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Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914.

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Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch] Schirwindt wurde abgewiesen. Dabei wurden 1000 Rus-
sen zu Gefangenen gemacht.

In Südpolen erreichten die Spitzen unserer Armeen die Weich-
sel.
Bei Grojez südlich Warschau fielen 2000 Mann des sibiri-
schen Armeekorps in unsere Hände.

Russische amtliche Nachrichten über einen großen russischen Sieg
bei Augustowo-Suwalki sind Erfindung. Wie hoch die amtlichen
russischen Nachrichten einzuschätzen sind, zeigt die Tatsache, daß über
die gewaltigen Niederlagen bei Tannenberg und Insterburg keine
amtlichen russischen Nachrichten veröffentlicht sind.

Auf dem ostpreußischen Kriegsschauplatz verlief
der 11. Oktober im allgemeinen ruhig. Am 12. Oktober wurde ein
erneuter Umfassungsversuch der Russen bei Schirwindt abgewiesen.
Sie verloren dabei 1500 Gefangene und 20 Geschütze.

In Südpolen wurden die russischen Vortruppen südlich
von Warschau durch unsere Truppen zurückgeworfen. Ein Ueber-
gangsversuch der Russen über die Weichsel südlich Iwangorod wurde
unter Verlusten für die Russen verhindert.

Einen großen Erfolg hat wieder unsere deutsche Marine zu
verzeichnen, diesmal gegen Rußland. Der große russische
Kreuzer "Pallada"
ist vernichtet. Die deutsche amtliche
Meldung vom 13. Oktober lautete:

Ein russischer Panzerkreuzer der Bajanklasse ist am 11. Oktober
vor dem finnischen Meerbusen durch Torpedoschuß zum Sinken ge-
bracht worden.
Der stellvertretende Chef des Admiralstabs
von Behnke.

Die nicht amtliche ausführlichere Meldung des Wolffschen
Bureaus weiß weiter zu berichten:

Nach uns vorliegenden Telegrammen verbreitet die russische
amtliche Telegraphenagentur zu dem amtlich gemeldeten Untergang
des russischen Panzerkreuzers folgende Nachricht:

Am 11. Oktober 2 Uhr nachmittags russischer Zeit griffen feind-
liche Unterseeboote von neuem unsere Kreuzer "Bajan" und "Pal-
lada", die in der Ostsee auf Vorposten waren, an. Obgleich die
Kreuzer sofort ein starkes Artilleriefeuer eröffneten, gelang es gleich-
wohl einem Unterseeboot, Torpedos gegen die "Pallada" zu schießen.
Auf dieser entstand eine Explosion und der Kreuzer versank mit
seiner ganzen Besatzung senkrecht in die Tiefe.

Ueber Herrn v. Hindenburg und die Masurischen
Seen
ist in der "N. W. Ztg." nachstehende heitere Erzählung zu
lesen, deren Wahrheit heute wohl kaum nachzuprüfen ist:

"Der Krieg hat bisher eine einzige vollendete Heldendichtung
produziert. Das ist die Geschichte des Generals v. Hindenburg.
General v. Hindenburg hatte seine ganze Lebensarbeit der vom
militärischen Standpunkte ausgehenden Erforschung der Masurischen
Seen gewidmet. Dies bildete sein Studium, dies war seine Liebe,
bis es späterhin sozusagen seine fixe Idee wurde. Ostpreußen hat
ein Gebiet oberhalb Königsberg--Insterburg, das auf der Land-
karte ein Dreieck darstellt. Dieses Gebiet wird schon seit langem in
militärischen Kreisen als "aufgegebenes Dreieck" bezeichnet, weil man
immer der Meinung war, daß dieser Teil des Landes militärisch
nicht verteidigt werden könne.

