Allgemeine Zeitung, Nr. 347, 15. Dezember 1890.Montag, Zweites Abendblatt, Nr. 347 der Allgemeinen Zeitung. 15. December 1890.Inhalts-Uebersicht. Großbritannien. London: Parnell in Irland. Gladstone. Frankreich. Paris: Die Zollcommission. Dementi. Der Graf von Paris. Französische Forschungsreisen. De la Bruyere und Padlewski. Professor Cornil. Italien. Fürftliche Gäste. Schreiben Meneliks von Abessinien. Rußland. St. Petersburg: Zum englischen Juden-Meeting. Artillerie. Militärischer Belocipedist. Landtag. Mord. Türkei. || Konstantinopel: Ausgrabungen in Magnesia. Der "Tarik" über die griechische Presse. Attentat auf Mr. Margarit. Zur Privilegienfrage. Räuberunwesen in Kleinasien. Ostafrika. Aus Sansibar. Großbritannien. * London, 13. Dec. In seinem Blatte "Labour World" Auf der Reise nach Cork wurde Parnell in Sallins, Kil- Parnell begab sich gestern nach Kilkenny zur Unter- Ueber den Ausfall der Wahl in Kilkenny läßt sich kaum Die meisten Zweige der irischen Nationalliga haben Wie es heißt, hat Parnell sofort, nachdem er am letzten Gladstone hat vorgestern auf der Reise von London nach Frankreich. * Paris, 13. Dec. Das "Siecle" schreibt: Die Zollcommission hat die Zölle auf unbearbeitete Von einer Uebersiedlung der Kartäuser und Trappisten Der "Figaro" berichtet aus Lyon: Der Graf von Paris Die französischen Forschungsreisenden gaben Hrn. Bonvalot In der Angelegenheit des Berichtes des Journalisten Wie der "Temps" meldet, theilte Professor Cornil in Italien. * Wie "Reuters Bureau" meldet, habe die Königin Victoria (*) Rom, 13. Dec. Der König und die Königin em- Rußland. (*) St. Petersburg, 14. Dec. Die "Neue Zeit" bespricht Nach einer Veröffentlichung im "Russischen Invaliden" wird Der finnische Landtag ist auf den 8./20. Januar n. J. (*) Warschau, 14. Dec. Gestern ermordete in einem Türkei. || Konstantinopel, 11. Dec. Den Lesern der "Allg. Montag, Zweites Abendblatt, Nr. 347 der Allgemeinen Zeitung. 15. December 1890.Inhalts-Ueberſicht. Großbritannien. London: Parnell in Irland. Gladſtone. Frankreich. Paris: Die Zollcommiſſion. Dementi. Der Graf von Paris. Franzöſiſche Forſchungsreiſen. De la Bruyère und Padlewski. Profeſſor Cornil. Italien. Fürftliche Gäſte. Schreiben Meneliks von Abeſſinien. Rußland. St. Petersburg: Zum engliſchen Juden-Meeting. Artillerie. Militäriſcher Belocipediſt. Landtag. Mord. Türkei. ||☽ Konſtantinopel: Ausgrabungen in Magneſia. Der „Tarik“ über die griechiſche Preſſe. Attentat auf Mr. Margarit. Zur Privilegienfrage. Räuberunweſen in Kleinaſien. Oſtafrika. Aus Sanſibar. Großbritannien. * London, 13. Dec. In ſeinem Blatte „Labour World“ Auf der Reiſe nach Cork wurde Parnell in Sallins, Kil- Parnell begab ſich geſtern nach Kilkenny zur Unter- Ueber den Ausfall der Wahl in Kilkenny läßt ſich kaum Die meiſten Zweige der iriſchen Nationalliga haben Wie es heißt, hat Parnell ſofort, nachdem er am letzten Gladſtone hat vorgeſtern auf der Reiſe von London nach Frankreich. * Paris, 13. Dec. Das „Siècle“ ſchreibt: Die Zollcommiſſion hat die Zölle auf unbearbeitete Von einer Ueberſiedlung der Kartäuſer und Trappiſten Der „Figaro“ berichtet aus Lyon: Der Graf von Paris Die franzöſiſchen Forſchungsreiſenden gaben Hrn. Bonvalot In der Angelegenheit des Berichtes des Journaliſten Wie der „Temps“ meldet, theilte Profeſſor Cornil in Italien. * Wie „Reuters Bureau“ meldet, habe die Königin Victoria (*) Rom, 13. Dec. Der König und die Königin em- Rußland. (*) St. Petersburg, 14. Dec. Die „Neue Zeit“ beſpricht Nach einer Veröffentlichung im „Ruſſiſchen Invaliden“ wird Der finniſche Landtag iſt auf den 8./20. Januar n. J. (*) Warſchau, 14. Dec. Geſtern ermordete in einem Türkei. ||☽ Konſtantinopel, 11. Dec. Den Leſern der „Allg. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0005"/> <div n="1"> <floatingText> <front> <titlePage type="heading"> <docDate> <hi rendition="#b">Montag,</hi> </docDate> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Zweites Abendblatt, Nr. 347 der Allgemeinen Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle> <docDate>15. December 1890.</docDate> </titlePage> </front> <cb/><lb/> <body> <div n="1"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Inhalts-Ueberſicht.</hi> </hi> </head><lb/> <list> <item><hi rendition="#b">Großbritannien.</hi><hi rendition="#g">London:</hi> Parnell in Irland. Gladſtone.</item><lb/> <item><hi rendition="#b">Frankreich.</hi><hi rendition="#g">Paris:</hi> Die Zollcommiſſion. Dementi. Der Graf<lb/> von Paris. 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Dec.</dateline> <p>In ſeinem Blatte „Labour World“<lb/> beantwortet <hi rendition="#g">Michael Davitt</hi> in einem Artikel mit der Kopf-<lb/> ſchrift „Der Prätendent“ <hi rendition="#g">die Dubliner Rede Parnells</hi><lb/> in folgender ſchneidiger Weiſe:<lb/><cit><quote>„Hr. Parnell geht nach Irland, nachdem er dem Lande nahezu<lb/> 8 Jahre politiſch fremd geblieben war. Während dieſer Zeit hat<lb/> er dem Kampfe, der dort von dem Volke, zu deſſen Führer er<lb/> erwählt wurde, gegen Zwang und Ausweiſung geführt wird, weder<lb/> ſeine Hand, noch ſeine Börſe gewidmet. Während ſeine fähigen<lb/> Collegen für ihre Treue und ihr Wirken im Intereſſe der Nation<lb/> Gefängnißhaft erduldeten, widmete Hr. Parnell ſeine Zeit und<lb/> Aufmerkfamkeit einer niedrigen und ſchimpflichen Intrigue. Er<lb/> geht nach dem jetzt doppelt unglücklichen Lande, um deſſen Volk<lb/> zu ſpalten und mit kaltblütiger Dreiſtigkeit ſeinen eigenen, ent-<lb/> ehrten Namen und eine Führerſchaft, welche er geſchändet und<lb/> verwirkt hat, an Stelle der Schibboleths „Home-Rule“ und<lb/> „nationale Ehre“ zu ſetzen. Es wird ihm jedoch nicht gelingen,<lb/> die iriſche Sache ſo leicht zu proſtituiren, als er das Weib ſeines<lb/> Freundes proſtituirte.“</quote></cit> Davitt prophezeit ſchließlich das klägliche<lb/> Scheitern der Agitation Parnells.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Auf der Reiſe nach Cork wurde <hi rendition="#g">Parnell</hi> in Sallins, Kil-<lb/> dare, Maryborough und Thurles ſtürmiſch begrüßt, aber in<lb/> Limerick und Charleville war er gleichzeitig der Gegenſtand von<lb/> Ovationen und feindſeligen Kundgebungen. Beſonders in <hi rendition="#g">Mallow</hi><lb/> kam es zu einer überaus feindſeligen Kundgebung. Parnells<lb/> Geguer verſuchten in den Salonwagen einzudringen; Regenſchirme<lb/> und Stöcke wurden drohend geſchwungen und das Volk ſchrie<lb/> „Heraus mit ihm!