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Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Befriedigung geführt, und das Ende sey noch nicht ab-
zusehen.

K. Hannover.

Wir haben hier ge-
stern eine Reformbewegung gehabt die entschieden genug gemeint war.
Der Ursprung derselben geht auf die erste Reformpetition des Magi-
strats und Bürgervorstehercollegiums vom 6 d. M. zurück. In der
Bürgerschaft war man empört über das damalige Verhalten des Magi-
strats, der bekanntlich jene Petition in größter Heimlichkeit Abends ins
königliche Schloß geschickt hatte. Eine Anzahl der besseren Bürger trat
zusammen und entwarf eine Adresse an den Magistrat worin diesem
über seine "in den äußersten Gränzen der Bescheidenheit gehaltenen
Schritte" gerechte Vorwürfe gemacht, und zugleich die Destderien aufge-
stellt wurden welche für eine nochmalige an den König zu richtende Pe-
tition diesem zur Genehmigung vorgelegt werden sollten. Die Procla-
mation des Königs vom 14 d. worin er sich über die an ihn gerichteten
Reformpetitionen ausspricht, änderte in jener Absicht nichts. In größ-
ter Ruhe und Ordnung fand am 16 eine sehr zahlreich besuchte Bürger-
versammlung auf dem Rathhause statt, wo die Adresse an den Magistrat
vorgelesen und mit zahlreichen Unterschriften versehen wurde. Der
Magistrat nahm dieselbe dann entgegen, und versprach ein entschiedene-
res Auftreten. Die Adresse sollte mit einer dieselbe begleitenden und
auf sie sich stützenden Petition des Magistrats dem König übergeben
werden, und dießmal öffentlich und am hellen Tage, nämlich am andern
Tage den 17 Mittags 12 Uhr. Inzwischen hatte der Landdrost v. Da-
chenhausen von den beabsichtigten Schritten Kunde erhalten. Von die-
sem war, wie es heißt, der Plan ausgegangen wie man die erste Re-
formbewegung vom 6 zu beseitigen wußte, und so versuchte derselbe denn
auch am Abend des 16 und Morgens des 17 aufs neue seine Künste so-
wohl beim Magistrat als bei einigen Leitern der Bewegung in der Bür-
gerschaft. Inwieweit diese Schritte gelungen, ist noch nicht ganz klar
abzusehen; gewiß ist daß Leute welche noch am Tage zuvor einer Mas-
sendemonstration das Wort geredet hatten, am 17 als die Bürgerschaft
sich in Masse vom Rathhause zum königl. Schloß verfügen wollte um
die Petition zu übergeben, von einer solchen Demonstration dringend
abriethen. Indessen vergeblich. Denn die Masse war einmal im Fluß.
Man hörte keinerlei Vermahnungen und verfügte sich in Masse vors k.
Schloß. Der König war krank und konnte die Deputation nicht em-
pfangen. Man bestand aber darauf, und so wurde denn die Petition des
Magistrats und die Adresse der Bürgerschaft an den Magistrat, dem König
von dem Cabinetsrath v. Münchhausen vorgetragen. Es sollte Bescheid er-
folgen, hieß es. Man bestand auf sofortiger Antwort. Diese erfolgte
denn auch nach längerem Verhandeln dahin: daß diejenigen Desiderien
über welche nur durch und nach Verhandlung mit den Ständen entschie-
den werden könne, durch Vorlagen welche diesen deßhalb gemacht wür-
den, erledigt werden sollten. Folgende Punkte aber über welche der Kö-
nig allein und aus eigener Machtvollkommenheit entscheiden könne, wur-
den sofort bewilligt: 1) sofortige Aufhebung der Censur, vorbehaltlich
eines den Ständen vorzulegenden Preßgesetzes; 2) Anerkennung des
Rechtes zu Versammlungen und Associationen; 3) Amnestirung und
Rehabilitation für alle wegen politischer Vergehen Verurtheilten; end-
lich 4) Oeffentlichkeit der Ständeverhandlungen. Als diese Bewilligun-
gen des Königs der draußen in großer Ruhe und Ordnung harrenden
Menge mitgetheilt worden waren, ging jeder ruhig nach Haus. Mili-
tär rückte erst an als alles vorbei war, und zog darauf wieder ab. Der
Magistrat ließ die beiden Actenstücke, die Adresse der Bürgerschaft an
ihn und feine darauf gestützte Petition an den König nebst Angabe der
vom König bewilligten Punkte, sofort drucken und Abends Haus bei
Haus vertheilen. Abends fanden mehrfache Ausläufe statt: den Füh-
rern der Bewegung wurden Lebehoch gebracht, gegen das Hötel des ge-
heimen Cabinetsraths v. Falcke rückte eine große Menschenmasse in
schlimmer Absicht heran, fand dasselbe aber bereits von Militär besetzt,
da Demonstrationen gegen den Hrn. v. Falcke zu erwarten waren. Der
Militärmacht ungeachtet wurden sämmtliche Fenster eingeworfen; der
Gräfin Grote war ein gleiches zugedacht, indessen war man über ihre
Wohnung ungewiß, und so erlitt ein benachbartes Haus den Schaden.
Auch bei zwei oder drei Polizeiofficianten wurden die Fenster eingewor-
fen, und dem Hofmarschall v. Malortie soll dem Vernehmen nach ein
gleiches geschehen seyn. Vom Polizeipersonal war kläglicherweise nichts
auf den Straßen zu sehen, und das Militär benahm sich den Excessen
gegenüber musterhaft, indem dasselbe ohne von der Waffe Gebrauch zu
machen nur die Haufen auseinander zu treiben suchte. Das k. Schloß
[Spaltenumbruch] und Umgebung war durch größere Truppenmassen bewacht, auch im Hof
desselben einige Cavallerie aufgestellt. Gegen 11 Uhr war alles ruhig.
Auch heute Morgen ist alles ruhig, nur ist man auf das ungeheuerste
überrascht in einem Beiblatt der Hannov. Ztg. die beiden schon gestern
Abend vom Magistrat veröffentlichten Petitionen abgedruckt zu sehen
(und zwar mit Benutzung desselben Satzes), die Mittheilung aber über
die vom König gestern bewilligten Punkte in so wesentlich von der
vom Magistrat veröffentlichten Nachricht abweichender Fassung daß
das was man gestern für bewilligt halten mußte, heute als
verweigert oder wenigstens unbestimmt hinausgeschoben
erscheint.
Man ist gespannt darauf wie der Magistrat dieser Version
der Hannov. Ztg. gegenüber seine Mittheilung vertreten wird. Wie
man glaubt, sind für den Abend wieder Ruhestörungen zu erwarten, und
es sind Vorkehrungen dieserhalb angeordnet.

