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Allgemeine Zeitung, Nr. 79, 19. März 1848.

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Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.


Sonntag Nr. 79. 19 März 1848.
AUGSBURG. Abonnement hier bei der
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig
3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr.
des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 41/2 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
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F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Uebersicht.

Deutschland. München (der Präsident und Vicepräsident für
die Kammer der Abgeordneten ernannt. Das glückliche Resultat der
süddeutschen Mission wegen der Nationalvertretung am Bunde. Die
Bürger schaaren sich um den König auf die Sage von einem beab-
sichtigten Handstreich. Lage der Dinge hier und in Deutschland über-
haupt. Adresse an den Landtag. Ludwig Uhland soll für den Bun-
destag bestimmt seyn. Königliche Verordnung die Ablösung des Hand-
lohns und anderer gutsherrlichen Gefälle des Staats betreffend);
Darmstadt (auch hier einer versuchten Einwirkung Preußens wider-
sprochen. Zusammensetzung der obersten Staatsbehörden); Franksurt
(v. Blittersdorff Bericht über die Reorganisation der Bundesverfassung);
Hamburg (neue Tumulte); Bremen (Bürgerconvent. Unruhen in
Oldenburg); Köln (der Prinz von Preußen noch nicht angekommen);
vom Rhein (die projectirten deutschen Republiken und die Hoffnungen
auf eine hegemonische Stellung Preußens); Berlin (neue Unruhen.
Des Königs Antwort an die Deputation der Gemeindebehörden); Wien
(freudigste Entwicklungen. Jubel auf Jubel. Verleihung einer
Reichsconstitution
).
Oesterreichische Monarchie. Jn Pesth und Preßburg die
Ruhe nicht gestört.
Großbritannien. Der Hume'sche Antrag auf zeitliche Beschrän-
kung der Einkommensteuer mit großer Mehrheit verworfen. Palmerston
über England und Preußen. Lord Brougham. Der Herzog v. Montpen-
ster nach Deutschland. Entdeckung in Australien.
Frankreich. Opposition gegen Ledru-Rollin. Vavin Verwalter
der alten Civilliste. Die Geldnoth. Mülhausen.
Niederlande. Endlich befriedigende Erklärungen über die
Grundgesetzreform. Ein Oppositionsministerium.
Beilage. Der volkswirthschaftliche Beruf des deutschen Parla-
ments. -- Kurhessen. -- Rheinpreußen. (Die Adresse der rheinischen
Deputirten). -- Hamburg (Wahl der Reformdeputation). -- Waldeck.
Schleswig-Holstein. -- Aus Paris.
Außerordentl. Beilage. Deutschland. (Die Ereignisse in
Wien. Grätz: Bewegung.) -- Schweiz.
Datum der Börsen: Madrid 9; London 14; Paris 15; Frankfurt,
17; Wien 16 März.


Deutschland.
Bayern.

Die Bevollmächtigten von
Württemberg, Großh. Hessen und Nassau haben, nachdem sie sechs Tage
in der deutschen Parlamentsfrage lebhaft verhandelt, heute Nachmittag
unsere Residenz verlassen und ihre Reisen nach Dresden und Berlin
fortgesetzt. Wie wir mit großer Befriedigung vernehmen, wird densel-
ben ein Bevollmächtigter unserer Regierung auf dem Fuße folgen um
ganz in Einverständniß mit den genannten, und ohne Zweifel auch mit
dem bereits vorausgeeilten großherzogl. badischen Bevollmächtigten die
Verhandlungen in dieser wichtigsten Angelegenheit des gemeinsamen
Vaterlandes weiter zu führen.


Allerhöchste Verordnung, die Ablösung des Hand-
lohns und anderer gutsherrlicher Gefälle des Staates betreffend.
Ludwig von Gottes Gnaden etc. Wir finden Uns bewogen Unsere
Verordnung vom 21 April 1840 -- die Ablösung des Handlohns und
anderer gutsherrlichen Gefälle des Stsates betreffend hiermit außer
Wirkung zu setzen, und die Ablösung der ständischen Dominicalge-
fälle, sowie des Handlohns, nach den Bestimmungen Unserer früheren
Verordnungen vom 13 Febr. 1826, die Ablösung der ständigen Do-
minicalgefälle betr. -- dann vom 19 Junius 1832 die Fixirung und
Ablösung des Handlohns betreffend, auf solange Wir nicht anders ver-
fügen, wieder ungehindert zu gestatten.


