns, gleich der Berliner, bis zur Stunde nicht zugekommen.) ᘣ Schleswig-Holſtein, 4 April. Die Dänen haben die Feind- Flensburg, 4 April 6 Uhr Abends. Geſtern Abend war hier <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0003" n="1527"/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Die Verſammlung in <hi rendition="#g">Heidelberg</hi> fand am Donnerſtag den 5 April<lb/> ſtatt. Vertreten waren dabei durch anweſende Abgeordnete die Kammern von<lb/> Bayern, Sachſen, Württemberg, Baden, Großherzogthum Heſſen, ſowie<lb/> die Nationalverſammlung und der aufgelöste Kremſterer Reichstag. Die<lb/> Zahl der Theilnehmer war zwiſchen 30 — 40. Unter den Anweſenden<lb/> ſind beſonders Raveaux, der den Vorſitz führte, Vogt, Simon von Trier,<lb/> Trützſchler, Kolb, Stockinger zu nennen. Von württembergiſchen Abge-<lb/> ordneten waren anweſend Fetzer, Pfäfflin, Rheinwald, Seeger, Stockmayer,<lb/> Schnitzer, Scherr, Vogel, Wolff. „Es dürfte leicht ſeyn (ſagt der radi-<lb/> kale Stuttgarter Beobachter) daß dieſe Verſammlung in ähnlicher Weiſe<lb/> wie einſt die Heppenheimer den Ausgangspunkt für die Leitung einer zu-<lb/> künftigen neuen Bewegung bildete. Die Verſammlung ging von der<lb/> Vorausſetzung aus, der König von Preußen werde die Krone nicht an-<lb/> nehmen ohne daß die Nationalverſammlung Aenderungen in der Verfaſſung<lb/> beſchließe, faßte alſo die Erklärung des Königs von Preußen als eine de-<lb/> finitive auf. Daraus ergab ſich der von <hi rendition="#g">Simon</hi> von Trier beantragte<lb/> Beſchluß: 1) es ſolle in den Kammern der Einzelländer auf die unbe-<lb/> dingte und unveränderte Annahme und Durchführung der Verfaſſung,<lb/> einſchließlich des Wahlgeſetzes, hingewirkt werden, wobei übrigens die Art<lb/> und Weiſe wie ſolches geſchehen ſoll nach den ſpeciellen Verhältniſſen des<lb/> Einzellandes eingerichtet werden möge; 2) wenn der König von Preußen<lb/> nicht <hi rendition="#g">unbedingt</hi> annehme, ſolle der Nationalverſammlung das Recht<lb/> vindicirt werden in anderer Weiſe für eine Geſammtregierung zum Zweck<lb/> der Durchführung der Verfaſſung zu ſorgen. Es braucht wohl nicht erſt<lb/> hinzugefügt zu werden daß wie bei allen derartigen Verſammlungen der<lb/> Fall zu ſeyn pflegt, und wie es auch in Heppenheim der Fall war — die<lb/> Zuſammenkunft an ſich, die Beſprechung und gegenſeitige Verſtändigung<lb/> von größerer Bedeutung ſind als die gefaßten Beſchlüſſe ſelbſt.“</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Preußen</hi>.</head><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>✸ <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 5 April.</dateline><lb/> <p>Wir haben Tage äußerſter Spannung<lb/> durchlebt; allein wie übel der Anſchein war, unſere Hoffnung iſt jetzt allge-<lb/> mein die daß ſich alles zum Guten wenden wird, wenn auch nicht ohne einige<lb/> harte Reibungen und Kämpfe. Die Frankfurter Deputation hat uns heute<lb/> Mittag um halb 2 Uhr auf der Anhalt’ſchen Bahn verlaſſen. Den Vor-<lb/> mittag waren noch mehrere Deputationen ſtädtiſcher Behörden bei dem<lb/> Präſtdenten Simſon, um ihr Bedauern auszudrücken daß Mißgriffe des<lb/> Miniſteriums und Mißverſtändniſſe (auch die Deputation hält man in ih-<lb/> rer etwas gereizten Empfindlichkeit nicht außer Schuld) eine ſolche Span-<lb/> nung, wie