Preußen.

Da die alten deutschen Reichs-
farben endlich wieder zu Ehren gekommen sind, so werden sie wohl auch an
manchen Gegenständen angebracht werden, weßhalb es angemessen scheint
sich über ihre richtige Aufeinanderfolge zu verständigen. Sie müssen
geschichtlich und heraldisch aufeinander folgen: schwarz, gelb, roth,
jedenfalls gelb in der Mitte. Für deutsche Cocarden ist also schwarz
im Mittelpunkt, gelb ist der mittlere und roth der äußere Rand. Die
schwarze Farbe entspricht dem Reichsadler, die gelbe dem goldenen
Schilde, und die rothe dem Zipfel oder Wimpel der Reichsfahne. Die
Franzosen haben ebenfalls ihre Farben richtig geordnet: blau zuerst,
weiß oder Silber in der Mitte, roth am Ende. (Karlsr. Ztg.)

Die gestern mitgetheilte königliche Ansprache "An meine lieben Ber-
liner" war am 19 März früh 7 Uhr erschienen. Gegen 2 Uhr Nach-
mittags wurde folgende Bekanntmachung angeschlagen:

"Ich habe be-
reits gestern früh die von den bisherigen Ministern angebotene Entlas-
sung angenommen und den Grafen Arnim mit der Bildung eines neuen
Ministeriums beauftragt. Derselbe übernimmt den Vorsitz im Staats-
ministerium und vorläusig die Verwaltung des Ministeriums der aus-
wärtigen Angelegenheiten und der Verfassungssachen. Dem Grafen
Schwerin habe Ich das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten
übertragen. Dem noch abwesenden Generallandschaftsrath v. Auers-
wald
soll das Ministerium des Innern, mit Ausnahme des obenerwähn-
ten dem Grafen Arnim vorbehaltenen Theils dessen Ressorts, übertragen
werden, wenn, wie zu erwarten, derselbe zu dessen Uebernahme bereit
ist. Die Justizminister, die Minister Graf Stolberg und v. Rohr
bleiben einstweilen bis zur weiteren Beschlußnahme über die Besetzung
ihrer Ministerien auf ihren Posten. Bis zur definitiven Besetzung des
Finanzministeriums übernimmt der Generalsteuerdirector Kühne dessen
interimistische Verwaltung.

