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Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 15. Januar 1924.

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Allgemeine Zeitung
Süddeutsches Tagblatt Großdeutsche Rundschau
127. Jahrgang. Nr. 14
München, Dienstag den 15. Januar 1924.
Hauptschriftleitung und verantwortlich für Deutsche und Bayerische Politik:
Max Heilgemayr. -- Wirtschaftszeitung u. Auswärtige Politik: Josef Schrepfer.
-- Unpolitische Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. -- Kunst u. Musik: Albin v.
Prybram-Gladona. -- Feuilleton. Theater: Walter Foltzick. -- Anzeigenteil: Josef
Spiegel, sämtl. in München. -- Redaktion: München. Baaderstr. 1. Tel. 27940. -- Berliner
Schriftleitung: SW 68., Zimmerstr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk.
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Die Allgemeine Zeitung erscheint täglich. Bei Störung des Erscheinens infolge höherer
Gewalt oder Streiks besteht kein Anspruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-
zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-spaltige
Millimeterzeile im Inseratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.
Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Postscheckkonto: München 8170.
Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderstraße 1 und 1a. Telefon 24287.
Einzelpreis 10 Pfennig.
Gegen den Frankensturz

Der "Daily Mail"
zufolge beabsichtigt die französische Regie-
rung folgende Abwehrmaßnahmen gegen
den Frankensturz zu treffen:

1. Die Auferlegung einer besonderen
Steuer von 100 Millionen Pfund Sterling
jährlich,

2. den Verkauf der bestehenden Regie-
rungsmonopole, die unter Staatsaufsicht
nicht restlos ausgenützt werden können,

3. einschneidende Maßnahmen auf dem
Verwaltungsgebiet und in der sozialen Ge-
setzgebung, um äußerste Sparsamkeit
durchzuführen.

Beginnende Einsicht

"Petit Parisien"
schreibt: Die Arbeiten der Aus-
schüsse müßten rasch erledigt
werden,
einmal weil Deutschland trotz
der Schaffung der Rentenmark, die ihm
eine Atempause lasse, am Rande des
Abgrundes
stehe, und außerdem, weil
die Lage der Hauptgläubiger Deutschlands
rasche Schritte erfordere. Es genüge, in
dieser Hinsicht auf das rasche Sinken
des französischen Franken
hin-
zuweisen. Die Sachverständigen wüßten
das. Die Lage Deutschlands sei der Aus-
gangspunkt der Studien, die Sachverstän-
digen würden auf dem Gebiete der Tat-
sachen bleiben. Die Regierungen ihrerseits
würden auch begreifen, daß, da viel Ge-
duld, Umsicht und Geschicklichkeit nötig
waren, um die Arbeiten der Sachverstän-
digen möglich zu machen, es notwendig sei,
jede Einmischung in ihre Ar-
beiten zu unterlassen.
Der Augen-
blick sei gekommen, um praktische Früchte
einzubringen. Die Sachverständigen wür-
den sehr rasch erkennen, daß, um die deut-
schen Finanzen wieder aufzurichten, und
die Reparationszahlungen möglich zu
machen, ein Zusammenarbeiten
zwischen den Ländern, die guten
Willens seien, nicht so undurch-
führbar sei, wie diplomatische
Gefechte, die lange Monate ge-
führt wurden, es erscheinen
ließen.

Ein amerikanischer Vorschlag

Nach einer "World"-
Meldung aus Washington empfiehlt der
Treuhänder für beschlagnahmtes Eigentum
ehemaliger Feinde, Miller, dem Präsi-
denten Toolidge die sofortige Grün-
dung
einer Bundeskörperschaft,
die, gestützt auf die beschlagnahmten Ver-
mögenswerte, den deutsch-amerikanischen
Handel wieder zu beleben hätte. Er er-
klärt, daß 180 Millionen Dollar verfügbar
seien, die aus dem Verkauf des fremden
beschlagnahmten Eigentums erzielt wur-
den. Miller glaubt, diese Vermögenswerte
könnten so vorteilhaft zur Wiederher-
stellung der Handelsbeziehun-
gen
verwendet werden, daß alle aner-
kannten amerikanischen Forderungen an
Deutschland aus dem Gewinn gedeckt wer-
den könnten. Dann könnten die Ver-
mögensstücke selbst gegebenenfalls dem
rechtmäßigen Eigentümer un-
gekürzt überwiesen
werden, so daß
jede Konfiskation fremden Eigentums
hierbei vermieden würde. Miller fügte
hinzu, daß die völlige Regelung der Frage
des beschlagnahmten fremden Eigentums
mehrere Jahre beanspruchen werde.

Italien und die Kleine Entente.

Die Zusammenkunft der
Minister der Kleinen Entente hat nach den
Mitteilungen aus Belgrad einen günstigen
Eindruck hervorgerufen. Es ist nicht nur
der Vorsatz der Kleinen Entente, eine

[Spaltenumbruch]
Italienisch-jugoslavisches Bündnis

Sonderdienst der Allgem. Zeitung.


Die Blätter er-
klären, noch wichtiger als das Adria-Ab-
kommen sei das bevorstehende politische
und militärische Bündnis zwischen Süd-
slawien und Italien. Dieses Bündnis, das
in wenigen Tagen unterzeichnet werde,
sichere die italienische Waffenhilfe bei
jedem Angriff auf Südslawien. Es be-
festige den Frieden von Europa und sichere
die heutige Karte Europas. Die ungari-
schen Revanchegedanken dürften damit von
der Tagesordnung verschwinden.

Die Fiume-Frage

Der Abschluß des
Vertrages zwischen Italien und Jugosla-
wien fand am vergangenen Freitag statt.
[Spaltenumbruch] Die Angelegenheit geht auf die Besprechun-
gen Mussolinis mit Nintschitsch auf der
Lausanner Konferenz zurück. Italien hat
es vorgezogen, in der Fiume-Frage endlich
eine wirkliche Lösung und weiterhin einen
Vertrag zu ermöglichen, wodurch es ver-
hindert wird, daß Jugoslawien gänzlich
unter den Einfluß Frankreichs kommt
Man glaubt zu wissen, daß Italien auf
Grund des in Aussicht genommenen Ver-
trages Stadt und Hafen Fiume annek-
tieren und Jugoslawien das angrenzende
Delta und den Hafen Barras miteinver-
leiben werde. Außerdem wird die Bil-
dung eines Konsortiums geplant, das die
Ausbeutung der beiden Häfen für die
Dauer von 40 Jahren in die Hand nehmen
soll.