Das sumpfige Gebiet der Masurischen Seen liegt südlich von
dem erwähnten Dreieck. Hinsichtlich dieses Gebietes standen seit
Jahrzehnten zwei militärische Ansichten einander gegenüber. Die
eine, die des Generals Hindenburg, lautete kurz folgendermaßen:
"Die Russen müssen in die Masurischen Seen gedrängt werden."
Die andere Anschauung begann damit, daß man nicht einmal in die
Nähe der Masurischen Seen kommen dürfe. Hindenburg blieb in
der Minorität und mußte bittere Angriffe ertragen. Er gab aber
nicht nach. Schließlich ließ man ihn reden, man hielt ihn für einen
alten Starrkopf, der hartnäckig an dem großen Irrtum seines Lebens
festhält.

Hindenburg war irgendwo in der Provinz Korpskommandant,
als eines Tages diese Idee im deutschen Reichstag tatsächlich aufge-
taucht war. Man sagte, es gehe nicht an, daß ein so großes Gebiet
unproduktiv daliege: die Masurischen Seen müssen ausgepumpt und
aus ihnen fruchtbarer Boden geschaffen werden. Der alte General
hatte keine Ruhe mehr. Man wollte seine Seen, seine Sümpfe, die
er alle persönlich kannte, anrühren. Mit einer mächtigen Tasche,
[Spaltenumbruch] die lauter Pläne, Landkarten und Berechnungen enthielt, reiste er
sofort nach Berlin. Er marschierte von Haus zu Haus. All seine
Aufzeichnungen legte er in den Redaktionen auf und erklärte, prote-
stierte und agitierte. Er lief zu Abgeordneten, zu Parteiführern, zu
Komissionen, überall legte er große Landkarten auf und erklärte
ganz erregt, daß man die Masurischen Seen nicht berühren dürfe.
Als nichts mehr nutzte, ging er zum Kaiser. Er hatte seinen Kaiser
auch insolange nicht verlassen, als er ihm nicht versprach, daß man
die Seen in Ruhe lassen werde. Der Kaiser versprach dies mit
lächelnder Miene. Doch Hindenburg reiste überglücklich nachhause,
die Seen waren gerettet.

Alljährlich in den Manövern wurde Hindenburg zu den Seen
delegiert. Dort, wie es bei allen Manövern befolgt zu werden
pflegt, trug der eine Teil der Armee ein weißes, der andere Teil
ein rotes Band auf der Kappe. Die Roten waren die Russen. Die
Weißen wurden von Hindenburg kommandiert, sie waren die Deut-
schen und hatten Ostpreußen zu verteidigen. Als die Soldaten bei
den Uebungen erfuhren, daß sie gegen Hindenburg zu kämpfen
haben, hat sich alljährlich anläßlich der Uebernahme der roten Bän-
der von Jahr zu Jahr der fast sprichwörtlich gewordene Ausruf
wiederholt: "Heuer gehen wir baden!" Denn sie wußten, daß alles
vergeblich ist, ob sie von links oder rechts kommen, ob sie von vorn
angreifen oder von rückwärts jagen, ob sie viel oder wenig sind, das
Ende ist doch immer dasselbe, nämlich, daß Hindenburg sie in die
Masurischen Seen einklemmt. Und jedes Jahr wiederholte sich
dasselbe. Der alte General führte immer mit größter Energie
seinen Plan durch, und am letzten Tage der Manöver, als abgeblasen
wurde, stand die rote Armee regelmäßig bis zum Hals im Wasser.
Die Offiziere gingen schon regelmäßig nur noch in wasserdichten
Uniformen zu den Hindenburg-Manövern.

Dann ging der alte General in Pension. Was nun folgt, ist
geradezu rührend. Der alte Herr verbrachte seine Sommerferien
alljährlich weiterhin bei den Masurischen Seen. Sein Sommer-
aufenthalt bestand darin, daß er sich in Königsberg eine Kanone
auslieh und mit dieser in die Sümpfe ging. Von früh bis abend
ließ er die Kanone aus einer Lache in die andere schleppen. Er
maß ab, wie tief diese oder jene Kanone in den Schlamm einsinkt,
wie viel Pferde an manchen Uebergangsstellen vor die Kanone ge-
hören und welches jene Sümpfe sind, aus denen nicht einmal
20 Pferde die Kanone herausbringen. Und er notierte, rechnete
und zeichnete. Er wußte genau, welche Lache von der Artillerie
passiert werden kann und in welcher der Feind stecken bleibt. Im
Herbst sodann stellte er die Kanone mit Dank zurück und fuhr nach
Hause.