Friedrich
Wilhelm.
Graf Arnim."

Notiren Sie Tag und Stunde:
der 18 März wird eine verhängnißreiche Epoche für Preußen, Deutsch-
land und die Welt bilden! Gestern zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags
stand der König auf dem Vorsprung des Schlosses, das Volk anredend,
Preßfreiheit und die Zusammenberufung des Landtags auf den 2 April
verkündend, und das Volk erfüllt den Platz mit Jubelruf -- da entladen
sich plötzlich einige Gewehre gegen die Masse, und die kaum entstandene
Freude verwandelt sich in Trauer und Rachegefühle! Doch Sie müssen
mir erlauben in gedrängter Uebersicht die Vorgänge der ganzen abge-
laufenen Woche darzustellen. Montag der 13 war in vielen großen
Städten Zeuge von großen Volksbewegungen; in Berlin sammelten
sich große Haufen, meist aus Arbeitern bestehend, und neckten das
Militär durch Worte und Steinwürse. Jeden Abend wurde darauf in
einzelnen Straßen gekämpft, und es fielen Opfer da die Truppen ihre
anfängliche Mäßigung verließ, die Soldaten von der fortwährenden
Mühe und Beunruhigung erbittert und von manchem niedern Anführer
in Wuth gebracht wurden. Viele Officiere behaupteten nämlich es sey
nur Canaille die man niederschießen müsse. Unser Magistrat war
mehr geschäftig als thätig, und erst am Freitag brachte er es dahin
daß eine bürgerliche Schutzwache, ohne Waffen aber mit Attributen
ihres Amts bekleidet, zwischen den Zorn des Volks und die Wuth der
Soldaten trat. Auch die studirende Jugend schloß sich dieser friedlichen
Wache an, und die Nacht vom Freitag verfloß, Dank dem Zureden dieser
akademischen und Stadt-Bürger, friedlich. Auch der gestrige Vormittag
ging ganz ruhig vorüber, besonders als sich die Nachricht verbreitete der
König bewillige alles. Da entstand das oben gemeldete Unglück, ganz
in der Weise wie das Mißverständniß in Paris. Von jetzt an war dem

[Spaltenumbruch] Befriedigung geführt, und das Ende ſey noch nicht ab-
zuſehen.

