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Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850.

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[Spaltenumbruch] wollte diese Schwerkraft erhalten wissen und die Wagschale sank dahin.
Nach innen wird sie erhalten werden, ob nach außen, wird erst die nächste Zeit
darthun. In diesem Sinn der richtigen Auffassung dessen was es galt,
muß man die klare, leidenschaftlose Rede des Ministers Manteuffel loben.
Er forderte die Nachgiebigkeit nicht als Pflicht, "jeder, sagte er, wird sich
seine Meinung darüber bereits gebildet haben, und wohl schwerlich durch
Gründe dafür oder dagegen zu überzeugen seyn. Ich gebe gern zu daß
die Ansichten über den Werth der Regierungsvorschläge verschieden seyn
können, und daß ich keine neuen Gründe dafür in die Wagschale zu
legen vermag," er forderte die Zustimmung nur an den Patriotismus
der Versammlung appellirend, und schloß: "Um ganz aufrichtig zu seyn,
so wird allerdings der Mehrheit in dieser Kammer Gewalt angemuthet,
aber nicht durch uns, durch die Natur der Sache, durch die Vaterlands-
liebe." Gegen diese Appellation läßt sich allerdings viel sagen, und ist
auch gesagt worden. Der Patriotismus ist in diesem Fall einer ganz ent-
gegengesetzten Auslegung fähig, aber die Untersuchung, ob die Natur der
Sache, oder wer der Kammer diese Gewalt anlege, war hier nicht mehr
an der Zeit.

Im Verfassungsausschuß der ersten Kammer hat Dahlmann ergrei-
fende Worte gegen die Pairie gesprochen. Sie versetzten einige Pairs
in spe sehr in Harnisch. Namentlich den Grafen v. Itzenplitz erhitzte
ein Ausspruch Dahlmanns: "Bildet man sich ein daß eine Thalgegend in
Gebirgsland umzuwandeln sey? Freilich ein großer Herr kann rund um
seinen Wohnfitz im Flachland Hügel aufwerfen lassen; diese Erdhaufen
sind aber keine Berge!" Der Graf v. Itzenplitz entgegnete: Preußens Ge-
schichte weise eine ganze Reihe von erlauchten Namen auf, deren Träger
wahrhafte Pairs seyn würden; es gebe einen historischen Adel in Preu-
ßen; Arnim (Boitzenburg), Schwerin u. s. f. Dahlmann erwiederte
gelassen daß er an geschichtlichen Kenntnissen mit dem edeln Grafen
Schritt zu halten hoffe. Graf Itzenplitz hätte zum Beweise, wie der Adel
im Herzen des Volks lebt, das märkische Sprüchwort beherzigen sollen:
Vor Itzenplitz,
Vor Köckeritz
Der liebe Himmel uns beschütz! (H. N.)

Der Verwaltungsrath hat in seiner
Plenarsitzung vom 25 Jan. noch keinen formellen Beschluß über die
Vorlagen für Erfurt ausgesprochen, worauf man eigentlich bereits ge-
faßt war. Derselbe sollte für unveränderte Vorlage des Urentwurfs vom
28 Mai v. J. in Erfurt lauten und in der Motivirung die Ablehnung der
preußischen, sowie überhaupt aller Veränderungsvorschläge durch die
Rücksicht auf die verwahrenden Erklärungen Sachsens und Hannovers
erklären. Wie ich höre lautet der betreffende Vortrag des hiefür nieder-
gesetzten Ausschusses, welchen Minister Vollpracht abgefaßt hat, durchaus
in diesem Sinn. Er ist auch bereits zur Vertheilung unter die Mitglieder
des Verwaltungsraths gekommen, welche sich in ihrer Mehrzahl ziemlich
offen dahin aussprechen daß nach der Sanctionirung des Entwurfs vom
Reichstag in Erfurt sofort die Reichsregierung für den Bundesstaat ein-
zutreten habe, ein Reichsministerium einzusetzen und mit einer Vollzugs-
ordnung zu versehen sey. Die sofortige Revision wäre dann nichts weiter
als die bestimmte Begränzung der sofort in Wirksamkeit tretenden Be-
stimmungen des Entwurfs. Es ist trotz der in allen Ecken und Enden
in der Presse auftauchenden Nachrichten über einen Gegenverfassungsent-
wurf der Königreiche unter Oesterreichs Anführung bis heut noch keine
Mittheilung weder officiell noch vertraulich an das hiefige Cabinet ge-
langt. Man zweifelt hier nicht daran daß man mit solchen Plänen an
den kleinen Höfen umgeht, aber man glaubt, trotz der Versicherung des
württembergischen Staatsanzeigers, nicht an das Zustandekommen einer
solchen Vereinbarung. Ueber die Wirkung welche die gestrige veränderte
Annahme der Propositionen hier hervorgebracht, läßt sich noch nicht viel
sagen. Die meiste Billigung findet die Veränderung des Staatsgerichts-
hofs in einen besondern Schwurgerichtshof, da es thatsächlich ist daß die
jetzige Organisation der Schwurgerichte in politischen Processen in ein-
zelnen Provinzen, wo sich Nationalitäten gegenüberstehen, rein unhaltbar
ist. Der Krauthofer'sche Proceß in Posen, sowie eine ganze Reihe von
Landesverrathsprocessen in Gnesen (in derselben Provinz) bilden den
schlagendsten Beweis. Die Berliner denken bereits an die erste Feier
des Constitutionsfestes nach der Beschwörung der Verfassung, welche gleich
nach dem Votum der ersten Kammer bevorsteht.