[Spaltenumbruch]

Friedenspolitik zu befolgen, be-
stätigt, sondern auch der Wunsch geäußert
worden, mit verschiedenen Ländern Be-
ziehungen anzuknüpfen. Man begrüßt hier
die Haltung der Kleinen Entente, welche
der italienischen Politik nicht entgegen-
steht.

Die kleine Entente bindet sich nicht

Nach der Schluß-
tagung der Konferenz der Kleinen Entente
ist Dr. Benesch nach London gereist, wo
der Völkerbundsrat tagt. Er wird dort
auch mit führenden englischen Kreisen in
Verbindung treten, um den tschechisch-
französischen Vertrag.
der in der
englischen Oeffentlichkeit große Mißstim-
mung hervorrief, zu interpretieren.

Der rumänische Außenministre Duca
reiste nach Bukarest zurück.

Die Schlußsitzung der Kon-
ferenz
beschäftigte sich mit der unga-
rischen Anleihe.
Die Konferenz ist
grundsätzlich nicht gegen eine Anleihe, doch
sollen zunächst noch gewisse schwebende
Fragen, wie z. B. die Depositenfrage, ge-
regelt werden. Entgegen der Gewohnheit
wurde eine amtliche Mitteilung nicht aus-
gegeben.

Hierbei ist jedenfalls maßgebend ge-
wesen, daß sich die Konferenz der Kleinen
Entente weigerte, einseitig für
Frankreich
Stellung zu nehmen, ob-
wohl Millerand persönlich einen darauf
hinzielenden Brief an die Konferenz ge-
richtet haben soll.

Nach diesem Brief sollte sich die Kleine
Entente dem französischen Standpunkt an-
schließen. Die Konferennz war sich aber
darin einig, daß sich alle Staaten ihre
Handlungsfreiheit vorbehalten.

Englische Unterstützung der deutschen Sozial-
demokratie

Der Sekretär der "Trade
Union", Amly, und der Generalsekretär der
Arbeiterpartei, Arthur Henderson, haben an
die englischen Arbeiter einen Aufruf gerichtet, in
dem sie zur finanziellen Hilfeleistung
für die deutsche Sozialdemokratie

auffordern. In dem Aufruf wird zum Ausdruck
gebracht, daß man sich kaum ein Bild machen
könne von den schweren Folgen, die der Mark-
zusammenbruch der letzten Monate auf die deut-
sche Arbeiterschaft gehabt habe.

Standeserhebung Lord Curzons

Der diplomatische Mitarbeiter
des "New York Herald" behauptet, daß der Außen-
minister Lord Curzon noch vor dem Rücktritt
der Baldwin-Regierung zum Herzog erhoben
werden wird. Seine Ernennung sei um so wahr-
scheinlicher, als sich Gerüchte immer mehr ver-
dichten, wonach eine Tochter Lord Curzons sich
mit dem Sohn des englischen Königspaares, dem
Prinzen John verloben werde.

[Spaltenumbruch]
Rückzug der Separatisten aus Pirmasens

In der
Nacht vom 13. auf 14. Januar
wurde das Rathaus von den Se-
paratisten völlig geräumt und
die Posten vor dem Rathause
zurückgezogen;
die separatistische
Flagge wurde entfernt. Die Separatisten
haben sich unterschriftlich verpflichtet, die
Stadtverwaltung künftig völlig unbehelligt
zu lassen und keinerlei Repressalien gegen
städtische Beamte und Angestellte zu unter-
nehmen. Daraufhin haben die seit einiger
Zeit wegen der separatistischen Uebergriffe
sich im Streik befindlichen städtischen Be-
amten, sowie der Stadtrat heute vor-
mittag die Arbeit wieder aufgenommen.
Die dadurch geschaffene Erleichterung der
Lage der Stadt Pirmasens wird in der
Bevölkerung freudig empfunden.

Die Angst vor der Wahrheit

Die Londoner Zeitung "Times" hatte einen
ihrer Korrespondenten nach Speyer geschickt. Die-
ser berichtet u. a. von verschiedenen Straßen-
ßenen nach dem Attentat auf Heinz-Orbis.

So sei der Korrespondent von einem
übelaussehenden Mann in der Straße aufgefor-
dert worden, sich auszuweisen, der ihm
sagte, er gehöre der Autonomen Regierung an,
Engländer hätten in der Pfalz nichts
zu suchen.
Als der Korrespondent in diesem
Augenblick den ihm bekannten Separatisten
Schmitz-Eppers bemerkte, der sich selbst
"Pressechef" nennt und von ihm Unterstützung
verlangte, habe der Pressechef erklärt: es sei son-
derbar, daß gerade der Korrespondent der "Ti-
mes", dieses den Separatisten so ge-.

Die "Times" stecke gewiß hinter dem Morde. Er
rief dann einen französischen Gendermen herbei
und verlangte von ihm die Festnahme
des Korrespondenten.
Sie ist jedoch
nicht erfolgt.

Die Separatisten haben natürlich allen Grund,
zu verhindern, daß neutrale Korrespondenten, die
sich nicht wie die Franzosen auf ihre Seite stellen,
intensiv hinter die Kulissen leuchten und der Welt
bekanntgeben, wie die Separatisten das pfäl-
zische Volk vergewaltigen und sei-
nen Willen mit Füßen treten.

Der Schuft Dorten

"Echo de Paris"
veröffentlicht eine Unterredung mit Dr.
Dorten. Dorten erklärte u. a.: "Während
einiger Zeit mag der Separatismus noch
schlummern. Wir benützten diese Ruhe-
pause, um eine neue große Aktion
vorzubereiten. Diesmal werden wir uns in
den Besitz der nötigen Geldmittel setzen (!).
Ohne rheinische Währung ist eine rheinische
Bewegung undenkbar. Unsere nächste Ak-
tion wird sich hauptsächlich auf die Rhein-
pfalz beschränken.

Die Unverschämtheit, mit der hier der
Schuft Dorten einen neuen Plünderungs-
feldzug des Separatistengesindels ankün-
digt, übertrifft alles Bisherige. Die Red.