“ „Nieder mit dem Hallunken!“ „Nieder mit<lb/> Libertinismus!“ u. ſ. w. Unter einem wahren Höllenlärm dampfte<lb/> der Zug mit dem „entthronten König von Irland“ weiter. In<lb/> Cork wurde ihm jedoch ein begeiſterter, durch keine Gegenkund-<lb/> gebung getrübter Empfang zutheil.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p><hi rendition="#g">Parnell</hi> begab ſich geſtern nach Kilkenny zur Unter-<lb/> ſtützung der Candidatur ſeines Parteigenoſſen Vincent Scully,<lb/> welcher als Gegencandidat des Mac Carthianers Sir J. Pope<lb/> Henneſſy aufgetreten iſt. Sein Empfang in der gegenwärtig<lb/> durch den Wahlkampf hocherregten Stadt war ein Gemiſch von<lb/> Enthuſiasmus und feindſeligen Kundgebungen. Ein Fackelzug<lb/> ſeiner Anhänger, unter denen ſich auch die Mitglieder der<lb/> Corporation befanden, geleitete ihn vom Bahnhofe nach dem<lb/> H<hi rendition="#aq">ô</hi>tel, woſelbſt er eine kurze Anſprache hielt, in welcher er er-<lb/> klärte, daß künftighin kein Mann, ſo hoch er auch geſtellt ſei,<lb/> das iriſche Volk in der Wahl ſeiner Führer beeinfluſſen dürfe.<lb/> In <hi rendition="#g">Dublin</hi> dauert die durch die Seitens Parnells erfolgte<lb/> Unterdrückung der O’Brien’ſchen Zeitung „United Ireland“<lb/> verurſachte Preßſehde fort. Ein Haufen maskirter Parnelliten<lb/> bemächtigte ſich geſtern Morgen zweier Wagenladungen der<lb/> antiparnellitiſchen Ausgabe von „United Ireland“ auf dem<lb/> Wege nach dem Bahnhof und warf die Zeitungspakete in den<lb/> Fluß. Timothy Healy’s Haus in Dublin wurde unter polizei-<lb/> lichen Schutz geſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Ueber den Ausfall der Wahl in <hi rendition="#g">Kilkenny</hi> läßt ſich kaum<lb/> etwas im voraus ſagen. Die Patrioten ſagen, daß die Bil-<lb/> dungsſtufe der meiſten Wähler befriedigend ſei, und es kaum<lb/> einen Wahlkreis gebe, der ſich beſſer zum Proben der Kräfte<lb/> eigne. Einige Kenner des Diſtricts in Dublin ſind nicht ſo<lb/> hoffnungsvoll. Jedenfalls wirkt die katholiſche Geiſtlichkeit gegen<lb/> Parnell.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die meiſten Zweige der iriſchen <hi rendition="#g">Nationalliga</hi> haben<lb/> ſich gegen Parnell erklärt. — Das neugegründete Tagblatt der<lb/> Mac Carthyaner erſcheint nächſten Montag in Dublin unter dem<lb/> Titel „Das unterdrückte United Irland“.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Wie es heißt, hat Parnell ſofort, nachdem er am letzten<lb/> Samſtag „abgeſetzt“ worden war, einen Brief an den Pariſer<lb/> Bankier Munro, bei dem der <hi rendition="#g">Landliga-Fonds</hi> von 22,000<lb/> Pfund Sterling hinterlegt iſt, gerichtet, mit dem Erſuchen, ihm<lb/> denſelben zu überſenden. Es geſchah dies ohne Wiſſen Juſtin<lb/> MacCarthy’s, des Mitverwalters des Fonds. Der Letztere hat<lb/> ſeitdem Schritte gethan, um zu verhindern, daß Parnell den<lb/> Fonds angreifen kann. — Eine <hi rendition="#g">Geldſperre</hi> anderer Art<lb/> iſt mittlerweile in Dublin eingetreten, wo der Schatzmeiſter<lb/> der Nationalliga, der Abg. J. F. X. O’Brien, die Beamten<lb/> der Liga dieſe Woche nicht ausgezahlt hat, weil ſie gegen<lb/> ſein Gebot Partei in dem Kampf für und wider Parnell ergriffen<lb/> haben. — Die Abgg. W. <hi rendition="#g">O’Brien</hi> und <hi rendition="#g">Gill</hi> ſchifften ſich<lb/> heute Morgen auf dem holländiſchen Dampfer „Obdam“ in<lb/> New-York nach Europa ein. Der Ertrag der in Amerika<lb/> für die iriſche Sache veranſtalteten Sammlungen bleibt einſt-<lb/> weilen dort.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p><hi rendition="#g">Gladſtone</hi> hat vorgeſtern auf der Reiſe von London nach<lb/> Hawarden in der Station Retford eine <hi rendition="#g">Rede</hi> zu Gunſten der<lb/> Candidatur des liberalen Candidaten für Baſſetlaw (Nottingham-<lb/> ſhire), Hr. Mellor, gehalten. Als der Zug anhielt, wurde dem<lb/> Führer der liberalen Partei eine Adreſſe der liberalen Wähler von<lb/> Baffetlaw überreicht, worauf er Folgendes erwiderte: <cit><quote>„Es heißt<lb/> in der Adreſſe, daß unſre Gegner uns die jüngſten Wirren im<lb/> Zuſammenhange mit der Wahl eines Führers für die nationale<lb/> Sache Irlands zum Vorwurf machen. Es ſcheint mir, daß dieſe<lb/> Wirren einen weiteren Grund für Home-Rule bilden. Warum<lb/> ſollte die engliſche, ſchottiſche und walliſiſche Politik von der Wahl<lb/> eines iriſchen Führers abhängen? Was den vertraulichen Meinungs-<lb/> austauſch zwiſchen der liberalen Partei und der Home-Rule-Partei<lb/> betrifft, ſo war die Unterhaltung in Hawarden im November 1889<lb/> gleich befriedigend für beide Parteien, und der Beweis, daß ſie<lb/> befriedigend war, iſt in dem Bericht zu finden, der nicht von mir<lb/> (denn ich hatte keine Veranlaſſung, öffentlich darüber zu ſprechen),<lb/> ſondern von der anderen Partei erſtattet wurde. Dann kamen die<lb/> Verhandlungen im Eheſcheidungsgericht. Die Wirkung, welche<lb/> dieſelben auf mein Gemüth erzeugten, war die, daß ſie, ſoweit<lb/> ich beurtheilen konnte, die moraliſche Kraft, die in Irland abſolut<lb/> nothwendig iſt für denjenigen, welcher der leitende Geiſt einer<lb/> großen nationalen Sache ſein ſoll, gänzlich vernichten würde. Ich<lb/> fühlte auch, daß von Hrn. Parnell felber die Anerkennung dieſer<lb/><cb/> Thatſache erwartet werden müßte, da ſein Beharren bei der Führer-<lb/> ſchaft der iriſchen Partei völlig verhängnißvoll für die Home-Rule-<lb/> Sache in England, Schottland und Wales ſein würde. Die von<lb/> der liberalen Partei eingenommene Stellung iſt die, daß ſie durch<lb/> die Verleihung von Home-Rule an Irland den Führer der iriſchen<lb/> Partei zum conſtitutionellen Herrſcher Irlands macht, und ſie iſt<lb/> nach den Vorgängen im Eheſcheidungsgericht nicht Willens, durch<lb/> ihre Stimme Hrn. Parnell zum conſtitutionellen Leiter Irlands zu<lb/> machen. Es iſt gänzlich unwahr, daß Hr. Morley Hrn. Parnell<lb/> den Vorſchlag machte, er ſolle vor dem Zugeſtändniß von Home-<lb/> Rule an Irland ein Amt unter der brittiſchen Krone bekleiden.