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Allgemeine Zeitung, Nr. 103, 13. April 1849.

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Allgemeine Zeitung.


Freitag Nr. 103. 13 April 1849.
AUGSBURG. Das Abonnement bei
allen auch den entferntesten Post-
ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei-
tern Postaufschlag vierteljährlich
4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl.
im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Uebersicht.

Deutschland. Frankfurt (die Adresse von 50 österreichischen Ab-
geordneten. Beim Wiederzusammentritt der Nationalver-
sammlung erklärt daß man an Verfassung und Wahlgesetz
unverändert festhalte
. Des Kriegsministers Erläuterungen über
die Dinge in Schleswig); München (Berichtigung in Betreff des Infan-
terie-Leibregiments. Telegraphenlinien und Eisenbahnen); Celle (Ver-
sammlung von Volksvereinen); Berlin (Eilers über das Eichhorn'sche
Ministerium. Wechsel im Justizministerium); von der polnischen Gränze
(Abmarsch der russischen Truppen von Kalisch und der Umgegend. Nie-
drige Getreidepreise); Schleswig-Holstein (20,000 Schleswig-Holsteiner
sollen in Jütland einrücken); Wien (der Stand der Heere vor Pesth.
Cavall erieverstärkungen nach Ungarn. Der Lloyd über Frankfurt); Triest
(die Aufforderungen an die sardinische Flotte. Venedig. Admiral Dahl-
rup. Die abbestellte Frankfurter Deputirtenwahl).

Oesterreichische Monarchie. Pesth (die feindliche Armee in
weitem Umkreis dem hart vor Pesth zusammengezogenen kaiserlichen Heer
gegenüber. Ungewißheit über die nächste Zukunft). Der Fall von
Kronstadt bestätigt. Peterwardein erhält Succurs.

Spanien. Ankunft Karl Alberts in St. Sebastian. Die Cortes.
Gefechte in Catalonien.

Großbritannien. Trauer um die dänische Niederlage. Der ka-
tholische Primas von Irland +. Miß Martineau als Geschichtschreiberin.

Frankreich. Die Budgetverbandlungen in raschem Gang. Cho-
lerabericht. Englisch-französische Politik in Piemont. Das Gerücht von
der Unterwerfung Genua's von günstigem Einfluß auf die Börse.

Italien. Rom (in Bologna soll die päpstliche Autörität wieder-
hergestellt seyn); Ancona (die sardinische Flotte lichtet die Anker); Genua
und Turin (Details über den Aufstand und Kampf. Eine Deputation
zum König gesandt um zu capituliren).

Griechenland. Athen (Cabinetsmodification. Wiederherstellung
einer großen Anzahl Klöster. Lyons' Abreise).

Beilage. Vischers Aesthetik. -- General v. Peuckers Beiträge zur
Beleuchtung einiger Grundlagen für die künftige Wehrverfassung Deutsch-
lands. -- Die jüngste preußische Circularnote. -- Einige Bedenken über
deutsche Bundes- und Reichsverfassung. (IV.) -- Frankfurt. (Bedenken
gegen Bedenken). -- Köln.

Datum der Börsen: Madrid 4; London, Paris, Amsterdam 9; Wien
10; Frankfurt 11; Augsburg 12 April.



Deutschland.