Oesterreich.

Eine große Botschaft, und eine frohe
zugleich: gestern ist aus dem hiesigen Cabinet an die Bundescentralcom-
mission zu Frankfurt und gleichzeitig an die österreichischen Gesandtschaf-
ten bei den übrigen deutschen Höfen eine Denkschrift abgegangen, welche
nichts geringeres enthält als die Ausführung der bekannten Vorlagen
der Wiener Zeitung vom 26 Oct. v. J. Damals als letztere in die Welt
hinausgestreut wurden, zweifelte man in begreiflicher Beflissenheit den
[Spaltenumbruch] Ernst ihrer Absicht, die Möglichkeit ihrer Ausführung an; es fehlte so-
gar nicht an solchen Stimmen welche diese Vorschläge und jede Anwün-
schung an sie um deßwillen kurz zurückwiesen, weil sie nicht aus officieller
Quelle geflossen. Dieser Vorwand fällt nun auf einmal weg. Oester-
reich spricht es bestimmt aus, spricht es durch die Organe seiner Regie-
rung und ihrer auswärtigen Vertretung aus, spricht es in festen, positi-
ven Sätzen aus was und wohin es will. Und welches ist dieses Ziel?
Eine "Annäherung" an Deutschland? Nicht doch -- sondern eine Eini-
gung.
Eine Einigung "mit dem Zollverein?" Nicht doch -- sondern
eine Einigung mit dem gesammten Deutschland. Das ist eine
Straße, worauf wir die österreichische Regierung mit freudigem Zuruf
willkommen heißen, worauf in gleichem Eifer das ganze deutsche Volk ihr
entgegenkommen wird; eine klare, scharf gezogene, unabsehbar bewegte
und unberechenbar folgenreiche Straße ist es, gebaut aus dem greifbaren
Stoffe der nächsten materiellen Interessen, gerichtet auf die höchsten Ziele
eines Volkes und eines Zeitalters, sogar über deren Gränze weit hinaus-
reichend in eine unermeßliche Perspective. Mit diesem großen Schritte
wird fester Boden gewonnen für alle Arbeit an der deutschen Zukunft, und
auch dem politischen Theile dieser Arbeit, statt der luftigen Bahn des Er-
perimentirens und Doctrinirens, worin er bisher verpuffte, sein Weg be-
stimmt vorgezeichnet. Daß es an Schwierigkeiten auf diesem Wege nicht
mangeln wird, an Gefahren und an Hemmnissen aller Art -- darüber
macht sich die österreichische Regierung keine Illufionen. Sie weiß wel-
chem Widerstande sie, von draußen abgesehen, zunächst in ihren inneren
Verhältnissen begegnen muß, und wie es ihrer ganzen Thätigkeit, ihrer
vollen, unerschrockenen Kraft und zukunftsicheren Ueberzeugung bedarf
um über diesen Widerstand und über jene Schwierigkeiten hinwegzukom-
men. Aber sie hat ihr Ziel klar erkannt, fest gesteckt, sie hat den Weg
dazu entschlossen betreten. Auch der beliebten Verschleppung und Ver-
zettelung, womit gerade die wichtigsten Fragen im deutschen Leben von der
goldenen Praxis behandelt zu werden pflegen, hat sie vorgebeugt, indem
sie an allen Orten zumal, im Mittelpunkte zu Frankfurt und an den En-
den aller einzelnen Hauptstädte, ihre Fäden anknüpfte. Diese zu einem
allgemeinen deutschen Zollcongreß zu verschlingen, welcher die ganze, große
Aufgabe in die Hand nehme -- das ist nun die Sache der deutschen Re-
gierungen, des deutschen Volkes. Oesterreich hat, indem es die Initia-
tive in dieser Sache nahm, einen Muth gezeigt und einen Ernst welche
ihm die Geschichte hoch anrechnen wird. Und damit es am Humor mit-
ten in diesem Ernste nicht gebreche, so mußte hier gerade gestern, an dem-
selben Tage wo die große Botschaft auslief, ein kleiner Artikel in der
"Constitutionellen Zeitung" eintreffen, welcher mit salbungsreicher Zuver-
sicht und in vielen spitzigen Worten aussprach daß die österreichischen
Vorschläge vom 26 Oct. v. J. bloße Windeier seyn, in den Sand gelegt,
ohne daß es mit ihrer Ausbrütung dem Doppeladler jemals wirklicher
Ernst oder daß dazu überhaupt eine ernstliche Möglichkeit sey. Dieser
Artikel aus Berlin und jene Denkschrift aus Wien begegneten sich in
Einer Stunde, in Einer Hand: eine witzige Zufälligkeit wie sich derglei-
chen zuweilen als spielende Randzeichnungen in der Zeitgeschichte vor-
finden!