gegenwärtig obwalte, erzeugt hätten. Auch der alte General<lb/> Wrangel ſtattete dem Präſidenten Simſon noch um 12 Uhr einen Beſuch<lb/> ab, und ſprach Worte der Verſöhnung und der aufrichtigen Vaterlands-<lb/> liebe. Die proviſoriſche Annahme der Leitung der Centralgewalt, die Zu-<lb/> ficherung eine ſchleunige Erklärung der Regierungen einzufordern, find der<lb/> öffentlichen Meinung hier im ganzen als billige, ausgleichende Schritte er-<lb/> ſchienen. Wie die Lage der Dinge nicht nur in Deutſchland, ſondern auch in<lb/> Europa iſt, ſo mußte der König in dieſer Angelegenheit mit größter Vor-<lb/> ſicht verfahren, um ſo mehr als der in herzlicher, vaterländiſcher Wärme,<lb/> aber doch in aufgeregter Leidenſchaftlichkeit gethane Schritt vom 21 März<lb/> 1848 ihm ſo übel gedeutet worden. Die Zeit dieſes heftigen Rauſches iſt<lb/> vorüber. Jetzt muß die ruhigſte Beſonnenheit vorwalten. Wir find über-<lb/> zeugt daß der König mit ganzem Herzen bei der deutſchen Sache iſt; ſeine<lb/> edlen Gefühle, wie ſogar ſeine Schwächen, die Luſt am Glanz und Ruhm<lb/> und an der hiſtoriſchen Wurzel des deutſchen Kaiſerthums führen ihn da-<lb/> hin. Aber er hat ſich bei den vorſichtigen Schritten ſeiner Annahme ſelbſt<lb/> bezwungen. Eben weil er ein einiges, kein in Zwieſpalt wild auseinander<lb/> klüftendes Deutſchland will, muß er die Bande vorſichtig näher und enger<lb/> ziehen, nicht gewaltſam; und eben weil er ein ſtarkes, glückliches Deutſch-<lb/> land will, muß er die noch größere Vorſicht anwenden, um es nicht in die<lb/> entſchiedenſten Conflicte mit dem Ausland zu bringen. Das große Wort<lb/> des Muths, der Entſchloſſenheit es mit jedem Feinde aufzunehmen, iſt<lb/> leicht ausgeſprochen. Allein die That iſt ſchwer vollführt, und jeder Feind<lb/> bleibt ein Unheil, jeder Krieg, auch der ſtegreich geführte, ein Unglück.<lb/> Wenn ſich dieſe ſchwerſten Uebel der Menſchheit (in die ſich noch die ſchwarze<lb/> Schlange des Bürgerkriegs giftig und umſtrickend einflechten kann)<lb/> durch beſonnenes Auftreten zu vermeiden find, weßhalb ſoll es nicht ge-<lb/> ſchehen? Der Koloß Rußland nährt und beſoldet mit Freuden ſeine Heere<lb/> auf deutſchem Boden, und fie kommen freudig, denn ihnen winkt die Beute.<lb/> Dänemark blokirt unſere Häfen. England ſieht kühl zu, und erfreut fich<lb/> wenn der Krieg alle deutſche Induſtrie auf Jahrzehnte vernichtet; Frank-<lb/> reich iſt auch keine Freundin des einigen, feſten, mächtigen Deutſchlands,<lb/> und würde höchſtens, zur Entfernung eigner unreiner Elemente, diejeni-<lb/> gen Parteien bei uns unterſtützen die ihm und ſeinen Planen die Hand<lb/> böten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Ein Berliner Schreiben im <hi rendition="#g">Nürnb. Correſpondenten</hi> theilt einige<lb/> charakteriſtiſche Aeußerungen des Königs gegen einzelne Deputirte mit.<lb/> Zu dem Abgeordneten Beſeler wandte ſich der König mit den Worten:<lb/><cb/> „Wo befindet ſich gegenwärtig Ihr Bruder?“ „„In Schleswig, Majeſtät,““<lb/> worauf der König mit ſarkaſtiſchem Lächeln erwiederte: „Ach ja, er re-<lb/> giert jetzt dort. O, dieſer unglückſelige däniſche Krieg, ich wünſchte daß<lb/> ich ihn nie hätte zu unternehmen brauchen! Kennen Sie den König von<lb/> Dänemark?“ „„O ja Majeſtät, ich habe ihn häufig geſehen.