Wenn in der letztern Zeit die
österreichischem Abgeordneten aller Parteien Hand in Hand gingen, wenn
bei der Abstimmung über das erbliche Oberhaupt, mit Ausnahme von vie-
ren, alle dagegen stimmten und bei der Kaiserwahl sämmtliche Oesterrei-
cher ohne Ausnahme sich der Wahl enthielten, so scheint in neuester Zeit
wieder eine Differenz der Anschauungsweise und politischen Ueberzeugung
unter ihnen Platz zu greifen. Ein Großtheil, vielleicht der weit überwie-
gende Theil der österreichischen Abgeordneten erklärte laut und offen in
ihren Protesten: die letzten Beschlüsse der Nationalversammlung und daher
das ganze Verfassungswerk nicht anzuerkennen und eine standhafte Oppo-
sition ihrer Durchführung entgegenzustellen; sie rechtfertigten ihre Stand-
punkte in einem Bericht, dem sich viele außerösterreichische Abgeordnete
anschlossen, wie denn auch der Bericht selber aus der Feder Hrn. Wuttke's
geflossen war. In ihren vielseitigen Protesten hoben sie namentlich den
Umstand hervor daß die Nationalversammlung zum Verfassungswerk für
das ganze Deutschland berufen war, das bestehende Verfassungswerk that-
sächlich aber Deutschösterreich ausschließe, daß eine weitere Verständigung
mit Oesterreich nicht abgewartet worden sey, daß das Mandat der Volks-
vertreter sich keineswegs auf die Wahl eines Erbkaisers erstrecke, daß die
Wahl selbst gegen die Anordnung der Geschäftsordnung, welche zwischen
dem Ausschußbericht und der dießfälligen Berathung einen Zeitraum von
[Spaltenumbruch] vierundzwanzig Stunden verlange, überstürzt worden sey, und daß endlich
die schleswigischen Abgeordneten den Ausschlag bei der Abstimmung gege-
ben hätten, während Schleswig nach §. 1 noch keineswegs zum deutschen
Bundesstaat gehörig erklärt sey. In Zusammenhang mit dieser An-
schauungsweise verweigerten daher auch die meisten österreichischen Abge-
ordneten ihre Unterschrift bei dem Verfassungswerke, obwohl am Tage
liegt daß die Unterschrift nichts weniger als das Einverständniß mit allen
einzelnen Punkten des Verfassungswerks, sondern nur die gehabte Mitwir-
kung beurkunde. Mögen Unbefangene urtheilen ob die obenerwähnten
Gründe dieser Proteste stichhaltig sind. Ein nicht unbeträchtlicher Theil
österreichischer Abgeordneten, obgleich die Beschlüsse selbst von Anfang bis
zu Ende standhaft bekämpfend, kann den entwickelten Ansichten nicht bei-
treten, und wird es zu seiner Aufgabe machen den einmal gefaßten Be-
schlüssen ungeändert Haltung zu verschaffen. Wer kann läugnen daß das
Verfassungswerk für das ganze Deutschland sey? Ist es nicht im §. 1
ausdrücklich ausgesprochen? Kann es der Nationalversammlung zur Last
gelegt werden, wenn die endlichen Concessionen des österreichischen Mini-
steriums (hinsichtlich eines Volkshauses) und seine Erklärungen in man-
cher Hinsicht vielleicht zu spät kommen? Ging das Mandat der Versamm-
lung nicht aus der von der Versammlung laut anerkannten Volkssouverä-
netät und ist die Wahl des Oberhaupts dabei nicht mitbegriffen? Kann
die Versammlung eine Anordnung der Geschäftsordnung nicht ebenso gut
als sie diese beschloß auch wieder abändern? Und sind die schleswigischen
Abgeordneten nicht durch einen legalen Beschluß der Versammlung als
stimmberechtigt zugelassen? Mit Gespanntheit sieht man der Haltung der
österreichischen Abgeordneten im weitern Verfolge entgegen, wenn die Re-
gierungen, den Weg der Vereinbarung betretend, mit Abänderungsvorschlä-
gen, wie fast kein Zweifel mehr, kommen sollten. Es muß hiebei aus-
drücklich hervorgehoben werden daß die österreichischen Abgeordneten in
diesen Fragen nicht mehr wie in der letzten Zeit eine feste und geschlossene
Phalanx bilden und, ob auch aus verschiedenen Motiven, Mann für Mann
einen und denselben Weg geben werden. Die Gefahr an einzelnen Be-
stimmungen des Verfassungswerks zu rütteln wird manchem einleuchten,
und jeder wird seiner besondern Ueberzeugung über die Ehre und Aufgabe
der Nationalversammlung folgen. Daß über die Spitze nachträgliche Ab-
änderungen getroffen werden können ohne das Verfassungswerk zu berüh-
ren, versteht sich von selbst, und darüber ist man wohl in allen Parteien
einig.


