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Allgemeine Zeitung, Nr. 163, 11. Juni 1860.

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AUGSBURG. Das Abonnement,
welches je vierteljährlich und halb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 15 kr.
Vereinsmünze.

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Allgemeine Zeitung.


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Inserate werden von der Expedition
aufgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.

Montag Nr. 163. 11 Junius 1860.


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Uebersicht.
Die Einnahme Palermo's.
Deutschland. München (der Civilproceßentwurf. Tagsneuigkeiten.
Der Verein zur Ausbildung der Gewerbe. Berichtigung); Köln (die "Kölni-
schen" Anschauungen und der Bonapartismus); Berlin (der archäologische
Congreß in Dünkirchen); Wien (Bincenz Kollar +. Die brasilischen Samm-
lungen. Prof. Weinhold. Fronleichnamsfest, keine Magnaten dabei. Baldige
Einführung der Provincialverfassungen, namentlich Tirols. Vom Reichsrath.
Die künstige Organistrung der protestantischen Gemeinden. Lombardo-
Venetien).
Schweiz. Bern (die Durchbohrung des Septimer statt des Lukma-
nier. Oberst v. Mechel. Division Bazaine); Aus der Westschweiz (Glossen
zur Revision der Landkarten. Betheiligung der Waadtländer am Genfer
Schützenfest); Genf (zur Kenntniß der Bolksabstimmung in Frankreich.
Großfürstin Helene).
Großbritannien. Die allmähliche Zunahme der englischen Staats-
ausgaben. Die Annextonsgelüste hinsichtlich Belgiens. Die letzten Stürme.
Frankreich. Der Staat als Actiengesellschast. Eine Papiersteuer.
Fortsetzung des Processes gegen Paradol. Der Nord verkauft. England
auf Sicilien, Frankreich auf Neapel. Cavour soll durch Farini ersetzt wer-
den. Ein Kammervotum gegen die Regierung.
Belgien. Brüssel (die Abschaffung der Octrois. Die Erklärung
der Rübenzuckersabricanten).
Italien. Palermo (die Lage der Deutschen); Rom (die päpstliche
Armee); Siena (die Feier des Jahrestags des Gefechts von Montanara
und Curtatone. Zeitungsansichten. Litteratur. Der Rücktritt des Barons
Ricasoli): Turin (neue Desertionen. Ein englischer Sonderling. Reue
Verhastungen unter dem Klerus. Eine Deputation des savoyischen Klerus in
Paris. Kammerverhandlungen. Die Gazzetta di Torino. Jahrestag bei
Magenta. Militärisches. Protestationen der auswärtigen Regierungen
gegen die Einverleibungen); Genua (eine zweite Expedition nach Sici-
lien. Garibaldi'sche Gestalten); Aus Nordsavoyen (die Annexion und
das Fronleichnamsfest. Ein Gerücht über ein Angebot an die Schweiz. Die
savoyische Brigade. Ein schweizerischer Geistlicher in Aix les Bains); Mai-
land
(Marschall Baillant nach Venedig gereist. Graf Annoni um seine Ent-
lassung eingekommen. Beschlüsse der Parlamentssitzung vom 5 Jun.).
Dänemark. Die Adresse der Reichstagsmänner für die schleswigische
Minderheit. Feier des Grundgesetztages. Das vermeinte Schwärmen der
Blätter für Napoleon.
Donaufürstenthümer. Die Adresse der gesetzgebenden Bersamm-
lung der Moldau.
Türkei. Pera (die Untersuchungscommission über die Klagen der
Christen).
Ver. Staaten von Nordamerika. Die Japanesen. Zuloaga.
Handels- und Börsennachrichten. Lindau (Schranne).


Telegraphische Berichte.

Patrie. Eine Turiner Depesche mel-
det daß eine Confusion bezüglich der brittischen Ausschiffung entstan-
den, und die englische Occupation des Castells von Palermo nicht
bewerkstelligt worden ist.

Moniteur. Neapel, 10 Jun. Die
Räumung Palermo's ist beendigt. Truppen werden nach Gaeta
dirigirt. Die Neapolitaner in Sicilien concentriren sich in Messina,
Syracus und Agosta.



Die Einnahme Palermo's.

