Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
scher bei Seite läßt. Die Verlesung der von der Deputation auf die Ant- Stunde nicht zugekommen. [Spaltenumbruch]
ſcher bei Seite läßt. Die Verleſung der von der Deputation auf die Ant- Stunde nicht zugekommen. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="1590"/><cb/> ſcher bei Seite läßt. Die Verleſung der von der Deputation auf die Ant-<lb/> wort des Königs abgegebenen Erklärung wird von der Linken lebhaft be-<lb/> klatſcht. Zur Motivirung jener Erklärung fügt der Berichterſtatter hin-<lb/> zu daß der Deputation nicht bloß in der Antwort des Königs, ſondern<lb/> auch im Privatverkehr mit hochgeſtellten Perſonen mehrmals die Anſicht<lb/> entgegengetreten als ſey die Uebertragung der Kaiſerwürde etwas von der<lb/> Verfaſſung getrenntes, oder doch trennbares, und daß die Deputation<lb/> ſich verpflichtet geglaubt dieſes offenbare Mißverſtändniß zu berichtigen,<lb/> ohne daß ſie ſich dadurch eine Kritik der Antwort des Königs habe anma-<lb/> ßen wollen. Der ſehr einfache und anſpruchsloſe Schluß des Vortrags<lb/> des Hrn. Simſon wird mit Beifall begleitet. Die HH. Heckſcher, Her-<lb/> mann, Wuttke, Reichenſperger, Buß, Perthaler, Schuler, Edel, Möring<lb/> und andere ſtellen den „dringlichen“ Antrag an die Stelle des Kaiſers einen<lb/> Reichsſtatthalter zu ſetzen, welchem ſechs Bevollmächtigte der anderen deut-<lb/> ſchen Staaten zur Seite gegeben werden ſollen. Die Würde des Reichsſtatt-<lb/> halters ſoll von drei zu drei Jahren zwiſchen dem Kaiſer von Oeſterreich<lb/> und dem König von Preußen wechſeln u. ſ. w. Der Antrag welcher die<lb/> weſentliche Abänderung von etwa 20 der wichtigſten Paragraphen der Ver-<lb/> faſſung verlangt, und überdieß eine Menge von Zuſatzartikeln umfaßt, iſt<lb/> ſo ausführlich und geht in ſo viele Einzelheiten ein daß die Verleſung<lb/> desſelben wenigſtens eine Viertel ſtunde erfordert. Ein zweiter „dringli-<lb/> cher“ Antrag der HH. Kieruff, Vogt, Stavenhagen und anderer geht<lb/> dahin daß die Reichsverſammlung erklären wolle daß ſie an der Reichsverfaſ-<lb/> ſung und dem Wahlgeſetz unwandelbar feſthalte, und daß der Bericht der De-<lb/> putation an einen Ausſchuß zur ſchleunigen Berichterſtattung verwieſen werde.<lb/> Ein weiterer dringlicher Antrag der HH. M. <hi rendition="#g">Mohl, Ahrens, Uhland</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Römer</hi> will daß beſchloſſen werde: die Oberhauptsfrage, in Folge der<lb/> Antwort des Königs von Preußen, als eine offene zu betrachten und an<lb/> einen Ausſchuß zu verweiſen, die Reichsverfaſſung und das Wahlgeſetz<lb/> uber aufrechtzuerhalten. Ein Zuſatzvorſchlag des Hrn. <hi rendition="#g">Simon</hi> (aus<lb/> Trier) zu dem Kierulff’ſchen Antrage geht dahin daß die Verſammlung<lb/> die Erklärung der Deputation ausdrücklich gutheiße, und dem niederzu-<lb/> ſetzenden Ausſchuſſe aufgebe ſeinen Bericht ſo frühzeitig zu erſtatten daß<lb/> die Verhandlung darüber ſpäteſtens am nächſten Montag beginnen könne.