Man besorgt für morgen eine
stürmische und, was schlimmer ist, widerwärtige Sitzung. Die Parteien
rüsten sich zu Anträgen und Gegenanträgen. Das gescheidteste dürfte
seyn daß man sich zu einer weitern Vertagung einigte. Vielleicht wäre
noch manches, wenn auch nicht alles zu gewinnen durch Zeitgewinn, etwa
bis die Regierungen die Erklärungen abgegeben haben, zu welchen sie durch
die Krone Preußen veranlaßt worden sind. Aber freilich bleibt dann im-
mer noch die Frage: was weiter? Kaum wagt jemand eine Antwort dar-
auf. Die Nationalversammlung kann zur Verständigung mit den Regie-
rungen nicht wohl mehr dienen. Keinerlei Antrag auf Abänderung der
Verfassung ist in ihr mehr durchzubringen. Die Linke läßt keine Abände-
rung derselben zu, denn die Verfassung ist ihr recht gerade wie sie ist. Die
Ministerial- und Weidenbuschpartei hat sich durch Versprechungen und Un-
terschriften gebunden. Sie und die Linke bilden zusammen eine feste Mehr-
heit, gegen welche auch die verkörperte Beredsamkeit selbst nichts ausrich-
ten würde. Käme den kaiserlosen Kaiserlichen auch die Besorgniß daß das
Vaterland in die sichtlichste Gefahr dadurch geriethe daß die Nationalver-
sammlung unbedingt festhielte an der Verfassung: sie sind gebunden. Die
hiesigen Blätter der Kaiserpartei wiederholen fort und fort ihre nach dem
wahren Sinne handgreiflichen Andeutungen, daß es jetzt Sache des Volks
sey die Annahme der Verfassung früher oder später durchzusetzen. Alle
oder doch die meisten sprechen wie Beseler, der in Weimar Namens der
übrigen Mitglieder der Deputation gelobte daß die Verfassung dem deut-
schen Volke überantwortet werden solle, wie sie berathen und beschlossen
worden, unverclauselt und unverkürzt. "Ob wir zur Rechten oder zur
Linken gesessen, darauf kommt jetzt nichts mehr an; jetzt gilt es mit dem


Allgemeine Zeitung.


Freitag Nr. 103. 13 April 1849.
AUGSBURG. Das Abonnement bei
allen auch den entferntesten Post-
ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei-
tern Postaufschlag vierteljährlich
4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl.
im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Ueberſicht.

Deutſchland. Frankfurt (die Adreſſe von 50 öſterreichiſchen Ab-
geordneten. Beim Wiederzuſammentritt der Nationalver-
ſammlung erklärt daß man an Verfaſſung und Wahlgeſetz
unverändert feſthalte
. Des Kriegsminiſters Erläuterungen über
die Dinge in Schleswig); München (Berichtigung in Betreff des Infan-
terie-Leibregiments. Telegraphenlinien und Eiſenbahnen); Celle (Ver-
ſammlung von Volksvereinen); Berlin (Eilers über das Eichhorn’ſche
Miniſterium. Wechſel im Juſtizminiſterium); von der polniſchen Gränze
(Abmarſch der ruſſiſchen Truppen von Kaliſch und der Umgegend. Nie-
drige Getreidepreiſe); Schleswig-Holſtein (20,000 Schleswig-Holſteiner
ſollen in Jütland einrücken); Wien (der Stand der Heere vor Peſth.
Cavall erieverſtärkungen nach Ungarn. Der Lloyd über Frankfurt); Trieſt
(die Aufforderungen an die ſardiniſche Flotte. Venedig. Admiral Dahl-
rup. Die abbeſtellte Frankfurter Deputirtenwahl).

Oeſterreichiſche Monarchie. Peſth (die feindliche Armee in
weitem Umkreis dem hart vor Peſth zuſammengezogenen kaiſerlichen Heer
gegenüber. Ungewißheit über die nächſte Zukunft). Der Fall von
Kronſtadt beſtätigt. Peterwardein erhält Succurs.

Spanien. Ankunft Karl Alberts in St. Sebaſtian. Die Cortes.
Gefechte in Catalonien.

