Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
würde als ein wahrer Hirt die ihm anvertraute Heerde führen und vertheidigen, Was uns vielleicht in diesen Gedanken und Vorschlägen als überschwäng- Aus München. München, 7 Jan. Der Bildhauer Anton Heß hat die kolossalen Nachträglich haben wir noch den Tod des Historienmalers Karl Friedrich In den jüngsten Tagen hat sich ein neuer "Verein für Kunst- und Heute beginnt der in siebenjähriger Frist wiederkehrende sog. Schäffler- Neueste Posten. @ München, 11 Jan. In einer Münchener Correspondenz der "Donau- x München, 11 Jan. Der Redacteur der demokratischen "Süddeutschen * Berlin, 9 Jan. "Kreuzzeitung" und "Germania" fahren fort gegen [Spaltenumbruch]
würde als ein wahrer Hirt die ihm anvertraute Heerde führen und vertheidigen, Was uns vielleicht in dieſen Gedanken und Vorſchlägen als überſchwäng- Aus München. ̐ München, 7 Jan. Der Bildhauer Anton Heß hat die koloſſalen Nachträglich haben wir noch den Tod des Hiſtorienmalers Karl Friedrich In den jüngſten Tagen hat ſich ein neuer „Verein für Kunſt- und Heute beginnt der in ſiebenjähriger Friſt wiederkehrende ſog. Schäffler- Neueſte Poſten.  München, 11 Jan. In einer Münchener Correſpondenz der „Donau- × München, 11 Jan. Der Redacteur der demokratiſchen „Süddeutſchen * Berlin, 9 Jan. „Kreuzzeitung“ und „Germania“ fahren fort gegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0012" n="172"/><cb/> würde als ein wahrer Hirt die ihm anvertraute Heerde führen und vertheidigen,<lb/> und ſich mit dem König von Italien verſöhnen.</p><lb/> <p>Was uns vielleicht in dieſen Gedanken und Vorſchlägen als überſchwäng-<lb/> lich und unpraktiſch berühren könnte, mögen wir der Phantaſie des Südländers<lb/> und dem einſamen von der Welt abgeſchnittenen Lebensgange des Mönchs und<lb/> Verfolgten zu gute halten. Aber ein Mann von ſolch tiefreligiöſer Geſinnung und<lb/> ſolch ſittenreinem Wandel, wie Fra Andrea, welcher in der Liebe zur Kirche und zur<lb/> Menſchheit ſelbſtlos geworden, alle Leiden und Kämpfe muthig auf ſich nahm und<lb/> in der freudenloſen Einſamkeit ſeiner Seele ungebrochen duldete und ſtritt, dem<lb/> unter ſo vielen Enttäuſchungen der Glaube an den Sieg der Wahrheit und des<lb/> Rechts nicht entriſſen werden konnte, iſt eine Natur aus dem Stoffe der Helden der<lb/> kirchlichen Reformationen. Sein Glaube wird ihn nicht betrügen, und das Opfer<lb/> ſeines Lebens wird nicht vergeblich gebracht ſein!</p><lb/> <byline> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#g">Johannes Huber.</hi> </hi> </byline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aus München.</hi> </head> <div type="jComment" n="3"> <dateline>̐ <hi rendition="#b">München,</hi> 7 Jan.</dateline> <p>Der Bildhauer Anton Heß hat die koloſſalen<lb/> Statuen (in Kelheimer Kalkſtein) vollendet, welche nächſter Tage unſer neues<lb/> Rathhaus zieren werden. Sie ſtellen die vier Bürgertugenden in ſelbſtredenden<lb/> äußerſt gelungen charakteriſirten Geſtalten dar. Zuerſt der Gewerbfleiß, eine<lb/> prächtige dralle Jünglingsgeſtalt, in welcher die freudige volle Zuverſicht des<lb/> Lebens pulſirt; mit dem Hammer in der ſehnigen Fauſt repräſentirt der Geſelle<lb/> die ewig junge Kraft, welche einen ſoliden Bürgerſtand zu gründen ſtrebt. Der<lb/> Jüngling unternimmt den Aufbau des Hauſes, worauf das Winkelmaß und die<lb/> als Stütze benützten Bauſteine hindeuten; er bildet die Baſis aller Bürgertugenden,<lb/> auf welcher der häusliche Herd aufgebaut wird. Heß zeigt in liebevollſter Ausfüh-<lb/> rung die Häuslichkeit als die ſorgſame Mutter mit dem Kindlein auf dem Arm;<lb/> Spinnrocken und Spindel weiſen auf die waltende Hausfrau, die zugleich Repräſen-<lb/> tantin der Treue, der Erziehung und des Bürgerreichthums iſt. Der Schutz des<lb/> Hauſes bleibt dem Vater anvertraut, welcher als Bürgermuth vorgeführt iſt, eine<lb/> ganz ausgezeichnete Geſtalt; kein Ritter und kein Landsknecht, ſondern in bürger-<lb/> licher Waffenkleidung, in defenſiver Stellung, auf einer Mauerzinne ſtehend, einen<lb/> mittelalterlichen Leibprotector in der entſchloſſenen Fauſt, ſtützt er ſich auf den mit<lb/> dem Münchener Wappenbilde gezierten Schild, und ſpäht, bereit zur Abwehr, der<lb/> Gefahr entgegen. Dieſe ruhig, klar und feſt blickende Entſchloſſenheit, die unter<lb/> dem breiten Eiſenhut ſo ſicher ausſchaut, bereit ſein gutes Recht und das Heilig-<lb/> thum des Hauſes zu vertheidigen, iſt meiſterhaft in der ganzen Figur ausgeſprochen.