Ungeachtet alle Blätter übereinstimmend von
einem Vierkönigs-Bündniß sprechen, in Folge dessen ein neuer Verfassungs-
entwurf für Deutschland, dem auch Oesterreich beitrete, zu Stande gekom-
men sey, so läßt sich doch hier nirgends etwas entdecken was auf eine un-
mittelbare Antheilnahme Oesterreichs bei den deßfallsigen Verhandlungen
deuten würde. Nach ziemlich glaubwürdigen Quellen hat Fürst Schwar-
zenberg lediglich, als die gänzliche Auflösung des Dreikönigs-Bündnisses
nicht mehr zu bezweifeln war, den vier königl. Höfen den Rath ertheilt
sich vor allem über ein unter ihnen zu schließendes Bündniß und einen
darauf gegründeten deutschen Verfassungsentwurf zu einigen, dem dann
auch Oesterreich, falls seine eigenthümliche Stellung dabei genügend berück-
sichtigt würde, gern beitreten wollte. Bei den deßfalls begonnenen diplo-
matischen Vorverhandlungen war jedoch Oesterreich bisher so gut wie
nicht betheiligt, sondern die Initiative darin, so viel ich höre, an Hrn.
v. d. Pfordten überlassen. Es entspricht auch bei weitem mehr der Eigen-
thümlichkeit der Politik des Fürsten Schwarzenberg, der in dieser Bezie-
hung das ganze Ministerium vertritt, in einem Augenblick wie der gegen-
wärtige einer ist, wo die staatsrechtlichen Grundlagen in dem wichtigsten
deutschen Staate in Frage gestellt sind, und die Rückwirkung der preußi-
schen Verfassungskrise auf die dortige Aufstellung in Betreff der Verfas-
sung des engern Bundes sich auch nicht einmal annähernd berechnen läßt,
von jedem positiven Vorgang in der deutschen Verfassungsfrage Abstand
zu nehmen, und sich einfach darauf zu beschränken die Fehler der Gegner
möglichst gut zu benützen. Daß sich in dieser letztern Beziehung hinrei-
chend Gelegenheit zu erfolgreichen Unternehmungen darbietet, ist leider
nicht zu bestreiten. Vorderhand wird das Streben des österreichischen Ca-

[Spaltenumbruch] wollte dieſe Schwerkraft erhalten wiſſen und die Wagſchale ſank dahin.
Nach innen wird ſie erhalten werden, ob nach außen, wird erſt die nächſte Zeit
darthun. In dieſem Sinn der richtigen Auffaſſung deſſen was es galt,
muß man die klare, leidenſchaftloſe Rede des Miniſters Manteuffel loben.
Er forderte die Nachgiebigkeit nicht als Pflicht, „jeder, ſagte er, wird ſich
ſeine Meinung darüber bereits gebildet haben, und wohl ſchwerlich durch
Gründe dafür oder dagegen zu überzeugen ſeyn. Ich gebe gern zu daß
die Anſichten über den Werth der Regierungsvorſchläge verſchieden ſeyn
können, und daß ich keine neuen Gründe dafür in die Wagſchale zu
legen vermag,“ er forderte die Zuſtimmung nur an den Patriotismus
der Verſammlung appellirend, und ſchloß: „Um ganz aufrichtig zu ſeyn,
ſo wird allerdings der Mehrheit in dieſer Kammer Gewalt angemuthet,
aber nicht durch uns, durch die Natur der Sache, durch die Vaterlands-
liebe.“ Gegen dieſe Appellation läßt ſich allerdings viel ſagen, und iſt
auch geſagt worden. Der Patriotismus iſt in dieſem Fall einer ganz ent-
gegengeſetzten Auslegung fähig, aber die Unterſuchung, ob die Natur der
Sache, oder wer der Kammer dieſe Gewalt anlege, war hier nicht mehr
an der Zeit.