K. Hannover.

Wir haben hier ge-
ſtern eine Reformbewegung gehabt die entſchieden genug gemeint war.
Der Urſprung derſelben geht auf die erſte Reformpetition des Magi-
ſtrats und Bürgervorſtehercollegiums vom 6 d. M. zurück. In der
Bürgerſchaft war man empört über das damalige Verhalten des Magi-
ſtrats, der bekanntlich jene Petition in größter Heimlichkeit Abends ins
königliche Schloß geſchickt hatte. Eine Anzahl der beſſeren Bürger trat
zuſammen und entwarf eine Adreſſe an den Magiſtrat worin dieſem
über ſeine „in den äußerſten Gränzen der Beſcheidenheit gehaltenen
Schritte“ gerechte Vorwürfe gemacht, und zugleich die Deſtderien aufge-
ſtellt wurden welche für eine nochmalige an den König zu richtende Pe-
tition dieſem zur Genehmigung vorgelegt werden ſollten. Die Procla-
mation des Königs vom 14 d. worin er ſich über die an ihn gerichteten
Reformpetitionen ausſpricht, änderte in jener Abſicht nichts. In größ-
ter Ruhe und Ordnung fand am 16 eine ſehr zahlreich beſuchte Bürger-
verſammlung auf dem Rathhauſe ſtatt, wo die Adreſſe an den Magiſtrat
vorgeleſen und mit zahlreichen Unterſchriften verſehen wurde. Der
Magiſtrat nahm dieſelbe dann entgegen, und verſprach ein entſchiedene-
res Auftreten. Die Adreſſe ſollte mit einer dieſelbe begleitenden und
auf ſie ſich ſtützenden Petition des Magiſtrats dem König übergeben
werden, und dießmal öffentlich und am hellen Tage, nämlich am andern
Tage den 17 Mittags 12 Uhr. Inzwiſchen hatte der Landdroſt v. Da-
chenhauſen von den beabſichtigten Schritten Kunde erhalten. Von die-
ſem war, wie es heißt, der Plan ausgegangen wie man die erſte Re-
formbewegung vom 6 zu beſeitigen wußte, und ſo verſuchte derſelbe denn
auch am Abend des 16 und Morgens des 17 aufs neue ſeine Künſte ſo-
wohl beim Magiſtrat als bei einigen Leitern der Bewegung in der Bür-
gerſchaft. Inwieweit dieſe Schritte gelungen, iſt noch nicht ganz klar
abzuſehen; gewiß iſt daß Leute welche noch am Tage zuvor einer Maſ-
ſendemonſtration das Wort geredet hatten, am 17 als die Bürgerſchaft
ſich in Maſſe vom Rathhauſe zum königl. Schloß verfügen wollte um
die Petition zu übergeben, von einer ſolchen Demonſtration dringend
abriethen. Indeſſen vergeblich. Denn die Maſſe war einmal im Fluß.
Man hörte keinerlei Vermahnungen und verfügte ſich in Maſſe vors k.
Schloß. Der König war krank und konnte die Deputation nicht em-
pfangen. Man beſtand aber darauf, und ſo wurde denn die Petition des
Magiſtrats und die Adreſſe der Bürgerſchaft an den Magiſtrat, dem König
von dem Cabinetsrath v. Münchhauſen vorgetragen. Es ſollte Beſcheid er-
folgen, hieß es. Man beſtand auf ſofortiger Antwort. Dieſe erfolgte
denn auch nach längerem Verhandeln dahin: daß diejenigen Deſiderien
über welche nur durch und nach Verhandlung mit den Ständen entſchie-
den werden könne, durch Vorlagen welche dieſen deßhalb gemacht wür-
den, erledigt werden ſollten. Folgende Punkte aber über welche der Kö-
nig allein und aus eigener Machtvollkommenheit entſcheiden könne, wur-
den ſofort bewilligt: 1) ſofortige Aufhebung der Cenſur, vorbehaltlich
eines den Ständen vorzulegenden Preßgeſetzes; 2) Anerkennung des
Rechtes zu Verſammlungen und Aſſociationen; 3) Amneſtirung und
Rehabilitation für alle wegen politiſcher Vergehen Verurtheilten; end-
lich 4) Oeffentlichkeit der Ständeverhandlungen. Als dieſe Bewilligun-
gen des Königs der draußen in großer Ruhe und Ordnung harrenden
Menge mitgetheilt worden waren, ging jeder ruhig nach Haus. Mili-
tär rückte erſt an als alles vorbei war, und zog darauf wieder ab. Der
Magiſtrat ließ die beiden Actenſtücke, die Adreſſe der Bürgerſchaft an
ihn und feine darauf geſtützte Petition an den König nebſt Angabe der
vom König bewilligten Punkte, ſofort drucken und Abends Haus bei
Haus vertheilen. Abends fanden mehrfache Auſläufe ſtatt: den Füh-
rern der Bewegung wurden Lebehoch gebracht, gegen das Hötel des ge-
heimen Cabinetsraths v. Falcke rückte eine große Menſchenmaſſe in
ſchlimmer Abſicht heran, fand dasſelbe aber bereits von Militär beſetzt,
da Demonſtrationen gegen den Hrn. v. Falcke zu erwarten waren. Der
Militärmacht ungeachtet wurden ſämmtliche Fenſter eingeworfen; der
Gräfin Grote war ein gleiches zugedacht, indeſſen war man über ihre
Wohnung ungewiß, und ſo erlitt ein benachbartes Haus den Schaden.
Auch bei zwei oder drei Polizeiofficianten wurden die Fenſter eingewor-
fen, und dem Hofmarſchall v. Malortie ſoll dem Vernehmen nach ein
gleiches geſchehen ſeyn. Vom Polizeiperſonal war kläglicherweiſe nichts
auf den Straßen zu ſehen, und das Militär benahm ſich den Exceſſen
gegenüber muſterhaft, indem dasſelbe ohne von der Waffe Gebrauch zu
machen nur die Haufen auseinander zu treiben ſuchte. Das k. Schloß
[Spaltenumbruch] und Umgebung war durch größere Truppenmaſſen bewacht, auch im Hof
desſelben einige Cavallerie aufgeſtellt. Gegen 11 Uhr war alles ruhig.
Auch heute Morgen iſt alles ruhig, nur iſt man auf das ungeheuerſte
überraſcht in einem Beiblatt der Hannov. Ztg. die beiden ſchon geſtern
Abend vom Magiſtrat veröffentlichten Petitionen abgedruckt zu ſehen
(und zwar mit Benutzung desſelben Satzes), die Mittheilung aber über
die vom König geſtern bewilligten Punkte in ſo weſentlich von der
vom Magiſtrat veröffentlichten Nachricht abweichender Faſſung daß
das was man geſtern für bewilligt halten mußte, heute als
verweigert oder wenigſtens unbeſtimmt hinausgeſchoben
erſcheint.
Man iſt geſpannt darauf wie der Magiſtrat dieſer Verſion
der Hannov. Ztg. gegenüber ſeine Mittheilung vertreten wird. Wie
man glaubt, ſind für den Abend wieder Ruheſtörungen zu erwarten, und
es ſind Vorkehrungen dieſerhalb angeordnet.