““ „Das iſt<lb/> ein braver und biederer Monarch, es iſt mein wahrer Freund.“ Eine an-<lb/> dere merkwürdige Aeußerung machte der König zu dem deſſauiſchen Ab-<lb/> geordneten Pannier, der ſich bei der Deputation befand, und von dem der<lb/> König anzunehmen ſchien daß er als Deſſauer ſich zu einer entſchieden de-<lb/> mokratiſchen Richtung bekennen müſſe, der aber in Frankfurt zur Partei<lb/> des Weidenbuſches, alſo zur gemäßigten Rechten gehört. „Die deſſauiſchen<lb/> Truppen ſollen gegenwärtig meinem Heere einverleibt werden,“ ſagte der<lb/> König zu ihm, „ich glaube daß es auch wohl nothwendig ſeyn wird, denn<lb/> die Dinge in Deutſchland müſſen doch endlich eine andere Geſtaltung erhal-<lb/> ten; ja, ja, Eine Lehre habe ich mir aus den Erfahrungen des vergangenen<lb/> Jahres entnommen, die Lehre nämlich: gegen Demokraten helfen nur<lb/> Soldaten.“ Endlich äußerte der König zu dem Abgeordneten v. Raumer,<lb/> der unter Hinweiſung auf die Gefahren des deutſchen Vaterlandes beſon-<lb/> ders inſtändig in ihn drang daß er doch die Krone annehmen möchte:<lb/> „Das iſt auch eine Eigenthümlichkeit der gegenwärtigen Zeit daß man<lb/> mehr gibt und anbietet als man ſelbſt beſitzt und zu vergeben hat.“</p><lb/> <trailer>* Die neueſte <hi rendition="#g">Berliner</hi> Poſt vom 7 April iſt leider abermals aus-<lb/> geblieben, ſo daß wir unſere Berliner Neuigkeiten aus Frankfurt erholen<lb/> müſſen. Die in der Mainſtadt angelangte telegraphiſche Depeſche aus<lb/> Berlin vom 7 Abends (deren unſer obiger Frankfurter ‖ Brief erwähnt) lau-<lb/> tet vollſtändig: „Am 5 d. iſt ein Theil der däniſchen Flotte in den Buſen<lb/> von Eckernförde eingeſegelt. Nach mehrſtündiger Beſchießung der Küſten-<lb/> batterie iſt das Linienſchiff Chriſtian <hi rendition="#aq">VIII</hi> auf den Grund gefahren, in<lb/> Brand geſchoſſen und in die Luft geſprengt worden. Der Fregatte Gefion<lb/> wurde das Steuerruder zerſchoſſen, ſie wurde genommen und es weht auf<lb/> ihr die deutſche Flagge. Dieſer Erfolg wurde mit 12 Feuerſchlünden der<lb/> Küſtenbatterie gegen 140 der däniſchen Marine errungen. Der Herzog<lb/> von Sachſen-Coburg commandirte die Deutſchen an dieſem Ort.“ Leider<lb/> ſind dagegen ſchon mehr als ein Duzend deutſcher Handelsſchiffe in Ko-<lb/> penhagen eingebracht. (Die neueſte Poſt aus Schleswig-Holſtein, Ham-<lb/> burg ꝛc. iſt uns, gleich der Berliner, bis zur Stunde nicht zugekommen.)</trailer> </div><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline>ᘣ <hi rendition="#b">Schleswig-Holſtein,</hi> 4 April.</dateline><lb/> <p>Die Dänen haben die Feind-<lb/> ſeligkeiten wirklich begonnen! So eben langt hier die Nachricht an, die ich<lb/> Ihnen als eine vollkommen ſichere mittheile, daß am 3 die Dänen, von Al-<lb/> ſen herüberkommend, ſich auf unſere im Sundewitt’ſchen ſtehenden Vor-<lb/> poſten geworfen, das ganze dritte Jägercorps ins Gefecht gezogen und es<lb/> mit Geſchütz heftig bedrängt haben. Der Verluſt des ziemlich hartnäckigen<lb/> Gefechts iſt auf unſrer Seite 17 Verwundete und 1 Todter; der däniſche<lb/> Verluſt iſt nicht bekannt. Ich kann hinzufügen daß unſere Truppen ſich<lb/> gegen Flensburg hin concentrirt haben; Prittwitz muß jetzt darunter lei-<lb/> den daß Wrangel im vorigen Jahr Alſen nicht genommen hat. Es iſt Be-<lb/> fehl zum