Großbritannien. Trauer um die däniſche Niederlage. Der ka-
tholiſche Primas von Irland †. Miß Martineau als Geſchichtſchreiberin.

Frankreich. Die Budgetverbandlungen in raſchem Gang. Cho-
lerabericht. Engliſch-franzöſiſche Politik in Piemont. Das Gerücht von
der Unterwerfung Genua’s von günſtigem Einfluß auf die Börſe.

Italien. Rom (in Bologna ſoll die päpſtliche Autörität wieder-
hergeſtellt ſeyn); Ancona (die ſardiniſche Flotte lichtet die Anker); Genua
und Turin (Details über den Aufſtand und Kampf. Eine Deputation
zum König geſandt um zu capituliren).

Griechenland. Athen (Cabinetsmodification. Wiederherſtellung
einer großen Anzahl Klöſter. Lyons’ Abreiſe).

Beilage. Viſchers Aeſthetik. — General v. Peuckers Beiträge zur
Beleuchtung einiger Grundlagen für die künftige Wehrverfaſſung Deutſch-
lands. — Die jüngſte preußiſche Circularnote. — Einige Bedenken über
deutſche Bundes- und Reichsverfaſſung. (IV.) — Frankfurt. (Bedenken
gegen Bedenken). — Köln.

Datum der Börſen: Madrid 4; London, Paris, Amſterdam 9; Wien
10; Frankfurt 11; Augsburg 12 April.



Deutſchland.