Der erste directe und ausführliche Bericht über die Einnahme Palermo's
durch Garibaldi liegt in der Times vom 8 Jun. vor, geschrieben, wenn wir
nicht irren, von demselben William Russell dessen Briefe aus der Krim und
aus Indien so gerechte Anerkennung gefunden hatten, und datirt vom 27 aus
Palermo, somit inmitten des Bombardements. Den ersten Theil dieses fünf
und eine halbe Timesspalten fassenden Berichts übergehen wir, denn er bringt
nur Bekanntes: die Abfahrt Garibaldi's und seine Landung in Marsala.
Dann erzählt er im wesentlichen folgendes:

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"Die Landung Garibaldi's veränderte den Charakter des sicilischen Auf
stands vollständig. Bis dahin hatten die verschiedenen squadre (Banden) der
Picciotti (junge Burschen) unabhängig von einander eine Art Guerrillakrieg
gesührt. Von einem Zusammenwirken um die Königlichen im offenen Feld
anzugreifen war nicht die Rede. Garibaldi's Name, sein großer Ruf und die
Hülfe welche er herbeiführte, wurde ein Bindungsmittel zwischen diesen ge-
trennten Banden. Sofort stellten sie sich sämmtlich unter seinen Oberbefehl,
und um ihr vereinigtes Bordringen zu verhindern, war Brigadier Landi gegen
Marsala und Trapani entsandt worden. Dieser hatte eine vortreffliche Posi-
tion dazu gewählt, und die Picciotti stäubten vor dem wohlgerichteten Feuer
der Neapolitaner nach allen Richtungen auseinander. Aber Garibaldi's Alpen-
jäger bewährten sich an diesem beißen Tag wie je zuvor. Mit dem Bajonnett
in der Hand drängten sie den Gegner von einer Stellung nach der andern
zurück. Er floh gegen Palermo, und ließ eines seiner Geschütze im Stich.
Ein Student aus Pavia, ein Jüngling von kaum 18 Jahren, erwarb sich die
Ehre es erbeutet zu haben. Das war die Schlacht von Calatafimi. Der
Rückzug der Brigade, die namhaft gelitten hatte, wurde aufangs nicht er-
schwert. Ungehindert passirten sie Alcamo, aber in Partenico, wo sie geplün-
dert, gesengt, gemordet, und Weiber und Kinder in die Flammen geschleudert
hatten, war das Bolk aufgestanden, hatte die Häuser besetzt, feuerte auf die
Truppen, und verwandelte deren Rückzug in eine regellose Flucht. Hier war
es wo das 11. Regiment seine Fahne einbüßte. Garibaldi aber fühlte sich
nicht stark genug seinen Vortheil weiter zu verfolgen, und einen Handstreich
auf Monreale zu wagen. Vor allem mußte er sich mit den Palermitanern
in Verbindung setzen. Wer die Lage der Hauptstadt kennt, wird einsehen
daß die Neapolitaner, welche die See beherrschten, alle Vortheile einer con-
centrirten Stellung besaßen, namentlich einem Feinde gegenüber der über
keine starke Artillerie zu versügen hat. Das beste für sie war daher eine
Concentrirung ihrer Kräfte in der Ebene, mit alleiniger Ausnahme des
Plateau's von Monreale, das für sich allein eine Position abgibt, und die
Straße vom Innern her auf eine große Entfernung beherrscht. Flankenmanö-
vers verbieten sich durch das bergige Terrain von selbst, und in der That
schritten die Neapolitaner, welche letzteres lange genug studiert hatten,
sofort zu der angegebenen Concentrirung und zur Besetzung von Monreale.
Als Garibaldi vor letzterem anlangte (vier Tage nach der Schlacht von Calata-
simi), sah er beim ersten Blick daß sich die Erstürmung von Monreale nur mit
großem Verluste bewerkstelligen ließe. Aus diesem Grund änderte er seinen
Plan. Vor allem besetzte er alle Ausgänge rings herum, und wies den ver-
schiedenen Banden rings auf den die Bay umgürtenden Berghöhen ihre Po-
sitionen an. Es war ein gar wunderbarer Anblick, wenn des Nachts die
rothen Wachtfeuer auf den Bergkanten im blassen Mondlicht aufflackerten.
Nach ihnen schauten die Palermitaner so hoffnungsvoll wie die Parsis nach
dem heiligen Feuer. Acht Tage und acht Nächte lang thaten die Bewohner der
Stadt eben nichts als diese Feuerzeichen beobachten und deuten. Und das
geheime Comite in ihrer Mitte, das trotz der Wachsamkeit der Polizei immer
fortbestanden hatte, fand auch jederzeit Mittel mit Garibaldi in Verbindung
zu bleiben. Die Polizei wußte daß ein derartiges Comite bestand, und daß es
beinahe täglich Bulletins veröffentlichte. Trotzdem war es ihr nicht möglich
dessen Mitgliedern auf die Spur zu kommen. Sie wechselten ihre Versamm-
lungsorte, und gehorchten sämmtlich blindlings einem geheimnißvollen Führer.