<lb/> Ein Antrag der HH. <hi rendition="#g">Gombart, Detmold, Neumann, Grävell,<lb/> Wulffen, Schulheim</hi> und einiger andern auf dem Standpunkte der<lb/> Vereinbarung ſtehenden Abgeordneten will daß die Erklärungen der Re-<lb/> gierungen über die Verfaſſung abgewartet werden, und daß ſich die Ver-<lb/> ſammlung demnach auf 4 Wochen vertage. (Gelächter.) Hr. <hi rendition="#g">Maifeld</hi><lb/> beantragt daß, nachdem der König von Preußen die Kaiſerkrone abgelehnt<lb/> habe, und da kein anderer deutſcher Fürſt im Fall ſey dieſelbe anzuneh-<lb/> men, ein Ausſchuß von 30 Mitgliedern gewählt werde um Vorſchläge<lb/> über eine andere Regierungsform zu machen. Die HH. v. <hi rendition="#g">Dieskau,<lb/> Wiesner, Schlöffel, Würth, Titus</hi> und einige andere wollen daß<lb/> mit Wegfall des Kaiſerthums das ganze Capitel vom Reichsoberhaupt aus<lb/> der Verfaſſung beſeitigt, und die vollziehende Gewalt einem auf vier Jahre<lb/> zu wählenden Präſtdenten übertragen werde. Hr. <hi rendition="#g">Schütz</hi> (aus Mainz)<lb/> beantragt: daß, da der König von Preußen im Namen des Rechts von Gottes<lb/> Gnaden den Krieg gegen die Souveränetät der Nation erklärt habe, auf<lb/> Grund des Reichswahlgeſetzes eine neue Nationalverſammlung ausge-<lb/> ſchrieben werde, bis zu deren Zuſammentritt die gegenwärtige National-<lb/> verſammlung die geſammte Centralgewalt durch einen Vollziehungsaus-<lb/> ſchuß ausüben ſolle. Nach Verleſung aller dieſer Anträge ſchlägt Hr.<lb/><hi rendition="#g">Eiſenmann</hi> vor: von jedem Eingehen auf den vorliegenden Gegenſtand,<lb/> ſeiner Schwierigkeit wegen, für jetzt abzuſehen, und die ſämmtlichen An-<lb/> träge vor allen Dingen an einen Ausſchuß zu verweiſen. Hr. <hi rendition="#g">Heckſcher</hi><lb/> dagegen beſteht darauf daß die Dringlichkeit ſeines Antrags zur Abſtim-<lb/> mung gebracht werde. Inzwiſchen iſt ein weiterer Antrag des Hrn. <hi rendition="#g">Schlöf-<lb/> fel</hi> eingelaufen, welcher, „da die Würde eines ſouveränen Volkes verbiete<lb/> mit ungehorſamen Fürſten auf Unterhandlungen einzugehen“, darauf hin-<lb/> ausläuft daß die Reichsverſammlung ſich für permanent erkläre, das Volk<lb/> zu ihrem Schutze gegen ſogenannte geſetzliche Streitkräfte aufrufe, und daß<lb/> ſie die vollziehende Gewalt einem vom Volke gewählten Vollziehungsaus-<lb/> ſchuß übertrage. Hr. v. <hi rendition="#g">Wulffen</hi> beantragt: die Reichsverſammlung<lb/> wolle ſich vertagen bis die Erklärungen der Einzelſtaaten über die Verfaſ-<lb/> ſung eingegangen ſeyen, indem die Aufgabe der Nationalverſammlung<lb/> durch die Vollendung der Verfaſſung erledigt und ihre Vollmacht durch<lb/> deren Verkündigung erloſchen ſey, zumal die Verſammlung ſelbſt die aus-<lb/> übende Gewalt auf den Reichsverweſer übertragen habe, dem die Voll-<lb/> ziehung der Verfaſſung jetzt obliege. Hr. <hi rendition="#g">Arndts</hi> (aus München) be-<lb/> autragt: daß, da der König von Preußen die erbliche Kaiſerwürde nicht an-<lb/> genommen habe, die Wahl desſelben als nicht geſchehen betrachtet, und ein<lb/> neuer Ausſchuß gewählt werde um in kürzeſter Friſt über die zu ergreifenden<lb/> Maßregeln zu ber chten. Hierauf ſtellt der Vorſitzende zuerſt in Bezug<lb/> auf den Heckſcher-Hermann’ſchen Antrag die Dringlichkeitsfrage, welche,<lb/><cb/> wie von der geſunden