[Spaltenumbruch]
Was wir wollen und müssen*)

Politische Betrachtungen setzen eine ge-
wisse Gemeinschaft der seelischen Grund-
richtung voraus; sonst bleiben sie Mono-
loge, die reizen, aber nicht gewinnen. Fast
scheint es, als ob im deutschen Volk der
Wille, gemeinsam zu hören und zu denken,
fehlte; so bitter sind im Lande die Vorwürfe
von Stand zu Stand, Partei zu Partei und
schärfer noch von den "Nur-vaterländischen"
zu den "Auch-parteipolitischen".

Fernab von jedem Optimismus scheint
dieser Eindruck aber doch, von Unberufenen
genährt, an der Oberfläche zu haften, wäh-
rend im Grunde das deutsche Volk nicht un-
einiger, ja sogar einiger ist, als je seit 1918.
Der Glaube links an die erlösende Kraft
einer Revolution, die nicht Neuschöpfung,
sondern nur Einsturz war, an die selbst-
tätige Versöhnung der Völker, an die frie-
denstiftende Wirkung einer Waffenstrek-
kung ist geschwunden; geschwunden aber
auch, wie mir scheint, in weiteren besinn-
lichen Kreisen rechts der Glaube daran,
daß eine Revolution des Vergangenen mit
einem Male die Folgen der Umwälzung
und Verelendung wie einen bösen Traum
wegwischen, rasche kühne Tat heute uns
die Freiheit geben könnte und an allem
Unglück nur einzelne Menschen und Par-
teien schuld seien -- und zwar natürlich
immer die anderen.

Stärker als vordem findet sich vielmehr
das deutsche Volk zusammen in der Er-
kenntnis seiner innigsten Verbundenheit
mit dem Schicksal des deutschen Staates
und demzufolge im Willen zu Deutschlands
nationaler Wohlfahrt. Auch auf der Linken
versteht man mehr und mehr zum minde-
sten das eine, daß internationale Versöh-
nung und Völkergemeinschaft nicht durch
nationale Selbstentäußerung und fremdes
Mitleid zu erreichen ist, sondern daß die
Nation auch dann und gerade dann, wenn
sie recht lebendig als Glied einer, heute
immer wieder verschütteten und nur lang-
sam sich andeutenden übernationalen Ge-
meinschaft wirken will, erst sich selbst in
ausgeprägter Eigenart behaupten muß.
Und jene Kreise auf der äußersten Rechten,
die am liebsten jedes allgemeine Mensch-
heitsbewußtsein als Verrat brandmarken
möchten, sind allzu weit entfernt vom tief-
sten und besten Wesen des deutschen Volkes
und deutsch-christlicher Kultur, als daß sie
das Volk dafür erobern könnten.

So wollen wir alle, unter denen politische
Betrachtung überhaupt Sinn und Zweck
haben kann, unser Volk wieder zu Glück
und Recht und Kraft führen; so empfinden
wir nächst der Familie keine Gemeinsam-
keit so stark als die der Nation, d. h. aller
derer, die durch gemeinsam erlebte deutsche
Kultur und Geschichte und durch freie in-
nere Wahl sich zu eben diesem deutschen
Volk in seiner geschichtlichen Eigenart tief
innerlich unlösbar vereinigt fühlen. Wir
verachten nicht die Beziehungen, die über
den Umkreis des Volkes hinaus die Völker
verbinden, ehren und achten sie und glau-
ben, daß ohne sie die Menschheit nicht auf
die Dauer ohne Rückfall in Barbarei und
geistige Verarmung bestehen kann; aber all
unsere Kraft und Pflicht, all unsere Liebe
muß auf alle Zeit, die wir sehen, unserm
eigenen mißhandelten Volke gelten, dessen
Schicksal nun zum Symbol des Schicksals
des Rechtes überhaupt geworden ist.

Wir glauben, daß Gott die Völker ge-
schaffen hat, nicht damit sie sich zerreiben,

*) Der Aussatz ist vor dem Erscheinen der
bayerischen Denkschrift
geschrieben.

Allgemeine Zeitung
Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau
127. Jahrgang. Nr. 14
München, Dienstag den 15. Januar 1924.
Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik:
Max Heilgemayr. — Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik: Joſef Schrepfer.
Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v.
Prybram-Gladona. — Feuilleton. Theater: Walter Foltzick. — Anzeigenteil: Joſef
Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München. Baaderſtr. 1. Tel. 27940. — Berliner
Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk.
[Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer
Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-
zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige
Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.
Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170.
Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287.
Einzelpreis 10 Pfennig.
Gegen den Frankenſturz

Der „Daily Mail“
zufolge beabſichtigt die franzöſiſche Regie-
rung folgende Abwehrmaßnahmen gegen
den Frankenſturz zu treffen:

1. Die Auferlegung einer beſonderen
Steuer von 100 Millionen Pfund Sterling
jährlich,

2. den Verkauf der beſtehenden Regie-
rungsmonopole, die unter Staatsaufſicht
nicht reſtlos ausgenützt werden können,

3. einſchneidende Maßnahmen auf dem
Verwaltungsgebiet und in der ſozialen Ge-
ſetzgebung, um äußerſte Sparſamkeit
durchzuführen.

Beginnende Einſicht

„Petit Pariſien“
ſchreibt: Die Arbeiten der Aus-
ſchüſſe müßten raſch erledigt
werden,
einmal weil Deutſchland trotz
der Schaffung der Rentenmark, die ihm
eine Atempauſe laſſe, am Rande des
Abgrundes
ſtehe, und außerdem, weil
die Lage der Hauptgläubiger Deutſchlands
raſche Schritte erfordere. Es genüge, in
dieſer Hinſicht auf das raſche Sinken
des franzöſiſchen Franken
hin-
zuweiſen. Die Sachverſtändigen wüßten
das. Die Lage Deutſchlands ſei der Aus-
gangspunkt der Studien, die Sachverſtän-
digen würden auf dem Gebiete der Tat-
ſachen bleiben. Die Regierungen ihrerſeits
würden auch begreifen, daß, da viel Ge-
duld, Umſicht und Geſchicklichkeit nötig
waren, um die Arbeiten der Sachverſtän-
digen möglich zu machen, es notwendig ſei,
jede Einmiſchung in ihre Ar-
beiten zu unterlaſſen.
Der Augen-
blick ſei gekommen, um praktiſche Früchte
einzubringen. Die Sachverſtändigen wür-
den ſehr raſch erkennen, daß, um die deut-
ſchen Finanzen wieder aufzurichten, und
die Reparationszahlungen möglich zu
machen, ein Zuſammenarbeiten
zwiſchen den Ländern, die guten
Willens ſeien, nicht ſo undurch-
führbar ſei, wie diplomatiſche
Gefechte, die lange Monate ge-
führt wurden, es erſcheinen
ließen.