Von diesem Comite erhielt Garibaldi die Nachricht daß Palermo bereit
sey sich zu erheben, doch nur dann wenn er vor den Thoren erschiene. Diese Be-
dingung nahm er an, und richtete seinen Feldzugsplan darnach ein. Zu schwach
um Monreale anzugreifen, ließ er einen Theil der ficilischen Insurgenten auf
ihren Bergpositionen zurück, damit sie des Nachts die Wachtfeuer erhielten
und den Gegner täuschten. Er selbst zog mit seinen besten Truppen, längs
der Bergkette, auf einer unsäglich schlechten Straße, auf welcher die Geschütze
nur zu oft von Menschenhänden geschleppt werden mußten, gegen Parco, auf
dem Weg nach Piana. Dort traf er am 23 ein. Jetzt erst sahen die Nea-
politaner daß sie getäuscht worden waren. In größter Eile sandten sie
alles was sich an Truppen vor Monreale entbehren ließ, gegen Parco. Am
23 und 24 kam es zu kleinen Gefechten. Das war's eben was Garibaldi be-
zweckte. Während der Scharmützel zog er mit seinem Gros unbemerkt wieder
ab. Die Königlichen besetzten hinter ihm Parco und Madonna della Grazie,
plünderten, sengten, mordeten, und schickten ein glänzendes Siegesbulletin nach
Palermo und Neapel. Wohl hatten die neapolitanischen Bulletins nicht im-
mer den Ruf großer Berläßlichkeit genossen, doch ward es manchem guten

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AUGSBURG. Das Abonnement,
welches je vierteljährlich und halb-
jährlich angenommen wird, beträgt in
Bayern vierteljährlich 4 fl. 15 kr.
Vereinsmünze.

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Allgemeine Zeitung.


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Inserate werden von der Expedition
aufgenommen und der Raum einer
dreispaltigen Colonelzeile berechnet:
im Hauptblatt mit 12 kr., in der
Beilage mit 9 kr.

Montag Nr. 163. 11 Junius 1860.