Preußen.

Da die alten deutſchen Reichs-
farben endlich wieder zu Ehren gekommen ſind, ſo werden ſie wohl auch an
manchen Gegenſtänden angebracht werden, weßhalb es angemeſſen ſcheint
ſich über ihre richtige Aufeinanderfolge zu verſtändigen. Sie müſſen
geſchichtlich und heraldiſch aufeinander folgen: ſchwarz, gelb, roth,
jedenfalls gelb in der Mitte. Für deutſche Cocarden iſt alſo ſchwarz
im Mittelpunkt, gelb iſt der mittlere und roth der äußere Rand. Die
ſchwarze Farbe entſpricht dem Reichsadler, die gelbe dem goldenen
Schilde, und die rothe dem Zipfel oder Wimpel der Reichsfahne. Die
Franzoſen haben ebenfalls ihre Farben richtig geordnet: blau zuerſt,
weiß oder Silber in der Mitte, roth am Ende. (Karlsr. Ztg.)

Die geſtern mitgetheilte königliche Anſprache „An meine lieben Ber-
liner“ war am 19 März früh 7 Uhr erſchienen. Gegen 2 Uhr Nach-
mittags wurde folgende Bekanntmachung angeſchlagen:

„Ich habe be-
reits geſtern früh die von den bisherigen Miniſtern angebotene Entlaſ-
ſung angenommen und den Grafen Arnim mit der Bildung eines neuen
Miniſteriums beauftragt. Derſelbe übernimmt den Vorſitz im Staats-
miniſterium und vorläuſig die Verwaltung des Miniſteriums der aus-
wärtigen Angelegenheiten und der Verfaſſungsſachen. Dem Grafen
Schwerin habe Ich das Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten
übertragen. Dem noch abweſenden Generallandſchaftsrath v. Auers-
wald
ſoll das Miniſterium des Innern, mit Ausnahme des obenerwähn-
ten dem Grafen Arnim vorbehaltenen Theils deſſen Reſſorts, übertragen
werden, wenn, wie zu erwarten, derſelbe zu deſſen Uebernahme bereit
iſt. Die Juſtizminiſter, die Miniſter Graf Stolberg und v. Rohr
bleiben einſtweilen bis zur weiteren Beſchlußnahme über die Beſetzung
ihrer Miniſterien auf ihren Poſten. Bis zur definitiven Beſetzung des
Finanzminiſteriums übernimmt der Generalſteuerdirector Kühne deſſen
interimiſtiſche Verwaltung.

Friedrich
Wilhelm.
Graf Arnim.