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Den Abgeordneten ward heute die
königliche Entschließung daß Appellationsrath Heintz zu ihrem ersten
und Advocat Kirchgeßner zu ihrem zweiten Präsidenten bestimmt seyen,
also die mit den meisten Stimmen hiezu Vorgeschlagenen. Als Secre-
täre wurden hierauf gewählt: 1) Advocat Stockinger mit 103 und 2)
Dr. Müller mit 76 Stimmen. Morgen werden die Ausschußwahlen
beginnen. Den Reichsräthen ward bis jetzt die Auswahl aus den drei
Candidaten für die zweite Präsidentenstelle nicht bekannt gegeben, doch
vermuthet man daß sie Frhrn. v. Zu-Rhein treffen werde. Ueber den
Zweck eines heute stattgefundenen Zusammentritts der Reichsräthe ist
nichts officiell bekannt gegeben; doch hat man Grund anzunehmen daß
das seit zwei Tagen die Stadt erfüllende Gerücht, als wollten sie auf
eine Mitregentschaft etc. hinwirken, sie zur Berathung einer Art von Er-
gebenheitsadresse veranlaßte. Die feierliche Eröffnung der Stände ist
noch nicht festgesetzt. Sie sollte wie seit einigen Landtagen im Thron-
saale der Residenz stattfinden. Von Seite zahlreicher Abgeordneten soll
ausgesprochen worden seyn daß man die Eröffnung im Ständehause
selbst, wie sie früher statthatte, als eine durch anderwärtige Uebung
und die nothwendige feste Haltung der Kammern gebotene Förmlich-
keit ansehen müsse. Es soll nun diesen Wünschen nachgekommen werdn.


Es liegen sehr klare Vermuthungen
vor daß der jüngste Krawall ein besoldeter war.*) Leider nimmt
durch derlei Machinationen, welche zu Erreichung gewisser Zwecke die
Hefe der Bevölkerung aufrühren, die Gesetzlosigkeit immermehr über-
hand! So wurden von der Landwehr unter den Ruhestörern Individuen
verhaftet, nach denen die Hand der Gerechtigkeit längst vergebens ge-
hascht; so wurde an die Strohsäcke der Gendarmerie im Polizeigebäude,
bei Zimmermeister Reiffenstuel in der Lehelvorstadt und in der Wasser-
straße Feuer gelegt, jedesmal aber zum Glück durch hinzukommende
Landwehr (im Polizeigebäude auf eines herbeieilenden Bürgers Zure-
den) getilgt. -- Der Herzog Maximilian in Bayern inspicirte heute
das Bataillon Landwehr der Vorstadt Au.


Die Kunde daß Frhr. v. Verger aus-
ersehen worden gemeinsam mit Frhrn. v. Gagern und Graf Lehrbach die
Frage der Nationalvertretung beim Bunde in Berlin und Dresden zu
verhandeln, hat einen guten Eindruck gemacht. Man weiß daß Hr.
v. Verger derselbe bayerische Diplomat ist der viele Monate ehe der Bür-
gerkrieg in der Schweiz zum Ausbruch kam die wahre Lage der Dinge
daselbst schilderte, dadurch aber in Ungnade beim Abel'schen Ministerium
fiel und in Folge dessen seinem Wirkungskreise entzogen wurde. Hoffen
wir daß er an jenen norddeutschen Höfen die Lage der Dinge in Südwest-
deutschland so eindringlich darlege als es der Ernst des Augenblicks erfor-
dert. Mit noch eindringlicherer Beredsamkeit aber wird, ihm vorauseilend,
der Umschwung der Dinge in Wien dort gesprochen haben. Einzelne ha-
ben im besten Glauben Oesterreich stets das Wort geredet, während es
-- in seinen innern trefflichen Elementen nur von wenigen gekannt --
durch die immer größere Erstarrung seiner obersten politischen Leitung fast
allwärts so verhaßt war daß die meisten ganz vergaßen welche Bedeutung
für Deutschlands Zukunft der Staat hat in dessen Hände der Karpathen-
gürtel gelegt ist, und der an der Donau und im adriatischen Meer gebietet.
Wie frisch und strebsam steht jetzt dieses Oesterreich vor uns, nachdem
das gealterte System von einer Volksaufwallung von zwei Stunden wie
weggeblasen wurde -- so sehr hatte es zuletzt das Vertrauen aller seiner
Anhänger, das Vertrauen zu sich selbst verloren. Nach Verkündigung
des Standrechts in der Lombardei -- statt der von der Gerechtigkeit und
der Vernunft gebotenen Concessionen -- hatte nicht Eine Stimme in
Europa mehr für jenes System sich erhoben. Aber eben deßwegen
scheint es uns daß keiner der Staatsmänner die zu jenem von aller Welt

