Allgemeine Zeitung, Nr. 18, 1. Mai 1915.
Das britische Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri- Der amerikanische Botschafter Gerard besichtigte Türkei. Auch auf dem türkischen Kriegsschauplatz, insbesondere in den Der "Tanin" veröffentlicht genaue Angaben seines Kriegs- Die "Agence Milli" meldet: Das englische Schlachtschiff Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon- 27. April: Das Hauptquartier teilt mit: Die Ufer von Sighindere Wir stellten fest, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge- 28. April: Bei dem gestrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der Anläßlich des siebenten Jahrestages der Thronbesteigung Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche Der Erfolg vom 27. April reiht sich würdig dem vom Der Empfang erhielt ein besonderes Gepräge durch die Zere- Der deutsche Botschafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute Nach einer Meldung der "Agenzia Stefani". 20 Meilen vom Diese aus italienischer Quelle vorliegende Nachricht von der Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das
Das britiſche Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri- Der amerikaniſche Botſchafter Gerard beſichtigte Türkei. Auch auf dem türkiſchen Kriegsſchauplatz, insbeſondere in den Der „Tanin“ veröffentlicht genaue Angaben ſeines Kriegs- Die „Agence Milli“ meldet: Das engliſche Schlachtſchiff Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon- 27. April: Das Hauptquartier teilt mit: Die Ufer von Sighindere Wir ſtellten feſt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge- 28. April: Bei dem geſtrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der Anläßlich des ſiebenten Jahrestages der Thronbeſteigung Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche Der Erfolg vom 27. April reiht ſich würdig dem vom Der Empfang erhielt ein beſonderes Gepräge durch die Zere- Der deutſche Botſchafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“. 20 Meilen vom Dieſe aus italieniſcher Quelle vorliegende Nachricht von der Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <cit> <quote> <p><pb facs="#f0007" n="Seite 269.[269]"/><fw place="top" type="header">1. Mai 1915. <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung</hi></fw><lb/><cb/> deutſchen Unterſeeboot am Mittwoch abend an der Oſtküſte be-<lb/> ſchoſſen wurde. Es iſt unbekannt, ob der „Envoy“ verſenkt wurde.</p><lb/> <p>Nach einer Reutermeldung wurde der ſchwediſche Dampfer<lb/><hi rendition="#g">„Ruth“</hi> aus Gothenburg am Mittwoch 100 Meilen öſtlich vom<lb/> Firth of Forth von einem deutſchen Unterſeeboot torpediert und<lb/> verſenkt. Die Beſatzung iſt in Leith gelandet worden.</p><lb/> <p>Im engliſchen <hi rendition="#g">Unterhaus</hi> frug Lord Charles <hi rendition="#g">Beres-<lb/> ford,</hi> ob die Regierung für jedes von deutſchen Unterſeebooten<lb/> verſenkte engliſche Schiff ein intermertes <hi rendition="#g">deutſches Schiff mit<lb/> Beſchlag</hi> belegen werde. Premierminiſter Asquith erwiderte,<lb/> die Regierung habe die Frage erwogen. Sie habe beſchloſſen, dies<lb/> vorläufig <hi rendition="#g">nicht zu tun.</hi> Dieſe Entſcheidung ſchließe aber nicht<lb/> eine neue Erwägung aus, wenn die Umſtände es erheiſchen.