unmittelbaren Nachrücken der deutſchen Truppen nach Norden<lb/> gegeben. Man will, wie es heißt — es hieß auch ſo im vorigen Jahr —<lb/> jetzt doch mit einemmal dem Krieg ein Ende machen und Alſen um jeden<lb/> Preis nehmen. Es ſoll auch ein Angriff vom Norden her erfolgt ſeyn;<lb/> nach allen Nachrichten ſcheint es keinem Zweifel zu unterliegen daß Bonin<lb/> den ganzen Norden von Schleswig als angeblich unhaltbar preisgeben,<lb/> und irgendeine Stellung im Süden von Apenrade einnehmen will. Die<lb/> Truppen ſollen ſich dorthin „concentriren.“ Wenn nur nicht unſere Vor-<lb/> herſagungen in Erfüllung gehen! Man erwartet übrigens auf morgen ent-<lb/> ſcheidende Nachrichten. Es iſt doch ganz unmöglich daß man ſich von deut-<lb/> ſcher Seite ſo ſchmählich zurückziehen ſollte! Unſere Truppen brennen<lb/> vor Kampfluſt; ich ſage und wiederhole, es wird nicht beſſer bis fie ſich ſel-<lb/> ber einmal mit den Dänen ernſtlich gemeſſen haben. Die Deutſchen flüch-<lb/> ten buchſtäblich zu Hunderten nebſt ihren Beamteten aus Hadersleben und<lb/> Apenrade. Es kann — es kann und wird nicht ſo fortgehen!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Flensburg,</hi> 4 April 6 Uhr Abends.</dateline><lb/> <p>Geſtern Abend war hier<lb/> allgemein die, auch von Officieren getheilte Meinung verbreitet daß heute<lb/> ein entſcheidender Schlag geſchehen werde, das Hauptquartier des Generals<lb/> v. Bonin wurde nach Quars verlegt und Truppen aus dem Süden heran-<lb/> gezogen; vom früheſten Morgen zogen fortwährend Truppen nach dem<lb/> Norden zu. Die Dänen haben aber ihr Neckereiſyſtem vom vorigen Jahr<lb/> wieder begonnen und ſich in der Nacht wieder nach Alſen zurückgezogen.<lb/> Auf dieſer Seite haben ſie nur noch die Verſchanzungen des Brückenkopfs<lb/> beſetzt. Heute Vormittag war eine däniſche Fregatte im hieſigen Meer-<lb/> buſen ſichtbar, die aber ſpäter wieder zurückging. Auf der Seite von Ha-<lb/> dersleben her ſtehen die däniſchen Vorpoſten in Gjenner, ungefähr eine<lb/> Meile nördlich von Apenrade; letzterer Ort iſt gänzlich von deutſchen<lb/> Truppen, die ſich ſüdlich zurückgezogen haben, geräumt. Ueber die Ereig-<lb/> niſſe des geſtrigen Tags erfährt man jetzt daß die Dänen zu gleicher Zeit<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1527/0003]
Die Verſammlung in Heidelberg fand am Donnerſtag den 5 April
ſtatt. Vertreten waren dabei durch anweſende Abgeordnete die Kammern von
Bayern, Sachſen, Württemberg, Baden, Großherzogthum Heſſen, ſowie
die Nationalverſammlung und der aufgelöste Kremſterer Reichstag. Die
Zahl der Theilnehmer war zwiſchen 30 — 40. Unter den Anweſenden
ſind beſonders Raveaux, der den Vorſitz führte, Vogt, Simon von Trier,
Trützſchler, Kolb, Stockinger zu nennen. Von württembergiſchen Abge-
ordneten waren anweſend Fetzer, Pfäfflin, Rheinwald, Seeger, Stockmayer,
Schnitzer, Scherr, Vogel, Wolff. „Es dürfte leicht ſeyn (ſagt der radi-
kale Stuttgarter Beobachter) daß dieſe Verſammlung in ähnlicher Weiſe
wie einſt die Heppenheimer den Ausgangspunkt für die Leitung einer zu-
künftigen neuen Bewegung bildete. Die Verſammlung ging von der
Vorausſetzung aus, der König von Preußen werde die Krone nicht an-
nehmen ohne daß die Nationalverſammlung Aenderungen in der Verfaſſung
beſchließe, faßte alſo die Erklärung des Königs von Preußen als eine de-