Das übrige ist schon ziemlich bekannt. Zu Beginn des Krieges
befand sich Hindenburg schon auf französischem Boden, als die Nach-
richt kam, daß russische Vortruppen in der Gegend der Sümpfe auf-
tauchten. Der Kaiser gab dem aus dem Ruhestande zurückberufenen
Hindenburg Befehl, daß er gehen und jetzt zeigen möge, was er
kann.

Speziell vom österreichisch-russischen Kriegs-
schauplatz
wird amtlich unterm 9. ds. gemeldet:

Unser Vorrücken zwang die Russen, in ihren vergeblichen An-
strengungen gegen Przemysl, die in der Nacht auf den 8. Oktober
ihren Höhepunkt erreichten und den Stürmenden ungeheure Opfer
kosteten, nachzulassen. Gestern vormittag wurde das Artilleriefeuer
gegen die Festung schwächer. Der Angreifer begann Teile seiner
Kräfte zurückzunehmen.

Bei Lancut stellte sich unseren vordringenden Kolonnen ein
starker Feind zum Kampfe, der noch andauert. Aus Roszwa-
dow
sind die Russen bereits vertrieben. Auch in den Karpathen
steht es gut. Der Rückzug der Russen im Marmaros-Komitat artet
in Flucht aus.

Ueber die neuen Erfolge der Oesterreicher in Galizien hat der
stellvertretende Chef des Generalstabs von Höfer am 10. Oktober
nachstehende Mitteilung ausgegeben:

Gestern versuchte der Feind noch einen Sturm auf die Südfront
von Przemysl, der jedoch von der Besatzung wieder unter
schweren Verlusten des Angreifers zurückgewiesen wurde.

Dann wurden die rückgängigen Bewegungen der Russen vor
der Festung allgemein. Die Westfront mußten sie vollständig räu-
men. Unsere Kavallerie ist dort bereits eingeritten.

Der durch die Schnelligkeit der Operationen in Russisch-Polen
und Galizien verwirrte Gegner versuchte zwar seine Angriffe auf

Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914.
[Spaltenumbruch] Schirwindt wurde abgewieſen. Dabei wurden 1000 Ruſ-
ſen zu Gefangenen gemacht.

In Südpolen erreichten die Spitzen unſerer Armeen die Weich-
ſel.
Bei Grojez ſüdlich Warſchau fielen 2000 Mann des ſibiri-
ſchen Armeekorps in unſere Hände.

Ruſſiſche amtliche Nachrichten über einen großen ruſſiſchen Sieg
bei Auguſtowo-Suwalki ſind Erfindung. Wie hoch die amtlichen
ruſſiſchen Nachrichten einzuſchätzen ſind, zeigt die Tatſache, daß über
die gewaltigen Niederlagen bei Tannenberg und Inſterburg keine
amtlichen ruſſiſchen Nachrichten veröffentlicht ſind.

Auf dem oſtpreußiſchen Kriegsſchauplatz verlief
der 11. Oktober im allgemeinen ruhig. Am 12. Oktober wurde ein
erneuter Umfaſſungsverſuch der Ruſſen bei Schirwindt abgewieſen.
Sie verloren dabei 1500 Gefangene und 20 Geſchütze.

In Südpolen wurden die ruſſiſchen Vortruppen ſüdlich
von Warſchau durch unſere Truppen zurückgeworfen. Ein Ueber-
gangsverſuch der Ruſſen über die Weichſel ſüdlich Iwangorod wurde
unter Verluſten für die Ruſſen verhindert.

Einen großen Erfolg hat wieder unſere deutſche Marine zu
verzeichnen, diesmal gegen Rußland. Der große ruſſiſche
Kreuzer „Pallada“
iſt vernichtet. Die deutſche amtliche
Meldung vom 13. Oktober lautete:

Ein ruſſiſcher Panzerkreuzer der Bajanklaſſe iſt am 11. Oktober
vor dem finniſchen Meerbuſen durch Torpedoſchuß zum Sinken ge-
bracht worden.
Der ſtellvertretende Chef des Admiralſtabs
von Behnke.