</p> </quote> </cit> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Das britiſche Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri-<lb/> kaniſchen Botſchafter übermittelte <hi rendition="#g">Liſte</hi> der 39 <hi rendition="#g">engliſchen<lb/> Offiziere,</hi> die, in <hi rendition="#g">deutſcher Gefangenſchaft</hi> befindlich,<lb/> zur <hi rendition="#g">Vergeltung</hi> für die unehrenhafte Behandlung deutſcher<lb/><hi rendition="#aq">U</hi>-Bootsmanſchaften in England ins <hi rendition="#g">Militärgefängnis</hi><lb/> übergeführt worden ſind. Die Liſte enthält u. a. folgende Namen:<lb/> Kapitän <hi rendition="#g">Grey,</hi> einen Verwandten von Sir Eduard Grey, Kapitän<lb/><hi rendition="#g">Coke,</hi> einen Halbbruder des Lord Leiceſter, Lutnant <hi rendition="#g">Goſchen,</hi><lb/> einen Sohn des früheren britiſchen Botſchafters in Berlin, ferner<lb/> Söhne des Earl <hi rendition="#g">of Errol,</hi> des Earl <hi rendition="#g">of Albemarle,</hi> Earl <hi rendition="#g">of<lb/> Galloway,</hi> Lord <hi rendition="#g">Clanmorris,</hi> Lord <hi rendition="#g">Milton,</hi> nahe Ver-<lb/> wandte des Lord <hi rendition="#g">Saltourn</hi> und des Herzogs von <hi rendition="#g">Grafton.</hi><lb/> Die engliſchen Blätter bemerken in ihrem Kommentar zu dieſer<lb/> Liſte, daß die Deutſchen anſcheinend die in ihren Händen befindlichen<lb/> Mitglieder der vornehmſten engliſchen Familien und die Ange-<lb/> hörigen der berühmteſten britiſchen Regimenter ausgeſucht haben.<lb/> „Daily Telegraph“ meint, daß durch die deutſchen Repreſſalien eine<lb/> ſchwierige Situation geſchaffen worden ſei. 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Die<lb/> Türken haben ſich dabei außerordentlich tapfer gehalten und über-<lb/> all geradezu überraſchend ſchöne Erfolge erreicht. 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Der<lb/> Feind, der in der Nähe von Kabatepe gelandet war, bemühte ſich<lb/> unter dem Schutze des Feuers ſeiner Schiffe, ſich in ſeinen Ver-<lb/> teidigungsſtellungen zu halten. Heute früh nahmen unſere Truppen<lb/> die Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, ſich auf der<lb/> ganzen Front zurückzuziehen. Sie fügten ihm außerordentlich<lb/><hi rendition="#g">ſchwere Verluſte</hi> bei. <hi rendition="#g">Ein Teil des Feindes,</hi> der nach<lb/> dem Meer zu flieht, flüchtet ſich in ſeine Schaluppen und <hi rendition="#g">ent-<lb/> fernt ſich ſchleunigſt.</hi> Diejenigen, die nicht fliehen können,<lb/> entfalten weiße Fahnen und <hi rendition="#g">ergeben ſich in Maſſen.</hi></quote> </cit><lb/> <cit> <quote>Wir ſtellten feſt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge-<lb/> ſchoſſen unſerer Artillerie getroffen, vor Ari Burum ſank. Eine in<lb/> letzter Stunde um 4 Uhr 30 Min. nachmittags eingetroffene Mel-<lb/> dung beſagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden<lb/> geſchätzt werden, an der Küſte von Kabatepe ins Meer getrieben<lb/> worden ſind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Maſt<lb/> und havariertem Hinterſchiff nach Tenedos geſchleppt.</quote> </cit><lb/> <p>28. April:</p><lb/> <p>Bei dem geſtrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der<lb/><hi rendition="#g">Thronbeſteigung des Sultans</hi> teilte der Kriegsminiſter<lb/> ein Telegramm des Befehlshabers der 5. 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Die Blätter heben hervor,<lb/> daß die Regierung des Sultans, die mit der Feſtigung des ver-<lb/> faſſungsmäßigen Regimes begann, in dieſem Jahr durch die Kund-<lb/> gebung der Lebenskraft und Einigkeit der Ottomanen und Muſel-<lb/> manen gekennzeichnet ſei, die ſich in den bisher von den türkiſchen<lb/> Truppen errungenen Erfolgen zeige.</p><lb/> <p>Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche<lb/> Dardanellenangriff die äußerſte Anſtrengung der Alliierten bedeute,<lb/> aber ebenſo jämmerlich ſcheitern werde, wie die vorhergehenden An-<lb/> griffe und daß der von der Türkei unternommene Kampf um ihre<lb/> Exiſtenz zum ſiegreichen Abſchluß gelangt.