<lb/> Dazu geſellt ſich eine liebreizende Jungfrau, die Mildthätigkeit, welche einem armen<lb/> Kinde Brod ſpendet und ſo zugleich Repräſentantin der Religion und Armenpflege<lb/> iſt. Die Figuren ſind ſo edel und groß wie die Ausführung tüchtig und verſtän-<lb/> dig, ebenſo entfernt von jeder idealen Phraſeologie wie von graſſer Realiſtik, ein<lb/> wahres Kunſtwerk und eine echte Zier dieſes Baues, der bei fortſchreitender Aus-<lb/> führung immer mehr Freunde gewinnt. Selbſt unſer ſel. Ludwig Lange, welcher<lb/> für einen reichen Renaiſſance-Bau ſchwärmte, würde jetzt dem Meiſter Hauberriſſer<lb/> verſöhnt die Hand reichen!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Nachträglich haben wir noch den Tod des Hiſtorienmalers Karl Friedrich<lb/> Fries zu melden. Im National-Muſeum iſt er mit einem Frescobild (Bayern<lb/> erhält die Kurwürde 1623) vertreten. Als Künſtler geſchätzt, in höchſt angenehmen,<lb/> mehr als behäbigen Verhältniſſen lebend, floh derſelbe, wie man ſagt, um uner-<lb/> träglich gewordenen Familienereigniſſen zu entgehen, nach St. Gallen, wo er am<lb/> 22 Spt. in Folge der erlebten Gemüthserſchütterung am gebrochenen Herzen ſtarb.<lb/> Sein unglückliches Ende klingt wie der romanhafte Schluß einer Tragödie.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>In den jüngſten Tagen hat ſich ein neuer „Verein für Kunſt- und<lb/> Culturgeſchichte“ conſtituirt, in welchem ſich die wiſſenſchaftlichen Kräfte der<lb/> in gelinde Anarchie gerathenen frühern Alterthums-Vereine neu zuſammenfanden.<lb/> Der Verein ſtellt ſich „die Aufgabe das Intereſſe für die Denkmäler der Kunſt und<lb/> des Kunſthandwerks in ihrer künſtleriſchen und culturhiſtoriſchen Bedeutung für<lb/> Vergangenheit und Gegenwart zu beleben und zu fördern.“ Dazu wird in den<lb/> regelmäßigen Sitzungen immer ein Vortrag gehalten, „welcher die Aufgabe hat<lb/> in einer dem allgemeinen Verſtändniſſe zugänglichen Form einzelne bedeutende<lb/> Denkmäler oder Gruppen zu erläutern, kunſthiſtoriſche Fragen zu beſprechen, neue<lb/> Entdeckungen und die Reſultate der jüngſten wiſſenſchaftlichen Forſchungen mitzu-<lb/> theilen und in ihren Beziehungen für die Wiſſenſchaft wie für das Leben zu erör-<lb/> tern.“ Außerdem wird der Verein „gemeinſame Beſuche der hieſigen Kunſtſamm-<lb/> lungen veranſtalten um die Schätze derſelben durch orientirende Vorträge zu er-<lb/> läutern.“ Die guten Namen eines H. Brunn, Chriſt, Foltz, Ernſt Förſter, Hefner-<lb/> Alteneck, Jul. Meyer, Zumbuſch, Bezold und Liliencron, Ramberg u. ſ. w. ver-<lb/> bürgen das Beſte und die ſchönſten Erwartungen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Heute beginnt der in ſiebenjähriger Friſt wiederkehrende ſog. Schäffler-<lb/> Tanz, welcher dann beinahe die ganze Faſchingszeit über währt. Die Sage er-<lb/> zählt: einſt habe ein großes Sterben in der Stadt regiert, veranlaßt durch einen<lb/> in einem Brunnen tauchenden Lintwurm, der endlich hervorgelockt und mit Liſt ge-<lb/> tödtet wurde (daher das ſog. Wurmeck bei Einmündung der Theatiner-Schwabin-<lb/> ger-Straße in den frühern Schrannenplatz. Nun habe ſich, obgleich der Preſten im<lb/> Abnehmen, doch lange niemand in die Gaſſen gewagt, bis die Schäffler (Böttiger)<lb/> zuerſt wieder Muth faßten, unter Trommel und Pfeifen in ſtattlicher Handwerkstracht<lb/> vor die Häuſerzogen, mit ihren grünumwundenen Reifen ihre alten Tänze aufführten<lb/> und ſo die Leute wieder