Die nicht amtliche ausführlichere Meldung des Wolffſchen
Bureaus weiß weiter zu berichten:

Nach uns vorliegenden Telegrammen verbreitet die ruſſiſche
amtliche Telegraphenagentur zu dem amtlich gemeldeten Untergang
des ruſſiſchen Panzerkreuzers folgende Nachricht:

Am 11. Oktober 2 Uhr nachmittags ruſſiſcher Zeit griffen feind-
liche Unterſeeboote von neuem unſere Kreuzer „Bajan“ und „Pal-
lada“, die in der Oſtſee auf Vorpoſten waren, an. Obgleich die
Kreuzer ſofort ein ſtarkes Artilleriefeuer eröffneten, gelang es gleich-
wohl einem Unterſeeboot, Torpedos gegen die „Pallada“ zu ſchießen.
Auf dieſer entſtand eine Exploſion und der Kreuzer verſank mit
ſeiner ganzen Beſatzung ſenkrecht in die Tiefe.

Ueber Herrn v. Hindenburg und die Maſuriſchen
Seen
iſt in der „N. W. Ztg.“ nachſtehende heitere Erzählung zu
leſen, deren Wahrheit heute wohl kaum nachzuprüfen iſt:

„Der Krieg hat bisher eine einzige vollendete Heldendichtung
produziert. Das iſt die Geſchichte des Generals v. Hindenburg.
General v. Hindenburg hatte ſeine ganze Lebensarbeit der vom
militäriſchen Standpunkte ausgehenden Erforſchung der Maſuriſchen
Seen gewidmet. Dies bildete ſein Studium, dies war ſeine Liebe,
bis es ſpäterhin ſozuſagen ſeine fixe Idee wurde. Oſtpreußen hat
ein Gebiet oberhalb Königsberg—Inſterburg, das auf der Land-
karte ein Dreieck darſtellt. Dieſes Gebiet wird ſchon ſeit langem in
militäriſchen Kreiſen als „aufgegebenes Dreieck“ bezeichnet, weil man
immer der Meinung war, daß dieſer Teil des Landes militäriſch
nicht verteidigt werden könne.

Das ſumpfige Gebiet der Maſuriſchen Seen liegt ſüdlich von
dem erwähnten Dreieck. Hinſichtlich dieſes Gebietes ſtanden ſeit
Jahrzehnten zwei militäriſche Anſichten einander gegenüber. Die
eine, die des Generals Hindenburg, lautete kurz folgendermaßen:
„Die Ruſſen müſſen in die Maſuriſchen Seen gedrängt werden.“
Die andere Anſchauung begann damit, daß man nicht einmal in die
Nähe der Maſuriſchen Seen kommen dürfe. Hindenburg blieb in
der Minorität und mußte bittere Angriffe ertragen. Er gab aber
nicht nach. Schließlich ließ man ihn reden, man hielt ihn für einen
alten Starrkopf, der hartnäckig an dem großen Irrtum ſeines Lebens
feſthält.

Hindenburg war irgendwo in der Provinz Korpskommandant,
als eines Tages dieſe Idee im deutſchen Reichstag tatſächlich aufge-
taucht war. Man ſagte, es gehe nicht an, daß ein ſo großes Gebiet
unproduktiv daliege: die Maſuriſchen Seen müſſen ausgepumpt und
aus ihnen fruchtbarer Boden geſchaffen werden. Der alte General
hatte keine Ruhe mehr. Man wollte ſeine Seen, ſeine Sümpfe, die
er alle perſönlich kannte, anrühren. Mit einer mächtigen Taſche,
[Spaltenumbruch] die lauter Pläne, Landkarten und Berechnungen enthielt, reiſte er
ſofort nach Berlin. Er marſchierte von Haus zu Haus. All ſeine
Aufzeichnungen legte er in den Redaktionen auf und erklärte, prote-
ſtierte und agitierte. Er lief zu Abgeordneten, zu Parteiführern, zu
Komiſſionen, überall legte er große Landkarten auf und erklärte
ganz erregt, daß man die Maſuriſchen Seen nicht berühren dürfe.
Als nichts mehr nutzte, ging er zum Kaiſer. Er hatte ſeinen Kaiſer
auch inſolange nicht verlaſſen, als er ihm nicht verſprach, daß man
die Seen in Ruhe laſſen werde. Der Kaiſer verſprach dies mit
lächelnder Miene. Doch Hindenburg reiſte überglücklich nachhauſe,
die Seen waren gerettet.