<lb/> Hr. Parnell iſt nicht länger Führer der iriſchen nationalen Partei,<lb/> obwohl er mit einer Minderheit der Partei augenſcheinlich beſtrebt<lb/> iſt, die Führerſchaft, die ihm durch die conſtitutionellen Bertreter<lb/> Irlands entzogen worden iſt, zu behaupten. Das Werk der<lb/> liberalen Partei während der letzten fünf Jahre, nämlich Widerſtand<lb/> gegen Zwang, bleibt ſo heilig und dringlich als je, gleichviel, wer<lb/> der Führer des iriſchen Volkes iſt.“</quote></cit></p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 13. Dec.</dateline> <p>Das „Si<hi rendition="#aq">è</hi>cle“ ſchreibt:<lb/><cit><quote>„Es iſt abſolut unmöglich, der Arbeit der <hi rendition="#g">Zollcommiſſion,</hi><lb/> die unſer ganzes Tariſſyſtem mit der automatiſchen Schnelligkeit<lb/> einer Dampfmaſchine durcheinanderbringt, zu folgen. In wenigen<lb/> Stunden, oder richtiger wenigen Minuten, beſchließt man über das<lb/> R<hi rendition="#aq">é</hi>gime von Induſtrien, welche ebenſo weitgreifende als complicirte<lb/> Intereſſen repräſentiren. Es ſcheint, daß man die zukünftigen<lb/> Zolltarife gleichſam wie ein Loos zieht, und ſie dann ſofort per<lb/> Acclamation votiren läßt. Wenn die Kammer die Beſchlüfſe der<lb/> Commiſſion nicht revidiren ſollte, würde unſre nationale Production<lb/> von ſehr ernſten Gefahren bedroht ſein. Wir ſind überzeugt, daß<lb/> die Kammer auf ihre Enqu<hi rendition="#aq">ê</hi>te ebenſo große reifliche Ueberlegung ver-<lb/> wenden wird, wie die Commiſſion Uebereilung zeigt, und wir<lb/> warten die parlamentariſche Berathung ab, um die neuen Tarife<lb/> näher zu prüfen. Die Haſt, mit der die Commiſſion vorgeht, iſt<lb/> um ſo weniger begreiflich, als doch die Beobachtungen, auf<lb/> Grund deren man die Ausarbeitung der Tarife vorbereitet hat,<lb/> ſehr oberflächliche waren. Hat doch der Oberhandelsrath kaum<lb/> Zeit gehabt, ſich im allgemeinen zu informiren, und ſicherlich hat<lb/> die Zollcommiſſion den größten Theil jener Verichte, die der Ober-<lb/> handelsrath von den Intereſſenten erhalten hat, nicht durchgeleſen.<lb/> Der neue Tarif, der auf dieſe Weiſe zuſammengeſteilt iſt, entbehrt<lb/> demnach jedes Werthes, aber die Uebertreibungen, die er enthält,<lb/> zeugen von viel Leidenſchaft und Parteilichkeit. Man konnte<lb/> hoffen, daß die Commiſſion die Wichtigkeit ihrer Arbeit beſſer<lb/> auffaſſen und dieſelbe mit all der Sorgfalt durchführen würde,<lb/> welche die Vorbereitung eines der ſchwierigſten Geſetze, das jemals<lb/> die Aufmerkſamkeit des Parlaments in Anſpruch genommen hat,<lb/> verlangt. Die öffentliche Meinung wird dieſes improviſirte Werk<lb/> nicht ohne Strenge beurtheilen, welches ohne Zweifel in mehr<lb/> als einem Punkt von der Kammer desavouirt werden wird.“</quote></cit></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die <hi rendition="#g">Zollcommiſſion</hi> hat die Zölle auf unbearbeitete<lb/> Gegenſtände aus Schmiedeeiſen, Gußeiſen und Gußſtahl, auf<lb/> Nägel, Metallröhren und metallenes Hausgeräth erhöht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Von einer Ueberſiedlung der <hi rendition="#g">Kartäuſer</hi> und Trappiſten<lb/> nach Deutſchland, von welcher der „Gaulois“ berichtet hatte,<lb/> iſt in Pariſer gut unterrichteten Kreiſen nichts bekannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Der „Figaro“ berichtet aus Lyon: Der <hi rendition="#g">Graf von Paris</hi><lb/> hat in Stowe-Houſe einen der Führer der conſervativen Partei von<lb/> Lyon empfangen und ſich mit demſelben längere Zeit unterhalten.<lb/> Ueber die Haltung des Cardinals Lavigerie ſprechend, ſagte der<lb/> Prinz wörtlich: <cit><quote>„Ich glaube, daß die Worte des Cardinals<lb/> Lavigerie die Wiederkehr der Monarchie weder um eine Stunde<lb/> vorrücken, noch zurückhalten werden. Aber ich beklage die Spal-<lb/> tungen, welche ſie unter den hohen Klerus gefäet haben.“</quote></cit> Bezüg-<lb/> lich der Senatswahlen ſprach der Prinz ſeine Anſicht dahin aus,<lb/> die Pflicht und das Intereſſe der Conſervativen erfordern es, den<lb/> Kampf überall und <hi rendition="#aq">quand même</hi> aufzunehmen, ſelbſt in den<lb/> Departements, wo die Regierungscandidaten des Sieges ſicher<lb/> ſind. Sodann ließ ſich der Prinz lange über ſeine Reiſe in den<lb/> Vereinigten Staaten aus.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die franzöſiſchen Forſchungsreiſenden gaben Hrn. <hi rendition="#g">Bonvalot</hi><lb/> und dem Prinzen <hi rendition="#g">Heinrich von Orl<hi rendition="#aq">é</hi>ans</hi> geſtern ein Bankett.<lb/> Hauptmann Vinger gedachte bei dieſer Gekegenheit aller franzöſiſchen,<lb/> auf Reiſen befindlichen Forſcher; er erwähnte: Deflers, der Hadra-<lb/> maut botaniſch erforſcht, Blane, der ſich im Hochlande von Pamir<lb/> befindet, Pavie, welcher den Mekong hinabfährt, Martin, welcher<lb/> Nordweſt-Thibet bereist, Catat und Maiſtre in Madagaskar,<lb/> de la Martini<hi rendition="#aq">è</hi>re, der die römiſchen Denkmäler Marokko’s ſtndirt,<lb/> Foureau, der von Südalgier ins Tuaregland vorzudringen ſucht,<lb/> Hauptmann Monteil, der vom Niger aus den Tſchadſee zu er-<lb/> reichen ſucht, M<hi rendition="#aq">é</hi>nard, der das Congoland bereist, der Schiffs-<lb/> lieutenant Mizon, der am Niger zurückgehalten iſt und nach dem<lb/> Schari gelangen will, Crampel, der dieſen Fluß vom Ubangi aus<lb/> zu erreichen hoſſt, Bullay und Oberſt Archinard im Senegal,<lb/> Brazza, Fourneau, Boliſie und Berthon am Congo, Chaffanjon in<lb/> Venezuela, Coudreau am Oyapok und Mazoni (Guiana).