hervorlockten. Wann dieß geſchehen ſei, ſteht nicht feſt;<lb/> einige ſind mit 1517 zufrieden, eine andere Nachricht geht auf 1463 und andere<lb/> datiren den Urſprung noch weiter hinauf. Und das mit Recht. Die Schäffler<lb/> waren damals die erſten welche ſich wieder hervorwagten, aber ſie führten ihren<lb/> Tanz nicht zum erſtenmal auf, ſondern erinnerten ſich bei dieſer Gelegenheit nur<lb/> wieder ihres uralten Handwerker-Ceremoniells. Es war keine neue Erfindung,<lb/> ſondern ein altes Recht, kein Faſtnachtsſpiel, ſondern ein heiliger Cult germani-<lb/> ſcher Zeit, aus den ſchönſten Tagen unſeres deutſchen Heidenthums, ebenſo alt und<lb/> ehedem heilig wie die von Tacitus geſchilderten Fechterſpiele und Schwerttänze,<lb/> wie das feltſame Brunnenſpringen der Metzger, wie die Privilegien der Weber,<lb/> Schloſſer u. ſ. w. Urſprünglich gieng mit den Schäfflern noch etwas mit herum,<lb/><cb/> die ſog. „Gretel in der Butten,“ welche ſich bis zu Anfang dieſes Jahrhunderts<lb/> erhielt, dann aber als gar zu ſinnlos wegbleiben mußte. In der Butte ſteckte der<lb/> Hanswurſt — nach Vorbild des etruskiſchen Mantus nicht das erſte Götterbild,<lb/> aus welchem eine Fratze und Kinderſpott geworden. Die alten Gebräuche nützen<lb/> ſich ab wie das Gepräge einer lange umlaufenden Münze, deren Schrift und<lb/> Bild verſchwunden iſt, und doch bleibt es dasſelbe Metall und für den Kundigen<lb/> werthvoll.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Neueſte Poſten.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline> <hi rendition="#b">München,</hi> 11 Jan.</dateline> <p>In einer Münchener Correſpondenz der „Donau-<lb/> Ztg.“ wird behauptet, daß der Initiativantrag der Abg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Schüttinger und <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Karl<lb/> Barth im Ausſchuß einen „unverhofften Succurs“ durch den Abg. v. Schlör gefunden<lb/> habe; dieſe Nachricht bedarf indeß einer Erläuterung. Hr. v. Schlör war, wie uns<lb/> mitgetheilt wird, der Anſicht, daß zur Aufgabe von Reſervatrechten die Miniſter<lb/> die vorausgehende Zuſtimmung der Kammer nothwendig hätten, allein er erklärte ſich<lb/> entſchieden gegen den Initiativ-Antrag, wie er auch mit den andern liberalgeſinnten<lb/> Mitgliedern des Ausſchuſſes gegen den Antrag geſtimmt hat. Ein Mitglied des<lb/> Ausſchuſſes, noch dazu ein rechtskundiges, machte den Verſuch, ob der Antrag nicht<lb/> mit einfacher Mehrheit in der Kammer zur Annahme gelangen könnte, allein es<lb/> wurde dem andererſeits entſchieden entgegen getreten, und der Verſuch auch ſogleich<lb/> wieder aufgegeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>× <hi rendition="#b">München,</hi> 11 Jan.</dateline> <p>Der Redacteur der demokratiſchen „Süddeutſchen<lb/> Poſt,“ welchem von der Polizeidirection München die wiederholt nachgeſuchte Colportage-<lb/> Erlaubniß für ſein Blatt beharrlich verſagt worden iſt, hat hiewegen ſich beſchwerend<lb/> an die Abgeordnetenkammer gewendet. Der mit dem Referat hierüber im vierten<lb/> Ausſchuß betraute Pfarrer <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Pfahler beantragt, entſprechend der Bitte des Beſchwerde-<lb/> führers, die Kammer wolle den König um Aufhebung des Art. 38 des Preßgeſetzes<lb/> (welcher die Colportage von Druckſchriften ohne polizeiliche Bewilligung verbietet) bitten.<lb/> Er ſagt: <cit><quote>„Dieß iſt im gegenwärtigen Augenblick um ſo mehr angezeigt, als nach Arti-<lb/> kel 184 des Strafgeſetzbuches für das Deutſche Reich der Verkauf, die Vertheilung, Ver-<lb/> breitung, Ausſtellung und Anſchlagung unzüchtiger Schriften, Abbildungen oder Dar-<lb/> ſtellungen ohnehin mit ſehr fühlbarer Strafe belegt iſt. Das einzige Bedenken das in<lb/> dieſer Hinſicht entgegenſtünde, wäre dieſes daß wegen Verbreitung ꝛc. irreligiöſer, glau-<lb/> bensloſer und glaubensfeindlicher Schriften eine geſetzliche Ahndung künftighin nicht<lb/> exiſtire. Allein Referent iſt der Anſicht daß es nach dieſer Richtung nicht ſchlechter<lb/> werden kann als es iſt, auch wenn Art. 38 des allegirten Geſetzes fällt, zumal nach bishe-<lb/> riger Praxis eine Beziehung dieſes Artikel auf derlei Schriften doch nur mehr oder min-<lb/> der von der Polizeiwillkür abhängig bleibt, und ſich immer mehr herausſtellt daß die<lb/> religiöſe Wahrheit durch ihre innere Kraft ſich ſelber zum Siege verhelfen muß und wird.