Alljährlich in den Manövern wurde Hindenburg zu den Seen
delegiert. Dort, wie es bei allen Manövern befolgt zu werden
pflegt, trug der eine Teil der Armee ein weißes, der andere Teil
ein rotes Band auf der Kappe. Die Roten waren die Ruſſen. Die
Weißen wurden von Hindenburg kommandiert, ſie waren die Deut-
ſchen und hatten Oſtpreußen zu verteidigen. Als die Soldaten bei
den Uebungen erfuhren, daß ſie gegen Hindenburg zu kämpfen
haben, hat ſich alljährlich anläßlich der Uebernahme der roten Bän-
der von Jahr zu Jahr der faſt ſprichwörtlich gewordene Ausruf
wiederholt: „Heuer gehen wir baden!“ Denn ſie wußten, daß alles
vergeblich iſt, ob ſie von links oder rechts kommen, ob ſie von vorn
angreifen oder von rückwärts jagen, ob ſie viel oder wenig ſind, das
Ende iſt doch immer dasſelbe, nämlich, daß Hindenburg ſie in die
Maſuriſchen Seen einklemmt. Und jedes Jahr wiederholte ſich
dasſelbe. Der alte General führte immer mit größter Energie
ſeinen Plan durch, und am letzten Tage der Manöver, als abgeblaſen
wurde, ſtand die rote Armee regelmäßig bis zum Hals im Waſſer.
Die Offiziere gingen ſchon regelmäßig nur noch in waſſerdichten
Uniformen zu den Hindenburg-Manövern.

Dann ging der alte General in Penſion. Was nun folgt, iſt
geradezu rührend. Der alte Herr verbrachte ſeine Sommerferien
alljährlich weiterhin bei den Maſuriſchen Seen. Sein Sommer-
aufenthalt beſtand darin, daß er ſich in Königsberg eine Kanone
auslieh und mit dieſer in die Sümpfe ging. Von früh bis abend
ließ er die Kanone aus einer Lache in die andere ſchleppen. Er
maß ab, wie tief dieſe oder jene Kanone in den Schlamm einſinkt,
wie viel Pferde an manchen Uebergangsſtellen vor die Kanone ge-
hören und welches jene Sümpfe ſind, aus denen nicht einmal
20 Pferde die Kanone herausbringen. Und er notierte, rechnete
und zeichnete. Er wußte genau, welche Lache von der Artillerie
paſſiert werden kann und in welcher der Feind ſtecken bleibt. Im
Herbſt ſodann ſtellte er die Kanone mit Dank zurück und fuhr nach
Hauſe.

Das übrige iſt ſchon ziemlich bekannt. Zu Beginn des Krieges
befand ſich Hindenburg ſchon auf franzöſiſchem Boden, als die Nach-
richt kam, daß ruſſiſche Vortruppen in der Gegend der Sümpfe auf-
tauchten. Der Kaiſer gab dem aus dem Ruheſtande zurückberufenen
Hindenburg Befehl, daß er gehen und jetzt zeigen möge, was er
kann.

Speziell vom öſterreichiſch-ruſſiſchen Kriegs-
ſchauplatz
wird amtlich unterm 9. ds. gemeldet:

Unſer Vorrücken zwang die Ruſſen, in ihren vergeblichen An-
ſtrengungen gegen Przemysl, die in der Nacht auf den 8. Oktober
ihren Höhepunkt erreichten und den Stürmenden ungeheure Opfer
koſteten, nachzulaſſen. Geſtern vormittag wurde das Artilleriefeuer
gegen die Feſtung ſchwächer. Der Angreifer begann Teile ſeiner
Kräfte zurückzunehmen.