Vernunft der Verſammlung zu erwarten war, mit<lb/> allen gegen 20 bis 30 Stimmen verneint wird. Dagegen wird die Dring-<lb/> lichkeit des Antrags der HH. Kierulff, Vogt und Genoſſen mit großer<lb/> Mehrheit anerkannt. (Beifall von der Galerie, welche vom Vorſitzenden<lb/> zur Ordnung verwieſen wird.) Hr. <hi rendition="#g">Raveaur:</hi> Er habe nur ſehr we-<lb/> nige Worte an die Verſammlung zu richten. Auf das Materielle des An-<lb/> trags wolle er nicht eingehen; er mache nur aufmerkſam auf den Moment,<lb/> der dringender als irgendein anderer gebiete feſtzuhalten an der Souverä-<lb/> netät der Nation, und an der Endgültigkeit der von der Reichsverſamm-<lb/> lung gefaßten Beſchlüſſe. Er hoffe daß der bevorſtehende Beſchluß ein-<lb/> ſtimmig werde gefaßt werden, und er ſey ſicher daß ein ſolcher Beſchluß<lb/> Eindruck machen werde auf die Fürſten und auf die Nation. (Beifall.)<lb/> Hr. <hi rendition="#g">Wurm</hi> beginnt damit daß er auf eine etwas ungeſchickte Weiſe auf<lb/> den Inhalt der ſchwebenden Frage eingeht; er fährt fort indem er in einem<lb/> ebenſo ungeſchickten Vathos gegen das „Hofgefinde“ eifert, und er endet<lb/> damit daß ſeine Rede ohne den allermindeſten Knall abblitzt. Hr. Moriz<lb/><hi rendition="#g">Mohl</hi> ſpricht gegen den Kierulff’ſchen Antrag, weil derſelbe ſage daß die<lb/> Verſammlung unwandelbar an der Reichsverfaſſung feſthalte, während es<lb/> doch eine Thatſache ſey daß dieſelbe in Einem Punkte durch die Ableh-<lb/> nung des Königs von Preußen unausführbar geworden ſey. Jedermann<lb/> werde ihm zugeben daß man zwar Matroſen aber keinen Kaiſer preſſe<lb/> (Beifall und Heiterkeit), und es ſey deßhalb eine logiſche Abgeſchmacktheit<lb/> zu ſagen, man halte unwandelbar an einem Kaiſer feſt den man nicht<lb/> habe. Hr. <hi rendition="#g">Simon</hi> (aus Trier) befürwortet den Zuſatzvorſchlag zu dem<lb/> Kierulff’ſchen Antrage, demzufolge die Erklärung der Deputation auf die<lb/> Antwort des Königs durch die Reichsverſammlung ausdrücklich gebilligt<lb/> werden ſoll, wornach denn die Nothwendigkeit der Niederſetzung eines Aus-<lb/> ſchuſſes zur Berichterſtattung über den Bericht der Deputation wegfalle.<lb/> Auch er halte feſt an der Verfaſſung ſowie ſie vorliege, obgleich er gegen die<lb/> erbliche Kaiſerwürde geſtimmt und an der Wahl des Kaiſers nicht theilgenom-<lb/> men habe, denn er ſey überzeugt daß dieſe Verfaſſung die einzige Fahne ſey<lb/> unter welcher ſich alle Parteien ſchaaren können, die im Stande ſeyen einen<lb/> entſcheidenden Einfluß auf die Geſchicke Deutſchlands auszuüben. Durch<lb/> die Ablehnung des Königs von Preußen ſey nur eine Perſonenfrage zu<lb/> einer offenen geworden, über deren Löſung der niederzuſetzende Ausſchuß<lb/> ſeine Vorſchläge zu machen habe. Er wolle nicht im Namen der Linken<lb/> darüber frohlocken daß deren Vorausſetzungen in Erfüllung gegangen, er<lb/> wolle ſich vielmehr der Mehrheit anſchließen um mit vereinten Kräſten die<lb/> Anerkennung der Verfaſſung durchſetzen zu helfen. (Beifall.) Es ſey ſchon<lb/> von anderer Seite her geſagt worden daß man an der Verfaſſung feſthalten<lb/> wolle; er wünſche daß man damit nicht gemeint