Ein amerikaniſcher Vorſchlag

Nach einer „World“-
Meldung aus Waſhington empfiehlt der
Treuhänder für beſchlagnahmtes Eigentum
ehemaliger Feinde, Miller, dem Präſi-
denten Toolidge die ſofortige Grün-
dung
einer Bundeskörperſchaft,
die, geſtützt auf die beſchlagnahmten Ver-
mögenswerte, den deutſch-amerikaniſchen
Handel wieder zu beleben hätte. Er er-
klärt, daß 180 Millionen Dollar verfügbar
ſeien, die aus dem Verkauf des fremden
beſchlagnahmten Eigentums erzielt wur-
den. Miller glaubt, dieſe Vermögenswerte
könnten ſo vorteilhaft zur Wiederher-
ſtellung der Handelsbeziehun-
gen
verwendet werden, daß alle aner-
kannten amerikaniſchen Forderungen an
Deutſchland aus dem Gewinn gedeckt wer-
den könnten. Dann könnten die Ver-
mögensſtücke ſelbſt gegebenenfalls dem
rechtmäßigen Eigentümer un-
gekürzt überwieſen
werden, ſo daß
jede Konfiskation fremden Eigentums
hierbei vermieden würde. Miller fügte
hinzu, daß die völlige Regelung der Frage
des beſchlagnahmten fremden Eigentums
mehrere Jahre beanſpruchen werde.

Italien und die Kleine Entente.

Die Zuſammenkunft der
Miniſter der Kleinen Entente hat nach den
Mitteilungen aus Belgrad einen günſtigen
Eindruck hervorgerufen. Es iſt nicht nur
der Vorſatz der Kleinen Entente, eine

[Spaltenumbruch]
Italieniſch-jugoſlaviſches Bündnis

Sonderdienſt der Allgem. Zeitung.


Die Blätter er-
klären, noch wichtiger als das Adria-Ab-
kommen ſei das bevorſtehende politiſche
und militäriſche Bündnis zwiſchen Süd-
ſlawien und Italien. Dieſes Bündnis, das
in wenigen Tagen unterzeichnet werde,
ſichere die italieniſche Waffenhilfe bei
jedem Angriff auf Südſlawien. Es be-
feſtige den Frieden von Europa und ſichere
die heutige Karte Europas. Die ungari-
ſchen Revanchegedanken dürften damit von
der Tagesordnung verſchwinden.

Die Fiume-Frage

Der Abſchluß des
Vertrages zwiſchen Italien und Jugoſla-
wien fand am vergangenen Freitag ſtatt.
[Spaltenumbruch] Die Angelegenheit geht auf die Beſprechun-
gen Muſſolinis mit Nintſchitſch auf der
Lauſanner Konferenz zurück. Italien hat
es vorgezogen, in der Fiume-Frage endlich
eine wirkliche Löſung und weiterhin einen
Vertrag zu ermöglichen, wodurch es ver-
hindert wird, daß Jugoſlawien gänzlich
unter den Einfluß Frankreichs kommt
Man glaubt zu wiſſen, daß Italien auf
Grund des in Ausſicht genommenen Ver-
trages Stadt und Hafen Fiume annek-
tieren und Jugoſlawien das angrenzende
Delta und den Hafen Barras miteinver-
leiben werde. Außerdem wird die Bil-
dung eines Konſortiums geplant, das die
Ausbeutung der beiden Häfen für die
Dauer von 40 Jahren in die Hand nehmen
ſoll.



[Spaltenumbruch]

Friedenspolitik zu befolgen, be-
ſtätigt, ſondern auch der Wunſch geäußert
worden, mit verſchiedenen Ländern Be-
ziehungen anzuknüpfen. Man begrüßt hier
die Haltung der Kleinen Entente, welche
der italieniſchen Politik nicht entgegen-
ſteht.

Die kleine Entente bindet ſich nicht

Nach der Schluß-
tagung der Konferenz der Kleinen Entente
iſt Dr. Beneſch nach London gereiſt, wo
der Völkerbundsrat tagt. Er wird dort
auch mit führenden engliſchen Kreiſen in
Verbindung treten, um den tſchechiſch-
franzöſiſchen Vertrag.
der in der
engliſchen Oeffentlichkeit große Mißſtim-
mung hervorrief, zu interpretieren.

Der rumäniſche Außenminiſtre Duca
reiſte nach Bukareſt zurück.

Die Schlußſitzung der Kon-
ferenz
beſchäftigte ſich mit der unga-
riſchen Anleihe.
Die Konferenz iſt
grundſätzlich nicht gegen eine Anleihe, doch
ſollen zunächſt noch gewiſſe ſchwebende
Fragen, wie z. B. die Depoſitenfrage, ge-
regelt werden. Entgegen der Gewohnheit
wurde eine amtliche Mitteilung nicht aus-
gegeben.

Hierbei iſt jedenfalls maßgebend ge-
weſen, daß ſich die Konferenz der Kleinen
Entente weigerte, einſeitig für
Frankreich
Stellung zu nehmen, ob-
wohl Millerand perſönlich einen darauf
hinzielenden Brief an die Konferenz ge-
richtet haben ſoll.

Nach dieſem Brief ſollte ſich die Kleine
Entente dem franzöſiſchen Standpunkt an-
ſchließen. Die Konferennz war ſich aber
darin einig, daß ſich alle Staaten ihre
Handlungsfreiheit vorbehalten.

Engliſche Unterſtützung der deutſchen Sozial-
demokratie

Der Sekretär der „Trade
Union“, Amly, und der Generalſekretär der
Arbeiterpartei, Arthur Henderſon, haben an
die engliſchen Arbeiter einen Aufruf gerichtet, in
dem ſie zur finanziellen Hilfeleiſtung
für die deutſche Sozialdemokratie

auffordern. In dem Aufruf wird zum Ausdruck
gebracht, daß man ſich kaum ein Bild machen
könne von den ſchweren Folgen, die der Mark-
zuſammenbruch der letzten Monate auf die deut-
ſche Arbeiterſchaft gehabt habe.