finitive auf. Daraus ergab ſich der von Simon von Trier beantragte
Beſchluß: 1) es ſolle in den Kammern der Einzelländer auf die unbe-
dingte und unveränderte Annahme und Durchführung der Verfaſſung,
einſchließlich des Wahlgeſetzes, hingewirkt werden, wobei übrigens die Art
und Weiſe wie ſolches geſchehen ſoll nach den ſpeciellen Verhältniſſen des
Einzellandes eingerichtet werden möge; 2) wenn der König von Preußen
nicht unbedingt annehme, ſolle der Nationalverſammlung das Recht
vindicirt werden in anderer Weiſe für eine Geſammtregierung zum Zweck
der Durchführung der Verfaſſung zu ſorgen. Es braucht wohl nicht erſt
hinzugefügt zu werden daß wie bei allen derartigen Verſammlungen der
Fall zu ſeyn pflegt, und wie es auch in Heppenheim der Fall war — die
Zuſammenkunft an ſich, die Beſprechung und gegenſeitige Verſtändigung
von größerer Bedeutung ſind als die gefaßten Beſchlüſſe ſelbſt.“
Preußen.
✸ Berlin, 5 April.
Wir haben Tage äußerſter Spannung
durchlebt; allein wie übel der Anſchein war, unſere Hoffnung iſt jetzt allge-
mein die daß ſich alles zum Guten wenden wird, wenn auch nicht ohne einige
harte Reibungen und Kämpfe. Die Frankfurter Deputation hat uns heute
Mittag um halb 2 Uhr auf der Anhalt’ſchen Bahn verlaſſen. Den Vor-
mittag waren noch mehrere Deputationen ſtädtiſcher Behörden bei dem
Präſtdenten Simſon, um ihr Bedauern auszudrücken daß Mißgriffe des
Miniſteriums und Mißverſtändniſſe (auch die Deputation hält man in ih-
rer etwas gereizten Empfindlichkeit nicht außer Schuld) eine ſolche Span-
nung, wie gegenwärtig obwalte, erzeugt hätten. Auch der alte General
Wrangel ſtattete dem Präſidenten Simſon noch um 12 Uhr einen Beſuch
ab, und ſprach Worte der Verſöhnung und der aufrichtigen Vaterlands-
liebe. Die proviſoriſche Annahme der Leitung der Centralgewalt, die Zu-
ficherung eine ſchleunige Erklärung der Regierungen einzufordern, find der
öffentlichen Meinung hier im ganzen als billige, ausgleichende Schritte er-
ſchienen. Wie die Lage der Dinge nicht nur in Deutſchland, ſondern auch in
Europa iſt, ſo mußte der König in dieſer Angelegenheit mit größter Vor-
ſicht verfahren, um ſo mehr als der in herzlicher, vaterländiſcher Wärme,
aber doch in aufgeregter Leidenſchaftlichkeit gethane Schritt vom 21 März
1848 ihm ſo übel gedeutet worden. Die Zeit dieſes heftigen Rauſches iſt
vorüber. Jetzt muß die ruhigſte Beſonnenheit vorwalten. Wir find über-
zeugt daß der König mit ganzem Herzen bei der deutſchen Sache iſt; ſeine
edlen Gefühle, wie ſogar ſeine Schwächen, die Luſt am Glanz und Ruhm
und an der hiſtoriſchen Wurzel des deutſchen Kaiſerthums führen ihn da-
hin. Aber er hat ſich bei den vorſichtigen Schritten ſeiner Annahme ſelbſt
bezwungen. Eben weil er ein einiges, kein in Zwieſpalt wild auseinander
klüftendes Deutſchland will, muß er die Bande vorſichtig näher und enger
ziehen, nicht gewaltſam; und eben weil er ein ſtarkes, glückliches Deutſch-
land will, muß er die noch größere Vorſicht anwenden, um es nicht in die
entſchiedenſten Conflicte mit dem Ausland zu bringen. Das große Wort
des Muths, der Entſchloſſenheit es mit jedem Feinde aufzunehmen, iſt
leicht ausgeſprochen. Allein die That iſt ſchwer vollführt, und jeder Feind
bleibt ein Unheil, jeder Krieg, auch der ſtegreich geführte, ein Unglück.