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Erfolg</hi> vom 27. April reiht ſich würdig dem vom<lb/> 18. März an. Vielleicht übertrifft er ihn noch an Glanz. Die Aktion<lb/> der Engländer und Franzoſen war auf das ſorgſamſte vorbereitet.<lb/> Das <hi rendition="#g">vernichtende Fiasko,</hi> das ihnen von der ruhmreichen<lb/> türkiſchen Armee bereitet wurde, iſt von weittragender militäriſcher<lb/> und geſchichtlicher Bedeutung. Die vier engliſchen Brigaden, die bei<lb/> Kaba Tepe im Sturm durch türkiſche Bajonette <hi rendition="#g">ins Meer ge-<lb/> worfen</hi> wurden, und die übrigen Truppen, die mit weißer<lb/> Flagge dem Sturm ſich bedingungslos ergaben, werden zu einer<lb/> anderen Bewertung türkiſcher Kraft kommen.</p><lb/> <p>Der Empfang erhielt ein beſonderes Gepräge durch die Zere-<lb/> monie der Annahme des <hi rendition="#g">Titels „Ghazi“.</hi> Der Großweſir<lb/> richtete an den Sultan die Bitte, dieſen Titel anzunehmen, worauf der<lb/> Sultan ſichtlich gerührt ſeine Zuſtimmung dazu erteilte. 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1. Mai 1915. Allgemeine Zeitung
deutſchen Unterſeeboot am Mittwoch abend an der Oſtküſte be-
ſchoſſen wurde. Es iſt unbekannt, ob der „Envoy“ verſenkt wurde.
Nach einer Reutermeldung wurde der ſchwediſche Dampfer
„Ruth“ aus Gothenburg am Mittwoch 100 Meilen öſtlich vom
Firth of Forth von einem deutſchen Unterſeeboot torpediert und
verſenkt. Die Beſatzung iſt in Leith gelandet worden.
Im engliſchen Unterhaus frug Lord Charles Beres-
ford, ob die Regierung für jedes von deutſchen Unterſeebooten
verſenkte engliſche Schiff ein intermertes deutſches Schiff mit
Beſchlag belegen werde. Premierminiſter Asquith erwiderte,
die Regierung habe die Frage erwogen. Sie habe beſchloſſen, dies
vorläufig nicht zu tun. Dieſe Entſcheidung ſchließe aber nicht
eine neue Erwägung aus, wenn die Umſtände es erheiſchen.
Das britiſche Auswärtige Amt veröffentlicht die vom ameri-
kaniſchen Botſchafter übermittelte Liſte der 39 engliſchen
Offiziere, die, in deutſcher Gefangenſchaft befindlich,
zur Vergeltung für die unehrenhafte Behandlung deutſcher
U-Bootsmanſchaften in England ins Militärgefängnis
übergeführt worden ſind. Die Liſte enthält u. a. folgende Namen:
Kapitän Grey, einen Verwandten von Sir Eduard Grey, Kapitän
Coke, einen Halbbruder des Lord Leiceſter, Lutnant Goſchen,
einen Sohn des früheren britiſchen Botſchafters in Berlin, ferner
Söhne des Earl of Errol, des Earl of Albemarle, Earl of
Galloway, Lord Clanmorris, Lord Milton, nahe Ver-
wandte des Lord Saltourn und des Herzogs von Grafton.
Die engliſchen Blätter bemerken in ihrem Kommentar zu dieſer
Liſte, daß die Deutſchen anſcheinend die in ihren Händen befindlichen
Mitglieder der vornehmſten engliſchen Familien und die Ange-
hörigen der berühmteſten britiſchen Regimenter ausgeſucht haben.
„Daily Telegraph“ meint, daß durch die deutſchen Repreſſalien eine
ſchwierige Situation geſchaffen worden ſei. (Bravo!)
Der amerikaniſche Botſchafter Gerard beſichtigte
geſtern in Magdeburg und Burg die Kriegsgefangenen-
Arreſtanſtalten, in denen die engliſchen Offiziere zur Ver-
geltung für die Behandlung der deutſchen Unterſeebootsleute unter-
gebracht wurden, ſowie die Gefangenenlager. Er ſprach ſich äußerſt
befriedigt aus. Die Gefangenen äußerten unumwunden ihre
Zufriedenheit. (Man ſieht, den Herren geſchieht auch jetzt
noch nicht zu viel.)