Standeserhebung Lord Curzons

Der diplomatiſche Mitarbeiter
des „New York Herald“ behauptet, daß der Außen-
miniſter Lord Curzon noch vor dem Rücktritt
der Baldwin-Regierung zum Herzog erhoben
werden wird. Seine Ernennung ſei um ſo wahr-
ſcheinlicher, als ſich Gerüchte immer mehr ver-
dichten, wonach eine Tochter Lord Curzons ſich
mit dem Sohn des engliſchen Königspaares, dem
Prinzen John verloben werde.

[Spaltenumbruch]
Rückzug der Separatiſten aus Pirmaſens

In der
Nacht vom 13. auf 14. Januar
wurde das Rathaus von den Se-
paratiſten völlig geräumt und
die Poſten vor dem Rathauſe
zurückgezogen;
die ſeparatiſtiſche
Flagge wurde entfernt. Die Separatiſten
haben ſich unterſchriftlich verpflichtet, die
Stadtverwaltung künftig völlig unbehelligt
zu laſſen und keinerlei Repreſſalien gegen
ſtädtiſche Beamte und Angeſtellte zu unter-
nehmen. Daraufhin haben die ſeit einiger
Zeit wegen der ſeparatiſtiſchen Uebergriffe
ſich im Streik befindlichen ſtädtiſchen Be-
amten, ſowie der Stadtrat heute vor-
mittag die Arbeit wieder aufgenommen.
Die dadurch geſchaffene Erleichterung der
Lage der Stadt Pirmaſens wird in der
Bevölkerung freudig empfunden.

Die Angſt vor der Wahrheit

Die Londoner Zeitung „Times“ hatte einen
ihrer Korreſpondenten nach Speyer geſchickt. Die-
ſer berichtet u. a. von verſchiedenen Straßen-
ſzenen nach dem Attentat auf Heinz-Orbis.

So ſei der Korreſpondent von einem
übelausſehenden Mann in der Straße aufgefor-
dert worden, ſich auszuweiſen, der ihm
ſagte, er gehöre der Autonomen Regierung an,
Engländer hätten in der Pfalz nichts
zu ſuchen.
Als der Korreſpondent in dieſem
Augenblick den ihm bekannten Separatiſten
Schmitz-Eppers bemerkte, der ſich ſelbſt
„Preſſechef“ nennt und von ihm Unterſtützung
verlangte, habe der Preſſechef erklärt: es ſei ſon-
derbar, daß gerade der Korreſpondent der „Ti-
mes“, dieſes den Separatiſten ſo ge-.

Die „Times“ ſtecke gewiß hinter dem Morde. Er
rief dann einen franzöſiſchen Gendermen herbei
und verlangte von ihm die Feſtnahme
des Korreſpondenten.
Sie iſt jedoch
nicht erfolgt.

Die Separatiſten haben natürlich allen Grund,
zu verhindern, daß neutrale Korreſpondenten, die
ſich nicht wie die Franzoſen auf ihre Seite ſtellen,
intenſiv hinter die Kuliſſen leuchten und der Welt
bekanntgeben, wie die Separatiſten das pfäl-
ziſche Volk vergewaltigen und ſei-
nen Willen mit Füßen treten.

Der Schuft Dorten

„Echo de Paris“
veröffentlicht eine Unterredung mit Dr.
Dorten. Dorten erklärte u. a.: „Während
einiger Zeit mag der Separatismus noch
ſchlummern. Wir benützten dieſe Ruhe-
pauſe, um eine neue große Aktion
vorzubereiten. Diesmal werden wir uns in
den Beſitz der nötigen Geldmittel ſetzen (!).
Ohne rheiniſche Währung iſt eine rheiniſche
Bewegung undenkbar. Unſere nächſte Ak-
tion wird ſich hauptſächlich auf die Rhein-
pfalz beſchränken.

Die Unverſchämtheit, mit der hier der
Schuft Dorten einen neuen Plünderungs-
feldzug des Separatiſtengeſindels ankün-
digt, übertrifft alles Bisherige. Die Red.

[Spaltenumbruch]
Was wir wollen und müſſen*)

Politiſche Betrachtungen ſetzen eine ge-
wiſſe Gemeinſchaft der ſeeliſchen Grund-
richtung voraus; ſonſt bleiben ſie Mono-
loge, die reizen, aber nicht gewinnen. Faſt
ſcheint es, als ob im deutſchen Volk der
Wille, gemeinſam zu hören und zu denken,
fehlte; ſo bitter ſind im Lande die Vorwürfe
von Stand zu Stand, Partei zu Partei und
ſchärfer noch von den „Nur-vaterländiſchen“
zu den „Auch-parteipolitiſchen“.

Fernab von jedem Optimismus ſcheint
dieſer Eindruck aber doch, von Unberufenen
genährt, an der Oberfläche zu haften, wäh-
rend im Grunde das deutſche Volk nicht un-
einiger, ja ſogar einiger iſt, als je ſeit 1918.
Der Glaube links an die erlöſende Kraft
einer Revolution, die nicht Neuſchöpfung,
ſondern nur Einſturz war, an die ſelbſt-
tätige Verſöhnung der Völker, an die frie-
denſtiftende Wirkung einer Waffenſtrek-
kung iſt geſchwunden; geſchwunden aber
auch, wie mir ſcheint, in weiteren beſinn-
lichen Kreiſen rechts der Glaube daran,
daß eine Revolution des Vergangenen mit
einem Male die Folgen der Umwälzung
und Verelendung wie einen böſen Traum
wegwiſchen, raſche kühne Tat heute uns
die Freiheit geben könnte und an allem
Unglück nur einzelne Menſchen und Par-
teien ſchuld ſeien — und zwar natürlich
immer die anderen.