“</quote></cit><lb/> — Graf Lerchenfeld, Referent im <hi rendition="#aq">III.</hi> Ausſchuß der Kammer der Reichsräthe über den<lb/> Geſetzentwurf, die Abänderung einiger Beſtimmungen des Geſetzes über Heimath, Ver-<lb/> ehelichung und Aufenthalt betreffend, beantragt Zuſtimmung zu den Art. 1, 3, 4, 6<lb/> bis 11 des Entwurfs in der von der Abgeordnetenkammer beſchloſſenen Faſſung. Die<lb/> Beſchlußfaſſung über Art. 2 beantragt er abhängig zu machen von den Erklärungen<lb/> der Staatsregierung über das Maß der Belaſtung welche durch denſelben von der<lb/> Staatscaſſe ab- und den Gemeinden zugewälzt werden ſoll (indem darnach unter ge-<lb/> wiſſen Vorausſetzungen heimathloſe Staatsangehörige nach Ablauf von 5 oder 10 Jah-<lb/> ren von ſelbſt die Heimath in der Aufenthaltsgemeinde erwerben würden), dann dar-<lb/> über ob alle Fremde, nicht bloß Angehörige des Deutſchen Reichs, Anſpruch auf die<lb/> Erwerbung dieſer geſetzlichen Heimath haben ſollen. Art. 5, welcher die Ungültigkeit<lb/> der ohne polizeiliche Verehelichungsſcheine im Ausland geſchloſſenen Ehen unter gewiſſen<lb/> Vorausſetzungen beſeitigt, beantragt Referent ganz zu ſtreichen, weil ihm die betreffende<lb/> Frage nicht wichtig genug erſcheint um eine theilweiſe Aenderung des Geſetzes zu recht-<lb/> fertigen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>„Kreuzzeitung“ und „Germania“ fahren fort gegen<lb/> den Geſetzentwurf, durch welchen der Geiſtlichkeit das ausſchließliche Recht die<lb/> Schulaufſicht zu handhaben entzogen werden ſoll, zu agitiren. Erſteres Blatt<lb/> beklagt wiederholt daß man den evangeliſchen Oberkirchenrath nicht zu Rathe ge-<lb/> zogen und allen Ueberlieferungen zuwider die Rückſichten habe fallen laſſen welche<lb/> bisher nie verläugnet worden ſeien. Die „Germania“ andererſeits ſucht in den<lb/> katholiſchen Kreiſen den Kampf gegen die Vorlage zu entflammen. Dieſer Kampf<lb/> ſoll durch Petitionen an das Herren- und Abgeordnetenhaus geführt werden. Auf<lb/> nächſten Sonntag iſt eine große katholiſche Volksverſammlung anberaumt, von<lb/> welcher die Petitionen votirt werden ſollen. Urſprünglich hat man lediglich dem<lb/> Abgeordnetenhaus eine Petition übergeben wollen, heut aber bringt die „Ger-<lb/> mania“ folgende Notiz: „Wir machen unſere Geſinnungsgenoſſen darauf auf-<lb/> merkſam daß es ſich empfiehlt, die gegen den Schulaufſichts-Geſetzentwurf gerich-<lb/> teten Petitionen <hi rendition="#aq">in duplo</hi> anfertigen zu laſſen, und das eine Exemplar an das<lb/> Haus der Abgeordneten, das andere an das Herrenhaus zu ſenden, weil beide<lb/> Häuſer über das Schickſal des Geſetzentwurfs zu entſcheiden haben. Eile iſt<lb/> geboten.“ Offenbar iſt der von der „Germania“ angegebene Grund der Angehung<lb/> des Herrenhauſes nicht der eigentliche; man hat ſich vielmehr zu dieſem Schritte<lb/> wahrſcheinlich deßhalb entſchloſſen, weil man von dem Herrenhaus eher eine<lb/> Berückſichtigung der Petition erwartet als von dem Abgeordnetenhauſe. Freilich<lb/> werden auch im Abgeordnetenhaus, und zwar nicht bloß auf der rechten, ſondern<lb/> auch auf der linken Seite ſich Gegner des Entwurfs erheben. Die letzteren ſind<lb/> Theoretiker welchen der Entwurf nicht weit genug geht. — Der Juſtizminiſter ſoll<lb/> die untergebenen Organe angewieſen haben ſchleunigſt eine ſtatiſtiſche Feſtſtellung an-<lb/> zufertigen, inwiefern in den letzten zwei Jahren Abänderungen der Erkenntniſſe erſter<lb/> Inſtanz durch die Appellationsgerichte lediglich auf Grund einer andern