Notiren Sie Tag und Stunde:
der 18 März wird eine verhängnißreiche Epoche für Preußen, Deutſch-
land und die Welt bilden! Geſtern zwiſchen 2 und 3 Uhr Nachmittags
ſtand der König auf dem Vorſprung des Schloſſes, das Volk anredend,
Preßfreiheit und die Zuſammenberufung des Landtags auf den 2 April
verkündend, und das Volk erfüllt den Platz mit Jubelruf — da entladen
ſich plötzlich einige Gewehre gegen die Maſſe, und die kaum entſtandene
Freude verwandelt ſich in Trauer und Rachegefühle! Doch Sie müſſen
mir erlauben in gedrängter Ueberſicht die Vorgänge der ganzen abge-
laufenen Woche darzuſtellen. Montag der 13 war in vielen großen
Städten Zeuge von großen Volksbewegungen; in Berlin ſammelten
ſich große Haufen, meiſt aus Arbeitern beſtehend, und neckten das
Militär durch Worte und Steinwürſe. Jeden Abend wurde darauf in
einzelnen Straßen gekämpft, und es fielen Opfer da die Truppen ihre
anfängliche Mäßigung verließ, die Soldaten von der fortwährenden
Mühe und Beunruhigung erbittert und von manchem niedern Anführer
in Wuth gebracht wurden. Viele Officiere behaupteten nämlich es ſey
nur Canaille die man niederſchießen müſſe. Unſer Magiſtrat war
mehr geſchäftig als thätig, und erſt am Freitag brachte er es dahin
daß eine bürgerliche Schutzwache, ohne Waffen aber mit Attributen
ihres Amts bekleidet, zwiſchen den Zorn des Volks und die Wuth der
Soldaten trat. Auch die ſtudirende Jugend ſchloß ſich dieſer friedlichen
Wache an, und die Nacht vom Freitag verfloß, Dank dem Zureden dieſer
akademiſchen und Stadt-Bürger, friedlich. Auch der geſtrige Vormittag
ging ganz ruhig vorüber, beſonders als ſich die Nachricht verbreitete der
König bewillige alles. Da entſtand das oben gemeldete Unglück, ganz
in der Weiſe wie das Mißverſtändniß in Paris. Von jetzt an war dem