Bei Lancut ſtellte ſich unſeren vordringenden Kolonnen ein
ſtarker Feind zum Kampfe, der noch andauert. Aus Roszwa-
dow
ſind die Ruſſen bereits vertrieben. Auch in den Karpathen
ſteht es gut. Der Rückzug der Ruſſen im Marmaros-Komitat artet
in Flucht aus.

Ueber die neuen Erfolge der Oeſterreicher in Galizien hat der
ſtellvertretende Chef des Generalſtabs von Höfer am 10. Oktober
nachſtehende Mitteilung ausgegeben:

Geſtern verſuchte der Feind noch einen Sturm auf die Südfront
von Przemysl, der jedoch von der Beſatzung wieder unter
ſchweren Verluſten des Angreifers zurückgewieſen wurde.

Dann wurden die rückgängigen Bewegungen der Ruſſen vor
der Feſtung allgemein. Die Weſtfront mußten ſie vollſtändig räu-
men. Unſere Kavallerie iſt dort bereits eingeritten.

Der durch die Schnelligkeit der Operationen in Ruſſiſch-Polen
und Galizien verwirrte Gegner verſuchte zwar ſeine Angriffe auf

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[608/0004] Allgemeine Zeitung 17. Oktober 1914. Schirwindt wurde abgewieſen. Dabei wurden 1000 Ruſ- ſen zu Gefangenen gemacht. In Südpolen erreichten die Spitzen unſerer Armeen die Weich- ſel. Bei Grojez ſüdlich Warſchau fielen 2000 Mann des ſibiri- ſchen Armeekorps in unſere Hände. Ruſſiſche amtliche Nachrichten über einen großen ruſſiſchen Sieg bei Auguſtowo-Suwalki ſind Erfindung. Wie hoch die amtlichen ruſſiſchen Nachrichten einzuſchätzen ſind, zeigt die Tatſache, daß über die gewaltigen Niederlagen bei Tannenberg und Inſterburg keine amtlichen ruſſiſchen Nachrichten veröffentlicht ſind. Auf dem oſtpreußiſchen Kriegsſchauplatz verlief der 11. Oktober im allgemeinen ruhig. Am 12. Oktober wurde ein erneuter Umfaſſungsverſuch der Ruſſen bei Schirwindt abgewieſen. Sie verloren dabei 1500 Gefangene und 20 Geſchütze. In Südpolen wurden die ruſſiſchen Vortruppen ſüdlich von Warſchau durch unſere Truppen zurückgeworfen. Ein Ueber- gangsverſuch der Ruſſen über die Weichſel ſüdlich Iwangorod wurde unter Verluſten für die Ruſſen verhindert. Einen großen Erfolg hat wieder unſere deutſche Marine zu verzeichnen, diesmal gegen Rußland. Der große ruſſiſche Kreuzer „Pallada“ iſt vernichtet. Die deutſche amtliche Meldung vom 13. Oktober lautete: Ein ruſſiſcher Panzerkreuzer der Bajanklaſſe iſt am 11. Oktober vor dem finniſchen Meerbuſen durch Torpedoſchuß zum Sinken ge- bracht worden. Der ſtellvertretende Chef des Admiralſtabs von Behnke. Die nicht amtliche ausführlichere Meldung des Wolffſchen Bureaus weiß weiter zu berichten: Nach uns vorliegenden Telegrammen verbreitet die ruſſiſche amtliche Telegraphenagentur zu dem amtlich gemeldeten Untergang des ruſſiſchen Panzerkreuzers folgende Nachricht: Am 11. Oktober 2 Uhr nachmittags ruſſiſcher Zeit griffen feind- liche Unterſeeboote von neuem unſere Kreuzer „Bajan“ und „Pal- lada“, die in der Oſtſee auf Vorpoſten waren, an. Obgleich die Kreuzer ſofort ein ſtarkes Artilleriefeuer eröffneten, gelang es gleich- wohl einem Unterſeeboot, Torpedos gegen die „Pallada“ zu ſchießen. Auf dieſer entſtand eine Exploſion und der Kreuzer verſank mit ſeiner ganzen Beſatzung ſenkrecht in die Tiefe. Ueber Herrn v. Hindenburg und die Maſuriſchen Seen iſt in der „N. W. Ztg.