Wenn in der letztern Zeit die
öſterreichiſchem Abgeordneten aller Parteien Hand in Hand gingen, wenn
bei der Abſtimmung über das erbliche Oberhaupt, mit Ausnahme von vie-
ren, alle dagegen ſtimmten und bei der Kaiſerwahl ſämmtliche Oeſterrei-
cher ohne Ausnahme ſich der Wahl enthielten, ſo ſcheint in neueſter Zeit
wieder eine Differenz der Anſchauungsweiſe und politiſchen Ueberzeugung
unter ihnen Platz zu greifen. Ein Großtheil, vielleicht der weit überwie-
gende Theil der öſterreichiſchen Abgeordneten erklärte laut und offen in
ihren Proteſten: die letzten Beſchlüſſe der Nationalverſammlung und daher
das ganze Verfaſſungswerk nicht anzuerkennen und eine ſtandhafte Oppo-
ſition ihrer Durchführung entgegenzuſtellen; ſie rechtfertigten ihre Stand-
punkte in einem Bericht, dem ſich viele außeröſterreichiſche Abgeordnete
anſchloſſen, wie denn auch der Bericht ſelber aus der Feder Hrn. Wuttke’s
gefloſſen war. In ihren vielſeitigen Proteſten hoben ſie namentlich den
Umſtand hervor daß die Nationalverſammlung zum Verfaſſungswerk für
das ganze Deutſchland berufen war, das beſtehende Verfaſſungswerk that-
ſächlich aber Deutſchöſterreich ausſchließe, daß eine weitere Verſtändigung
mit Oeſterreich nicht abgewartet worden ſey, daß das Mandat der Volks-
vertreter ſich keineswegs auf die Wahl eines Erbkaiſers erſtrecke, daß die
Wahl ſelbſt gegen die Anordnung der Geſchäftsordnung, welche zwiſchen
dem Ausſchußbericht und der dießfälligen Berathung einen Zeitraum von
[Spaltenumbruch] vierundzwanzig Stunden verlange, überſtürzt worden ſey, und daß endlich
die ſchleswigiſchen Abgeordneten den Ausſchlag bei der Abſtimmung gege-
ben hätten, während Schleswig nach §. 1 noch keineswegs zum deutſchen
Bundesſtaat gehörig erklärt ſey. In Zuſammenhang mit dieſer An-
ſchauungsweiſe verweigerten daher auch die meiſten öſterreichiſchen Abge-
ordneten ihre Unterſchrift bei dem Verfaſſungswerke, obwohl am Tage
liegt daß die Unterſchrift nichts weniger als das Einverſtändniß mit allen
einzelnen Punkten des Verfaſſungswerks, ſondern nur die gehabte Mitwir-
kung beurkunde. Mögen Unbefangene urtheilen ob die obenerwähnten
Gründe dieſer Proteſte ſtichhaltig ſind. Ein nicht unbeträchtlicher Theil
öſterreichiſcher Abgeordneten, obgleich die Beſchlüſſe ſelbſt von Anfang bis
zu Ende ſtandhaft bekämpfend, kann den entwickelten Anſichten nicht bei-
treten, und wird es zu ſeiner Aufgabe machen den einmal gefaßten Be-
ſchlüſſen ungeändert Haltung zu verſchaffen. Wer kann läugnen daß das
Verfaſſungswerk für das ganze Deutſchland ſey? Iſt es nicht im §. 1
ausdrücklich ausgeſprochen? Kann es der Nationalverſammlung zur Laſt
gelegt werden, wenn die endlichen Conceſſionen des öſterreichiſchen Mini-
ſteriums (hinſichtlich eines Volkshauſes) und ſeine Erklärungen in man-
cher Hinſicht vielleicht zu ſpät kommen? Ging das Mandat der Verſamm-
lung nicht aus der von der Verſammlung laut anerkannten Volksſouverä-
netät und iſt die Wahl des Oberhaupts dabei nicht mitbegriffen? Kann