Wenn ſich dieſe ſchwerſten Uebel der Menſchheit (in die ſich noch die ſchwarze
Schlange des Bürgerkriegs giftig und umſtrickend einflechten kann)
durch beſonnenes Auftreten zu vermeiden find, weßhalb ſoll es nicht ge-
ſchehen? Der Koloß Rußland nährt und beſoldet mit Freuden ſeine Heere
auf deutſchem Boden, und fie kommen freudig, denn ihnen winkt die Beute.
Dänemark blokirt unſere Häfen. England ſieht kühl zu, und erfreut fich
wenn der Krieg alle deutſche Induſtrie auf Jahrzehnte vernichtet; Frank-
reich iſt auch keine Freundin des einigen, feſten, mächtigen Deutſchlands,
und würde höchſtens, zur Entfernung eigner unreiner Elemente, diejeni-
gen Parteien bei uns unterſtützen die ihm und ſeinen Planen die Hand
böten.
Ein Berliner Schreiben im Nürnb. Correſpondenten theilt einige
charakteriſtiſche Aeußerungen des Königs gegen einzelne Deputirte mit.
Zu dem Abgeordneten Beſeler wandte ſich der König mit den Worten:
„Wo befindet ſich gegenwärtig Ihr Bruder?“ „„In Schleswig, Majeſtät,““
worauf der König mit ſarkaſtiſchem Lächeln erwiederte: „Ach ja, er re-
giert jetzt dort. O, dieſer unglückſelige däniſche Krieg, ich wünſchte daß
ich ihn nie hätte zu unternehmen brauchen! Kennen Sie den König von
Dänemark?“ „„O ja Majeſtät, ich habe ihn häufig geſehen.““ „Das iſt
ein braver und biederer Monarch, es iſt mein wahrer Freund.“ Eine an-
dere merkwürdige Aeußerung machte der König zu dem deſſauiſchen Ab-
geordneten Pannier, der ſich bei der Deputation befand, und von dem der
König anzunehmen ſchien daß er als Deſſauer ſich zu einer entſchieden de-
mokratiſchen Richtung bekennen müſſe, der aber in Frankfurt zur Partei
des Weidenbuſches, alſo zur gemäßigten Rechten gehört. „Die deſſauiſchen
Truppen ſollen gegenwärtig meinem Heere einverleibt werden,“ ſagte der
König zu ihm, „ich glaube daß es auch wohl nothwendig ſeyn wird, denn
die Dinge in Deutſchland müſſen doch endlich eine andere Geſtaltung erhal-
ten; ja, ja, Eine Lehre habe ich mir aus den Erfahrungen des vergangenen
Jahres entnommen, die Lehre nämlich: gegen Demokraten helfen nur
Soldaten.“ Endlich äußerte der König zu dem Abgeordneten v. Raumer,
der unter Hinweiſung auf die Gefahren des deutſchen Vaterlandes beſon-
ders inſtändig in ihn drang daß er doch die Krone annehmen möchte:
„Das iſt auch eine Eigenthümlichkeit der gegenwärtigen Zeit daß man
mehr gibt und anbietet als man ſelbſt beſitzt und zu vergeben hat.“
* Die neueſte Berliner Poſt vom 7 April iſt leider abermals aus-
geblieben, ſo daß wir unſere Berliner Neuigkeiten aus Frankfurt erholen
müſſen. Die in der Mainſtadt angelangte telegraphiſche Depeſche aus
Berlin vom 7 Abends (deren unſer obiger Frankfurter ‖ Brief erwähnt) lau-
tet vollſtändig: „Am 5 d. iſt ein Theil der däniſchen Flotte in den Buſen
von Eckernförde eingeſegelt. Nach mehrſtündiger Beſchießung der Küſten-
batterie iſt das Linienſchiff Chriſtian VIII auf den Grund gefahren, in
Brand geſchoſſen und in die Luft geſprengt worden. Der Fregatte Gefion
wurde das Steuerruder zerſchoſſen, ſie wurde genommen und es weht auf
ihr die deutſche Flagge. Dieſer Erfolg wurde mit 12 Feuerſchlünden der
Küſtenbatterie gegen 140 der däniſchen Marine errungen. Der Herzog
von Sachſen-Coburg commandirte die Deutſchen an dieſem Ort.“ Leider
ſind dagegen ſchon mehr als ein Duzend deutſcher Handelsſchiffe in Ko-
penhagen eingebracht. (Die neueſte Poſt aus Schleswig-Holſtein, Ham-
burg ꝛc. iſt uns, gleich der Berliner, bis zur Stunde nicht zugekommen.)