habe daß man nach Hauſe<lb/> gehen und in ſeiner Ueberzeugung der Verfaſſung treu bleiben wolle, er<lb/> hoffe vielmehr daß man für ſeine Ueberzeugung auch zu handeln entſchloſ-<lb/> ſen ſey, wie es Männern geziemt. (Großer Beifall.) Die noch eingezeich-<lb/> neten Redner verzichten aufs Wort, und die Verſammlung iſt im Begriff<lb/> zur Abſtimmung zu ſchreiten, als Hr. <hi rendition="#g">Wigard</hi> bemerkt daß noch eine<lb/> Anzahl anderer „dringlicher“ Anträge vorliege, über deren Dringlichkeit<lb/> die Verſammlung zuvor entſcheiden müſſe, damit die Aufftellung einer<lb/> regelmäßigen Reihenfolge der Fragen möglich ſey. Hierauf wird von dem<lb/> Wulffen’ſchen Antrag angefangen, der nur zehn oder zwölf Stimmen der<lb/> Unterftützung findet, die Dringlichkeit der ſämmtlichen noch vorliegenden<lb/> Anträge durch die Reichsverſammlung verneint. Nach einer langen und<lb/> widerwärtigen Verhandlung über die Frageſtellung wird der Kierulff’ſche<lb/> Antrag zuerſt mit den von Hrn. Simon vorgeſchlagenen Veränderungen<lb/> (ſiehe oben) zur Abſtimmung gebracht und mit ſehr großer Mehrheit (nur<lb/> ein Theil der Linken erhebt ſich für denſelben) verworfen. Hierauf wird<lb/> die Frage auf denſelben Antrag mit der von Hrn. Ahrens vorgeſchlagenen<lb/> Veränderung geſtellt, die dahin geht daß die Oberhauptsfrage als eine<lb/> offene behandelt werde. Wiederum erhebt ſich nur ein kleiner Theil der<lb/> Verſammlung, und der Vorſitzende iſt im Begriff die Verwerfung des<lb/> Antrags zu verkündigen, als Hr. Ahrens auf die Rednerbühne ſpringt<lb/> und behauptet daß er das Recht der namentlichen Abſtimmung über ſeinen<lb/> Antrag habe. Trotz vielfachen Widerſpruchs geht dieſe zuletzt vor ſich,<lb/> und Hr. Ahrens hat die Genugthuung hundert und einige Stimmen zu<lb/> ſeinem Antrag Ja ſagen zu hören, während mehr als dreihundert Stim-<lb/> men denſelben verneinen. Schließlich wird dann der Kierulff’ſche Antrag<lb/> in ſeiner urſprünglichen Geſtalt zur Abſtimmung gebracht und mit 276<lb/> gegen 159 Stimmen angenommen. Die Wahl des zu ernennenden Aus-<lb/> ſchuſſes wird in den Abtheilungen erſt morgen vor ſich gehen um den ein-<lb/> zelnen Parteien Zeit zu laſſen zur vorgängigen Verſtändigung. Nächſte<lb/> Sitzung übermorgen. Tagesordnung: Neuwahl des Vorſtandes und<lb/> einige unbedeutende Gegenſtände die ſchon auf der heutigen Tagesordnung<lb/> ſtanden. Schluß der Sitzung 2 Uhr.</p><lb/> <trailer>* Die neueſte <hi rendition="#g">Frankfurter Poſt</hi> (vom 12 April) iſt uns bis zur<lb/> Stunde nicht zugekommen.</trailer><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1590/0002]
ſcher bei Seite läßt. Die Verleſung der von der Deputation auf die Ant-
wort des Königs abgegebenen Erklärung wird von der Linken lebhaft be-
klatſcht. Zur Motivirung jener Erklärung fügt der Berichterſtatter hin-
zu daß der Deputation nicht bloß in der Antwort des Königs, ſondern
auch im Privatverkehr mit hochgeſtellten Perſonen mehrmals die Anſicht
entgegengetreten als ſey die Uebertragung der Kaiſerwürde etwas von der
Verfaſſung getrenntes, oder doch trennbares, und daß die Deputation
ſich verpflichtet geglaubt dieſes offenbare Mißverſtändniß zu berichtigen,