“ nachſtehende heitere Erzählung zu leſen, deren Wahrheit heute wohl kaum nachzuprüfen iſt: „Der Krieg hat bisher eine einzige vollendete Heldendichtung produziert. Das iſt die Geſchichte des Generals v. Hindenburg. General v. Hindenburg hatte ſeine ganze Lebensarbeit der vom militäriſchen Standpunkte ausgehenden Erforſchung der Maſuriſchen Seen gewidmet. Dies bildete ſein Studium, dies war ſeine Liebe, bis es ſpäterhin ſozuſagen ſeine fixe Idee wurde. Oſtpreußen hat ein Gebiet oberhalb Königsberg—Inſterburg, das auf der Land- karte ein Dreieck darſtellt. Dieſes Gebiet wird ſchon ſeit langem in militäriſchen Kreiſen als „aufgegebenes Dreieck“ bezeichnet, weil man immer der Meinung war, daß dieſer Teil des Landes militäriſch nicht verteidigt werden könne. Das ſumpfige Gebiet der Maſuriſchen Seen liegt ſüdlich von dem erwähnten Dreieck. Hinſichtlich dieſes Gebietes ſtanden ſeit Jahrzehnten zwei militäriſche Anſichten einander gegenüber. Die eine, die des Generals Hindenburg, lautete kurz folgendermaßen: „Die Ruſſen müſſen in die Maſuriſchen Seen gedrängt werden.“ Die andere Anſchauung begann damit, daß man nicht einmal in die Nähe der Maſuriſchen Seen kommen dürfe. Hindenburg blieb in der Minorität und mußte bittere Angriffe ertragen. Er gab aber nicht nach. Schließlich ließ man ihn reden, man hielt ihn für einen alten Starrkopf, der hartnäckig an dem großen Irrtum ſeines Lebens feſthält. Hindenburg war irgendwo in der Provinz Korpskommandant, als eines Tages dieſe Idee im deutſchen Reichstag tatſächlich aufge- taucht war. Man ſagte, es gehe nicht an, daß ein ſo großes Gebiet unproduktiv daliege: die Maſuriſchen Seen müſſen ausgepumpt und aus ihnen fruchtbarer Boden geſchaffen werden. Der alte General hatte keine Ruhe mehr. Man wollte ſeine Seen, ſeine Sümpfe, die er alle perſönlich kannte, anrühren. Mit einer mächtigen Taſche, die lauter Pläne, Landkarten und Berechnungen enthielt, reiſte er ſofort nach Berlin. Er marſchierte von Haus zu Haus. All ſeine Aufzeichnungen legte er in den Redaktionen auf und erklärte, prote- ſtierte und agitierte. Er lief zu Abgeordneten, zu Parteiführern, zu Komiſſionen, überall legte er große Landkarten auf und erklärte ganz erregt, daß man die Maſuriſchen Seen nicht berühren dürfe. Als nichts mehr nutzte, ging er zum Kaiſer. Er hatte ſeinen Kaiſer auch inſolange nicht verlaſſen, als er ihm nicht verſprach, daß man die Seen in Ruhe laſſen werde. Der Kaiſer verſprach dies mit lächelnder Miene. Doch Hindenburg reiſte überglücklich nachhauſe, die Seen waren gerettet. Alljährlich in den Manövern wurde Hindenburg zu den Seen delegiert. Dort, wie es bei allen Manövern befolgt zu werden pflegt, trug der eine Teil der Armee ein weißes, der andere Teil ein rotes Band auf der Kappe. Die Roten waren die Ruſſen. Die Weißen wurden von Hindenburg kommandiert, ſie waren die Deut- ſchen und hatten Oſtpreußen zu verteidigen. Als die Soldaten bei den Uebungen erfuhren, daß ſie gegen Hindenburg zu kämpfen haben, hat ſich alljährlich anläßlich der Uebernahme der roten Bän- der von Jahr zu Jahr der faſt ſprichwörtlich gewordene Ausruf wiederholt: „Heuer gehen wir baden!