die Verſammlung eine Anordnung der Geſchäftsordnung nicht ebenſo gut
als ſie dieſe beſchloß auch wieder abändern? Und ſind die ſchleswigiſchen
Abgeordneten nicht durch einen legalen Beſchluß der Verſammlung als
ſtimmberechtigt zugelaſſen? Mit Geſpanntheit ſieht man der Haltung der
öſterreichiſchen Abgeordneten im weitern Verfolge entgegen, wenn die Re-
gierungen, den Weg der Vereinbarung betretend, mit Abänderungsvorſchlä-
gen, wie faſt kein Zweifel mehr, kommen ſollten. Es muß hiebei aus-
drücklich hervorgehoben werden daß die öſterreichiſchen Abgeordneten in
dieſen Fragen nicht mehr wie in der letzten Zeit eine feſte und geſchloſſene
Phalanx bilden und, ob auch aus verſchiedenen Motiven, Mann für Mann
einen und denſelben Weg geben werden. Die Gefahr an einzelnen Be-
ſtimmungen des Verfaſſungswerks zu rütteln wird manchem einleuchten,
und jeder wird ſeiner beſondern Ueberzeugung über die Ehre und Aufgabe
der Nationalverſammlung folgen. Daß über die Spitze nachträgliche Ab-
änderungen getroffen werden können ohne das Verfaſſungswerk zu berüh-
ren, verſteht ſich von ſelbſt, und darüber iſt man wohl in allen Parteien
einig.


Man beſorgt für morgen eine
ſtürmiſche und, was ſchlimmer iſt, widerwärtige Sitzung. Die Parteien
rüſten ſich zu Anträgen und Gegenanträgen. Das geſcheidteſte dürfte
ſeyn daß man ſich zu einer weitern Vertagung einigte. Vielleicht wäre
noch manches, wenn auch nicht alles zu gewinnen durch Zeitgewinn, etwa
bis die Regierungen die Erklärungen abgegeben haben, zu welchen ſie durch
die Krone Preußen veranlaßt worden ſind. Aber freilich bleibt dann im-
mer noch die Frage: was weiter? Kaum wagt jemand eine Antwort dar-
auf. Die Nationalverſammlung kann zur Verſtändigung mit den Regie-
rungen nicht wohl mehr dienen. Keinerlei Antrag auf Abänderung der
Verfaſſung iſt in ihr mehr durchzubringen. Die Linke läßt keine Abände-
rung derſelben zu, denn die Verfaſſung iſt ihr recht gerade wie ſie iſt. Die
Miniſterial- und Weidenbuſchpartei hat ſich durch Verſprechungen und Un-
terſchriften gebunden. Sie und die Linke bilden zuſammen eine feſte Mehr-
heit, gegen welche auch die verkörperte Beredſamkeit ſelbſt nichts ausrich-
ten würde. Käme den kaiſerloſen Kaiſerlichen auch die Beſorgniß daß das
Vaterland in die ſichtlichſte Gefahr dadurch geriethe daß die Nationalver-
ſammlung unbedingt feſthielte an der Verfaſſung: ſie ſind gebunden. Die
hieſigen Blätter der Kaiſerpartei wiederholen fort und fort ihre nach dem
wahren Sinne handgreiflichen Andeutungen, daß es jetzt Sache des Volks
ſey die Annahme der Verfaſſung früher oder ſpäter durchzuſetzen. Alle
oder doch die meiſten ſprechen wie Beſeler, der in Weimar Namens der
übrigen Mitglieder der Deputation gelobte daß die Verfaſſung dem deut-
ſchen Volke überantwortet werden ſolle, wie ſie berathen und beſchloſſen
worden, unverclauſelt und unverkürzt. „Ob wir zur Rechten oder zur
Linken geſeſſen, darauf kommt jetzt nichts mehr an; jetzt gilt es mit dem