ohne daß ſie ſich dadurch eine Kritik der Antwort des Königs habe anma-
ßen wollen. Der ſehr einfache und anſpruchsloſe Schluß des Vortrags
des Hrn. Simſon wird mit Beifall begleitet. Die HH. Heckſcher, Her-
mann, Wuttke, Reichenſperger, Buß, Perthaler, Schuler, Edel, Möring
und andere ſtellen den „dringlichen“ Antrag an die Stelle des Kaiſers einen
Reichsſtatthalter zu ſetzen, welchem ſechs Bevollmächtigte der anderen deut-
ſchen Staaten zur Seite gegeben werden ſollen. Die Würde des Reichsſtatt-
halters ſoll von drei zu drei Jahren zwiſchen dem Kaiſer von Oeſterreich
und dem König von Preußen wechſeln u. ſ. w. Der Antrag welcher die
weſentliche Abänderung von etwa 20 der wichtigſten Paragraphen der Ver-
faſſung verlangt, und überdieß eine Menge von Zuſatzartikeln umfaßt, iſt
ſo ausführlich und geht in ſo viele Einzelheiten ein daß die Verleſung
desſelben wenigſtens eine Viertel ſtunde erfordert. Ein zweiter „dringli-
cher“ Antrag der HH. Kieruff, Vogt, Stavenhagen und anderer geht
dahin daß die Reichsverſammlung erklären wolle daß ſie an der Reichsverfaſ-
ſung und dem Wahlgeſetz unwandelbar feſthalte, und daß der Bericht der De-
putation an einen Ausſchuß zur ſchleunigen Berichterſtattung verwieſen werde.
Ein weiterer dringlicher Antrag der HH. M. Mohl, Ahrens, Uhland
und Römer will daß beſchloſſen werde: die Oberhauptsfrage, in Folge der
Antwort des Königs von Preußen, als eine offene zu betrachten und an
einen Ausſchuß zu verweiſen, die Reichsverfaſſung und das Wahlgeſetz
uber aufrechtzuerhalten. Ein Zuſatzvorſchlag des Hrn. Simon (aus
Trier) zu dem Kierulff’ſchen Antrage geht dahin daß die Verſammlung
die Erklärung der Deputation ausdrücklich gutheiße, und dem niederzu-
ſetzenden Ausſchuſſe aufgebe ſeinen Bericht ſo frühzeitig zu erſtatten daß
die Verhandlung darüber ſpäteſtens am nächſten Montag beginnen könne.
Ein Antrag der HH. Gombart, Detmold, Neumann, Grävell,
Wulffen, Schulheim und einiger andern auf dem Standpunkte der
Vereinbarung ſtehenden Abgeordneten will daß die Erklärungen der Re-
gierungen über die Verfaſſung abgewartet werden, und daß ſich die Ver-
ſammlung demnach auf 4 Wochen vertage. (Gelächter.) Hr. Maifeld
beantragt daß, nachdem der König von Preußen die Kaiſerkrone abgelehnt
habe, und da kein anderer deutſcher Fürſt im Fall ſey dieſelbe anzuneh-
men, ein Ausſchuß von 30 Mitgliedern gewählt werde um Vorſchläge
über eine andere Regierungsform zu machen. Die HH. v. Dieskau,
Wiesner, Schlöffel, Würth, Titus und einige andere wollen daß
mit Wegfall des Kaiſerthums das ganze Capitel vom Reichsoberhaupt aus
der Verfaſſung beſeitigt, und die vollziehende Gewalt einem auf vier Jahre
zu wählenden Präſtdenten übertragen werde. Hr. Schütz (aus Mainz)
beantragt: daß, da der König von Preußen im Namen des Rechts von Gottes
Gnaden den Krieg gegen die Souveränetät der Nation erklärt habe, auf
Grund des Reichswahlgeſetzes eine neue Nationalverſammlung ausge-
ſchrieben werde, bis zu deren Zuſammentritt die gegenwärtige National-
verſammlung die geſammte Centralgewalt durch einen Vollziehungsaus-
ſchuß ausüben ſolle. Nach Verleſung aller dieſer Anträge ſchlägt Hr.