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Ueberſicht.
Die Einnahme Palermo’s.
Deutſchland. München (der Civilproceßentwurf. Tagsneuigkeiten.
Der Verein zur Ausbildung der Gewerbe. Berichtigung); Köln (die „Kölni-
ſchen“ Anſchauungen und der Bonapartismus); Berlin (der archäologiſche
Congreß in Dünkirchen); Wien (Bincenz Kollar †. Die braſiliſchen Samm-
lungen. Prof. Weinhold. Fronleichnamsfeſt, keine Magnaten dabei. Baldige
Einführung der Provincialverfaſſungen, namentlich Tirols. Vom Reichsrath.
Die künſtige Organiſtrung der proteſtantiſchen Gemeinden. Lombardo-
Venetien).
Schweiz. Bern (die Durchbohrung des Septimer ſtatt des Lukma-
nier. Oberſt v. Mechel. Diviſion Bazaine); Aus der Weſtſchweiz (Gloſſen
zur Reviſion der Landkarten. Betheiligung der Waadtländer am Genfer
Schützenfeſt); Genf (zur Kenntniß der Bolksabſtimmung in Frankreich.
Großfürſtin Helene).
Großbritannien. Die allmähliche Zunahme der engliſchen Staats-
ausgaben. Die Annextonsgelüſte hinſichtlich Belgiens. Die letzten Stürme.
Frankreich. Der Staat als Actiengeſellſchaſt. Eine Papierſteuer.
Fortſetzung des Proceſſes gegen Paradol. Der Nord verkauft. England
auf Sicilien, Frankreich auf Neapel. Cavour ſoll durch Farini erſetzt wer-
den. Ein Kammervotum gegen die Regierung.
Belgien. Brüſſel (die Abſchaffung der Octrois. Die Erklärung
der Rübenzuckerſabricanten).
Italien. Palermo (die Lage der Deutſchen); Rom (die päpſtliche
Armee); Siena (die Feier des Jahrestags des Gefechts von Montanara
und Curtatone. Zeitungsanſichten. Litteratur. Der Rücktritt des Barons
Ricaſoli): Turin (neue Deſertionen. Ein engliſcher Sonderling. Reue
Verhaſtungen unter dem Klerus. Eine Deputation des ſavoyiſchen Klerus in
Paris. Kammerverhandlungen. Die Gazzetta di Torino. Jahrestag bei
Magenta. Militäriſches. Proteſtationen der auswärtigen Regierungen
gegen die Einverleibungen); Genua (eine zweite Expedition nach Sici-
lien. Garibaldi’ſche Geſtalten); Aus Nordſavoyen (die Annexion und
das Fronleichnamsfeſt. Ein Gerücht über ein Angebot an die Schweiz. Die
ſavoyiſche Brigade. Ein ſchweizeriſcher Geiſtlicher in Aix les Bains); Mai-
land
(Marſchall Baillant nach Venedig gereist. Graf Annoni um ſeine Ent-
laſſung eingekommen. Beſchlüſſe der Parlamentsſitzung vom 5 Jun.).
Dänemark. Die Adreſſe der Reichstagsmänner für die ſchleswigiſche
Minderheit. Feier des Grundgeſetztages. Das vermeinte Schwärmen der
Blätter für Napoleon.
Donaufürſtenthümer. Die Adreſſe der geſetzgebenden Berſamm-
lung der Moldau.
Türkei. Pera (die Unterſuchungscommiſſion über die Klagen der
Chriſten).
Ver. Staaten von Nordamerika. Die Japaneſen. Zuloaga.
Handels- und Börſennachrichten. Lindau (Schranne).


Telegraphiſche Berichte.

Patrie. Eine Turiner Depeſche mel-
det daß eine Confuſion bezüglich der brittiſchen Ausſchiffung entſtan-
den, und die engliſche Occupation des Caſtells von Palermo nicht
bewerkſtelligt worden iſt.

Moniteur. Neapel, 10 Jun. Die
Räumung Palermo’s iſt beendigt. Truppen werden nach Gaëta
dirigirt. Die Neapolitaner in Sicilien concentriren ſich in Meſſina,
Syracus und Agoſta.



Die Einnahme Palermo’s.

Der erſte directe und ausführliche Bericht über die Einnahme Palermo’s
durch Garibaldi liegt in der Times vom 8 Jun. vor, geſchrieben, wenn wir
nicht irren, von demſelben William Ruſſell deſſen Briefe aus der Krim und
aus Indien ſo gerechte Anerkennung gefunden hatten, und datirt vom 27 aus
Palermo, ſomit inmitten des Bombardements. Den erſten Theil dieſes fünf
und eine halbe Timesſpalten faſſenden Berichts übergehen wir, denn er bringt
nur Bekanntes: die Abfahrt Garibaldi’s und ſeine Landung in Marſala.
Dann erzählt er im weſentlichen folgendes:

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„Die Landung Garibaldi’s veränderte den Charakter des ſiciliſchen Auf
ſtands vollſtändig. Bis dahin hatten die verſchiedenen squadre (Banden) der
Picciotti (junge Burſchen) unabhängig von einander eine Art Guerrillakrieg
geſührt. Von einem Zuſammenwirken um die Königlichen im offenen Feld
anzugreifen war nicht die Rede. Garibaldi’s Name, ſein großer Ruf und die
Hülfe welche er herbeiführte, wurde ein Bindungsmittel zwiſchen dieſen ge-
trennten Banden. Sofort ſtellten ſie ſich ſämmtlich unter ſeinen Oberbefehl,
und um ihr vereinigtes Bordringen zu verhindern, war Brigadier Landi gegen
Marſala und Trapani entſandt worden. Dieſer hatte eine vortreffliche Poſi-
tion dazu gewählt, und die Picciotti ſtäubten vor dem wohlgerichteten Feuer
der Neapolitaner nach allen Richtungen auseinander. Aber Garibaldi’s Alpen-
jäger bewährten ſich an dieſem beißen Tag wie je zuvor. Mit dem Bajonnett
in der Hand drängten ſie den Gegner von einer Stellung nach der andern
zurück. Er floh gegen Palermo, und ließ eines ſeiner Geſchütze im Stich.
Ein Student aus Pavia, ein Jüngling von kaum 18 Jahren, erwarb ſich die
Ehre es erbeutet zu haben. Das war die Schlacht von Calatafimi. Der
Rückzug der Brigade, die namhaft gelitten hatte, wurde aufangs nicht er-
ſchwert. Ungehindert paſſirten ſie Alcamo, aber in Partenico, wo ſie geplün-
dert, geſengt, gemordet, und Weiber und Kinder in die Flammen geſchleudert
hatten, war das Bolk aufgeſtanden, hatte die Häuſer beſetzt, feuerte auf die
Truppen, und verwandelte deren Rückzug in eine regelloſe Flucht. Hier war
es wo das 11. Regiment ſeine Fahne einbüßte. Garibaldi aber fühlte ſich
nicht ſtark genug ſeinen Vortheil weiter zu verfolgen, und einen Handſtreich
auf Monreale zu wagen. Vor allem mußte er ſich mit den Palermitanern
in Verbindung ſetzen. Wer die Lage der Hauptſtadt kennt, wird einſehen
daß die Neapolitaner, welche die See beherrſchten, alle Vortheile einer con-
centrirten Stellung beſaßen, namentlich einem Feinde gegenüber der über
keine ſtarke Artillerie zu verſügen hat. Das beſte für ſie war daher eine
Concentrirung ihrer Kräfte in der Ebene, mit alleiniger Ausnahme des
Plateau’s von Monreale, das für ſich allein eine Poſition abgibt, und die
Straße vom Innern her auf eine große Entfernung beherrſcht. Flankenmanö-
vers verbieten ſich durch das bergige Terrain von ſelbſt, und in der That
ſchritten die Neapolitaner, welche letzteres lange genug ſtudiert hatten,
ſofort zu der angegebenen Concentrirung und zur Beſetzung von Monreale.
Als Garibaldi vor letzterem anlangte (vier Tage nach der Schlacht von Calata-
ſimi), ſah er beim erſten Blick daß ſich die Erſtürmung von Monreale nur mit
großem Verluſte bewerkſtelligen ließe. Aus dieſem Grund änderte er ſeinen
Plan. Vor allem beſetzte er alle Ausgänge rings herum, und wies den ver-
ſchiedenen Banden rings auf den die Bay umgürtenden Berghöhen ihre Po-
ſitionen an. Es war ein gar wunderbarer Anblick, wenn des Nachts die
rothen Wachtfeuer auf den Bergkanten im blaſſen Mondlicht aufflackerten.
Nach ihnen ſchauten die Palermitaner ſo hoffnungsvoll wie die Parſis nach
dem heiligen Feuer. Acht Tage und acht Nächte lang thaten die Bewohner der
Stadt eben nichts als dieſe Feuerzeichen beobachten und deuten. Und das
geheime Comité in ihrer Mitte, das trotz der Wachſamkeit der Polizei immer
fortbeſtanden hatte, fand auch jederzeit Mittel mit Garibaldi in Verbindung
zu bleiben. Die Polizei wußte daß ein derartiges Comité beſtand, und daß es
beinahe täglich Bulletins veröffentlichte. Trotzdem war es ihr nicht möglich
deſſen Mitgliedern auf die Spur zu kommen. Sie wechſelten ihre Verſamm-
lungsorte, und gehorchten ſämmtlich blindlings einem geheimnißvollen Führer.