*) Auch einige andere Blätter sprechen offen von Geldvertheilungen welche
stattgefunden.

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Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchſten Privilegien.


Sonntag Nr. 79. 19 März 1848.
AUGSBURG. Abonnement hier bei der
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig
3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr.
des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, ſodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
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F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.
Ueberſicht.

Deutſchland. München (der Präſident und Vicepräſident für
die Kammer der Abgeordneten ernannt. Das glückliche Reſultat der
ſüddeutſchen Miſſion wegen der Nationalvertretung am Bunde. Die
Bürger ſchaaren ſich um den König auf die Sage von einem beab-
ſichtigten Handſtreich. Lage der Dinge hier und in Deutſchland über-
haupt. Adreſſe an den Landtag. Ludwig Uhland ſoll für den Bun-
destag beſtimmt ſeyn. Königliche Verordnung die Ablöſung des Hand-
lohns und anderer gutsherrlichen Gefälle des Staats betreffend);
Darmſtadt (auch hier einer verſuchten Einwirkung Preußens wider-
ſprochen. Zuſammenſetzung der oberſten Staatsbehörden); Frankſurt
(v. Blittersdorff Bericht über die Reorganiſation der Bundesverfaſſung);
Hamburg (neue Tumulte); Bremen (Bürgerconvent. Unruhen in
Oldenburg); Köln (der Prinz von Preußen noch nicht angekommen);
vom Rhein (die projectirten deutſchen Republiken und die Hoffnungen
auf eine hegemoniſche Stellung Preußens); Berlin (neue Unruhen.
Des Königs Antwort an die Deputation der Gemeindebehörden); Wien
(freudigſte Entwicklungen. Jubel auf Jubel. Verleihung einer
Reichsconſtitution
).
Oeſterreichiſche Monarchie. Jn Peſth und Preßburg die
Ruhe nicht geſtört.
Großbritannien. Der Hume’ſche Antrag auf zeitliche Beſchrän-
kung der Einkommenſteuer mit großer Mehrheit verworfen. Palmerſton
über England und Preußen. Lord Brougham. Der Herzog v. Montpen-
ſter nach Deutſchland. Entdeckung in Auſtralien.
Frankreich. Oppoſition gegen Ledru-Rollin. Vavin Verwalter
der alten Civilliſte. Die Geldnoth. Mülhauſen.
Niederlande. Endlich befriedigende Erklärungen über die
Grundgeſetzreform. Ein Oppoſitionsminiſterium.
Beilage. Der volkswirthſchaftliche Beruf des deutſchen Parla-
ments. — Kurheſſen. — Rheinpreußen. (Die Adreſſe der rheiniſchen
Deputirten). — Hamburg (Wahl der Reformdeputation). — Waldeck.
Schleswig-Holſtein. — Aus Paris.
Außerordentl. Beilage. Deutſchland. (Die Ereigniſſe in
Wien. Grätz: Bewegung.) — Schweiz.
Datum der Börſen: Madrid 9; London 14; Paris 15; Frankfurt,
17; Wien 16 März.


Deutſchland.
Bayern.