</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>In der Angelegenheit des Berichtes des Journaliſten<lb/> de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re über ſeine angebliche Mitwirkung bei der <hi rendition="#g">Flucht<lb/> Padlewski’s</hi> conferirten der Polizeipräfect Loze, der Unter-<lb/> ſuchungsrichter Guillot und der Sicherheitschef Goron. Die erſteren<lb/> Beiden erſtatteten heute Mittag dem Miniſter des Innern, Conſtans,<lb/> Bericht darüber. Die Blätter bezweifeln, daß de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re<lb/> verhaftet werden wird, obgleich dies auf Grund des Artikels<lb/> 248 des Strafgefetzbuchs geſchehen könne. Ueber die Beweggründe<lb/> für ſeine Handlungsweiſe befragt, erklärte de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re, er habe<lb/> einen politiſchen Verbrecher retten und zugleich ein außergewöhnliches<lb/> Reporterſtück ausführen wollen. Der Stationschef Reguoul des<lb/> hieſigen Lyoner Bahnhofs erklärt in den Zeitungen, daß der ihn<lb/> betreffende Paſſus des Verichts, wonach er dem de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re<lb/> eine Empfehlungskarte an den Stationschef des Grenzbahnhofs<lb/> in Modane gegeben hätte, für vollſtändig erfunden. Dem „Temps“<lb/> zufolge ſind der Generalprocurator Veaurepaire und der Staats-<lb/> anwalt Banaſton dahin übereingekommen, die Unterſuchung über<lb/> die Richtigkeit des Berichtes des Journaliſten de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re ein-<lb/> zuleiten. Sollte die Unterſuchung ergeben, daß de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re der<lb/> Flucht <hi rendition="#g">Padlewski’s</hi> Vorſchub leiſtete, ſo würde gegen den<lb/> Erſteren nach Artikel 248 des Strafgeſetzbuches Anklage erhoben<lb/> werden. Das Journal „Paris“ berichtet dagegen, Beaurepaire<lb/> habe nach einer Unterredung mit dem Miniſter Conſtans es auf-<lb/> gegeben, einen Verhaftsbefehl gegen de la Brny<hi rendition="#aq">è</hi>re zu erlaſſen. —<lb/> Im „Eclair“ theilt der ſocialiſtiſch-revolutionäre Journaliſt Gr<hi rendition="#aq">é</hi>goire<lb/> mit, er habe Padlewski vom 18. November bis zum 3. d. M. bei<lb/> ſich beherbergt und ihn am letzten Tage zu de la Bruy<hi rendition="#aq">è</hi>re ge-<lb/> bracht, der Abends mit Padlewski abgereist ſei.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Wie der „Temps“ meldet, theilte Profeſſor <hi rendition="#g">Cornil</hi> in<lb/> einem heute gehaltenen Vortrage ſeine Erfahrungen an 20 mit<lb/> der <hi rendition="#g">Koch’ſchen Lymphe</hi> behandelten Kranken mit und ſprach<lb/> über einen Fall von Lungen-Tubereuloſe mit Pyelonephritis (eitrige<lb/> Entzündung des Nierenbeckens), bei welchem die Injection von<lb/><cb/> Koch’ſcher Lymphe den Harn verbeſſerte und die Eitermengen ver-<lb/> minderte.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>* Wie „Reuters Bureau“ meldet, habe die Königin Victoria<lb/> zwar jüngſt ein <hi rendition="#g">Schreiben des Königs Menelik von<lb/> Abeſſinien</hi> erhalten, es ſei jedoch völlig erfunden, daß Menelik<lb/> darin gegen das italieniſche Protectorat proteſtirt oder eine<lb/> Vermittelung zwiſchen ſich und Italien nachgeſucht habe. Das<lb/> brittiſche Auswärtige Amt habe das Schreiben Meneliks an<lb/> den Botſchafter in Rom, Lord Dufferin, behufs Mittheilung an<lb/> die italieniſche Regierung abgeſandt; dasſelbe ſei aber in Rom<lb/> noch nicht eingetroffen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Rom,</hi> 13. Dec.</dateline> <p>Der <hi rendition="#g">König</hi> und die <hi rendition="#g">Königin</hi> em-<lb/> pfingen heute den Prinzen und die Prinzeſſin Adolf von Schaum-<lb/> burg-Lippe, welche am Montag nach Neapel abreiſen und ſich<lb/> dort nach Malta einſchiffen werden. Heute Abend nahmen die<lb/> hohen Reiſenden bei dem ſpaniſchen Botſchafter Grafen Benomar<lb/> den Thee ein.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Rußland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">St. Petersburg,</hi> 14. Dec.</dateline> <p>Die „Neue Zeit“ beſpricht<lb/> das in der Londoner Guildhall <hi rendition="#g">zu Gunſten der ruſſiſchen<lb/> Juden abgehaltene Meeting</hi> und äußert dabei: <cit><quote>„Vor<lb/> allem ſollten der Lordmayor und die anderen engliſchen Gentle-<lb/> men des <hi rendition="#aq">„hands off“</hi> (Hände weg) eingedenk ſein. Das<lb/> ruſſiſche Volk ſei keine engliſche Colonie. Was würden wohl<lb/> die Engländer geſagt haben, wenn das Stadthaupt von<lb/> St. Petersburg ein Meeting zu Gunſten des iriſchen Home-<lb/> Rule einberufen hätte! Die letztere Angelegenheit würde durch<lb/> ein ſolches Meeting um keinen Schritt weiter vorwärts ge-<lb/> kommen ſein, dasſelbe werde auch der Fall ſein hinſichtlich des<lb/> Londoner Meetings zu Gunſten der ruſſiſchen Juden. In Ruß-<lb/> land wiſſe man, um was es ſich dabei handle, die Eng-<lb/> länder fürchteten eine Invaſion der Juden in England,<lb/> die, nachdem ſie den Armen das Brod genommen, nunmehr<lb/> dort den Reichen Concurrenz machen könnten. Es ſei keine<lb/> religiöſe Intoleranz, welche Rußland, wo ſich jüdiſche Syna-<lb/> gogen ſtolz neben chriſtlichen Tempeln erhöben, zu ſeinen Maß-<lb/> regeln veranlaßt habe, ſondern die abſolute Nothwendigkeit, die<lb/> ländliche Bevölkerung vor der jüdiſchen Ausbeutung, welche<lb/> ſchon die Bauern in Galizien und Rumänien dem Ruin zu-<lb/> geführt habe, zu ſchützen. Indem die ruſſiſche Regierung ſo<lb/> handle, ſchütze ſie die Juden ſelbſt vor bäuerlichen Be-<lb/> wegungen, wie ſie in Oeſterreich ſtattgefunden hätten. Ruß-<lb/> land treibe nicht Spiel mit einem falſchen Liberalismus, ſondern<lb/> handle offen, um den Frieden und die Wohlfahrt der Nation<lb/> zu ſichern. Man könne daher nur die Worte wiederholen:<lb/><hi rendition="#aq">„hands off!“,</hi> ſelbſt wenn ganz Europa ſich zu einem Meeting<lb/> zuſammenſinden ſollte, um Rußland zu zwingen, gegen ſeinen<lb/> Willen zu handeln. Rußland werde immer ſeine Unabhängig-<lb/> keit zu wahren wiſſen.“</quote></cit></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Nach einer Veröffentlichung im „Ruſſiſchen Invaliden“ wird<lb/> ein <hi rendition="#g">drittes Mortier-Artillerie-Regiment</hi> formirt. —<lb/> Wie dasſelbe Vlatt mittheilt, wird der Stabscapitän in der<lb/> Kownoer Feſtungs-Artillerie, Baron v. <hi rendition="#g">Kelleskraus,</hi> der bereits<lb/> im vergangenen Sommer eine Rad-Dauerfahrt von Kowno über<lb/> St. Petersburg nach Tobolsk machte, demnächſt auf dem Velociped<lb/> eine Fahrt von Warſchau über Wien, Stuttgart, Paris, Lyon nach<lb/> Cannes unternehmen, ſich zu Schiff nach Algier begeben und von<lb/> dort ſeine Reiſe fortſetzen. Baron Kelleskraus bezweckt mit ſeiner<lb/> Fahrt die Frage zur Entſcheidung zu bringen, in wie weit das<lb/> Vekociped bei Dauerfahrten das Pferd erſetzen könne. Wie der<lb/> „Regierungsbote“ berichtet, hat ein anderer ruſſiſcher Velocipediſt<lb/><hi rendition="#g">Fahrten über das Kaukaſus-Gebirge,</hi> und zwar von<lb/> Wladikawkas nach Tiflis und Kutaïs und wieder zurück gemacht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Der <hi rendition="#g">finniſche Landtag</hi> iſt auf den 8./20. Januar n. J.