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[0001] Allgemeine Zeitung. Freitag Nr. 103. 13 April 1849. AUGSBURG. Das Abonnement bei allen auch den entferntesten Post- ämtern Bayerns beträgt ohne jeden wei- tern Postaufschlag vierteljährlich 4 fl. 15 kr., für das ganze Jahr 17 fl. im 24 fl. Fuss od. 9 Thlr. 22 Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr. 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Ueberſicht. Deutſchland. Frankfurt (die Adreſſe von 50 öſterreichiſchen Ab- geordneten. Beim Wiederzuſammentritt der Nationalver- ſammlung erklärt daß man an Verfaſſung und Wahlgeſetz unverändert feſthalte. Des Kriegsminiſters Erläuterungen über die Dinge in Schleswig); München (Berichtigung in Betreff des Infan- terie-Leibregiments. Telegraphenlinien und Eiſenbahnen); Celle (Ver- ſammlung von Volksvereinen); Berlin (Eilers über das Eichhorn’ſche Miniſterium. Wechſel im Juſtizminiſterium); von der polniſchen Gränze (Abmarſch der ruſſiſchen Truppen von Kaliſch und der Umgegend. Nie- drige Getreidepreiſe); Schleswig-Holſtein (20,000 Schleswig-Holſteiner ſollen in Jütland einrücken); Wien (der Stand der Heere vor Peſth. Cavall erieverſtärkungen nach Ungarn. Der Lloyd über Frankfurt); Trieſt (die Aufforderungen an die ſardiniſche Flotte. Venedig. Admiral Dahl- rup. Die abbeſtellte Frankfurter Deputirtenwahl). Oeſterreichiſche Monarchie. Peſth (die feindliche Armee in weitem Umkreis dem hart vor Peſth zuſammengezogenen kaiſerlichen Heer gegenüber. Ungewißheit über die nächſte Zukunft). Der Fall von Kronſtadt beſtätigt. Peterwardein erhält Succurs. Spanien. Ankunft Karl Alberts in St. Sebaſtian. Die Cortes. Gefechte in Catalonien. Großbritannien. Trauer um die däniſche Niederlage. Der ka- tholiſche Primas von Irland †. Miß Martineau als Geſchichtſchreiberin. Frankreich. Die Budgetverbandlungen in raſchem Gang. Cho- lerabericht. Engliſch-franzöſiſche Politik in Piemont. Das Gerücht von der Unterwerfung Genua’s von günſtigem Einfluß auf die Börſe. Italien. Rom (in Bologna ſoll die päpſtliche Autörität wieder- hergeſtellt ſeyn); Ancona (die ſardiniſche Flotte lichtet die Anker); Genua und Turin (Details über den Aufſtand und Kampf. Eine Deputation zum König geſandt um zu capituliren). Griechenland. Athen (Cabinetsmodification. Wiederherſtellung einer großen Anzahl Klöſter. Lyons’ Abreiſe). Beilage. Viſchers Aeſthetik. — General v. Peuckers Beiträge zur Beleuchtung einiger Grundlagen für die künftige Wehrverfaſſung Deutſch- lands. — Die jüngſte preußiſche Circularnote. — Einige Bedenken über deutſche Bundes- und Reichsverfaſſung. (IV.) — Frankfurt. (Bedenken gegen Bedenken). — Köln. Datum der Börſen: Madrid 4; London, Paris, Amſterdam 9; Wien 10; Frankfurt 11; Augsburg 12 April. Deutſchland. W Frankfurt a. M., 9 April. Wenn in der letztern Zeit die öſterreichiſchem Abgeordneten aller Parteien Hand in Hand gingen, wenn bei der Abſtimmung über das erbliche Oberhaupt, mit Ausnahme von vie- ren, alle dagegen ſtimmten und bei der Kaiſerwahl ſämmtliche Oeſterrei- cher ohne Ausnahme ſich der Wahl enthielten, ſo ſcheint in neueſter Zeit wieder eine Differenz der Anſchauungsweiſe und politiſchen Ueberzeugung unter ihnen Platz zu greifen. Ein Großtheil, vielleicht der weit überwie- gende Theil der öſterreichiſchen Abgeordneten erklärte laut und offen in ihren Proteſten: die letzten Beſchlüſſe der Nationalverſammlung und daher das ganze Verfaſſungswerk nicht anzuerkennen und eine ſtandhafte Oppo- ſition ihrer Durchführung entgegenzuſtellen; ſie rechtfertigten ihre Stand- punkte in einem Bericht, dem ſich viele außeröſterreichiſche Abgeordnete anſchloſſen, wie denn auch der Bericht ſelber aus der Feder Hrn. Wuttke’s gefloſſen war. In ihren vielſeitigen Proteſten hoben ſie namentlich den Umſtand hervor daß die Nationalverſammlung zum Verfaſſungswerk für das ganze Deutſchland berufen war, das beſtehende Verfaſſungswerk that- ſächlich aber Deutſchöſterreich ausſchließe, daß eine weitere Verſtändigung mit Oeſterreich nicht abgewartet worden ſey, daß das Mandat der Volks- vertreter ſich keineswegs auf die Wahl eines Erbkaiſers erſtrecke, daß die Wahl ſelbſt gegen die Anordnung der Geſchäftsordnung, welche zwiſchen dem Ausſchußbericht und der dießfälligen Berathung einen Zeitraum von vierundzwanzig Stunden verlange, überſtürzt worden ſey, und daß endlich die ſchleswigiſchen Abgeordneten den Ausſchlag bei der Abſtimmung gege- ben hätten, während Schleswig nach §. 