Eiſenmann vor: von jedem Eingehen auf den vorliegenden Gegenſtand,
ſeiner Schwierigkeit wegen, für jetzt abzuſehen, und die ſämmtlichen An-
träge vor allen Dingen an einen Ausſchuß zu verweiſen. Hr. Heckſcher
dagegen beſteht darauf daß die Dringlichkeit ſeines Antrags zur Abſtim-
mung gebracht werde. Inzwiſchen iſt ein weiterer Antrag des Hrn. Schlöf-
fel eingelaufen, welcher, „da die Würde eines ſouveränen Volkes verbiete
mit ungehorſamen Fürſten auf Unterhandlungen einzugehen“, darauf hin-
ausläuft daß die Reichsverſammlung ſich für permanent erkläre, das Volk
zu ihrem Schutze gegen ſogenannte geſetzliche Streitkräfte aufrufe, und daß
ſie die vollziehende Gewalt einem vom Volke gewählten Vollziehungsaus-
ſchuß übertrage. Hr. v. Wulffen beantragt: die Reichsverſammlung
wolle ſich vertagen bis die Erklärungen der Einzelſtaaten über die Verfaſ-
ſung eingegangen ſeyen, indem die Aufgabe der Nationalverſammlung
durch die Vollendung der Verfaſſung erledigt und ihre Vollmacht durch
deren Verkündigung erloſchen ſey, zumal die Verſammlung ſelbſt die aus-
übende Gewalt auf den Reichsverweſer übertragen habe, dem die Voll-
ziehung der Verfaſſung jetzt obliege. Hr. Arndts (aus München) be-
autragt: daß, da der König von Preußen die erbliche Kaiſerwürde nicht an-
genommen habe, die Wahl desſelben als nicht geſchehen betrachtet, und ein
neuer Ausſchuß gewählt werde um in kürzeſter Friſt über die zu ergreifenden
Maßregeln zu ber chten. Hierauf ſtellt der Vorſitzende zuerſt in Bezug
auf den Heckſcher-Hermann’ſchen Antrag die Dringlichkeitsfrage, welche,
wie von der geſunden Vernunft der Verſammlung zu erwarten war, mit
allen gegen 20 bis 30 Stimmen verneint wird. Dagegen wird die Dring-
lichkeit des Antrags der HH. Kierulff, Vogt und Genoſſen mit großer
Mehrheit anerkannt. (Beifall von der Galerie, welche vom Vorſitzenden
zur Ordnung verwieſen wird.) Hr. Raveaur: Er habe nur ſehr we-
nige Worte an die Verſammlung zu richten. Auf das Materielle des An-
trags wolle er nicht eingehen; er mache nur aufmerkſam auf den Moment,
der dringender als irgendein anderer gebiete feſtzuhalten an der Souverä-
netät der Nation, und an der Endgültigkeit der von der Reichsverſamm-
lung gefaßten Beſchlüſſe. Er hoffe daß der bevorſtehende Beſchluß ein-
ſtimmig werde gefaßt werden, und er ſey ſicher daß ein ſolcher Beſchluß
Eindruck machen werde auf die Fürſten und auf die Nation. (Beifall.)
Hr. Wurm beginnt damit daß er auf eine etwas ungeſchickte Weiſe auf
den Inhalt der ſchwebenden Frage eingeht; er fährt fort indem er in einem
ebenſo ungeſchickten Vathos gegen das „Hofgefinde“ eifert, und er endet
damit daß ſeine Rede ohne den allermindeſten Knall abblitzt. Hr. Moriz
Mohl ſpricht gegen den Kierulff’ſchen Antrag, weil derſelbe ſage daß die
Verſammlung unwandelbar an der Reichsverfaſſung feſthalte, während es
doch eine Thatſache ſey daß dieſelbe in Einem Punkte durch die Ableh-
nung des Königs von Preußen unausführbar geworden ſey. Jedermann
werde ihm zugeben daß man zwar Matroſen aber keinen Kaiſer preſſe
(Beifall und Heiterkeit), und es ſey deßhalb eine logiſche Abgeſchmacktheit
zu ſagen, man halte unwandelbar an einem Kaiſer feſt den man nicht
habe. Hr. Simon (aus Trier) befürwortet den Zuſatzvorſchlag zu dem
Kierulff’ſchen Antrage, demzufolge die Erklärung der Deputation auf die
Antwort des Königs durch die Reichsverſammlung ausdrücklich gebilligt
werden ſoll, wornach denn die Nothwendigkeit der Niederſetzung eines Aus-
ſchuſſes zur Berichterſtattung über den Bericht der Deputation wegfalle.