Rechts-<lb/> anſicht des zweiten Richters ſtattgefunden haben, oder eine Folge neuer Anführun-<lb/> gen der Parteien geweſen ſind. Dieſe ſtatiſtiſche Feſtſtellung ſoll jedenfalls bei der<lb/> weiteren Berathung der neuen Proceßordnung eine Rolle ſpielen, da der Entwurf<lb/> bekanntlich neuen Partei-Anführungen in zweiter Inſtanz nicht zulaſſen will. —<lb/> Das hier unter ſämmtliche Regimenter vertheilte Commando württembergiſcher<lb/> Sergenten und Unterofficiere wird am 13 d. M. Berlin wieder verlaſſen und in<lb/> ſeine Garniſonen zurückkehren. Die Geſammtſtärke desſelben betrug 128 Mann<lb/> und war aus dem württembergiſchen Armeecorps derartig ausgezogen daß mit<lb/> Ausnahme des 8. Regiments, welches in Straßburg ſteht, und eines Jäger-<lb/> Bataillons, das in Colmar garniſonirt, je eine Compagnie einen Sergenten und<lb/> einen Unterofficier abgab. Die Mannſchaften finden, wie die „Sp. Ztg.“ wiſſen<lb/> will, den erlernten preußiſchen Dienſt durchaus nicht ſchwieriger oder ſtrenger als<lb/> den ihrigen, ſie ſcheiden mit großem Bedauern von Berlin, da ſie überall mit<lb/> größter Höflichkeit und Zuvorkommenheit aufgenommen wurden und haben dem<lb/> Gewährsmann der „Sp. Ztg.“ verſichert daß es ihnen beſonders deßhalb ſo ge-<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0012]
würde als ein wahrer Hirt die ihm anvertraute Heerde führen und vertheidigen,
und ſich mit dem König von Italien verſöhnen.
Was uns vielleicht in dieſen Gedanken und Vorſchlägen als überſchwäng-
lich und unpraktiſch berühren könnte, mögen wir der Phantaſie des Südländers
und dem einſamen von der Welt abgeſchnittenen Lebensgange des Mönchs und
Verfolgten zu gute halten. Aber ein Mann von ſolch tiefreligiöſer Geſinnung und
ſolch ſittenreinem Wandel, wie Fra Andrea, welcher in der Liebe zur Kirche und zur
Menſchheit ſelbſtlos geworden, alle Leiden und Kämpfe muthig auf ſich nahm und
in der freudenloſen Einſamkeit ſeiner Seele ungebrochen duldete und ſtritt, dem
unter ſo vielen Enttäuſchungen der Glaube an den Sieg der Wahrheit und des
Rechts nicht entriſſen werden konnte, iſt eine Natur aus dem Stoffe der Helden der
kirchlichen Reformationen. Sein Glaube wird ihn nicht betrügen, und das Opfer
ſeines Lebens wird nicht vergeblich gebracht ſein!
Johannes Huber.
Aus München.̐ München, 7 Jan. Der Bildhauer Anton Heß hat die koloſſalen
Statuen (in Kelheimer Kalkſtein) vollendet, welche nächſter Tage unſer neues
Rathhaus zieren werden. Sie ſtellen die vier Bürgertugenden in ſelbſtredenden
äußerſt gelungen charakteriſirten Geſtalten dar. Zuerſt der Gewerbfleiß, eine
prächtige dralle Jünglingsgeſtalt, in welcher die freudige volle Zuverſicht des
Lebens pulſirt; mit dem Hammer in der ſehnigen Fauſt repräſentirt der Geſelle
die ewig junge Kraft, welche einen ſoliden Bürgerſtand zu gründen ſtrebt. Der
Jüngling unternimmt den Aufbau des Hauſes, worauf das Winkelmaß und die
als Stütze benützten Bauſteine hindeuten; er bildet die Baſis aller Bürgertugenden,
auf welcher der häusliche Herd aufgebaut wird. Heß zeigt in liebevollſter Ausfüh-
rung die Häuslichkeit als die ſorgſame Mutter mit dem Kindlein auf dem Arm;
Spinnrocken und Spindel weiſen auf die waltende Hausfrau, die zugleich Repräſen-
tantin der Treue, der Erziehung und des Bürgerreichthums iſt. Der Schutz des
Hauſes bleibt dem Vater anvertraut, welcher als Bürgermuth vorgeführt iſt, eine
ganz ausgezeichnete Geſtalt; kein Ritter und kein Landsknecht, ſondern in bürger-
licher Waffenkleidung, in defenſiver Stellung, auf einer Mauerzinne ſtehend, einen
mittelalterlichen Leibprotector in der entſchloſſenen Fauſt, ſtützt er ſich auf den mit
dem Münchener Wappenbilde gezierten Schild, und ſpäht, bereit zur Abwehr, der
Gefahr entgegen. Dieſe ruhig, klar und feſt blickende Entſchloſſenheit, die unter
dem breiten Eiſenhut ſo ſicher ausſchaut, bereit ſein gutes Recht und das Heilig-
thum des Hauſes zu vertheidigen, iſt meiſterhaft in der ganzen Figur ausgeſprochen.