Im Verfaſſungsausſchuß der erſten Kammer hat Dahlmann ergrei-
fende Worte gegen die Pairie geſprochen. Sie verſetzten einige Pairs
in spe ſehr in Harniſch. Namentlich den Grafen v. Itzenplitz erhitzte
ein Ausſpruch Dahlmanns: „Bildet man ſich ein daß eine Thalgegend in
Gebirgsland umzuwandeln ſey? Freilich ein großer Herr kann rund um
ſeinen Wohnfitz im Flachland Hügel aufwerfen laſſen; dieſe Erdhaufen
ſind aber keine Berge!“ Der Graf v. Itzenplitz entgegnete: Preußens Ge-
ſchichte weiſe eine ganze Reihe von erlauchten Namen auf, deren Träger
wahrhafte Pairs ſeyn würden; es gebe einen hiſtoriſchen Adel in Preu-
ßen; Arnim (Boitzenburg), Schwerin u. ſ. f. Dahlmann erwiederte
gelaſſen daß er an geſchichtlichen Kenntniſſen mit dem edeln Grafen
Schritt zu halten hoffe. Graf Itzenplitz hätte zum Beweiſe, wie der Adel
im Herzen des Volks lebt, das märkiſche Sprüchwort beherzigen ſollen:
Vor Itzenplitz,
Vor Köckeritz
Der liebe Himmel uns beſchütz! (H. N.)

Der Verwaltungsrath hat in ſeiner
Plenarſitzung vom 25 Jan. noch keinen formellen Beſchluß über die
Vorlagen für Erfurt ausgeſprochen, worauf man eigentlich bereits ge-
faßt war. Derſelbe ſollte für unveränderte Vorlage des Urentwurfs vom
28 Mai v. J. in Erfurt lauten und in der Motivirung die Ablehnung der
preußiſchen, ſowie überhaupt aller Veränderungsvorſchläge durch die
Rückſicht auf die verwahrenden Erklärungen Sachſens und Hannovers
erklären. Wie ich höre lautet der betreffende Vortrag des hiefür nieder-
geſetzten Ausſchuſſes, welchen Miniſter Vollpracht abgefaßt hat, durchaus
in dieſem Sinn. Er iſt auch bereits zur Vertheilung unter die Mitglieder
des Verwaltungsraths gekommen, welche ſich in ihrer Mehrzahl ziemlich
offen dahin ausſprechen daß nach der Sanctionirung des Entwurfs vom
Reichstag in Erfurt ſofort die Reichsregierung für den Bundesſtaat ein-
zutreten habe, ein Reichsminiſterium einzuſetzen und mit einer Vollzugs-
ordnung zu verſehen ſey. Die ſofortige Reviſion wäre dann nichts weiter
als die beſtimmte Begränzung der ſofort in Wirkſamkeit tretenden Be-
ſtimmungen des Entwurfs. Es iſt trotz der in allen Ecken und Enden
in der Preſſe auftauchenden Nachrichten über einen Gegenverfaſſungsent-
wurf der Königreiche unter Oeſterreichs Anführung bis heut noch keine
Mittheilung weder officiell noch vertraulich an das hiefige Cabinet ge-
langt. Man zweifelt hier nicht daran daß man mit ſolchen Plänen an
den kleinen Höfen umgeht, aber man glaubt, trotz der Verſicherung des
württembergiſchen Staatsanzeigers, nicht an das Zuſtandekommen einer
ſolchen Vereinbarung. Ueber die Wirkung welche die geſtrige veränderte
Annahme der Propoſitionen hier hervorgebracht, läßt ſich noch nicht viel
ſagen. Die meiſte Billigung findet die Veränderung des Staatsgerichts-
hofs in einen beſondern Schwurgerichtshof, da es thatſächlich iſt daß die
jetzige Organiſation der Schwurgerichte in politiſchen Proceſſen in ein-
zelnen Provinzen, wo ſich Nationalitäten gegenüberſtehen, rein unhaltbar
iſt. Der Krauthofer’ſche Proceß in Poſen, ſowie eine ganze Reihe von
Landesverrathsproceſſen in Gneſen (in derſelben Provinz) bilden den
ſchlagendſten Beweis. Die Berliner denken bereits an die erſte Feier
des Conſtitutionsfeſtes nach der Beſchwörung der Verfaſſung, welche gleich
nach dem Votum der erſten Kammer bevorſteht.

Oeſterreich.

Eine große Botſchaft, und eine frohe
zugleich: geſtern iſt aus dem hieſigen Cabinet an die Bundescentralcom-
miſſion zu Frankfurt und gleichzeitig an die öſterreichiſchen Geſandtſchaf-
ten bei den übrigen deutſchen Höfen eine Denkſchrift abgegangen, welche
nichts geringeres enthält als die Ausführung der bekannten Vorlagen
der Wiener Zeitung vom 26 Oct. v. J. Damals als letztere in die Welt
hinausgeſtreut wurden, zweifelte man in begreiflicher Befliſſenheit den
[Spaltenumbruch] Ernſt ihrer Abſicht, die Möglichkeit ihrer Ausführung an; es fehlte ſo-
gar nicht an ſolchen Stimmen welche dieſe Vorſchläge und jede Anwün-
ſchung an ſie um deßwillen kurz zurückwieſen, weil ſie nicht aus officieller
Quelle gefloſſen. Dieſer Vorwand fällt nun auf einmal weg. Oeſter-
reich ſpricht es beſtimmt aus, ſpricht es durch die Organe ſeiner Regie-
rung und ihrer auswärtigen Vertretung aus, ſpricht es in feſten, poſiti-
ven Sätzen aus was und wohin es will. Und welches iſt dieſes Ziel?