“ Denn ſie wußten, daß alles vergeblich iſt, ob ſie von links oder rechts kommen, ob ſie von vorn angreifen oder von rückwärts jagen, ob ſie viel oder wenig ſind, das Ende iſt doch immer dasſelbe, nämlich, daß Hindenburg ſie in die Maſuriſchen Seen einklemmt. Und jedes Jahr wiederholte ſich dasſelbe. Der alte General führte immer mit größter Energie ſeinen Plan durch, und am letzten Tage der Manöver, als abgeblaſen wurde, ſtand die rote Armee regelmäßig bis zum Hals im Waſſer. Die Offiziere gingen ſchon regelmäßig nur noch in waſſerdichten Uniformen zu den Hindenburg-Manövern. Dann ging der alte General in Penſion. Was nun folgt, iſt geradezu rührend. Der alte Herr verbrachte ſeine Sommerferien alljährlich weiterhin bei den Maſuriſchen Seen. Sein Sommer- aufenthalt beſtand darin, daß er ſich in Königsberg eine Kanone auslieh und mit dieſer in die Sümpfe ging. Von früh bis abend ließ er die Kanone aus einer Lache in die andere ſchleppen. Er maß ab, wie tief dieſe oder jene Kanone in den Schlamm einſinkt, wie viel Pferde an manchen Uebergangsſtellen vor die Kanone ge- hören und welches jene Sümpfe ſind, aus denen nicht einmal 20 Pferde die Kanone herausbringen. Und er notierte, rechnete und zeichnete. Er wußte genau, welche Lache von der Artillerie paſſiert werden kann und in welcher der Feind ſtecken bleibt. Im Herbſt ſodann ſtellte er die Kanone mit Dank zurück und fuhr nach Hauſe. Das übrige iſt ſchon ziemlich bekannt. Zu Beginn des Krieges befand ſich Hindenburg ſchon auf franzöſiſchem Boden, als die Nach- richt kam, daß ruſſiſche Vortruppen in der Gegend der Sümpfe auf- tauchten. Der Kaiſer gab dem aus dem Ruheſtande zurückberufenen Hindenburg Befehl, daß er gehen und jetzt zeigen möge, was er kann. Speziell vom öſterreichiſch-ruſſiſchen Kriegs- ſchauplatz wird amtlich unterm 9. ds. gemeldet: Unſer Vorrücken zwang die Ruſſen, in ihren vergeblichen An- ſtrengungen gegen Przemysl, die in der Nacht auf den 8. Oktober ihren Höhepunkt erreichten und den Stürmenden ungeheure Opfer koſteten, nachzulaſſen. Geſtern vormittag wurde das Artilleriefeuer gegen die Feſtung ſchwächer. Der Angreifer begann Teile ſeiner Kräfte zurückzunehmen. Bei Lancut ſtellte ſich unſeren vordringenden Kolonnen ein ſtarker Feind zum Kampfe, der noch andauert. Aus Roszwa- dow ſind die Ruſſen bereits vertrieben. Auch in den Karpathen ſteht es gut. Der Rückzug der Ruſſen im Marmaros-Komitat artet in Flucht aus. Ueber die neuen Erfolge der Oeſterreicher in Galizien hat der ſtellvertretende Chef des Generalſtabs von Höfer am 10. Oktober nachſtehende Mitteilung ausgegeben: Geſtern verſuchte der Feind noch einen Sturm auf die Südfront von Przemysl, der jedoch von der Beſatzung wieder unter ſchweren Verluſten des Angreifers zurückgewieſen wurde. Dann wurden die rückgängigen Bewegungen der Ruſſen vor der Feſtung allgemein. Die Weſtfront mußten ſie vollſtändig räu- men. Unſere Kavallerie iſt dort bereits eingeritten. Der durch die Schnelligkeit der Operationen in Ruſſiſch-Polen und Galizien verwirrte Gegner verſuchte zwar ſeine Angriffe auf

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 42, 17. Oktober 1914, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine42_1914/4>, abgerufen am 29.05.2024.