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[1316/0004] Befriedigung geführt, und das Ende ſey noch nicht ab- zuſehen. K. Hannover. * Hannover, 18 März.Wir haben hier ge- ſtern eine Reformbewegung gehabt die entſchieden genug gemeint war. Der Urſprung derſelben geht auf die erſte Reformpetition des Magi- ſtrats und Bürgervorſtehercollegiums vom 6 d. M. zurück. In der Bürgerſchaft war man empört über das damalige Verhalten des Magi- ſtrats, der bekanntlich jene Petition in größter Heimlichkeit Abends ins königliche Schloß geſchickt hatte. Eine Anzahl der beſſeren Bürger trat zuſammen und entwarf eine Adreſſe an den Magiſtrat worin dieſem über ſeine „in den äußerſten Gränzen der Beſcheidenheit gehaltenen Schritte“ gerechte Vorwürfe gemacht, und zugleich die Deſtderien aufge- ſtellt wurden welche für eine nochmalige an den König zu richtende Pe- tition dieſem zur Genehmigung vorgelegt werden ſollten. Die Procla- mation des Königs vom 14 d. worin er ſich über die an ihn gerichteten Reformpetitionen ausſpricht, änderte in jener Abſicht nichts. In größ- ter Ruhe und Ordnung fand am 16 eine ſehr zahlreich beſuchte Bürger- verſammlung auf dem Rathhauſe ſtatt, wo die Adreſſe an den Magiſtrat vorgeleſen und mit zahlreichen Unterſchriften verſehen wurde. Der Magiſtrat nahm dieſelbe dann entgegen, und verſprach ein entſchiedene- res Auftreten. Die Adreſſe ſollte mit einer dieſelbe begleitenden und auf ſie ſich ſtützenden Petition des Magiſtrats dem König übergeben werden, und dießmal öffentlich und am hellen Tage, nämlich am andern Tage den 17 Mittags 12 Uhr. Inzwiſchen hatte der Landdroſt v. Da- chenhauſen von den beabſichtigten Schritten Kunde erhalten. Von die- ſem war, wie es heißt, der Plan ausgegangen wie man die erſte Re- formbewegung vom 6 zu beſeitigen wußte, und ſo verſuchte derſelbe denn auch am Abend des 16 und Morgens des 17 aufs neue ſeine Künſte ſo- wohl beim Magiſtrat als bei einigen Leitern der Bewegung in der Bür- gerſchaft. Inwieweit dieſe Schritte gelungen, iſt noch nicht ganz klar abzuſehen; gewiß iſt daß Leute welche noch am Tage zuvor einer Maſ- ſendemonſtration das Wort geredet hatten, am 17 als die Bürgerſchaft ſich in Maſſe vom Rathhauſe zum königl. Schloß verfügen wollte um die Petition zu übergeben, von einer ſolchen Demonſtration dringend abriethen. Indeſſen vergeblich. Denn die Maſſe war einmal im Fluß. Man hörte keinerlei Vermahnungen und verfügte ſich in Maſſe vors k. Schloß. Der König war krank und konnte die Deputation nicht em- pfangen. Man beſtand aber darauf, und ſo wurde denn die Petition des Magiſtrats und die Adreſſe der Bürgerſchaft an den Magiſtrat, dem König von dem Cabinetsrath v. Münchhauſen vorgetragen. Es ſollte Beſcheid er- folgen, hieß es. Man beſtand auf ſofortiger Antwort. Dieſe erfolgte denn auch nach längerem Verhandeln dahin: daß diejenigen Deſiderien über welche nur durch und nach Verhandlung mit den Ständen entſchie- den werden könne, durch Vorlagen welche dieſen deßhalb gemacht wür- den, erledigt werden ſollten. Folgende Punkte aber über welche der Kö- nig allein und aus eigener Machtvollkommenheit entſcheiden könne, wur- den ſofort bewilligt: 1) ſofortige Aufhebung der Cenſur, vorbehaltlich eines den Ständen vorzulegenden Preßgeſetzes; 2) Anerkennung des Rechtes zu Verſammlungen und Aſſociationen; 3) Amneſtirung und Rehabilitation für alle wegen politiſcher Vergehen Verurtheilten; end- lich 4) Oeffentlichkeit der Ständeverhandlungen. Als dieſe Bewilligun- gen des Königs der draußen in großer Ruhe und Ordnung harrenden Menge mitgetheilt worden waren, ging jeder ruhig nach Haus. Mili- tär rückte erſt an als alles vorbei war, und zog darauf wieder ab. Der Magiſtrat ließ die beiden Actenſtücke, die Adreſſe der Bürgerſchaft an ihn und feine darauf geſtützte Petition an den König nebſt Angabe der vom König bewilligten Punkte, ſofort drucken und Abends Haus bei Haus vertheilen. Abends fanden mehrfache Auſläufe ſtatt: den Füh- rern der Bewegung wurden Lebehoch gebracht, gegen das Hötel des ge- heimen Cabinetsraths v. Falcke rückte eine große Menſchenmaſſe in ſchlimmer Abſicht heran, fand dasſelbe aber bereits von Militär beſetzt, da Demonſtrationen gegen den Hrn. v. Falcke zu erwarten waren. Der Militärmacht ungeachtet wurden ſämmtliche Fenſter eingeworfen; der Gräfin Grote war ein gleiches zugedacht, indeſſen war man über ihre Wohnung ungewiß, und ſo erlitt ein benachbartes Haus den Schaden. Auch bei zwei oder drei Polizeiofficianten wurden die Fenſter eingewor- fen, und dem Hofmarſchall v. Malortie ſoll dem Vernehmen nach ein gleiches geſchehen ſeyn. Vom Polizeiperſonal war kläglicherweiſe nichts auf den Straßen zu ſehen, und das Militär benahm ſich den Exceſſen gegenüber muſterhaft, indem dasſelbe ohne von der Waffe Gebrauch zu machen nur die Haufen auseinander zu treiben ſuchte. Das k. Schloß und