Die Bevollmächtigten von
Württemberg, Großh. Heſſen und Naſſau haben, nachdem ſie ſechs Tage
in der deutſchen Parlamentsfrage lebhaft verhandelt, heute Nachmittag
unſere Reſidenz verlaſſen und ihre Reiſen nach Dresden und Berlin
fortgeſetzt. Wie wir mit großer Befriedigung vernehmen, wird denſel-
ben ein Bevollmächtigter unſerer Regierung auf dem Fuße folgen um
ganz in Einverſtändniß mit den genannten, und ohne Zweifel auch mit
dem bereits vorausgeeilten großherzogl. badiſchen Bevollmächtigten die
Verhandlungen in dieſer wichtigſten Angelegenheit des gemeinſamen
Vaterlandes weiter zu führen.


Allerhöchſte Verordnung, die Ablöſung des Hand-
lohns und anderer gutsherrlicher Gefälle des Staates betreffend.
Ludwig von Gottes Gnaden ꝛc. Wir finden Uns bewogen Unſere
Verordnung vom 21 April 1840 — die Ablöſung des Handlohns und
anderer gutsherrlichen Gefälle des Stsates betreffend hiermit außer
Wirkung zu ſetzen, und die Ablöſung der ſtändiſchen Dominicalge-
fälle, ſowie des Handlohns, nach den Beſtimmungen Unſerer früheren
Verordnungen vom 13 Febr. 1826, die Ablöſung der ſtändigen Do-
minicalgefälle betr. — dann vom 19 Junius 1832 die Fixirung und
Ablöſung des Handlohns betreffend, auf ſolange Wir nicht anders ver-
fügen, wieder ungehindert zu geſtatten.


[Spaltenumbruch]

Den Abgeordneten ward heute die
königliche Entſchließung daß Appellationsrath Heintz zu ihrem erſten
und Advocat Kirchgeßner zu ihrem zweiten Präſidenten beſtimmt ſeyen,
alſo die mit den meiſten Stimmen hiezu Vorgeſchlagenen. Als Secre-
täre wurden hierauf gewählt: 1) Advocat Stockinger mit 103 und 2)
Dr. Müller mit 76 Stimmen. Morgen werden die Ausſchußwahlen
beginnen. Den Reichsräthen ward bis jetzt die Auswahl aus den drei
Candidaten für die zweite Präſidentenſtelle nicht bekannt gegeben, doch
vermuthet man daß ſie Frhrn. v. Zu-Rhein treffen werde. Ueber den
Zweck eines heute ſtattgefundenen Zuſammentritts der Reichsräthe iſt
nichts officiell bekannt gegeben; doch hat man Grund anzunehmen daß
das ſeit zwei Tagen die Stadt erfüllende Gerücht, als wollten ſie auf
eine Mitregentſchaft ꝛc. hinwirken, ſie zur Berathung einer Art von Er-
gebenheitsadreſſe veranlaßte. Die feierliche Eröffnung der Stände iſt
noch nicht feſtgeſetzt. Sie ſollte wie ſeit einigen Landtagen im Thron-
ſaale der Reſidenz ſtattfinden. Von Seite zahlreicher Abgeordneten ſoll
ausgeſprochen worden ſeyn daß man die Eröffnung im Ständehauſe
ſelbſt, wie ſie früher ſtatthatte, als eine durch anderwärtige Uebung
und die nothwendige feſte Haltung der Kammern gebotene Förmlich-
keit anſehen müſſe. Es ſoll nun dieſen Wünſchen nachgekommen werdn.


Es liegen ſehr klare Vermuthungen
vor daß der jüngſte Krawall ein beſoldeter war.*) Leider nimmt
durch derlei Machinationen, welche zu Erreichung gewiſſer Zwecke die
Hefe der Bevölkerung aufrühren, die Geſetzloſigkeit immermehr über-
hand! So wurden von der Landwehr unter den Ruheſtörern Individuen
verhaftet, nach denen die Hand der Gerechtigkeit längſt vergebens ge-
haſcht; ſo wurde an die Strohſäcke der Gendarmerie im Polizeigebäude,
bei Zimmermeiſter Reiffenſtuel in der Lehelvorſtadt und in der Waſſer-
ſtraße Feuer gelegt, jedesmal aber zum Glück durch hinzukommende
Landwehr (im Polizeigebäude auf eines herbeieilenden Bürgers Zure-
den) getilgt. — Der Herzog Maximilian in Bayern inſpicirte heute
das Bataillon Landwehr der Vorſtadt Au.