Dazu geſellt ſich eine liebreizende Jungfrau, die Mildthätigkeit, welche einem armen
Kinde Brod ſpendet und ſo zugleich Repräſentantin der Religion und Armenpflege
iſt. Die Figuren ſind ſo edel und groß wie die Ausführung tüchtig und verſtän-
dig, ebenſo entfernt von jeder idealen Phraſeologie wie von graſſer Realiſtik, ein
wahres Kunſtwerk und eine echte Zier dieſes Baues, der bei fortſchreitender Aus-
führung immer mehr Freunde gewinnt. Selbſt unſer ſel. Ludwig Lange, welcher
für einen reichen Renaiſſance-Bau ſchwärmte, würde jetzt dem Meiſter Hauberriſſer
verſöhnt die Hand reichen!
Nachträglich haben wir noch den Tod des Hiſtorienmalers Karl Friedrich
Fries zu melden. Im National-Muſeum iſt er mit einem Frescobild (Bayern
erhält die Kurwürde 1623) vertreten. Als Künſtler geſchätzt, in höchſt angenehmen,
mehr als behäbigen Verhältniſſen lebend, floh derſelbe, wie man ſagt, um uner-
träglich gewordenen Familienereigniſſen zu entgehen, nach St. Gallen, wo er am
22 Spt. in Folge der erlebten Gemüthserſchütterung am gebrochenen Herzen ſtarb.
Sein unglückliches Ende klingt wie der romanhafte Schluß einer Tragödie.
In den jüngſten Tagen hat ſich ein neuer „Verein für Kunſt- und
Culturgeſchichte“ conſtituirt, in welchem ſich die wiſſenſchaftlichen Kräfte der
in gelinde Anarchie gerathenen frühern Alterthums-Vereine neu zuſammenfanden.
Der Verein ſtellt ſich „die Aufgabe das Intereſſe für die Denkmäler der Kunſt und
des Kunſthandwerks in ihrer künſtleriſchen und culturhiſtoriſchen Bedeutung für
Vergangenheit und Gegenwart zu beleben und zu fördern.“ Dazu wird in den
regelmäßigen Sitzungen immer ein Vortrag gehalten, „welcher die Aufgabe hat
in einer dem allgemeinen Verſtändniſſe zugänglichen Form einzelne bedeutende
Denkmäler oder Gruppen zu erläutern, kunſthiſtoriſche Fragen zu beſprechen, neue
Entdeckungen und die Reſultate der jüngſten wiſſenſchaftlichen Forſchungen mitzu-
theilen und in ihren Beziehungen für die Wiſſenſchaft wie für das Leben zu erör-
tern.“ Außerdem wird der Verein „gemeinſame Beſuche der hieſigen Kunſtſamm-
lungen veranſtalten um die Schätze derſelben durch orientirende Vorträge zu er-
läutern.“ Die guten Namen eines H. Brunn, Chriſt, Foltz, Ernſt Förſter, Hefner-
Alteneck, Jul. Meyer, Zumbuſch, Bezold und Liliencron, Ramberg u. ſ. w. ver-
bürgen das Beſte und die ſchönſten Erwartungen.
Heute beginnt der in ſiebenjähriger Friſt wiederkehrende ſog. Schäffler-
Tanz, welcher dann beinahe die ganze Faſchingszeit über währt. Die Sage er-
zählt: einſt habe ein großes Sterben in der Stadt regiert, veranlaßt durch einen
in einem Brunnen tauchenden Lintwurm, der endlich hervorgelockt und mit Liſt ge-
tödtet wurde (daher das ſog. Wurmeck bei Einmündung der Theatiner-Schwabin-
ger-Straße in den frühern Schrannenplatz. Nun habe ſich, obgleich der Preſten im
Abnehmen, doch lange niemand in die Gaſſen gewagt, bis die Schäffler (Böttiger)
zuerſt wieder Muth faßten, unter Trommel und Pfeifen in ſtattlicher Handwerkstracht
vor die Häuſerzogen, mit ihren grünumwundenen Reifen ihre alten Tänze aufführten
und ſo die Leute wieder hervorlockten. Wann dieß geſchehen ſei, ſteht nicht feſt;
einige ſind mit 1517 zufrieden, eine andere Nachricht geht auf 1463 und andere
datiren den Urſprung noch weiter hinauf. Und das mit Recht. Die Schäffler
waren damals die erſten welche ſich wieder hervorwagten, aber ſie führten ihren
Tanz nicht zum erſtenmal auf, ſondern erinnerten ſich bei dieſer Gelegenheit nur
wieder ihres uralten Handwerker-Ceremoniells. Es war keine neue Erfindung,
ſondern ein altes Recht, kein Faſtnachtsſpiel, ſondern ein heiliger Cult germani-
ſcher Zeit, aus den ſchönſten Tagen unſeres deutſchen Heidenthums, ebenſo alt und
ehedem heilig wie die von Tacitus geſchilderten Fechterſpiele und Schwerttänze,
wie das feltſame Brunnenſpringen der Metzger, wie die Privilegien der Weber,
Schloſſer u. ſ. w. Urſprünglich gieng mit den Schäfflern noch etwas mit herum,
die ſog. „Gretel in der Butten,“ welche ſich bis zu Anfang dieſes Jahrhunderts
erhielt, dann aber als gar zu ſinnlos wegbleiben mußte. In der Butte ſteckte der
Hanswurſt — nach Vorbild des etruskiſchen Mantus nicht das erſte Götterbild,
aus welchem eine Fratze und Kinderſpott geworden. Die alten Gebräuche nützen
ſich ab wie das Gepräge einer lange umlaufenden Münze, deren Schrift und
Bild verſchwunden iſt, und doch bleibt es dasſelbe Metall und für den Kundigen
werthvoll.