<lb/> einberufen worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Warſchau,</hi> 14. Dec.</dateline> <p>Geſtern ermordete in einem<lb/> hieſigen Polizei-Bureau ein zum Verhör vorgeſührter Verhafteter<lb/> einen Beamten mit einem Meſſer und entfloh, nachdem er einen<lb/> zweiten Beamten verwundet hatte. Es gelang indeß, des Ent-<lb/> flohenen kurz darauf wieder habhaft zu werden.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>||☽ <hi rendition="#b">Konſtantinopel,</hi> 11. Dec.</dateline> <p>Den Leſern der „Allg.<lb/> Ztg.“ werden die Erfolge, womit unſer Landsmann <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Karl<lb/><hi rendition="#g">Humann</hi> die Ausgrabungen in Pergamon geleitet hat, noch im<lb/> Gedächtniß ſein. Der ausgezeichnete Archäologe hat nunmehr die<lb/> Genehmigung erhalten, auch auf der Stelle von Meanders Magneſia,<lb/> einem bisher von Alterthumsforſchern nur wenig durchwühlten<lb/> Boden, ſeine Ausgrabungen zu beginnen. Seit vorgeſtern haben<lb/> die Arbeiten ihren Anfang genommen. Zwei Mitglieder der<lb/> deutſchen Schule von Athen, die Herren <hi rendition="#g">Otto Kern</hi> und <hi rendition="#g">Friedrich<lb/> Hiller,</hi> ſind vor einigen Tagen in Smyrna eingetroffen, um ſich<lb/> an dem Forſchungswerke zu betheiligen. Da auf den Ruinen<lb/> keinerlei Neubauten errichtet wurden, ſo hält man die Schwierig-<lb/> keiten für bedeutend geringer als jene, welche ſich den Arbeiten in<lb/> Pergamon entgegenſtellten. Ein Theil der alten Stadtmauern iſt<lb/> noch ziemlich gut erhalten, und Alles, was von Bauten der Nach-<lb/> zeit in der Nähe der Häuſertrümmer zu finden iſt, ſind einige<lb/> zwanzig tſcherkeſſiſche Hütten, deren Infaſſen ſich vom Ackerbau er-<lb/> nähren. — Die heutige Nummer des türkiſchen Blatts „Tarik“,<lb/> d. h. „der (zu befolgende) Weg“ enthält einen geharniſchten Artikel<lb/> gegen die griechiſche Preſſe. <cit><quote>„Es beſteht augenblicklich“, ſo ſchreibt<lb/> das genannte Blatt, „zwiſchen dem osmaniſchen Reiche und<lb/> Griechenland keine Frage, welche im Stande wäre, die heftigen<lb/> Angriffe und die ungezügelte Sprache der griechiſchen Zeitungen zu<lb/> rechtfertigen, die doch ihre Pflicht darin erblicken müßten, die guten<lb/> Beziehungen zu fördern, welche zwiſchen zwei, durch ihre geo-<lb/> graphiſche Lage und ihre unmittelbare Nachbarſchaft auf ein har-<lb/> moniſches Zuſammenleben angewieſenen Staaten ſtets beſtehen<lb/> ſollten. Da die kaiſerliche Regierung feſt entſchloſſen iſt,<lb/> mit Griechenland freundliche Beziehungen zu unterhalten,<lb/> ſo können die Verſuche der Athener Journaliſten, Zwietracht<lb/> zu ſäen und Haß zu erzeugen, nur ihrem eigenen Lande zum<lb/> Schaden gereichen.“</quote></cit> Der „Tarik“ hat hier vollkommen recht, denn<lb/> die Schreibweiſe der griechiſchen Preſſe muß in allem, was ſich auf<lb/> türkiſche Zuſtände bezieht, als im höchſten Grade unbillig bezeichnet<lb/> werden, und ſie erinnert durch die Gereiztheit ihres Tones wie<lb/> durch ihre Verlogenheit lebhaft an die Haltung der „France“ oder<lb/> des „Intranſigeant“. So macht jetzt wieder die Fabel von der<lb/> „Beſeitigung“ mißliebiger Perſönlichkeiten in türkiſchen Gefäng-<lb/> niſſen die Runde. Abgeſehen davon, daß die türkiſchen Gewalt-<lb/> haber, wollten ſie einen politiſchen Gegner „beſeitigen“, denſelben<lb/> gewiß nicht erſt zu dieſem Behufe in ein Gefängniß ſperren<lb/> würden — gibt es doch in Galata croatiſche, montenegriniſche<lb/> und beſonders auch griechiſche Schufte, die für ein paar Lire zu<lb/> Allem fähig ſind, mehr als genug! Hoffentlich verhallt die<lb/> Mahnung, welche der officiöſe Artikelſchreiber des „Tarik“ am<lb/> Schluſſe ſeiner Publication an die griechiſchen Redactionen richtet,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0005]
Montag, Zweites Abendblatt, Nr. 347 der Allgemeinen Zeitung. 15. December 1890.
Inhalts-Ueberſicht.
Großbritannien. London: Parnell in Irland. Gladſtone.
Frankreich. Paris: Die Zollcommiſſion. Dementi. Der Graf
von Paris. Franzöſiſche Forſchungsreiſen. De la Bruyère und
Padlewski. Profeſſor Cornil.
Italien. Fürftliche Gäſte. Schreiben Meneliks von Abeſſinien.
Rußland. St. Petersburg: Zum engliſchen Juden-Meeting.
Artillerie. Militäriſcher Belocipediſt. Landtag. Mord.
Türkei. ||☽ Konſtantinopel: Ausgrabungen in Magneſia. Der
„Tarik“ über die griechiſche Preſſe. Attentat auf Mr. Margarit.
Zur Privilegienfrage. Räuberunweſen in Kleinaſien.
Oſtafrika. Aus Sanſibar.
Großbritannien.
* London, 13. Dec. In ſeinem Blatte „Labour World“
beantwortet Michael Davitt in einem Artikel mit der Kopf-
ſchrift „Der Prätendent“ die Dubliner Rede Parnells
in folgender ſchneidiger Weiſe:
„Hr. Parnell geht nach Irland, nachdem er dem Lande nahezu
8 Jahre politiſch fremd geblieben war. Während dieſer Zeit hat
er dem Kampfe, der dort von dem Volke, zu deſſen Führer er
erwählt wurde, gegen Zwang und Ausweiſung geführt wird, weder
ſeine Hand, noch ſeine Börſe gewidmet. Während ſeine fähigen
Collegen für ihre Treue und ihr Wirken im Intereſſe der Nation
Gefängnißhaft erduldeten, widmete Hr. Parnell ſeine Zeit und
Aufmerkfamkeit einer niedrigen und ſchimpflichen Intrigue. Er
geht nach dem jetzt doppelt unglücklichen Lande, um deſſen Volk
zu ſpalten und mit kaltblütiger Dreiſtigkeit ſeinen eigenen, ent-
ehrten Namen und eine Führerſchaft, welche er geſchändet und
verwirkt hat, an Stelle der Schibboleths „Home-Rule“ und
„nationale Ehre“ zu ſetzen. Es wird ihm jedoch nicht gelingen,
die iriſche Sache ſo leicht zu proſtituiren, als er das Weib ſeines
Freundes proſtituirte.“ Davitt prophezeit ſchließlich das klägliche
Scheitern der Agitation Parnells.
Auf der Reiſe nach Cork wurde Parnell in Sallins, Kil-
dare, Maryborough und Thurles ſtürmiſch begrüßt, aber in
Limerick und Charleville war er gleichzeitig der Gegenſtand von
Ovationen und feindſeligen Kundgebungen. Beſonders in Mallow
kam es zu einer überaus feindſeligen Kundgebung. Parnells
Geguer verſuchten in den Salonwagen einzudringen; Regenſchirme
und Stöcke wurden drohend geſchwungen und das Volk ſchrie
„Heraus mit ihm!“ „Nieder mit dem Hallunken!“ „Nieder mit
Libertinismus!“ u. ſ. w. Unter einem wahren Höllenlärm dampfte
der Zug mit dem „entthronten König von Irland“ weiter. In
Cork wurde ihm jedoch ein begeiſterter, durch keine Gegenkund-
gebung getrübter Empfang zutheil.