1 noch keineswegs zum deutſchen Bundesſtaat gehörig erklärt ſey. In Zuſammenhang mit dieſer An- ſchauungsweiſe verweigerten daher auch die meiſten öſterreichiſchen Abge- ordneten ihre Unterſchrift bei dem Verfaſſungswerke, obwohl am Tage liegt daß die Unterſchrift nichts weniger als das Einverſtändniß mit allen einzelnen Punkten des Verfaſſungswerks, ſondern nur die gehabte Mitwir- kung beurkunde. Mögen Unbefangene urtheilen ob die obenerwähnten Gründe dieſer Proteſte ſtichhaltig ſind. Ein nicht unbeträchtlicher Theil öſterreichiſcher Abgeordneten, obgleich die Beſchlüſſe ſelbſt von Anfang bis zu Ende ſtandhaft bekämpfend, kann den entwickelten Anſichten nicht bei- treten, und wird es zu ſeiner Aufgabe machen den einmal gefaßten Be- ſchlüſſen ungeändert Haltung zu verſchaffen. Wer kann läugnen daß das Verfaſſungswerk für das ganze Deutſchland ſey? Iſt es nicht im §. 1 ausdrücklich ausgeſprochen? Kann es der Nationalverſammlung zur Laſt gelegt werden, wenn die endlichen Conceſſionen des öſterreichiſchen Mini- ſteriums (hinſichtlich eines Volkshauſes) und ſeine Erklärungen in man- cher Hinſicht vielleicht zu ſpät kommen? Ging das Mandat der Verſamm- lung nicht aus der von der Verſammlung laut anerkannten Volksſouverä- netät und iſt die Wahl des Oberhaupts dabei nicht mitbegriffen? Kann die Verſammlung eine Anordnung der Geſchäftsordnung nicht ebenſo gut als ſie dieſe beſchloß auch wieder abändern? Und ſind die ſchleswigiſchen Abgeordneten nicht durch einen legalen Beſchluß der Verſammlung als ſtimmberechtigt zugelaſſen? Mit Geſpanntheit ſieht man der Haltung der öſterreichiſchen Abgeordneten im weitern Verfolge entgegen, wenn die Re- gierungen, den Weg der Vereinbarung betretend, mit Abänderungsvorſchlä- gen, wie faſt kein Zweifel mehr, kommen ſollten. Es muß hiebei aus- drücklich hervorgehoben werden daß die öſterreichiſchen Abgeordneten in dieſen Fragen nicht mehr wie in der letzten Zeit eine feſte und geſchloſſene Phalanx bilden und, ob auch aus verſchiedenen Motiven, Mann für Mann einen und denſelben Weg geben werden. Die Gefahr an einzelnen Be- ſtimmungen des Verfaſſungswerks zu rütteln wird manchem einleuchten, und jeder wird ſeiner beſondern Ueberzeugung über die Ehre und Aufgabe der Nationalverſammlung folgen. Daß über die Spitze nachträgliche Ab- änderungen getroffen werden können ohne das Verfaſſungswerk zu berüh- ren, verſteht ſich von ſelbſt, und darüber iſt man wohl in allen Parteien einig. ȋ Frankfurt a. M., 10 April. Man beſorgt für morgen eine ſtürmiſche und, was ſchlimmer iſt, widerwärtige Sitzung. Die Parteien rüſten ſich zu Anträgen und Gegenanträgen. Das geſcheidteſte dürfte ſeyn daß man ſich zu einer weitern Vertagung einigte. Vielleicht wäre noch manches, wenn auch nicht alles zu gewinnen durch Zeitgewinn, etwa bis die Regierungen die Erklärungen abgegeben haben, zu welchen ſie durch die Krone Preußen veranlaßt worden ſind. Aber freilich bleibt dann im- mer noch die Frage: was weiter? Kaum wagt jemand eine Antwort dar- auf. Die Nationalverſammlung kann zur Verſtändigung mit den Regie- rungen nicht wohl mehr dienen. Keinerlei Antrag auf Abänderung der Verfaſſung iſt in ihr mehr durchzubringen. Die Linke läßt keine Abände- rung derſelben zu, denn die Verfaſſung iſt ihr recht gerade wie ſie iſt. Die Miniſterial- und Weidenbuſchpartei hat ſich durch Verſprechungen und Un- terſchriften gebunden. Sie und die Linke bilden zuſammen eine feſte Mehr- heit, gegen welche auch die verkörperte Beredſamkeit ſelbſt nichts ausrich- ten würde. Käme den kaiſerloſen Kaiſerlichen auch die Beſorgniß daß das Vaterland in die ſichtlichſte Gefahr dadurch geriethe daß die Nationalver- ſammlung unbedingt feſthielte an der Verfaſſung: ſie ſind gebunden. Die hieſigen Blätter der Kaiſerpartei wiederholen fort und fort ihre nach dem wahren Sinne handgreiflichen Andeutungen, daß es jetzt Sache des Volks ſey die Annahme der Verfaſſung früher oder ſpäter durchzuſetzen. Alle oder doch die meiſten ſprechen wie Beſeler, der in Weimar Namens der übrigen Mitglieder der Deputation gelobte daß die Verfaſſung dem deut- ſchen Volke überantwortet werden ſolle, wie ſie berathen und beſchloſſen worden, unverclauſelt und unverkürzt. „Ob wir zur Rechten oder zur Linken geſeſſen, darauf kommt jetzt nichts mehr an; jetzt gilt es mit dem

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 103, 13. April 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine103_1849/1>, abgerufen am 31.10.2024.