Türkei.
Auch auf dem türkiſchen Kriegsſchauplatz, insbeſondere in den
Dardanellen, hat eine neue Offenſive eingeſetzt. Die
Türken haben ſich dabei außerordentlich tapfer gehalten und über-
all geradezu überraſchend ſchöne Erfolge erreicht. Wir laſſen den
Berichten über dieſe Erfolge zwei kleine, über ruſſiſche und eng-
liſche Grauſamkeit und Rückſichtsloſigkeit vorgehen:
Der „Tanin“ veröffentlicht genaue Angaben ſeines Kriegs-
korreſpondenten in Erzerum über die von den Ruſſen gegen
die muſelmaniſche Bevölkerung in den Grenzortſchaften
des Kaukaſus und der türkiſchen Gebiete, insbeſondere in Ardi,
Alaguenz, Kepenk und Velibaba, verübten Grauſamkeiten
und knüpft daran die Bemerkung: Die Schilderung dieſer Grauſam-
keiten bildet ein Seitenſtück zu der in Oeſterreich-Ungarn und
Deutſchland veröffentlichten Zuſammenſtellung ähnlicher Grauſam-
keiten, die von den Ruſſen an den deutſchen Grenzen, in Galizien
und der Bukowina begangen worden ſind.
Die „Agence Milli“ meldet:
Das engliſche Schlachtſchiff
„Agamemnon“ bombardierte und zerſtörte gefliſſentlich
die in Bulair auf Gallipoli befindliche Grabſtätte Sulerman
Paſchas, des erſten türkiſchen Fürſten, welcher die Dardanellen
überſchritten hat. Die Grabſtätte, welche Gegenſtand nationaler Ver-
ehrung war, wurde nicht zu militäriſchen Zwecken be-
nützt. In dem angrenzenden Orte befanden ſich keine Soldaten.
Die Engländer verletzten durch ihr Vorgehen die Haager Kon-
vention und die von der Türkei und England unterzeichnete Kon-
vention, nach welcher Tempel und andere Heiligtümer während
eines Krieges geachtet werden ſollen. In dieſer Hinſicht erinnern
wir daran, daß während des Balkankrieges die Serben das Grab
des Sultans Murad ſchonten. Wir proteſtieren gegen den engliſchen
Anſchlag auf das Grab Suleiman Paſchas und unterbreiten dieſe
Handlungsweiſe dem Urteil der ziviliſierten Welt.
27. April:
Das Hauptquartier teilt mit:
Die Ufer von Sighindere
und weſtlich Sedul Bahir ſind vom Feinde geſäubert. Der
Feind, der in der Nähe von Kabatepe gelandet war, bemühte ſich
unter dem Schutze des Feuers ſeiner Schiffe, ſich in ſeinen Ver-
teidigungsſtellungen zu halten. Heute früh nahmen unſere Truppen
die Stellungen im Sturm und zwangen den Feind, ſich auf der
ganzen Front zurückzuziehen. Sie fügten ihm außerordentlich
ſchwere Verluſte bei. Ein Teil des Feindes, der nach
dem Meer zu flieht, flüchtet ſich in ſeine Schaluppen und ent-
fernt ſich ſchleunigſt. Diejenigen, die nicht fliehen können,
entfalten weiße Fahnen und ergeben ſich in Maſſen.
Wir ſtellten feſt, daß ein feindlicher Transportdampfer, von Ge-
ſchoſſen unſerer Artillerie getroffen, vor Ari Burum ſank. Eine in
letzter Stunde um 4 Uhr 30 Min. nachmittags eingetroffene Mel-
dung beſagt, daß die feindlichen Streitkräfte, die auf vier Brigaden
geſchätzt werden, an der Küſte von Kabatepe ins Meer getrieben
worden ſind. Ein feindlicher Kreuzer wurde mit zerbrochenem Maſt
und havariertem Hinterſchiff nach Tenedos geſchleppt.