Die Kunde daß Frhr. v. Verger aus-
erſehen worden gemeinſam mit Frhrn. v. Gagern und Graf Lehrbach die
Frage der Nationalvertretung beim Bunde in Berlin und Dresden zu
verhandeln, hat einen guten Eindruck gemacht. Man weiß daß Hr.
v. Verger derſelbe bayeriſche Diplomat iſt der viele Monate ehe der Bür-
gerkrieg in der Schweiz zum Ausbruch kam die wahre Lage der Dinge
daſelbſt ſchilderte, dadurch aber in Ungnade beim Abel’ſchen Miniſterium
fiel und in Folge deſſen ſeinem Wirkungskreiſe entzogen wurde. Hoffen
wir daß er an jenen norddeutſchen Höfen die Lage der Dinge in Südweſt-
deutſchland ſo eindringlich darlege als es der Ernſt des Augenblicks erfor-
dert. Mit noch eindringlicherer Beredſamkeit aber wird, ihm vorauseilend,
der Umſchwung der Dinge in Wien dort geſprochen haben. Einzelne ha-
ben im beſten Glauben Oeſterreich ſtets das Wort geredet, während es
— in ſeinen innern trefflichen Elementen nur von wenigen gekannt —
durch die immer größere Erſtarrung ſeiner oberſten politiſchen Leitung faſt
allwärts ſo verhaßt war daß die meiſten ganz vergaßen welche Bedeutung
für Deutſchlands Zukunft der Staat hat in deſſen Hände der Karpathen-
gürtel gelegt iſt, und der an der Donau und im adriatiſchen Meer gebietet.
Wie friſch und ſtrebſam ſteht jetzt dieſes Oeſterreich vor uns, nachdem
das gealterte Syſtem von einer Volksaufwallung von zwei Stunden wie
weggeblaſen wurde — ſo ſehr hatte es zuletzt das Vertrauen aller ſeiner
Anhänger, das Vertrauen zu ſich ſelbſt verloren. Nach Verkündigung
des Standrechts in der Lombardei — ſtatt der von der Gerechtigkeit und
der Vernunft gebotenen Conceſſionen — hatte nicht Eine Stimme in
Europa mehr für jenes Syſtem ſich erhoben. Aber eben deßwegen
ſcheint es uns daß keiner der Staatsmänner die zu jenem von aller Welt