Eine „Annäherung“ an Deutſchland? Nicht doch — ſondern eine Eini-
gung.
Eine Einigung „mit dem Zollverein?“ Nicht doch — ſondern
eine Einigung mit dem geſammten Deutſchland. Das iſt eine
Straße, worauf wir die öſterreichiſche Regierung mit freudigem Zuruf
willkommen heißen, worauf in gleichem Eifer das ganze deutſche Volk ihr
entgegenkommen wird; eine klare, ſcharf gezogene, unabſehbar bewegte
und unberechenbar folgenreiche Straße iſt es, gebaut aus dem greifbaren
Stoffe der nächſten materiellen Intereſſen, gerichtet auf die höchſten Ziele
eines Volkes und eines Zeitalters, ſogar über deren Gränze weit hinaus-
reichend in eine unermeßliche Perſpective. Mit dieſem großen Schritte
wird feſter Boden gewonnen für alle Arbeit an der deutſchen Zukunft, und
auch dem politiſchen Theile dieſer Arbeit, ſtatt der luftigen Bahn des Er-
perimentirens und Doctrinirens, worin er bisher verpuffte, ſein Weg be-
ſtimmt vorgezeichnet. Daß es an Schwierigkeiten auf dieſem Wege nicht
mangeln wird, an Gefahren und an Hemmniſſen aller Art — darüber
macht ſich die öſterreichiſche Regierung keine Illufionen. Sie weiß wel-
chem Widerſtande ſie, von draußen abgeſehen, zunächſt in ihren inneren
Verhältniſſen begegnen muß, und wie es ihrer ganzen Thätigkeit, ihrer
vollen, unerſchrockenen Kraft und zukunftſicheren Ueberzeugung bedarf
um über dieſen Widerſtand und über jene Schwierigkeiten hinwegzukom-
men. Aber ſie hat ihr Ziel klar erkannt, feſt geſteckt, ſie hat den Weg
dazu entſchloſſen betreten. Auch der beliebten Verſchleppung und Ver-
zettelung, womit gerade die wichtigſten Fragen im deutſchen Leben von der
goldenen Praxis behandelt zu werden pflegen, hat ſie vorgebeugt, indem
ſie an allen Orten zumal, im Mittelpunkte zu Frankfurt und an den En-
den aller einzelnen Hauptſtädte, ihre Fäden anknüpfte. Dieſe zu einem
allgemeinen deutſchen Zollcongreß zu verſchlingen, welcher die ganze, große
Aufgabe in die Hand nehme — das iſt nun die Sache der deutſchen Re-
gierungen, des deutſchen Volkes. Oeſterreich hat, indem es die Initia-
tive in dieſer Sache nahm, einen Muth gezeigt und einen Ernſt welche
ihm die Geſchichte hoch anrechnen wird. Und damit es am Humor mit-
ten in dieſem Ernſte nicht gebreche, ſo mußte hier gerade geſtern, an dem-
ſelben Tage wo die große Botſchaft auslief, ein kleiner Artikel in der
„Conſtitutionellen Zeitung“ eintreffen, welcher mit ſalbungsreicher Zuver-
ſicht und in vielen ſpitzigen Worten ausſprach daß die öſterreichiſchen
Vorſchläge vom 26 Oct. v. J. bloße Windeier ſeyn, in den Sand gelegt,
ohne daß es mit ihrer Ausbrütung dem Doppeladler jemals wirklicher
Ernſt oder daß dazu überhaupt eine ernſtliche Möglichkeit ſey. Dieſer
Artikel aus Berlin und jene Denkſchrift aus Wien begegneten ſich in
Einer Stunde, in Einer Hand: eine witzige Zufälligkeit wie ſich derglei-
chen zuweilen als ſpielende Randzeichnungen in der Zeitgeſchichte vor-
finden!

Ungeachtet alle Blätter übereinſtimmend von
einem Vierkönigs-Bündniß ſprechen, in Folge deſſen ein neuer Verfaſſungs-
entwurf für Deutſchland, dem auch Oeſterreich beitrete, zu Stande gekom-
men ſey, ſo läßt ſich doch hier nirgends etwas entdecken was auf eine un-
mittelbare Antheilnahme Oeſterreichs bei den deßfallſigen Verhandlungen
deuten würde. Nach ziemlich glaubwürdigen Quellen hat Fürſt Schwar-
zenberg lediglich, als die gänzliche Auflöſung des Dreikönigs-Bündniſſes
nicht mehr zu bezweifeln war, den vier königl. Höfen den Rath ertheilt
ſich vor allem über ein unter ihnen zu ſchließendes Bündniß und einen
darauf gegründeten deutſchen Verfaſſungsentwurf zu einigen, dem dann
auch Oeſterreich, falls ſeine eigenthümliche Stellung dabei genügend berück-
ſichtigt würde, gern beitreten wollte. Bei den deßfalls begonnenen diplo-
matiſchen Vorverhandlungen war jedoch Oeſterreich bisher ſo gut wie
nicht betheiligt, ſondern die Initiative darin, ſo viel ich höre, an Hrn.