Auch er halte feſt an der Verfaſſung ſowie ſie vorliege, obgleich er gegen die
erbliche Kaiſerwürde geſtimmt und an der Wahl des Kaiſers nicht theilgenom-
men habe, denn er ſey überzeugt daß dieſe Verfaſſung die einzige Fahne ſey
unter welcher ſich alle Parteien ſchaaren können, die im Stande ſeyen einen
entſcheidenden Einfluß auf die Geſchicke Deutſchlands auszuüben. Durch
die Ablehnung des Königs von Preußen ſey nur eine Perſonenfrage zu
einer offenen geworden, über deren Löſung der niederzuſetzende Ausſchuß
ſeine Vorſchläge zu machen habe. Er wolle nicht im Namen der Linken
darüber frohlocken daß deren Vorausſetzungen in Erfüllung gegangen, er
wolle ſich vielmehr der Mehrheit anſchließen um mit vereinten Kräſten die
Anerkennung der Verfaſſung durchſetzen zu helfen. (Beifall.) Es ſey ſchon
von anderer Seite her geſagt worden daß man an der Verfaſſung feſthalten
wolle; er wünſche daß man damit nicht gemeint habe daß man nach Hauſe
gehen und in ſeiner Ueberzeugung der Verfaſſung treu bleiben wolle, er
hoffe vielmehr daß man für ſeine Ueberzeugung auch zu handeln entſchloſ-
ſen ſey, wie es Männern geziemt. (Großer Beifall.) Die noch eingezeich-
neten Redner verzichten aufs Wort, und die Verſammlung iſt im Begriff
zur Abſtimmung zu ſchreiten, als Hr. Wigard bemerkt daß noch eine
Anzahl anderer „dringlicher“ Anträge vorliege, über deren Dringlichkeit
die Verſammlung zuvor entſcheiden müſſe, damit die Aufftellung einer
regelmäßigen Reihenfolge der Fragen möglich ſey. Hierauf wird von dem
Wulffen’ſchen Antrag angefangen, der nur zehn oder zwölf Stimmen der
Unterftützung findet, die Dringlichkeit der ſämmtlichen noch vorliegenden
Anträge durch die Reichsverſammlung verneint. Nach einer langen und
widerwärtigen Verhandlung über die Frageſtellung wird der Kierulff’ſche
Antrag zuerſt mit den von Hrn. Simon vorgeſchlagenen Veränderungen
(ſiehe oben) zur Abſtimmung gebracht und mit ſehr großer Mehrheit (nur
ein Theil der Linken erhebt ſich für denſelben) verworfen. Hierauf wird
die Frage auf denſelben Antrag mit der von Hrn. Ahrens vorgeſchlagenen
Veränderung geſtellt, die dahin geht daß die Oberhauptsfrage als eine
offene behandelt werde. Wiederum erhebt ſich nur ein kleiner Theil der
Verſammlung, und der Vorſitzende iſt im Begriff die Verwerfung des
Antrags zu verkündigen, als Hr. Ahrens auf die Rednerbühne ſpringt
und behauptet daß er das Recht der namentlichen Abſtimmung über ſeinen
Antrag habe. Trotz vielfachen Widerſpruchs geht dieſe zuletzt vor ſich,
und Hr. Ahrens hat die Genugthuung hundert und einige Stimmen zu
ſeinem Antrag Ja ſagen zu hören, während mehr als dreihundert Stim-
men denſelben verneinen. Schließlich wird dann der Kierulff’ſche Antrag
in ſeiner urſprünglichen Geſtalt zur Abſtimmung gebracht und mit 276
gegen 159 Stimmen angenommen. Die Wahl des zu ernennenden Aus-
ſchuſſes wird in den Abtheilungen erſt morgen vor ſich gehen um den ein-
zelnen Parteien Zeit zu laſſen zur vorgängigen Verſtändigung. Nächſte
Sitzung übermorgen. Tagesordnung: Neuwahl des Vorſtandes und
einige unbedeutende Gegenſtände die ſchon auf der heutigen Tagesordnung
ſtanden. Schluß der Sitzung 2 Uhr.
* Die neueſte Frankfurter Poſt (vom 12 April) iſt uns bis zur
Stunde nicht zugekommen.
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(2022-09-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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