ᘣ Schleswig-Holſtein, 4 April.
Die Dänen haben die Feind-
ſeligkeiten wirklich begonnen! So eben langt hier die Nachricht an, die ich
Ihnen als eine vollkommen ſichere mittheile, daß am 3 die Dänen, von Al-
ſen herüberkommend, ſich auf unſere im Sundewitt’ſchen ſtehenden Vor-
poſten geworfen, das ganze dritte Jägercorps ins Gefecht gezogen und es
mit Geſchütz heftig bedrängt haben. Der Verluſt des ziemlich hartnäckigen
Gefechts iſt auf unſrer Seite 17 Verwundete und 1 Todter; der däniſche
Verluſt iſt nicht bekannt. Ich kann hinzufügen daß unſere Truppen ſich
gegen Flensburg hin concentrirt haben; Prittwitz muß jetzt darunter lei-
den daß Wrangel im vorigen Jahr Alſen nicht genommen hat. Es iſt Be-
fehl zum unmittelbaren Nachrücken der deutſchen Truppen nach Norden
gegeben. Man will, wie es heißt — es hieß auch ſo im vorigen Jahr —
jetzt doch mit einemmal dem Krieg ein Ende machen und Alſen um jeden
Preis nehmen. Es ſoll auch ein Angriff vom Norden her erfolgt ſeyn;
nach allen Nachrichten ſcheint es keinem Zweifel zu unterliegen daß Bonin
den ganzen Norden von Schleswig als angeblich unhaltbar preisgeben,
und irgendeine Stellung im Süden von Apenrade einnehmen will. Die
Truppen ſollen ſich dorthin „concentriren.“ Wenn nur nicht unſere Vor-
herſagungen in Erfüllung gehen! Man erwartet übrigens auf morgen ent-
ſcheidende Nachrichten. Es iſt doch ganz unmöglich daß man ſich von deut-
ſcher Seite ſo ſchmählich zurückziehen ſollte! Unſere Truppen brennen
vor Kampfluſt; ich ſage und wiederhole, es wird nicht beſſer bis fie ſich ſel-
ber einmal mit den Dänen ernſtlich gemeſſen haben. Die Deutſchen flüch-
ten buchſtäblich zu Hunderten nebſt ihren Beamteten aus Hadersleben und
Apenrade. Es kann — es kann und wird nicht ſo fortgehen!
Flensburg, 4 April 6 Uhr Abends.
Geſtern Abend war hier
allgemein die, auch von Officieren getheilte Meinung verbreitet daß heute
ein entſcheidender Schlag geſchehen werde, das Hauptquartier des Generals
v. Bonin wurde nach Quars verlegt und Truppen aus dem Süden heran-
gezogen; vom früheſten Morgen zogen fortwährend Truppen nach dem
Norden zu. Die Dänen haben aber ihr Neckereiſyſtem vom vorigen Jahr
wieder begonnen und ſich in der Nacht wieder nach Alſen zurückgezogen.
Auf dieſer Seite haben ſie nur noch die Verſchanzungen des Brückenkopfs
beſetzt. Heute Vormittag war eine däniſche Fregatte im hieſigen Meer-
buſen ſichtbar, die aber ſpäter wieder zurückging. Auf der Seite von Ha-
dersleben her ſtehen die däniſchen Vorpoſten in Gjenner, ungefähr eine
Meile nördlich von Apenrade; letzterer Ort iſt gänzlich von deutſchen
Truppen, die ſich ſüdlich zurückgezogen haben, geräumt. Ueber die Ereig-
niſſe des geſtrigen Tags erfährt man jetzt daß die Dänen zu gleicher Zeit
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(2022-09-09T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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