v. d. Pfordten überlaſſen. Es entſpricht auch bei weitem mehr der Eigen-
thümlichkeit der Politik des Fürſten Schwarzenberg, der in dieſer Bezie-
hung das ganze Miniſterium vertritt, in einem Augenblick wie der gegen-
wärtige einer iſt, wo die ſtaatsrechtlichen Grundlagen in dem wichtigſten
deutſchen Staate in Frage geſtellt ſind, und die Rückwirkung der preußi-
ſchen Verfaſſungskriſe auf die dortige Aufſtellung in Betreff der Verfaſ-
ſung des engern Bundes ſich auch nicht einmal annähernd berechnen läßt,
von jedem poſitiven Vorgang in der deutſchen Verfaſſungsfrage Abſtand
zu nehmen, und ſich einfach darauf zu beſchränken die Fehler der Gegner
möglichſt gut zu benützen. Daß ſich in dieſer letztern Beziehung hinrei-
chend Gelegenheit zu erfolgreichen Unternehmungen darbietet, iſt leider
nicht zu beſtreiten. Vorderhand wird das Streben des öſterreichiſchen Ca-

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[484/0004] wollte dieſe Schwerkraft erhalten wiſſen und die Wagſchale ſank dahin. Nach innen wird ſie erhalten werden, ob nach außen, wird erſt die nächſte Zeit darthun. In dieſem Sinn der richtigen Auffaſſung deſſen was es galt, muß man die klare, leidenſchaftloſe Rede des Miniſters Manteuffel loben. Er forderte die Nachgiebigkeit nicht als Pflicht, „jeder, ſagte er, wird ſich ſeine Meinung darüber bereits gebildet haben, und wohl ſchwerlich durch Gründe dafür oder dagegen zu überzeugen ſeyn. Ich gebe gern zu daß die Anſichten über den Werth der Regierungsvorſchläge verſchieden ſeyn können, und daß ich keine neuen Gründe dafür in die Wagſchale zu legen vermag,“ er forderte die Zuſtimmung nur an den Patriotismus der Verſammlung appellirend, und ſchloß: „Um ganz aufrichtig zu ſeyn, ſo wird allerdings der Mehrheit in dieſer Kammer Gewalt angemuthet, aber nicht durch uns, durch die Natur der Sache, durch die Vaterlands- liebe.“ Gegen dieſe Appellation läßt ſich allerdings viel ſagen, und iſt auch geſagt worden. Der Patriotismus iſt in dieſem Fall einer ganz ent- gegengeſetzten Auslegung fähig, aber die Unterſuchung, ob die Natur der Sache, oder wer der Kammer dieſe Gewalt anlege, war hier nicht mehr an der Zeit. Im Verfaſſungsausſchuß der erſten Kammer hat Dahlmann ergrei- fende Worte gegen die Pairie geſprochen. Sie verſetzten einige Pairs in spe ſehr in Harniſch. Namentlich den Grafen v. Itzenplitz erhitzte ein Ausſpruch Dahlmanns: „Bildet man ſich ein daß eine Thalgegend in Gebirgsland umzuwandeln ſey? Freilich ein großer Herr kann rund um ſeinen Wohnfitz im Flachland Hügel aufwerfen laſſen; dieſe Erdhaufen ſind aber keine Berge!“ Der Graf v. Itzenplitz entgegnete: Preußens Ge- ſchichte weiſe eine ganze Reihe von erlauchten Namen auf, deren Träger wahrhafte Pairs ſeyn würden; es gebe einen hiſtoriſchen Adel in Preu- ßen; Arnim (Boitzenburg), Schwerin u. ſ. f. Dahlmann erwiederte gelaſſen daß er an geſchichtlichen Kenntniſſen mit dem edeln Grafen Schritt zu halten hoffe. Graf Itzenplitz hätte zum Beweiſe, wie der Adel im Herzen des Volks lebt, das märkiſche Sprüchwort beherzigen ſollen: Vor Itzenplitz, Vor Köckeritz Der liebe Himmel uns beſchütz! (H. N.) ⠇ Berlin, 27 Jan. Der Verwaltungsrath hat in ſeiner Plenarſitzung vom 25 Jan. noch keinen formellen Beſchluß über die Vorlagen für Erfurt ausgeſprochen, worauf man eigentlich bereits ge- faßt war. Derſelbe ſollte für unveränderte Vorlage des Urentwurfs vom 28 Mai v. J. in Erfurt lauten und in der Motivirung die Ablehnung der preußiſchen, ſowie überhaupt aller Veränderungsvorſchläge durch die Rückſicht auf die verwahrenden Erklärungen Sachſens und Hannovers erklären. Wie ich höre lautet der betreffende Vortrag des hiefür nieder- geſetzten Ausſchuſſes, welchen Miniſter Vollpracht abgefaßt hat, durchaus in dieſem Sinn. Er iſt auch bereits zur