Stärker als vordem findet ſich vielmehr
das deutſche Volk zuſammen in der Er-
kenntnis ſeiner innigſten Verbundenheit
mit dem Schickſal des deutſchen Staates
und demzufolge im Willen zu Deutſchlands
nationaler Wohlfahrt. Auch auf der Linken
verſteht man mehr und mehr zum minde-
ſten das eine, daß internationale Verſöh-
nung und Völkergemeinſchaft nicht durch
nationale Selbſtentäußerung und fremdes
Mitleid zu erreichen iſt, ſondern daß die
Nation auch dann und gerade dann, wenn
ſie recht lebendig als Glied einer, heute
immer wieder verſchütteten und nur lang-
ſam ſich andeutenden übernationalen Ge-
meinſchaft wirken will, erſt ſich ſelbſt in
ausgeprägter Eigenart behaupten muß.
Und jene Kreiſe auf der äußerſten Rechten,
die am liebſten jedes allgemeine Menſch-
heitsbewußtſein als Verrat brandmarken
möchten, ſind allzu weit entfernt vom tief-
ſten und beſten Weſen des deutſchen Volkes
und deutſch-chriſtlicher Kultur, als daß ſie
das Volk dafür erobern könnten.

So wollen wir alle, unter denen politiſche
Betrachtung überhaupt Sinn und Zweck
haben kann, unſer Volk wieder zu Glück
und Recht und Kraft führen; ſo empfinden
wir nächſt der Familie keine Gemeinſam-
keit ſo ſtark als die der Nation, d. h. aller
derer, die durch gemeinſam erlebte deutſche
Kultur und Geſchichte und durch freie in-
nere Wahl ſich zu eben dieſem deutſchen
Volk in ſeiner geſchichtlichen Eigenart tief
innerlich unlösbar vereinigt fühlen. Wir
verachten nicht die Beziehungen, die über
den Umkreis des Volkes hinaus die Völker
verbinden, ehren und achten ſie und glau-
ben, daß ohne ſie die Menſchheit nicht auf
die Dauer ohne Rückfall in Barbarei und
geiſtige Verarmung beſtehen kann; aber all
unſere Kraft und Pflicht, all unſere Liebe
muß auf alle Zeit, die wir ſehen, unſerm
eigenen mißhandelten Volke gelten, deſſen
Schickſal nun zum Symbol des Schickſals
des Rechtes überhaupt geworden iſt.

Wir glauben, daß Gott die Völker ge-
ſchaffen hat, nicht damit ſie ſich zerreiben,