*) Auch einige andere Blätter ſprechen offen von Geldvertheilungen welche
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[0001] Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchſten Privilegien. Sonntag Nr. 79. 19 März 1848. AUGSBURG. Abonnement hier bei der Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig 3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr. des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, ſodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Ueberſicht. Deutſchland. München (der Präſident und Vicepräſident für die Kammer der Abgeordneten ernannt. Das glückliche Reſultat der ſüddeutſchen Miſſion wegen der Nationalvertretung am Bunde. Die Bürger ſchaaren ſich um den König auf die Sage von einem beab- ſichtigten Handſtreich. Lage der Dinge hier und in Deutſchland über- haupt. Adreſſe an den Landtag. Ludwig Uhland ſoll für den Bun- destag beſtimmt ſeyn. Königliche Verordnung die Ablöſung des Hand- lohns und anderer gutsherrlichen Gefälle des Staats betreffend); Darmſtadt (auch hier einer verſuchten Einwirkung Preußens wider- ſprochen. Zuſammenſetzung der oberſten Staatsbehörden); Frankſurt (v. Blittersdorff Bericht über die Reorganiſation der Bundesverfaſſung); Hamburg (neue Tumulte); Bremen (Bürgerconvent. Unruhen in Oldenburg); Köln (der Prinz von Preußen noch nicht angekommen); vom Rhein (die projectirten deutſchen Republiken und die Hoffnungen auf eine hegemoniſche Stellung Preußens); Berlin (neue Unruhen. Des Königs Antwort an die Deputation der Gemeindebehörden); Wien (freudigſte Entwicklungen. Jubel auf Jubel. Verleihung einer Reichsconſtitution). Oeſterreichiſche Monarchie. Jn Peſth und Preßburg die Ruhe nicht geſtört. Großbritannien. Der Hume’ſche Antrag auf zeitliche Beſchrän- kung der Einkommenſteuer mit großer Mehrheit verworfen. Palmerſton über England und Preußen. Lord Brougham. Der Herzog v. Montpen- ſter nach Deutſchland. Entdeckung in Auſtralien. Frankreich. Oppoſition gegen Ledru-Rollin. Vavin Verwalter der alten Civilliſte. Die Geldnoth. Mülhauſen. Niederlande. Endlich befriedigende Erklärungen über die Grundgeſetzreform. Ein Oppoſitionsminiſterium. Beilage. Der volkswirthſchaftliche Beruf des deutſchen Parla- ments. — Kurheſſen. — Rheinpreußen. (Die Adreſſe der rheiniſchen Deputirten). — Hamburg (Wahl der Reformdeputation). — Waldeck. Schleswig-Holſtein. — Aus Paris. Außerordentl. Beilage. Deutſchland. (Die Ereigniſſe in Wien. Grätz: Bewegung.) — Schweiz. Datum der Börſen: Madrid 9; London 14; Paris 15; Frankfurt, 17; Wien 16 März. Deutſchland. Bayern. = München, 18 März. Die Bevollmächtigten von Württemberg, Großh. Heſſen und Naſſau haben, nachdem ſie ſechs Tage in der deutſchen Parlamentsfrage lebhaft verhandelt, heute Nachmittag unſere Reſidenz verlaſſen und ihre Reiſen nach Dresden und Berlin fortgeſetzt. Wie wir mit großer Befriedigung vernehmen, wird denſel- ben ein Bevollmächtigter unſerer Regierung auf dem Fuße folgen um ganz in Einverſtändniß mit den genannten, und ohne Zweifel auch mit dem bereits vorausgeeilten großherzogl. badiſchen Bevollmächtigten die Verhandlungen in dieſer wichtigſten Angelegenheit des gemeinſamen Vaterlandes weiter zu führen. München. Allerhöchſte Verordnung, die Ablöſung des Hand- lohns und anderer gutsherrlicher Gefälle des Staates betreffend. Ludwig von Gottes Gnaden ꝛc. Wir finden Uns bewogen Unſere Verordnung vom 21 April 1840 — die Ablöſung des Handlohns und anderer gutsherrlichen Gefälle des Stsates betreffend hiermit außer Wirkung zu ſetzen, und die Ablöſung der ſtändiſchen Dominicalge- fälle, ſowie des Handlohns, nach den Beſtimmungen Unſerer früheren Verordnungen vom 13 Febr. 1826, die Ablöſung der ſtändigen Do- minicalgefälle betr. — dann vom 19 Junius 1832 die Fixirung und Ablöſung des Handlohns betreffend, auf ſolange Wir nicht anders ver- fügen, wieder ungehindert zu geſtatten. München, den 17 März 1848. Ludwig. v. Heres, Staatsrath. Auf königlich Allerhöchſten Befehl: der General-Secretär, Miniſterialrath Gietl. ‖ München, 18 März. Den Abgeordneten ward heute die königliche Entſchließung