Vertheilung unter die Mitglieder des Verwaltungsraths gekommen, welche ſich in ihrer Mehrzahl ziemlich offen dahin ausſprechen daß nach der Sanctionirung des Entwurfs vom Reichstag in Erfurt ſofort die Reichsregierung für den Bundesſtaat ein- zutreten habe, ein Reichsminiſterium einzuſetzen und mit einer Vollzugs- ordnung zu verſehen ſey. Die ſofortige Reviſion wäre dann nichts weiter als die beſtimmte Begränzung der ſofort in Wirkſamkeit tretenden Be- ſtimmungen des Entwurfs. Es iſt trotz der in allen Ecken und Enden in der Preſſe auftauchenden Nachrichten über einen Gegenverfaſſungsent- wurf der Königreiche unter Oeſterreichs Anführung bis heut noch keine Mittheilung weder officiell noch vertraulich an das hiefige Cabinet ge- langt. Man zweifelt hier nicht daran daß man mit ſolchen Plänen an den kleinen Höfen umgeht, aber man glaubt, trotz der Verſicherung des württembergiſchen Staatsanzeigers, nicht an das Zuſtandekommen einer ſolchen Vereinbarung. Ueber die Wirkung welche die geſtrige veränderte Annahme der Propoſitionen hier hervorgebracht, läßt ſich noch nicht viel ſagen. Die meiſte Billigung findet die Veränderung des Staatsgerichts- hofs in einen beſondern Schwurgerichtshof, da es thatſächlich iſt daß die jetzige Organiſation der Schwurgerichte in politiſchen Proceſſen in ein- zelnen Provinzen, wo ſich Nationalitäten gegenüberſtehen, rein unhaltbar iſt. Der Krauthofer’ſche Proceß in Poſen, ſowie eine ganze Reihe von Landesverrathsproceſſen in Gneſen (in derſelben Provinz) bilden den ſchlagendſten Beweis. Die Berliner denken bereits an die erſte Feier des Conſtitutionsfeſtes nach der Beſchwörung der Verfaſſung, welche gleich nach dem Votum der erſten Kammer bevorſteht. Oeſterreich.  Wien, 27 Jan. Eine große Botſchaft, und eine frohe zugleich: geſtern iſt aus dem hieſigen Cabinet an die Bundescentralcom- miſſion zu Frankfurt und gleichzeitig an die öſterreichiſchen Geſandtſchaf- ten bei den übrigen deutſchen Höfen eine Denkſchrift abgegangen, welche nichts geringeres enthält als die Ausführung der bekannten Vorlagen der Wiener Zeitung vom 26 Oct. v. J. Damals als letztere in die Welt hinausgeſtreut wurden, zweifelte man in begreiflicher Befliſſenheit den Ernſt ihrer Abſicht, die Möglichkeit ihrer Ausführung an; es fehlte ſo- gar nicht an ſolchen Stimmen welche dieſe Vorſchläge und jede Anwün- ſchung an ſie um deßwillen kurz zurückwieſen, weil ſie nicht aus officieller Quelle gefloſſen. Dieſer Vorwand fällt nun auf einmal weg. Oeſter- reich ſpricht es beſtimmt aus, ſpricht es durch die Organe ſeiner Regie- rung und ihrer auswärtigen Vertretung aus, ſpricht es in feſten, poſiti- ven Sätzen aus was und wohin es will. Und welches iſt dieſes Ziel? Eine „Annäherung“ an Deutſchland? Nicht doch — ſondern eine Eini- gung. Eine Einigung „mit dem Zollverein?“ Nicht doch — ſondern eine Einigung mit dem geſammten Deutſchland. Das iſt eine Straße, worauf wir die öſterreichiſche Regierung mit freudigem Zuruf willkommen heißen, worauf in gleichem Eifer das ganze deutſche Volk ihr entgegenkommen wird; eine klare, ſcharf gezogene, unabſehbar bewegte und unberechenbar folgenreiche Straße iſt es, gebaut aus dem greifbaren Stoffe der nächſten materiellen Intereſſen, gerichtet auf die höchſten Ziele eines Volkes und eines Zeitalters, ſogar über deren Gränze weit hinaus- reichend in eine unermeßliche Perſpective. Mit dieſem großen Schritte wird feſter Boden gewonnen für alle Arbeit an der deutſchen Zukunft, und auch dem politiſchen Theile dieſer Arbeit, ſtatt der luftigen Bahn des Er- perimentirens und Doctrinirens, worin er bisher verpuffte, ſein Weg be- ſtimmt vorgezeichnet. Daß es an Schwierigkeiten auf dieſem Wege nicht mangeln wird, an Gefahren und an Hemmniſſen aller Art — darüber macht ſich die öſterreichiſche Regierung