Parnell begab ſich geſtern nach Kilkenny zur Unter-
ſtützung der Candidatur ſeines Parteigenoſſen Vincent Scully,
welcher als Gegencandidat des Mac Carthianers Sir J. Pope
Henneſſy aufgetreten iſt. Sein Empfang in der gegenwärtig
durch den Wahlkampf hocherregten Stadt war ein Gemiſch von
Enthuſiasmus und feindſeligen Kundgebungen. Ein Fackelzug
ſeiner Anhänger, unter denen ſich auch die Mitglieder der
Corporation befanden, geleitete ihn vom Bahnhofe nach dem
Hôtel, woſelbſt er eine kurze Anſprache hielt, in welcher er er-
klärte, daß künftighin kein Mann, ſo hoch er auch geſtellt ſei,
das iriſche Volk in der Wahl ſeiner Führer beeinfluſſen dürfe.
In Dublin dauert die durch die Seitens Parnells erfolgte
Unterdrückung der O’Brien’ſchen Zeitung „United Ireland“
verurſachte Preßſehde fort. Ein Haufen maskirter Parnelliten
bemächtigte ſich geſtern Morgen zweier Wagenladungen der
antiparnellitiſchen Ausgabe von „United Ireland“ auf dem
Wege nach dem Bahnhof und warf die Zeitungspakete in den
Fluß. Timothy Healy’s Haus in Dublin wurde unter polizei-
lichen Schutz geſtellt.
Ueber den Ausfall der Wahl in Kilkenny läßt ſich kaum
etwas im voraus ſagen. Die Patrioten ſagen, daß die Bil-
dungsſtufe der meiſten Wähler befriedigend ſei, und es kaum
einen Wahlkreis gebe, der ſich beſſer zum Proben der Kräfte
eigne. Einige Kenner des Diſtricts in Dublin ſind nicht ſo
hoffnungsvoll. Jedenfalls wirkt die katholiſche Geiſtlichkeit gegen
Parnell.
Die meiſten Zweige der iriſchen Nationalliga haben
ſich gegen Parnell erklärt. — Das neugegründete Tagblatt der
Mac Carthyaner erſcheint nächſten Montag in Dublin unter dem
Titel „Das unterdrückte United Irland“.
Wie es heißt, hat Parnell ſofort, nachdem er am letzten
Samſtag „abgeſetzt“ worden war, einen Brief an den Pariſer
Bankier Munro, bei dem der Landliga-Fonds von 22,000
Pfund Sterling hinterlegt iſt, gerichtet, mit dem Erſuchen, ihm
denſelben zu überſenden. Es geſchah dies ohne Wiſſen Juſtin
MacCarthy’s, des Mitverwalters des Fonds. Der Letztere hat
ſeitdem Schritte gethan, um zu verhindern, daß Parnell den
Fonds angreifen kann. — Eine Geldſperre anderer Art
iſt mittlerweile in Dublin eingetreten, wo der Schatzmeiſter
der Nationalliga, der Abg. J. F. X. O’Brien, die Beamten
der Liga dieſe Woche nicht ausgezahlt hat, weil ſie gegen
ſein Gebot Partei in dem Kampf für und wider Parnell ergriffen
haben. — Die Abgg. W. O’Brien und Gill ſchifften ſich
heute Morgen auf dem holländiſchen Dampfer „Obdam“ in
New-York nach Europa ein. Der Ertrag der in Amerika
für die iriſche Sache veranſtalteten Sammlungen bleibt einſt-
weilen dort.
Gladſtone hat vorgeſtern auf der Reiſe von London nach
Hawarden in der Station Retford eine Rede zu Gunſten der
Candidatur des liberalen Candidaten für Baſſetlaw (Nottingham-
ſhire), Hr. Mellor, gehalten. Als der Zug anhielt, wurde dem
Führer der liberalen Partei eine Adreſſe der liberalen Wähler von
Baffetlaw überreicht, worauf er Folgendes erwiderte: „Es heißt
in der Adreſſe, daß unſre Gegner uns die jüngſten Wirren im
Zuſammenhange mit der Wahl eines Führers für die nationale
Sache Irlands zum Vorwurf machen. Es ſcheint mir, daß dieſe
Wirren einen weiteren Grund für Home-Rule bilden. Warum
ſollte die engliſche, ſchottiſche und walliſiſche Politik von der Wahl
eines iriſchen Führers abhängen? Was den vertraulichen Meinungs-
austauſch zwiſchen der liberalen Partei und der Home-Rule-Partei
betrifft, ſo war die Unterhaltung in Hawarden im November 1889
gleich befriedigend für beide Parteien, und der Beweis, daß ſie
befriedigend war, iſt in dem Bericht zu finden, der nicht von mir
(denn ich hatte keine Veranlaſſung, öffentlich darüber zu ſprechen),
ſondern von der anderen Partei erſtattet wurde. Dann kamen die
Verhandlungen im Eheſcheidungsgericht. Die Wirkung, welche
dieſelben auf mein Gemüth erzeugten, war die, daß ſie, ſoweit
ich beurtheilen konnte, die moraliſche Kraft, die in Irland abſolut
nothwendig iſt für denjenigen, welcher der leitende Geiſt einer
großen nationalen Sache ſein ſoll, gänzlich vernichten würde. Ich
fühlte auch, daß von Hrn. Parnell felber die Anerkennung dieſer
Thatſache erwartet werden müßte, da ſein Beharren bei der Führer-
ſchaft der iriſchen Partei völlig verhängnißvoll für die Home-Rule-
Sache in England, Schottland und Wales ſein würde. Die von
der liberalen Partei eingenommene Stellung iſt die, daß ſie durch
die Verleihung von Home-Rule an Irland den Führer der iriſchen
Partei zum conſtitutionellen Herrſcher Irlands macht, und ſie iſt
nach den Vorgängen im Eheſcheidungsgericht nicht Willens, durch
ihre Stimme Hrn. Parnell zum conſtitutionellen Leiter Irlands zu
machen. Es iſt gänzlich unwahr, daß Hr. Morley Hrn. Parnell
den Vorſchlag machte, er ſolle vor dem Zugeſtändniß von Home-
Rule an Irland ein Amt unter der brittiſchen Krone bekleiden.
Hr. Parnell iſt nicht länger Führer der iriſchen nationalen Partei,
obwohl er mit einer Minderheit der Partei augenſcheinlich beſtrebt
iſt, die Führerſchaft, die ihm durch die conſtitutionellen Bertreter
Irlands entzogen worden iſt, zu behaupten. Das Werk der
liberalen Partei während der letzten fünf Jahre, nämlich Widerſtand
gegen Zwang, bleibt ſo heilig und dringlich als je, gleichviel, wer
der Führer des iriſchen Volkes iſt.“
Frankreich.
* Paris, 13. Dec. Das „Siècle“ ſchreibt:
„Es iſt abſolut unmöglich, der Arbeit der Zollcommiſſion,
die unſer ganzes Tariſſyſtem mit der automatiſchen Schnelligkeit
einer Dampfmaſchine durcheinanderbringt, zu folgen. In wenigen
Stunden, oder richtiger wenigen Minuten, beſchließt man über das
Régime von Induſtrien, welche ebenſo weitgreifende als complicirte
Intereſſen repräſentiren. Es ſcheint, daß man die zukünftigen
Zolltarife gleichſam wie ein Loos zieht, und ſie dann ſofort per
Acclamation votiren läßt. Wenn die Kammer die Beſchlüfſe der
Commiſſion nicht revidiren ſollte, würde unſre nationale Production
von ſehr ernſten Gefahren bedroht ſein. Wir ſind überzeugt, daß
die Kammer auf ihre Enquête ebenſo große reifliche Ueberlegung ver-
wenden wird, wie die Commiſſion Uebereilung zeigt, und wir
warten die parlamentariſche Berathung ab, um die neuen Tarife
näher zu prüfen. Die Haſt, mit der die Commiſſion vorgeht, iſt
um ſo weniger begreiflich, als doch die Beobachtungen, auf
Grund deren man die Ausarbeitung der Tarife vorbereitet hat,
ſehr oberflächliche waren. Hat doch der Oberhandelsrath kaum
Zeit gehabt, ſich im allgemeinen zu informiren, und ſicherlich hat
die Zollcommiſſion den größten Theil jener Verichte, die der Ober-
handelsrath von den Intereſſenten erhalten hat, nicht durchgeleſen.