Neueſte Poſten.
 München, 11 Jan. In einer Münchener Correſpondenz der „Donau-
Ztg.“ wird behauptet, daß der Initiativantrag der Abg. Dr. Schüttinger und Dr. Karl
Barth im Ausſchuß einen „unverhofften Succurs“ durch den Abg. v. Schlör gefunden
habe; dieſe Nachricht bedarf indeß einer Erläuterung. Hr. v. Schlör war, wie uns
mitgetheilt wird, der Anſicht, daß zur Aufgabe von Reſervatrechten die Miniſter
die vorausgehende Zuſtimmung der Kammer nothwendig hätten, allein er erklärte ſich
entſchieden gegen den Initiativ-Antrag, wie er auch mit den andern liberalgeſinnten
Mitgliedern des Ausſchuſſes gegen den Antrag geſtimmt hat. Ein Mitglied des
Ausſchuſſes, noch dazu ein rechtskundiges, machte den Verſuch, ob der Antrag nicht
mit einfacher Mehrheit in der Kammer zur Annahme gelangen könnte, allein es
wurde dem andererſeits entſchieden entgegen getreten, und der Verſuch auch ſogleich
wieder aufgegeben.
× München, 11 Jan. Der Redacteur der demokratiſchen „Süddeutſchen
Poſt,“ welchem von der Polizeidirection München die wiederholt nachgeſuchte Colportage-
Erlaubniß für ſein Blatt beharrlich verſagt worden iſt, hat hiewegen ſich beſchwerend
an die Abgeordnetenkammer gewendet. Der mit dem Referat hierüber im vierten
Ausſchuß betraute Pfarrer Dr. Pfahler beantragt, entſprechend der Bitte des Beſchwerde-
führers, die Kammer wolle den König um Aufhebung des Art. 38 des Preßgeſetzes
(welcher die Colportage von Druckſchriften ohne polizeiliche Bewilligung verbietet) bitten.
Er ſagt: „Dieß iſt im gegenwärtigen Augenblick um ſo mehr angezeigt, als nach Arti-
kel 184 des Strafgeſetzbuches für das Deutſche Reich der Verkauf, die Vertheilung, Ver-
breitung, Ausſtellung und Anſchlagung unzüchtiger Schriften, Abbildungen oder Dar-
ſtellungen ohnehin mit ſehr fühlbarer Strafe belegt iſt. Das einzige Bedenken das in
dieſer Hinſicht entgegenſtünde, wäre dieſes daß wegen Verbreitung ꝛc. irreligiöſer, glau-
bensloſer und glaubensfeindlicher Schriften eine geſetzliche Ahndung künftighin nicht
exiſtire. Allein Referent iſt der Anſicht daß es nach dieſer Richtung nicht ſchlechter
werden kann als es iſt, auch wenn Art. 38 des allegirten Geſetzes fällt, zumal nach bishe-
riger Praxis eine Beziehung dieſes Artikel auf derlei Schriften doch nur mehr oder min-
der von der Polizeiwillkür abhängig bleibt, und ſich immer mehr herausſtellt daß die
religiöſe Wahrheit durch ihre innere Kraft ſich ſelber zum Siege verhelfen muß und wird.“
— Graf Lerchenfeld, Referent im III. Ausſchuß der Kammer der Reichsräthe über den
Geſetzentwurf, die Abänderung einiger Beſtimmungen des Geſetzes über Heimath, Ver-
ehelichung und Aufenthalt betreffend, beantragt Zuſtimmung zu den Art. 1, 3, 4, 6
bis 11 des Entwurfs in der von der Abgeordnetenkammer beſchloſſenen Faſſung. Die
Beſchlußfaſſung über Art. 2 beantragt er abhängig zu machen von den Erklärungen
der Staatsregierung über das Maß der Belaſtung welche durch denſelben von der
Staatscaſſe ab- und den Gemeinden zugewälzt werden ſoll (indem darnach unter ge-
wiſſen Vorausſetzungen heimathloſe Staatsangehörige nach Ablauf von 5 oder 10 Jah-
ren von ſelbſt die Heimath in der Aufenthaltsgemeinde erwerben würden), dann dar-
über ob alle Fremde, nicht bloß Angehörige des Deutſchen Reichs, Anſpruch auf die
Erwerbung dieſer geſetzlichen Heimath haben ſollen. Art. 5, welcher die Ungültigkeit
der ohne polizeiliche Verehelichungsſcheine im Ausland geſchloſſenen Ehen unter gewiſſen
Vorausſetzungen beſeitigt, beantragt Referent ganz zu ſtreichen, weil ihm die betreffende
Frage nicht wichtig genug erſcheint um eine theilweiſe Aenderung des Geſetzes zu recht-
fertigen.