Von dieſem Comité erhielt Garibaldi die Nachricht daß Palermo bereit
ſey ſich zu erheben, doch nur dann wenn er vor den Thoren erſchiene. Dieſe Be-
dingung nahm er an, und richtete ſeinen Feldzugsplan darnach ein. Zu ſchwach
um Monreale anzugreifen, ließ er einen Theil der ficiliſchen Inſurgenten auf
ihren Bergpoſitionen zurück, damit ſie des Nachts die Wachtfeuer erhielten
und den Gegner täuſchten. Er ſelbſt zog mit ſeinen beſten Truppen, längs
der Bergkette, auf einer unſäglich ſchlechten Straße, auf welcher die Geſchütze
nur zu oft von Menſchenhänden geſchleppt werden mußten, gegen Parco, auf
dem Weg nach Piana. Dort traf er am 23 ein. Jetzt erſt ſahen die Nea-
politaner daß ſie getäuſcht worden waren. In größter Eile ſandten ſie
alles was ſich an Truppen vor Monreale entbehren ließ, gegen Parco. Am
23 und 24 kam es zu kleinen Gefechten. Das war’s eben was Garibaldi be-
zweckte. Während der Scharmützel zog er mit ſeinem Gros unbemerkt wieder
ab. Die Königlichen beſetzten hinter ihm Parco und Madonna della Grazie,
plünderten, ſengten, mordeten, und ſchickten ein glänzendes Siegesbulletin nach
Palermo und Neapel. Wohl hatten die neapolitaniſchen Bulletins nicht im-
mer den Ruf großer Berläßlichkeit genoſſen, doch ward es manchem guten