Der neue Tarif, der auf dieſe Weiſe zuſammengeſteilt iſt, entbehrt
demnach jedes Werthes, aber die Uebertreibungen, die er enthält,
zeugen von viel Leidenſchaft und Parteilichkeit. Man konnte
hoffen, daß die Commiſſion die Wichtigkeit ihrer Arbeit beſſer
auffaſſen und dieſelbe mit all der Sorgfalt durchführen würde,
welche die Vorbereitung eines der ſchwierigſten Geſetze, das jemals
die Aufmerkſamkeit des Parlaments in Anſpruch genommen hat,
verlangt. Die öffentliche Meinung wird dieſes improviſirte Werk
nicht ohne Strenge beurtheilen, welches ohne Zweifel in mehr
als einem Punkt von der Kammer desavouirt werden wird.“
Die Zollcommiſſion hat die Zölle auf unbearbeitete
Gegenſtände aus Schmiedeeiſen, Gußeiſen und Gußſtahl, auf
Nägel, Metallröhren und metallenes Hausgeräth erhöht.
Von einer Ueberſiedlung der Kartäuſer und Trappiſten
nach Deutſchland, von welcher der „Gaulois“ berichtet hatte,
iſt in Pariſer gut unterrichteten Kreiſen nichts bekannt.
Der „Figaro“ berichtet aus Lyon: Der Graf von Paris
hat in Stowe-Houſe einen der Führer der conſervativen Partei von
Lyon empfangen und ſich mit demſelben längere Zeit unterhalten.
Ueber die Haltung des Cardinals Lavigerie ſprechend, ſagte der
Prinz wörtlich: „Ich glaube, daß die Worte des Cardinals
Lavigerie die Wiederkehr der Monarchie weder um eine Stunde
vorrücken, noch zurückhalten werden. Aber ich beklage die Spal-
tungen, welche ſie unter den hohen Klerus gefäet haben.“ Bezüg-
lich der Senatswahlen ſprach der Prinz ſeine Anſicht dahin aus,
die Pflicht und das Intereſſe der Conſervativen erfordern es, den
Kampf überall und quand même aufzunehmen, ſelbſt in den
Departements, wo die Regierungscandidaten des Sieges ſicher
ſind. Sodann ließ ſich der Prinz lange über ſeine Reiſe in den
Vereinigten Staaten aus.
Die franzöſiſchen Forſchungsreiſenden gaben Hrn. Bonvalot
und dem Prinzen Heinrich von Orléans geſtern ein Bankett.
Hauptmann Vinger gedachte bei dieſer Gekegenheit aller franzöſiſchen,
auf Reiſen befindlichen Forſcher; er erwähnte: Deflers, der Hadra-
maut botaniſch erforſcht, Blane, der ſich im Hochlande von Pamir
befindet, Pavie, welcher den Mekong hinabfährt, Martin, welcher
Nordweſt-Thibet bereist, Catat und Maiſtre in Madagaskar,
de la Martinière, der die römiſchen Denkmäler Marokko’s ſtndirt,
Foureau, der von Südalgier ins Tuaregland vorzudringen ſucht,
Hauptmann Monteil, der vom Niger aus den Tſchadſee zu er-
reichen ſucht, Ménard, der das Congoland bereist, der Schiffs-
lieutenant Mizon, der am Niger zurückgehalten iſt und nach dem
Schari gelangen will, Crampel, der dieſen Fluß vom Ubangi aus
zu erreichen hoſſt, Bullay und Oberſt Archinard im Senegal,
Brazza, Fourneau, Boliſie und Berthon am Congo, Chaffanjon in
Venezuela, Coudreau am Oyapok und Mazoni (Guiana).
In der Angelegenheit des Berichtes des Journaliſten
de la Bruyère über ſeine angebliche Mitwirkung bei der Flucht
Padlewski’s conferirten der Polizeipräfect Loze, der Unter-
ſuchungsrichter Guillot und der Sicherheitschef Goron. Die erſteren
Beiden erſtatteten heute Mittag dem Miniſter des Innern, Conſtans,
Bericht darüber. Die Blätter bezweifeln, daß de la Bruyère
verhaftet werden wird, obgleich dies auf Grund des Artikels
248 des Strafgefetzbuchs geſchehen könne. Ueber die Beweggründe
für ſeine Handlungsweiſe befragt, erklärte de la Bruyère, er habe
einen politiſchen Verbrecher retten und zugleich ein außergewöhnliches
Reporterſtück ausführen wollen. Der Stationschef Reguoul des
hieſigen Lyoner Bahnhofs erklärt in den Zeitungen, daß der ihn
betreffende Paſſus des Verichts, wonach er dem de la Bruyère
eine Empfehlungskarte an den Stationschef des Grenzbahnhofs
in Modane gegeben hätte, für vollſtändig erfunden. Dem „Temps“
zufolge ſind der Generalprocurator Veaurepaire und der Staats-
anwalt Banaſton dahin übereingekommen, die Unterſuchung über
die Richtigkeit des Berichtes des Journaliſten de la Bruyère ein-
zuleiten. Sollte die Unterſuchung ergeben, daß de la Bruyère der
Flucht Padlewski’s Vorſchub leiſtete, ſo würde gegen den
Erſteren nach Artikel 248 des Strafgeſetzbuches Anklage erhoben
werden. Das Journal „Paris“ berichtet dagegen, Beaurepaire
habe nach einer Unterredung mit dem Miniſter Conſtans es auf-
gegeben, einen Verhaftsbefehl gegen de la Brnyère zu erlaſſen. —
Im „Eclair“ theilt der ſocialiſtiſch-revolutionäre Journaliſt Grégoire
mit, er habe Padlewski vom 18. November bis zum 3. d. M. bei
ſich beherbergt und ihn am letzten Tage zu de la Bruyère ge-
bracht, der Abends mit Padlewski abgereist ſei.
Wie der „Temps“ meldet, theilte Profeſſor Cornil in
einem heute gehaltenen Vortrage ſeine Erfahrungen an 20 mit
der Koch’ſchen Lymphe behandelten Kranken mit und ſprach
über einen Fall von Lungen-Tubereuloſe mit Pyelonephritis (eitrige
Entzündung des Nierenbeckens), bei welchem die Injection von
Koch’ſcher Lymphe den Harn verbeſſerte und die Eitermengen ver-
minderte.
Italien.
* Wie „Reuters Bureau“ meldet, habe die Königin Victoria
zwar jüngſt ein Schreiben des Königs Menelik von
Abeſſinien erhalten, es ſei jedoch völlig erfunden, daß Menelik
darin gegen das italieniſche Protectorat proteſtirt oder eine
Vermittelung zwiſchen ſich und Italien nachgeſucht habe. Das
brittiſche Auswärtige Amt habe das Schreiben Meneliks an
den Botſchafter in Rom, Lord Dufferin, behufs Mittheilung an
die italieniſche Regierung abgeſandt; dasſelbe ſei aber in Rom
noch nicht eingetroffen.