daß Appellationsrath Heintz zu ihrem erſten und Advocat Kirchgeßner zu ihrem zweiten Präſidenten beſtimmt ſeyen, alſo die mit den meiſten Stimmen hiezu Vorgeſchlagenen. Als Secre- täre wurden hierauf gewählt: 1) Advocat Stockinger mit 103 und 2) Dr. Müller mit 76 Stimmen. Morgen werden die Ausſchußwahlen beginnen. Den Reichsräthen ward bis jetzt die Auswahl aus den drei Candidaten für die zweite Präſidentenſtelle nicht bekannt gegeben, doch vermuthet man daß ſie Frhrn. v. Zu-Rhein treffen werde. Ueber den Zweck eines heute ſtattgefundenen Zuſammentritts der Reichsräthe iſt nichts officiell bekannt gegeben; doch hat man Grund anzunehmen daß das ſeit zwei Tagen die Stadt erfüllende Gerücht, als wollten ſie auf eine Mitregentſchaft ꝛc. hinwirken, ſie zur Berathung einer Art von Er- gebenheitsadreſſe veranlaßte. Die feierliche Eröffnung der Stände iſt noch nicht feſtgeſetzt. Sie ſollte wie ſeit einigen Landtagen im Thron- ſaale der Reſidenz ſtattfinden. Von Seite zahlreicher Abgeordneten ſoll ausgeſprochen worden ſeyn daß man die Eröffnung im Ständehauſe ſelbſt, wie ſie früher ſtatthatte, als eine durch anderwärtige Uebung und die nothwendige feſte Haltung der Kammern gebotene Förmlich- keit anſehen müſſe. Es ſoll nun dieſen Wünſchen nachgekommen werdn. ⦻ München, 18 März. Es liegen ſehr klare Vermuthungen vor daß der jüngſte Krawall ein beſoldeter war. *) Leider nimmt durch derlei Machinationen, welche zu Erreichung gewiſſer Zwecke die Hefe der Bevölkerung aufrühren, die Geſetzloſigkeit immermehr über- hand! So wurden von der Landwehr unter den Ruheſtörern Individuen verhaftet, nach denen die Hand der Gerechtigkeit längſt vergebens ge- haſcht; ſo wurde an die Strohſäcke der Gendarmerie im Polizeigebäude, bei Zimmermeiſter Reiffenſtuel in der Lehelvorſtadt und in der Waſſer- ſtraße Feuer gelegt, jedesmal aber zum Glück durch hinzukommende Landwehr (im Polizeigebäude auf eines herbeieilenden Bürgers Zure- den) getilgt. — Der Herzog Maximilian in Bayern inſpicirte heute das Bataillon Landwehr der Vorſtadt Au. *† München, 18 März. Die Kunde daß Frhr. v. Verger aus- erſehen worden gemeinſam mit Frhrn. v. Gagern und Graf Lehrbach die Frage der Nationalvertretung beim Bunde in Berlin und Dresden zu verhandeln, hat einen guten Eindruck gemacht. Man weiß daß Hr. v. Verger derſelbe bayeriſche Diplomat iſt der viele Monate ehe der Bür- gerkrieg in der Schweiz zum Ausbruch kam die wahre Lage der Dinge daſelbſt ſchilderte, dadurch aber in Ungnade beim Abel’ſchen Miniſterium fiel und in Folge deſſen ſeinem Wirkungskreiſe entzogen wurde. Hoffen wir daß er an jenen norddeutſchen Höfen die Lage der Dinge in Südweſt- deutſchland ſo eindringlich darlege als es der Ernſt des Augenblicks erfor- dert. Mit noch eindringlicherer Beredſamkeit aber wird, ihm vorauseilend, der Umſchwung der Dinge in Wien dort geſprochen haben. Einzelne ha- ben im beſten Glauben Oeſterreich ſtets das Wort geredet, während es — in ſeinen innern trefflichen Elementen nur von wenigen gekannt — durch die immer größere Erſtarrung ſeiner oberſten politiſchen Leitung faſt allwärts ſo verhaßt war daß die meiſten ganz vergaßen welche Bedeutung für Deutſchlands Zukunft der Staat hat in deſſen Hände der Karpathen- gürtel gelegt iſt, und der an der Donau und im adriatiſchen Meer gebietet. Wie friſch und ſtrebſam ſteht jetzt dieſes Oeſterreich vor uns, nachdem das gealterte Syſtem von einer Volksaufwallung von zwei Stunden wie weggeblaſen wurde — ſo ſehr hatte es zuletzt das Vertrauen aller ſeiner Anhänger, das Vertrauen zu ſich ſelbſt verloren. Nach Verkündigung des Standrechts in der Lombardei — ſtatt der von der Gerechtigkeit und der Vernunft gebotenen Conceſſionen — hatte nicht Eine Stimme in Europa mehr für jenes Syſtem ſich erhoben. Aber eben deßwegen ſcheint es uns daß keiner der Staatsmänner die zu jenem von aller Welt *) Auch einige andere Blätter ſprechen offen von Geldvertheilungen welche ſtattgefunden.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 79, 19. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine79_1848/1>, abgerufen am 16.05.2024.