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[0001] AUGSBURG. Das Abonnement, welches je vierteljährlich und halb- jährlich angenommen wird, beträgt in Bayern vierteljährlich 4 fl. 15 kr. Vereinsmünze. Allgemeine Zeitung. Inserate werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreispaltigen Colonelzeile berechnet: im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Montag Nr. 163. 11 Junius 1860. Ueberſicht. Die Einnahme Palermo’s. Deutſchland. München (der Civilproceßentwurf. Tagsneuigkeiten. Der Verein zur Ausbildung der Gewerbe. Berichtigung); Köln (die „Kölni- ſchen“ Anſchauungen und der Bonapartismus); Berlin (der archäologiſche Congreß in Dünkirchen); Wien (Bincenz Kollar †. Die braſiliſchen Samm- lungen. Prof. Weinhold. Fronleichnamsfeſt, keine Magnaten dabei. Baldige Einführung der Provincialverfaſſungen, namentlich Tirols. Vom Reichsrath. Die künſtige Organiſtrung der proteſtantiſchen Gemeinden. Lombardo- Venetien). Schweiz. Bern (die Durchbohrung des Septimer ſtatt des Lukma- nier. Oberſt v. Mechel. Diviſion Bazaine); Aus der Weſtſchweiz (Gloſſen zur Reviſion der Landkarten. Betheiligung der Waadtländer am Genfer Schützenfeſt); Genf (zur Kenntniß der Bolksabſtimmung in Frankreich. Großfürſtin Helene). Großbritannien. Die allmähliche Zunahme der engliſchen Staats- ausgaben. Die Annextonsgelüſte hinſichtlich Belgiens. Die letzten Stürme. Frankreich. Der Staat als Actiengeſellſchaſt. Eine Papierſteuer. Fortſetzung des Proceſſes gegen Paradol. Der Nord verkauft. England auf Sicilien, Frankreich auf Neapel. Cavour ſoll durch Farini erſetzt wer- den. Ein Kammervotum gegen die Regierung. Belgien. Brüſſel (die Abſchaffung der Octrois. Die Erklärung der Rübenzuckerſabricanten). Italien. Palermo (die Lage der Deutſchen); Rom (die päpſtliche Armee); Siena (die Feier des Jahrestags des Gefechts von Montanara und Curtatone. Zeitungsanſichten. Litteratur. Der Rücktritt des Barons Ricaſoli): Turin (neue Deſertionen. Ein engliſcher Sonderling. Reue Verhaſtungen unter dem Klerus. Eine Deputation des ſavoyiſchen Klerus in Paris. Kammerverhandlungen. Die Gazzetta di Torino. Jahrestag bei Magenta. Militäriſches. Proteſtationen der auswärtigen Regierungen gegen die Einverleibungen); Genua (eine zweite Expedition nach Sici- lien. Garibaldi’ſche Geſtalten); Aus Nordſavoyen (die Annexion und das Fronleichnamsfeſt. Ein Gerücht über ein Angebot an die Schweiz. Die ſavoyiſche Brigade. Ein ſchweizeriſcher Geiſtlicher in Aix les Bains); Mai- land (Marſchall Baillant nach Venedig gereist. Graf Annoni um ſeine Ent- laſſung eingekommen. Beſchlüſſe der Parlamentsſitzung vom 5 Jun.). Dänemark. Die Adreſſe der Reichstagsmänner für die ſchleswigiſche Minderheit. Feier des Grundgeſetztages. Das vermeinte Schwärmen der Blätter für Napoleon. Donaufürſtenthümer. Die Adreſſe der geſetzgebenden Berſamm- lung der Moldau. Türkei. Pera (die Unterſuchungscommiſſion über die Klagen der Chriſten). Ver. Staaten von Nordamerika. Die Japaneſen. Zuloaga. Handels- und Börſennachrichten. Lindau (Schranne). Telegraphiſche Berichte. ⸫ Paris, 10 Jun. Patrie. Eine Turiner Depeſche mel- det daß eine Confuſion bezüglich der brittiſchen Ausſchiffung entſtan- den, und die engliſche Occupation des Caſtells von Palermo nicht bewerkſtelligt worden iſt. ⸫ Paris, 11 Jun. Moniteur. Neapel, 10 Jun. Die Räumung Palermo’s iſt beendigt. Truppen werden nach Gaëta dirigirt. Die Neapolitaner in Sicilien concentriren ſich in Meſſina, Syracus und Agoſta. Die Einnahme Palermo’s. Der erſte directe und ausführliche Bericht über die Einnahme Palermo’s durch Garibaldi liegt in der Times vom 8 Jun. vor, geſchrieben, wenn wir nicht irren, von demſelben William Ruſſell deſſen Briefe aus der Krim und aus Indien ſo gerechte Anerkennung gefunden hatten, und datirt vom 27 aus Palermo, ſomit inmitten des Bombardements. Den erſten Theil dieſes fünf und eine halbe Timesſpalten faſſenden Berichts übergehen wir, denn er bringt nur Bekanntes: die Abfahrt Garibaldi’s und ſeine Landung in Marſala. Dann erzählt er im weſentlichen folgendes: „Die Landung Garibaldi’s veränderte den Charakter des ſiciliſchen Auf ſtands vollſtändig. Bis dahin hatten die verſchiedenen squadre (Banden) der Picciotti (junge Burſchen) unabhängig von einander eine Art Guerrillakrieg geſührt. Von einem Zuſammenwirken um die Königlichen im offenen Feld anzugreifen war nicht die Rede. Garibaldi’s Name, ſein großer Ruf und die Hülfe welche er herbeiführte, wurde ein