*) Der Auſſatz iſt vor dem Erſcheinen der
bayeriſchen Denkſchrift
geſchrieben.
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          <docDate> <hi rendition="#b"> Dienstag den 15. Januar 1924.</hi> </docDate>
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Spiegel, &#x017F;ämtl. in München. &#x2014; <hi rendition="#g">Redaktion:</hi> München. Baader&#x017F;tr. 1. Tel. 27940. &#x2014; Berliner<lb/>
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[0001] Allgemeine Zeitung Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau127. Jahrgang. Nr. 14 München, Dienstag den 15. Januar 1924. Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik: Max Heilgemayr. — Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik: Joſef Schrepfer. — Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v. Prybram-Gladona. — Feuilleton. Theater: Walter Foltzick. — Anzeigenteil: Joſef Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München. Baaderſtr. 1. Tel. 27940. — Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung] Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287. Einzelpreis 10 Pfennig. Gegen den Frankenſturz Paris, 14. Jan. Der „Daily Mail“ zufolge beabſichtigt die franzöſiſche Regie- rung folgende Abwehrmaßnahmen gegen den Frankenſturz zu treffen: 1. Die Auferlegung einer beſonderen Steuer von 100 Millionen Pfund Sterling jährlich, 2. den Verkauf der beſtehenden Regie- rungsmonopole, die unter Staatsaufſicht nicht reſtlos ausgenützt werden können, 3. einſchneidende Maßnahmen auf dem Verwaltungsgebiet und in der ſozialen Ge- ſetzgebung, um äußerſte Sparſamkeit durchzuführen. Beginnende Einſicht * Paris, 14. Jan. „Petit Pariſien“ ſchreibt: Die Arbeiten der Aus- ſchüſſe müßten raſch erledigt werden, einmal weil Deutſchland trotz der Schaffung der Rentenmark, die ihm eine Atempauſe laſſe, am Rande des Abgrundes ſtehe, und außerdem, weil die Lage der Hauptgläubiger Deutſchlands raſche Schritte erfordere. Es genüge, in dieſer Hinſicht auf das raſche Sinken des franzöſiſchen Franken hin- zuweiſen. Die Sachverſtändigen wüßten das. Die Lage Deutſchlands ſei der Aus- gangspunkt der Studien, die Sachverſtän- digen würden auf dem Gebiete der Tat- ſachen bleiben. Die Regierungen ihrerſeits würden auch begreifen, daß, da viel Ge- duld, Umſicht und Geſchicklichkeit nötig waren, um die Arbeiten der Sachverſtän- digen möglich zu machen, es notwendig ſei, jede Einmiſchung in ihre Ar- beiten zu unterlaſſen. Der Augen- blick ſei gekommen, um praktiſche Früchte einzubringen. Die Sachverſtändigen wür- den ſehr raſch erkennen, daß, um die deut- ſchen Finanzen wieder aufzurichten, und die Reparationszahlungen möglich zu machen, ein Zuſammenarbeiten zwiſchen den Ländern, die guten Willens ſeien, nicht ſo undurch- führbar ſei, wie diplomatiſche Gefechte, die lange Monate ge- führt wurden, es erſcheinen ließen. Ein amerikaniſcher Vorſchlag Neuyork, 14. Jan. Nach einer „World“- Meldung aus Waſhington empfiehlt der Treuhänder für beſchlagnahmtes Eigentum ehemaliger Feinde, Miller, dem Präſi- denten Toolidge die ſofortige Grün- dung einer Bundeskörperſchaft, die, geſtützt auf die beſchlagnahmten Ver- mögenswerte, den deutſch-amerikaniſchen Handel wieder zu beleben hätte. Er er- klärt, daß 180 Millionen Dollar verfügbar ſeien, die aus dem Verkauf des fremden beſchlagnahmten Eigentums erzielt wur- den. Miller glaubt, dieſe Vermögenswerte könnten ſo vorteilhaft zur Wiederher- ſtellung der Handelsbeziehun- gen verwendet werden, daß alle aner- kannten amerikaniſchen Forderungen an Deutſchland aus dem Gewinn gedeckt wer- den könnten. Dann könnten die Ver- mögensſtücke ſelbſt gegebenenfalls dem rechtmäßigen Eigentümer un- gekürzt überwieſen werden, ſo daß jede Konfiskation fremden Eigentums hierbei vermieden würde. Miller fügte hinzu, daß die völlige Regelung der Frage des beſchlagnahmten fremden Eigentums mehrere Jahre beanſpruchen werde. Italien und die Kleine Entente. Rom, 14. Jan. Die Zuſammenkunft der Miniſter der Kleinen Entente hat nach den Mitteilungen aus Belgrad einen günſtigen Eindruck hervorgerufen. Es iſt nicht nur der Vorſatz der Kleinen Entente, eine Italieniſch-jugoſlaviſches Bündnis Sonderdienſt der Allgem. Zeitung. Belgrad, 14. Jan. Die Blätter er- klären, noch wichtiger als das Adria-Ab- kommen ſei das bevorſtehende politiſche und militäriſche Bündnis zwiſchen Süd- ſlawien und Italien. Dieſes Bündnis, das in wenigen Tagen unterzeichnet werde, ſichere die italieniſche Waffenhilfe bei jedem Angriff auf Südſlawien. Es be- feſtige den Frieden von Europa und ſichere die heutige Karte Europas. Die ungari- ſchen Revanchegedanken dürften damit von der Tagesordnung verſchwinden. Die Fiume-Frage Mailand, 14. Jan. Der Abſchluß des Vertrages zwiſchen Italien und Jugoſla- wien fand am vergangenen Freitag ſtatt. Die Angelegenheit geht auf die Beſprechun- gen Muſſolinis mit Nintſchitſch auf der Lauſanner Konferenz zurück. Italien hat es vorgezogen, in der Fiume-Frage endlich eine wirkliche Löſung und weiterhin einen Vertrag zu ermöglichen, wodurch es ver- hindert wird, daß Jugoſlawien gänzlich unter den Einfluß Frankreichs kommt Man glaubt zu wiſſen, daß Italien auf Grund des in Ausſicht genommenen Ver- trages Stadt und Hafen Fiume annek- tieren und Jugoſlawien das angrenzende Delta und den Hafen Barras miteinver- leiben werde. Außerdem wird die Bil- dung eines Konſortiums geplant, das die Ausbeutung der beiden Häfen für die Dauer von 40 Jahren in die Hand nehmen ſoll. Friedenspolitik zu befolgen, be- ſtätigt, ſondern auch der Wunſch geäußert worden, mit verſchiedenen Ländern Be- ziehungen anzuknüpfen. Man begrüßt hier die Haltung der Kleinen Entente, welche der italieniſchen Politik nicht entgegen- ſteht. Die kleine Entente bindet ſich nicht Belgrad. 14. Januar. Nach der Schluß- tagung der Konferenz der Kleinen Entente iſt Dr. Beneſch nach London gereiſt, wo der Völkerbundsrat tagt. Er wird dort auch mit führenden engliſchen Kreiſen in Verbindung treten, um den tſchechiſch- franzöſiſchen Vertrag. der in der engliſchen Oeffentlichkeit große Mißſtim- mung hervorrief, zu interpretieren. Der rumäniſche Außenminiſtre Duca reiſte nach Bukareſt zurück. Die Schlußſitzung der Kon- ferenz beſchäftigte ſich mit der unga- riſchen Anleihe. Die Konferenz iſt grundſätzlich nicht gegen eine Anleihe, doch ſollen zunächſt noch gewiſſe ſchwebende Fragen, wie z. B. die Depoſitenfrage, ge- regelt werden. Entgegen der Gewohnheit wurde eine amtliche Mitteilung nicht aus- gegeben. Hierbei iſt jedenfalls maßgebend ge- weſen, daß ſich die Konferenz der Kleinen Entente weigerte, einſeitig für Frankreich Stellung zu nehmen, ob- wohl Millerand perſönlich einen darauf hinzielenden Brief an die Konferenz ge- richtet haben ſoll. Nach dieſem Brief ſollte ſich die Kleine Entente dem franzöſiſchen Standpunkt an- ſchließen. Die Konferennz war ſich aber darin einig, daß ſich alle Staaten ihre Handlungsfreiheit vorbehalten. Engliſche Unterſtützung der deutſchen Sozial- demokratie * London, 14. Jan. Der Sekretär der „Trade Union“, Amly, und