Umgebung war durch größere Truppenmaſſen bewacht, auch im Hof desſelben einige Cavallerie aufgeſtellt. Gegen 11 Uhr war alles ruhig. Auch heute Morgen iſt alles ruhig, nur iſt man auf das ungeheuerſte überraſcht in einem Beiblatt der Hannov. Ztg. die beiden ſchon geſtern Abend vom Magiſtrat veröffentlichten Petitionen abgedruckt zu ſehen (und zwar mit Benutzung desſelben Satzes), die Mittheilung aber über die vom König geſtern bewilligten Punkte in ſo weſentlich von der vom Magiſtrat veröffentlichten Nachricht abweichender Faſſung daß das was man geſtern für bewilligt halten mußte, heute als verweigert oder wenigſtens unbeſtimmt hinausgeſchoben erſcheint. Man iſt geſpannt darauf wie der Magiſtrat dieſer Verſion der Hannov. Ztg. gegenüber ſeine Mittheilung vertreten wird. Wie man glaubt, ſind für den Abend wieder Ruheſtörungen zu erwarten, und es ſind Vorkehrungen dieſerhalb angeordnet. Preußen. Vom Rhein, 14 März.Da die alten deutſchen Reichs- farben endlich wieder zu Ehren gekommen ſind, ſo werden ſie wohl auch an manchen Gegenſtänden angebracht werden, weßhalb es angemeſſen ſcheint ſich über ihre richtige Aufeinanderfolge zu verſtändigen. Sie müſſen geſchichtlich und heraldiſch aufeinander folgen: ſchwarz, gelb, roth, jedenfalls gelb in der Mitte. Für deutſche Cocarden iſt alſo ſchwarz im Mittelpunkt, gelb iſt der mittlere und roth der äußere Rand. Die ſchwarze Farbe entſpricht dem Reichsadler, die gelbe dem goldenen Schilde, und die rothe dem Zipfel oder Wimpel der Reichsfahne. Die Franzoſen haben ebenfalls ihre Farben richtig geordnet: blau zuerſt, weiß oder Silber in der Mitte, roth am Ende. (Karlsr. Ztg.) Die geſtern mitgetheilte königliche Anſprache „An meine lieben Ber- liner“ war am 19 März früh 7 Uhr erſchienen. Gegen 2 Uhr Nach- mittags wurde folgende Bekanntmachung angeſchlagen: „Ich habe be- reits geſtern früh die von den bisherigen Miniſtern angebotene Entlaſ- ſung angenommen und den Grafen Arnim mit der Bildung eines neuen Miniſteriums beauftragt. Derſelbe übernimmt den Vorſitz im Staats- miniſterium und vorläuſig die Verwaltung des Miniſteriums der aus- wärtigen Angelegenheiten und der Verfaſſungsſachen. Dem Grafen Schwerin habe Ich das Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten übertragen. Dem noch abweſenden Generallandſchaftsrath v. Auers- wald ſoll das Miniſterium des Innern, mit Ausnahme des obenerwähn- ten dem Grafen Arnim vorbehaltenen Theils deſſen Reſſorts, übertragen werden, wenn, wie zu erwarten, derſelbe zu deſſen Uebernahme bereit iſt. Die Juſtizminiſter, die Miniſter Graf Stolberg und v. Rohr bleiben einſtweilen bis zur weiteren Beſchlußnahme über die Beſetzung ihrer Miniſterien auf ihren Poſten. Bis zur definitiven Beſetzung des Finanzminiſteriums übernimmt der Generalſteuerdirector Kühne deſſen interimiſtiſche Verwaltung. Berlin, den 19 März 1848.Friedrich Wilhelm. Graf Arnim.“ ┴ Berlin, 19 März Mittags.Notiren Sie Tag und Stunde: der 18 März wird eine verhängnißreiche Epoche für Preußen, Deutſch- land und die Welt bilden! Geſtern zwiſchen 2 und 3 Uhr Nachmittags ſtand der König auf dem Vorſprung des Schloſſes, das Volk anredend, Preßfreiheit und die Zuſammenberufung des Landtags auf den 2 April verkündend, und das Volk erfüllt den Platz mit Jubelruf — da entladen ſich plötzlich einige Gewehre gegen die Maſſe, und die kaum entſtandene Freude verwandelt ſich in Trauer und Rachegefühle! Doch Sie müſſen mir erlauben in gedrängter Ueberſicht die Vorgänge der ganzen abge- laufenen Woche darzuſtellen. Montag der 13 war in vielen großen Städten Zeuge von großen Volksbewegungen; in Berlin ſammelten ſich große Haufen, meiſt aus Arbeitern beſtehend, und neckten das Militär durch Worte und Steinwürſe. Jeden Abend wurde darauf in einzelnen Straßen gekämpft, und es fielen Opfer da die Truppen ihre anfängliche Mäßigung verließ, die Soldaten von der fortwährenden Mühe und Beunruhigung erbittert und von manchem niedern Anführer in Wuth gebracht wurden. Viele Officiere behaupteten nämlich es ſey nur Canaille die man niederſchießen müſſe. Unſer Magiſtrat war mehr geſchäftig als thätig, und erſt am Freitag brachte er es dahin daß eine bürgerliche Schutzwache, ohne Waffen aber mit Attributen ihres Amts bekleidet, zwiſchen den Zorn des Volks und die Wuth der Soldaten trat. Auch die ſtudirende Jugend ſchloß ſich dieſer friedlichen Wache an, und die Nacht vom Freitag verfloß, Dank dem Zureden dieſer akademiſchen und Stadt-Bürger, friedlich. Auch der geſtrige Vormittag ging ganz ruhig vorüber, beſonders als ſich die Nachricht verbreitete der König bewillige alles. Da entſtand das oben gemeldete Unglück, ganz in der Weiſe wie das Mißverſtändniß in Paris. Von jetzt an war dem

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848, S. 1316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine83_1848/4>, abgerufen am 29.05.2024.