Bindungsmittel zwiſchen dieſen ge- trennten Banden. Sofort ſtellten ſie ſich ſämmtlich unter ſeinen Oberbefehl, und um ihr vereinigtes Bordringen zu verhindern, war Brigadier Landi gegen Marſala und Trapani entſandt worden. Dieſer hatte eine vortreffliche Poſi- tion dazu gewählt, und die Picciotti ſtäubten vor dem wohlgerichteten Feuer der Neapolitaner nach allen Richtungen auseinander. Aber Garibaldi’s Alpen- jäger bewährten ſich an dieſem beißen Tag wie je zuvor. Mit dem Bajonnett in der Hand drängten ſie den Gegner von einer Stellung nach der andern zurück. Er floh gegen Palermo, und ließ eines ſeiner Geſchütze im Stich. Ein Student aus Pavia, ein Jüngling von kaum 18 Jahren, erwarb ſich die Ehre es erbeutet zu haben. Das war die Schlacht von Calatafimi. Der Rückzug der Brigade, die namhaft gelitten hatte, wurde aufangs nicht er- ſchwert. Ungehindert paſſirten ſie Alcamo, aber in Partenico, wo ſie geplün- dert, geſengt, gemordet, und Weiber und Kinder in die Flammen geſchleudert hatten, war das Bolk aufgeſtanden, hatte die Häuſer beſetzt, feuerte auf die Truppen, und verwandelte deren Rückzug in eine regelloſe Flucht. Hier war es wo das 11. Regiment ſeine Fahne einbüßte. Garibaldi aber fühlte ſich nicht ſtark genug ſeinen Vortheil weiter zu verfolgen, und einen Handſtreich auf Monreale zu wagen. Vor allem mußte er ſich mit den Palermitanern in Verbindung ſetzen. Wer die Lage der Hauptſtadt kennt, wird einſehen daß die Neapolitaner, welche die See beherrſchten, alle Vortheile einer con- centrirten Stellung beſaßen, namentlich einem Feinde gegenüber der über keine ſtarke Artillerie zu verſügen hat. Das beſte für ſie war daher eine Concentrirung ihrer Kräfte in der Ebene, mit alleiniger Ausnahme des Plateau’s von Monreale, das für ſich allein eine Poſition abgibt, und die Straße vom Innern her auf eine große Entfernung beherrſcht. Flankenmanö- vers verbieten ſich durch das bergige Terrain von ſelbſt, und in der That ſchritten die Neapolitaner, welche letzteres lange genug ſtudiert hatten, ſofort zu der angegebenen Concentrirung und zur Beſetzung von Monreale. Als Garibaldi vor letzterem anlangte (vier Tage nach der Schlacht von Calata- ſimi), ſah er beim erſten Blick daß ſich die Erſtürmung von Monreale nur mit großem Verluſte bewerkſtelligen ließe. Aus dieſem Grund änderte er ſeinen Plan. Vor allem beſetzte er alle Ausgänge rings herum, und wies den ver- ſchiedenen Banden rings auf den die Bay umgürtenden Berghöhen ihre Po- ſitionen an. Es war ein gar wunderbarer Anblick, wenn des Nachts die rothen Wachtfeuer auf den Bergkanten im blaſſen Mondlicht aufflackerten. Nach ihnen ſchauten die Palermitaner ſo hoffnungsvoll wie die Parſis nach dem heiligen Feuer. Acht Tage und acht Nächte lang thaten die Bewohner der Stadt eben nichts als dieſe Feuerzeichen beobachten und deuten. Und das geheime Comité in ihrer Mitte, das trotz der Wachſamkeit der Polizei immer fortbeſtanden hatte, fand auch jederzeit Mittel mit Garibaldi in Verbindung zu bleiben. Die Polizei wußte daß ein derartiges Comité beſtand, und daß es beinahe täglich Bulletins veröffentlichte. Trotzdem war es ihr nicht möglich deſſen Mitgliedern auf die Spur zu kommen. Sie wechſelten ihre Verſamm- lungsorte, und gehorchten ſämmtlich blindlings einem geheimnißvollen Führer. Von dieſem Comité erhielt Garibaldi die Nachricht daß Palermo bereit ſey ſich zu erheben, doch nur dann wenn er vor den Thoren erſchiene. Dieſe Be- dingung nahm er an, und richtete ſeinen Feldzugsplan darnach ein. Zu ſchwach um Monreale anzugreifen, ließ er einen Theil der ficiliſchen Inſurgenten auf ihren Bergpoſitionen zurück, damit ſie des Nachts die Wachtfeuer erhielten und den Gegner täuſchten. Er ſelbſt zog mit ſeinen beſten Truppen, längs der Bergkette, auf einer unſäglich ſchlechten Straße, auf welcher die Geſchütze nur zu oft von Menſchenhänden geſchleppt werden mußten, gegen Parco, auf dem Weg nach Piana. Dort traf er am 23 ein. Jetzt erſt ſahen die Nea- politaner daß ſie getäuſcht worden waren. In größter Eile ſandten ſie alles was ſich an Truppen vor Monreale entbehren ließ, gegen Parco. Am 23 und 24 kam es zu kleinen Gefechten. Das war’s eben was Garibaldi be- zweckte. Während der Scharmützel zog er mit ſeinem Gros unbemerkt wieder ab. 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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 163, 11. Juni 1860, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine163_1860/1>, abgerufen am 15.05.2024.