keine Illufionen. Sie weiß wel- chem Widerſtande ſie, von draußen abgeſehen, zunächſt in ihren inneren Verhältniſſen begegnen muß, und wie es ihrer ganzen Thätigkeit, ihrer vollen, unerſchrockenen Kraft und zukunftſicheren Ueberzeugung bedarf um über dieſen Widerſtand und über jene Schwierigkeiten hinwegzukom- men. Aber ſie hat ihr Ziel klar erkannt, feſt geſteckt, ſie hat den Weg dazu entſchloſſen betreten. Auch der beliebten Verſchleppung und Ver- zettelung, womit gerade die wichtigſten Fragen im deutſchen Leben von der goldenen Praxis behandelt zu werden pflegen, hat ſie vorgebeugt, indem ſie an allen Orten zumal, im Mittelpunkte zu Frankfurt und an den En- den aller einzelnen Hauptſtädte, ihre Fäden anknüpfte. Dieſe zu einem allgemeinen deutſchen Zollcongreß zu verſchlingen, welcher die ganze, große Aufgabe in die Hand nehme — das iſt nun die Sache der deutſchen Re- gierungen, des deutſchen Volkes. Oeſterreich hat, indem es die Initia- tive in dieſer Sache nahm, einen Muth gezeigt und einen Ernſt welche ihm die Geſchichte hoch anrechnen wird. Und damit es am Humor mit- ten in dieſem Ernſte nicht gebreche, ſo mußte hier gerade geſtern, an dem- ſelben Tage wo die große Botſchaft auslief, ein kleiner Artikel in der „Conſtitutionellen Zeitung“ eintreffen, welcher mit ſalbungsreicher Zuver- ſicht und in vielen ſpitzigen Worten ausſprach daß die öſterreichiſchen Vorſchläge vom 26 Oct. v. J. bloße Windeier ſeyn, in den Sand gelegt, ohne daß es mit ihrer Ausbrütung dem Doppeladler jemals wirklicher Ernſt oder daß dazu überhaupt eine ernſtliche Möglichkeit ſey. Dieſer Artikel aus Berlin und jene Denkſchrift aus Wien begegneten ſich in Einer Stunde, in Einer Hand: eine witzige Zufälligkeit wie ſich derglei- chen zuweilen als ſpielende Randzeichnungen in der Zeitgeſchichte vor- finden! # Wien, 27 Jan. Ungeachtet alle Blätter übereinſtimmend von einem Vierkönigs-Bündniß ſprechen, in Folge deſſen ein neuer Verfaſſungs- entwurf für Deutſchland, dem auch Oeſterreich beitrete, zu Stande gekom- men ſey, ſo läßt ſich doch hier nirgends etwas entdecken was auf eine un- mittelbare Antheilnahme Oeſterreichs bei den deßfallſigen Verhandlungen deuten würde. Nach ziemlich glaubwürdigen Quellen hat Fürſt Schwar- zenberg lediglich, als die gänzliche Auflöſung des Dreikönigs-Bündniſſes nicht mehr zu bezweifeln war, den vier königl. Höfen den Rath ertheilt ſich vor allem über ein unter ihnen zu ſchließendes Bündniß und einen darauf gegründeten deutſchen Verfaſſungsentwurf zu einigen, dem dann auch Oeſterreich, falls ſeine eigenthümliche Stellung dabei genügend berück- ſichtigt würde, gern beitreten wollte. Bei den deßfalls begonnenen diplo- matiſchen Vorverhandlungen war jedoch Oeſterreich bisher ſo gut wie nicht betheiligt, ſondern die Initiative darin, ſo viel ich höre, an Hrn. v. d. Pfordten überlaſſen. Es entſpricht auch bei weitem mehr der Eigen- thümlichkeit der Politik des Fürſten Schwarzenberg, der in dieſer Bezie- hung das ganze Miniſterium vertritt, in einem Augenblick wie der gegen- wärtige einer iſt, wo die ſtaatsrechtlichen Grundlagen in dem wichtigſten deutſchen Staate in Frage geſtellt ſind, und die Rückwirkung der preußi- ſchen Verfaſſungskriſe auf die dortige Aufſtellung in Betreff der Verfaſ- ſung des engern Bundes ſich auch nicht einmal annähernd berechnen läßt, von jedem poſitiven Vorgang in der deutſchen Verfaſſungsfrage Abſtand zu nehmen, und ſich einfach darauf zu beſchränken die Fehler der Gegner möglichſt gut zu benützen. Daß ſich in dieſer letztern Beziehung hinrei- chend Gelegenheit zu erfolgreichen Unternehmungen darbietet, iſt leider nicht zu beſtreiten. Vorderhand wird das Streben des öſterreichiſchen Ca-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine31_1850/4>, abgerufen am 01.06.2024.