28. April:
Bei dem geſtrigen Empfang aus Anlaß des 7. Jahrestages der
Thronbeſteigung des Sultans teilte der Kriegsminiſter
ein Telegramm des Befehlshabers der 5. Armee, Liman Paſcha,
mit, daß das Zentrum und der rechte Flügel des Feindes voll-
ſtändiggeſchlagen und Hoffnung vorhanden ſei, daß auch der
linke Flügel geſchlagen werde.
Anläßlich des ſiebenten Jahrestages der Thronbeſteigung
des Sultans iſt die ganze Stadt reich beflaggt. Die feſtliche
Stimmung wird noch geſteigert durch Nachrichten von äußerſt
wichtigen Erfolgen gegenüber dem neuerlichen Verſuch der Alli-
ierten, die Dardanellen zu forcieren. Die Blätter heben hervor,
daß die Regierung des Sultans, die mit der Feſtigung des ver-
faſſungsmäßigen Regimes begann, in dieſem Jahr durch die Kund-
gebung der Lebenskraft und Einigkeit der Ottomanen und Muſel-
manen gekennzeichnet ſei, die ſich in den bisher von den türkiſchen
Truppen errungenen Erfolgen zeige.
Die Blätter drücken ihre Ueberzeugung aus, daß der neuerliche
Dardanellenangriff die äußerſte Anſtrengung der Alliierten bedeute,
aber ebenſo jämmerlich ſcheitern werde, wie die vorhergehenden An-
griffe und daß der von der Türkei unternommene Kampf um ihre
Exiſtenz zum ſiegreichen Abſchluß gelangt.
Der Erfolg vom 27. April reiht ſich würdig dem vom
18. März an. Vielleicht übertrifft er ihn noch an Glanz. Die Aktion
der Engländer und Franzoſen war auf das ſorgſamſte vorbereitet.
Das vernichtende Fiasko, das ihnen von der ruhmreichen
türkiſchen Armee bereitet wurde, iſt von weittragender militäriſcher
und geſchichtlicher Bedeutung. Die vier engliſchen Brigaden, die bei
Kaba Tepe im Sturm durch türkiſche Bajonette ins Meer ge-
worfen wurden, und die übrigen Truppen, die mit weißer
Flagge dem Sturm ſich bedingungslos ergaben, werden zu einer
anderen Bewertung türkiſcher Kraft kommen.
Der Empfang erhielt ein beſonderes Gepräge durch die Zere-
monie der Annahme des Titels „Ghazi“. Der Großweſir
richtete an den Sultan die Bitte, dieſen Titel anzunehmen, worauf der
Sultan ſichtlich gerührt ſeine Zuſtimmung dazu erteilte. Die Feier-
lichkeit der Uebertragung des Titels „Ghazi“ findet am nächſten
Freitag ſtatt.
Der deutſche Botſchafter Frhr. v. Wangenheim wurde heute
nachmittag vom Sultan in Audienz empfangen. Er unterbreitete
ihm die Glückwünſche des Kaiſers.
Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“. 20 Meilen vom
Cap Santa Maria di Leuca iſt der franzöſiſche Panzer-
kreuzer „Lėon Gambetta“ heute nacht von einem öſter-
reichiſchen U-Boot torpediert worden; ein Teil der Be-
ſatzung wurde gerettet.
Dieſe aus italieniſcher Quelle vorliegende Nachricht von der
Verſenkung des franzöſiſchen Panzerkreuzers „Léon Gambetta“ durch
ein öſterreichiſch-ungariſches Unterſeeboot wird jetzt auch von amt-
licher Wiener Stelle beſtätigt.
Das Flottenkommando veröffentlicht folgenden Bericht: Das
Unterſeeboot „5“, Kommandant Linienſchiffsleutnant Georg Ritter
v. Trapp, torpedierte und verſenkte im Joniſchen Meer den fran-
zöſiſchen Panzerkreuzer „Lėon Gambetta“.
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(2023-04-24T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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