der Generalſekretär der Arbeiterpartei, Arthur Henderſon, haben an die engliſchen Arbeiter einen Aufruf gerichtet, in dem ſie zur finanziellen Hilfeleiſtung für die deutſche Sozialdemokratie auffordern. In dem Aufruf wird zum Ausdruck gebracht, daß man ſich kaum ein Bild machen könne von den ſchweren Folgen, die der Mark- zuſammenbruch der letzten Monate auf die deut- ſche Arbeiterſchaft gehabt habe. Standeserhebung Lord Curzons London, 14. Jan. Der diplomatiſche Mitarbeiter des „New York Herald“ behauptet, daß der Außen- miniſter Lord Curzon noch vor dem Rücktritt der Baldwin-Regierung zum Herzog erhoben werden wird. Seine Ernennung ſei um ſo wahr- ſcheinlicher, als ſich Gerüchte immer mehr ver- dichten, wonach eine Tochter Lord Curzons ſich mit dem Sohn des engliſchen Königspaares, dem Prinzen John verloben werde. Rückzug der Separatiſten aus Pirmaſens Pirmaſens, 14. Jan. In der Nacht vom 13. auf 14. Januar wurde das Rathaus von den Se- paratiſten völlig geräumt und die Poſten vor dem Rathauſe zurückgezogen; die ſeparatiſtiſche Flagge wurde entfernt. Die Separatiſten haben ſich unterſchriftlich verpflichtet, die Stadtverwaltung künftig völlig unbehelligt zu laſſen und keinerlei Repreſſalien gegen ſtädtiſche Beamte und Angeſtellte zu unter- nehmen. Daraufhin haben die ſeit einiger Zeit wegen der ſeparatiſtiſchen Uebergriffe ſich im Streik befindlichen ſtädtiſchen Be- amten, ſowie der Stadtrat heute vor- mittag die Arbeit wieder aufgenommen. Die dadurch geſchaffene Erleichterung der Lage der Stadt Pirmaſens wird in der Bevölkerung freudig empfunden. Die Angſt vor der Wahrheit Die Londoner Zeitung „Times“ hatte einen ihrer Korreſpondenten nach Speyer geſchickt. Die- ſer berichtet u. a. von verſchiedenen Straßen- ſzenen nach dem Attentat auf Heinz-Orbis. So ſei der Korreſpondent von einem übelausſehenden Mann in der Straße aufgefor- dert worden, ſich auszuweiſen, der ihm ſagte, er gehöre der Autonomen Regierung an, Engländer hätten in der Pfalz nichts zu ſuchen. Als der Korreſpondent in dieſem Augenblick den ihm bekannten Separatiſten Schmitz-Eppers bemerkte, der ſich ſelbſt „Preſſechef“ nennt und von ihm Unterſtützung verlangte, habe der Preſſechef erklärt: es ſei ſon- derbar, daß gerade der Korreſpondent der „Ti- mes“, dieſes den Separatiſten ſo ge-. Die „Times“ ſtecke gewiß hinter dem Morde. Er rief dann einen franzöſiſchen Gendermen herbei und verlangte von ihm die Feſtnahme des Korreſpondenten. Sie iſt jedoch nicht erfolgt. Die Separatiſten haben natürlich allen Grund, zu verhindern, daß neutrale Korreſpondenten, die ſich nicht wie die Franzoſen auf ihre Seite ſtellen, intenſiv hinter die Kuliſſen leuchten und der Welt bekanntgeben, wie die Separatiſten das pfäl- ziſche Volk vergewaltigen und ſei- nen Willen mit Füßen treten. Der Schuft Dorten * Paris, 14. Januar. „Echo de Paris“ veröffentlicht eine Unterredung mit Dr. Dorten. Dorten erklärte u. a.: „Während einiger Zeit mag der Separatismus noch ſchlummern. Wir benützten dieſe Ruhe- pauſe, um eine neue große Aktion vorzubereiten. Diesmal werden wir uns in den Beſitz der nötigen Geldmittel ſetzen (!). Ohne rheiniſche Währung iſt eine rheiniſche Bewegung undenkbar. Unſere nächſte Ak- tion wird ſich hauptſächlich auf die Rhein- pfalz beſchränken. Die Unverſchämtheit, mit der hier der Schuft Dorten einen neuen Plünderungs- feldzug des Separatiſtengeſindels ankün- digt, übertrifft alles Bisherige. Die Red. Was wir wollen und müſſen *) Von Ed. Hamm, M. d. R., Reichswirtschaftsminister Politiſche Betrachtungen ſetzen eine ge- wiſſe Gemeinſchaft der ſeeliſchen Grund- richtung voraus; ſonſt bleiben ſie Mono- loge, die reizen, aber nicht gewinnen. Faſt ſcheint es, als ob im deutſchen Volk der Wille, gemeinſam zu hören und zu denken, fehlte; ſo bitter ſind im Lande die Vorwürfe von Stand zu Stand, Partei zu Partei und ſchärfer noch von den „Nur-vaterländiſchen“ zu den „Auch-parteipolitiſchen“. Fernab von jedem Optimismus ſcheint dieſer Eindruck aber doch, von Unberufenen genährt, an der Oberfläche zu haften, wäh- rend im Grunde das deutſche Volk nicht un- einiger, ja ſogar einiger iſt, als je ſeit 1918. Der Glaube links an die erlöſende Kraft einer Revolution, die nicht Neuſchöpfung, ſondern nur Einſturz war, an die ſelbſt- tätige Verſöhnung der Völker, an die frie- denſtiftende Wirkung einer Waffenſtrek- kung iſt geſchwunden; geſchwunden aber auch, wie mir ſcheint, in weiteren beſinn- lichen Kreiſen rechts der Glaube daran, daß eine Revolution des Vergangenen mit einem Male die Folgen der Umwälzung und Verelendung wie einen böſen Traum wegwiſchen, raſche kühne Tat heute uns die Freiheit geben könnte und an allem Unglück nur einzelne Menſchen und Par- teien ſchuld ſeien — und zwar natürlich immer die anderen. Stärker als vordem findet ſich vielmehr das deutſche Volk zuſammen in der Er- kenntnis ſeiner innigſten Verbundenheit mit dem Schickſal des deutſchen Staates und demzufolge im Willen zu Deutſchlands nationaler Wohlfahrt. Auch auf der Linken verſteht man mehr und mehr zum minde- ſten das eine, daß internationale Verſöh- nung und Völkergemeinſchaft nicht durch nationale Selbſtentäußerung und fremdes Mitleid zu erreichen iſt, ſondern daß die Nation auch dann und gerade dann, wenn ſie recht lebendig als Glied einer, heute immer wieder verſchütteten und nur lang- ſam ſich andeutenden übernationalen Ge- meinſchaft wirken will, erſt ſich ſelbſt in ausgeprägter Eigenart behaupten muß. Und jene Kreiſe auf der äußerſten Rechten, die am liebſten jedes allgemeine Menſch- heitsbewußtſein als Verrat brandmarken möchten, ſind allzu weit entfernt vom tief- ſten und beſten Weſen des deutſchen Volkes und deutſch-chriſtlicher Kultur, als daß ſie das Volk dafür erobern könnten. So wollen wir alle, unter denen politiſche Betrachtung überhaupt Sinn und Zweck haben kann, unſer Volk wieder zu Glück und Recht und Kraft führen; ſo empfinden wir nächſt der Familie keine Gemeinſam- keit ſo ſtark als die der Nation, d. h. aller derer, die durch gemeinſam erlebte deutſche Kultur und Geſchichte und durch freie in- nere Wahl ſich zu eben dieſem deutſchen Volk in ſeiner geſchichtlichen Eigenart tief innerlich unlösbar vereinigt fühlen. Wir verachten nicht die Beziehungen, die über den Umkreis des Volkes hinaus die Völker verbinden, ehren und achten ſie und glau- ben, daß ohne ſie die Menſchheit nicht auf die Dauer ohne Rückfall in Barbarei und geiſtige Verarmung beſtehen kann; aber all unſere Kraft und Pflicht, all unſere Liebe muß auf alle Zeit, die wir ſehen, unſerm eigenen mißhandelten Volke gelten, deſſen Schickſal nun zum Symbol des Schickſals des Rechtes überhaupt geworden iſt. Wir glauben, daß Gott die Völker ge- ſchaffen hat, nicht damit ſie ſich zerreiben, *) Der Auſſatz iſt vor dem Erſcheinen der bayeriſchen Denkſchrift geſchrieben.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-12-19T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 15. Januar 1924, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine14_1924/1>, abgerufen am 16.05.2024.