(*) Rom, 13. Dec. Der König und die Königin em-
pfingen heute den Prinzen und die Prinzeſſin Adolf von Schaum-
burg-Lippe, welche am Montag nach Neapel abreiſen und ſich
dort nach Malta einſchiffen werden. Heute Abend nahmen die
hohen Reiſenden bei dem ſpaniſchen Botſchafter Grafen Benomar
den Thee ein.
Rußland.
(*) St. Petersburg, 14. Dec. Die „Neue Zeit“ beſpricht
das in der Londoner Guildhall zu Gunſten der ruſſiſchen
Juden abgehaltene Meeting und äußert dabei: „Vor
allem ſollten der Lordmayor und die anderen engliſchen Gentle-
men des „hands off“ (Hände weg) eingedenk ſein. Das
ruſſiſche Volk ſei keine engliſche Colonie. Was würden wohl
die Engländer geſagt haben, wenn das Stadthaupt von
St. Petersburg ein Meeting zu Gunſten des iriſchen Home-
Rule einberufen hätte! Die letztere Angelegenheit würde durch
ein ſolches Meeting um keinen Schritt weiter vorwärts ge-
kommen ſein, dasſelbe werde auch der Fall ſein hinſichtlich des
Londoner Meetings zu Gunſten der ruſſiſchen Juden. In Ruß-
land wiſſe man, um was es ſich dabei handle, die Eng-
länder fürchteten eine Invaſion der Juden in England,
die, nachdem ſie den Armen das Brod genommen, nunmehr
dort den Reichen Concurrenz machen könnten. Es ſei keine
religiöſe Intoleranz, welche Rußland, wo ſich jüdiſche Syna-
gogen ſtolz neben chriſtlichen Tempeln erhöben, zu ſeinen Maß-
regeln veranlaßt habe, ſondern die abſolute Nothwendigkeit, die
ländliche Bevölkerung vor der jüdiſchen Ausbeutung, welche
ſchon die Bauern in Galizien und Rumänien dem Ruin zu-
geführt habe, zu ſchützen. Indem die ruſſiſche Regierung ſo
handle, ſchütze ſie die Juden ſelbſt vor bäuerlichen Be-
wegungen, wie ſie in Oeſterreich ſtattgefunden hätten. Ruß-
land treibe nicht Spiel mit einem falſchen Liberalismus, ſondern
handle offen, um den Frieden und die Wohlfahrt der Nation
zu ſichern. Man könne daher nur die Worte wiederholen:
„hands off!“, ſelbſt wenn ganz Europa ſich zu einem Meeting
zuſammenſinden ſollte, um Rußland zu zwingen, gegen ſeinen
Willen zu handeln. Rußland werde immer ſeine Unabhängig-
keit zu wahren wiſſen.“
Nach einer Veröffentlichung im „Ruſſiſchen Invaliden“ wird
ein drittes Mortier-Artillerie-Regiment formirt. —
Wie dasſelbe Vlatt mittheilt, wird der Stabscapitän in der
Kownoer Feſtungs-Artillerie, Baron v. Kelleskraus, der bereits
im vergangenen Sommer eine Rad-Dauerfahrt von Kowno über
St. Petersburg nach Tobolsk machte, demnächſt auf dem Velociped
eine Fahrt von Warſchau über Wien, Stuttgart, Paris, Lyon nach
Cannes unternehmen, ſich zu Schiff nach Algier begeben und von
dort ſeine Reiſe fortſetzen. Baron Kelleskraus bezweckt mit ſeiner
Fahrt die Frage zur Entſcheidung zu bringen, in wie weit das
Vekociped bei Dauerfahrten das Pferd erſetzen könne. Wie der
„Regierungsbote“ berichtet, hat ein anderer ruſſiſcher Velocipediſt
Fahrten über das Kaukaſus-Gebirge, und zwar von
Wladikawkas nach Tiflis und Kutaïs und wieder zurück gemacht.
Der finniſche Landtag iſt auf den 8./20. Januar n. J.
einberufen worden.
(*) Warſchau, 14. Dec. Geſtern ermordete in einem
hieſigen Polizei-Bureau ein zum Verhör vorgeſührter Verhafteter
einen Beamten mit einem Meſſer und entfloh, nachdem er einen
zweiten Beamten verwundet hatte. Es gelang indeß, des Ent-
flohenen kurz darauf wieder habhaft zu werden.
Türkei.
||☽ Konſtantinopel, 11. Dec. Den Leſern der „Allg.
Ztg.“ werden die Erfolge, womit unſer Landsmann Dr. Karl
Humann die Ausgrabungen in Pergamon geleitet hat, noch im
Gedächtniß ſein. Der ausgezeichnete Archäologe hat nunmehr die
Genehmigung erhalten, auch auf der Stelle von Meanders Magneſia,
einem bisher von Alterthumsforſchern nur wenig durchwühlten
Boden, ſeine Ausgrabungen zu beginnen. Seit vorgeſtern haben
die Arbeiten ihren Anfang genommen. Zwei Mitglieder der
deutſchen Schule von Athen, die Herren Otto Kern und Friedrich
Hiller, ſind vor einigen Tagen in Smyrna eingetroffen, um ſich
an dem Forſchungswerke zu betheiligen. Da auf den Ruinen
keinerlei Neubauten errichtet wurden, ſo hält man die Schwierig-
keiten für bedeutend geringer als jene, welche ſich den Arbeiten in
Pergamon entgegenſtellten. Ein Theil der alten Stadtmauern iſt
noch ziemlich gut erhalten, und Alles, was von Bauten der Nach-
zeit in der Nähe der Häuſertrümmer zu finden iſt, ſind einige
zwanzig tſcherkeſſiſche Hütten, deren Infaſſen ſich vom Ackerbau er-
nähren. — Die heutige Nummer des türkiſchen Blatts „Tarik“,
d. h. „der (zu befolgende) Weg“ enthält einen geharniſchten Artikel
gegen die griechiſche Preſſe. „Es beſteht augenblicklich“, ſo ſchreibt
das genannte Blatt, „zwiſchen dem osmaniſchen Reiche und
Griechenland keine Frage, welche im Stande wäre, die heftigen
Angriffe und die ungezügelte Sprache der griechiſchen Zeitungen zu
rechtfertigen, die doch ihre Pflicht darin erblicken müßten, die guten
Beziehungen zu fördern, welche zwiſchen zwei, durch ihre geo-
graphiſche Lage und ihre unmittelbare Nachbarſchaft auf ein har-
moniſches Zuſammenleben angewieſenen Staaten ſtets beſtehen
ſollten. Da die kaiſerliche Regierung feſt entſchloſſen iſt,
mit Griechenland freundliche Beziehungen zu unterhalten,
ſo können die Verſuche der Athener Journaliſten, Zwietracht
zu ſäen und Haß zu erzeugen, nur ihrem eigenen Lande zum
Schaden gereichen.“ Der „Tarik“ hat hier vollkommen recht, denn
die Schreibweiſe der griechiſchen Preſſe muß in allem, was ſich auf
türkiſche Zuſtände bezieht, als im höchſten Grade unbillig bezeichnet
werden, und ſie erinnert durch die Gereiztheit ihres Tones wie
durch ihre Verlogenheit lebhaft an die Haltung der „France“ oder
des „Intranſigeant“. So macht jetzt wieder die Fabel von der
„Beſeitigung“ mißliebiger Perſönlichkeiten in türkiſchen Gefäng-
niſſen die Runde. Abgeſehen davon, daß die türkiſchen Gewalt-
haber, wollten ſie einen politiſchen Gegner „beſeitigen“, denſelben
gewiß nicht erſt zu dieſem Behufe in ein Gefängniß ſperren
würden — gibt es doch in Galata croatiſche, montenegriniſche
und beſonders auch griechiſche Schufte, die für ein paar Lire zu
Allem fähig ſind, mehr als genug! Hoffentlich verhallt die
Mahnung, welche der officiöſe Artikelſchreiber des „Tarik“ am
Schluſſe ſeiner Publication an die griechiſchen Redactionen richtet,
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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