* Berlin, 9 Jan. „Kreuzzeitung“ und „Germania“ fahren fort gegen
den Geſetzentwurf, durch welchen der Geiſtlichkeit das ausſchließliche Recht die
Schulaufſicht zu handhaben entzogen werden ſoll, zu agitiren. Erſteres Blatt
beklagt wiederholt daß man den evangeliſchen Oberkirchenrath nicht zu Rathe ge-
zogen und allen Ueberlieferungen zuwider die Rückſichten habe fallen laſſen welche
bisher nie verläugnet worden ſeien. Die „Germania“ andererſeits ſucht in den
katholiſchen Kreiſen den Kampf gegen die Vorlage zu entflammen. Dieſer Kampf
ſoll durch Petitionen an das Herren- und Abgeordnetenhaus geführt werden. Auf
nächſten Sonntag iſt eine große katholiſche Volksverſammlung anberaumt, von
welcher die Petitionen votirt werden ſollen. Urſprünglich hat man lediglich dem
Abgeordnetenhaus eine Petition übergeben wollen, heut aber bringt die „Ger-
mania“ folgende Notiz: „Wir machen unſere Geſinnungsgenoſſen darauf auf-
merkſam daß es ſich empfiehlt, die gegen den Schulaufſichts-Geſetzentwurf gerich-
teten Petitionen in duplo anfertigen zu laſſen, und das eine Exemplar an das
Haus der Abgeordneten, das andere an das Herrenhaus zu ſenden, weil beide
Häuſer über das Schickſal des Geſetzentwurfs zu entſcheiden haben. Eile iſt
geboten.“ Offenbar iſt der von der „Germania“ angegebene Grund der Angehung
des Herrenhauſes nicht der eigentliche; man hat ſich vielmehr zu dieſem Schritte
wahrſcheinlich deßhalb entſchloſſen, weil man von dem Herrenhaus eher eine
Berückſichtigung der Petition erwartet als von dem Abgeordnetenhauſe. Freilich
werden auch im Abgeordnetenhaus, und zwar nicht bloß auf der rechten, ſondern
auch auf der linken Seite ſich Gegner des Entwurfs erheben. Die letzteren ſind
Theoretiker welchen der Entwurf nicht weit genug geht. — Der Juſtizminiſter ſoll
die untergebenen Organe angewieſen haben ſchleunigſt eine ſtatiſtiſche Feſtſtellung an-
zufertigen, inwiefern in den letzten zwei Jahren Abänderungen der Erkenntniſſe erſter
Inſtanz durch die Appellationsgerichte lediglich auf Grund einer andern Rechts-
anſicht des zweiten Richters ſtattgefunden haben, oder eine Folge neuer Anführun-
gen der Parteien geweſen ſind. Dieſe ſtatiſtiſche Feſtſtellung ſoll jedenfalls bei der
weiteren Berathung der neuen Proceßordnung eine Rolle ſpielen, da der Entwurf
bekanntlich neuen Partei-Anführungen in zweiter Inſtanz nicht zulaſſen will. —
Das hier unter ſämmtliche Regimenter vertheilte Commando württembergiſcher
Sergenten und Unterofficiere wird am 13 d. M. Berlin wieder verlaſſen und in
ſeine Garniſonen zurückkehren. Die Geſammtſtärke desſelben betrug 128 Mann
und war aus dem württembergiſchen Armeecorps derartig ausgezogen daß mit
Ausnahme des 8. Regiments, welches in Straßburg ſteht, und eines Jäger-
Bataillons, das in Colmar garniſonirt, je eine Compagnie einen Sergenten und
einen Unterofficier abgab. Die Mannſchaften finden, wie die „Sp. Ztg.“ wiſſen
will, den erlernten preußiſchen Dienſt durchaus nicht ſchwieriger oder ſtrenger als
den ihrigen, ſie ſcheiden mit großem Bedauern von Berlin, da ſie überall mit
größter Höflichkeit und Zuvorkommenheit aufgenommen wurden und haben dem
Gewährsmann der „Sp. Ztg.“ verſichert daß es ihnen beſonders deßhalb ſo ge-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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