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Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 27. März 1900.

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Nr. 84. München, Dienstag Allgemeine Zeitung 27. März 1900.
[Spaltenumbruch]

auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. s. w. allseitig
anerkannt. Bei der bevorstehenden Neuwahl ist es kein Zweifel,
daß der Bund der Landwirthe in erster Linie einen Nachfolger
präsentiren wird.

Elsaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. -- Reichstagsabgeordneter Bneb.

Auf einem Diner zu Ehren
des Landesausschusses hatte der kaiserliche Statthalter jüngst
auch der Flottenfrage gedacht und geäußert, er habe
wenig Hoffnung, daß die Mehrheit der elsaß-lothringischen
Abgeordneten für die Vorlage stimmen werde, doch glaube
er, daß die Bevölkerung des Reichslands, namentlich die
industrielle, dieser Lebensfrage für unser wirthschaftliches
Gedeihen mehr Verständniß entgegenbringe. Diese Aeußerung
ist dem Statthalter in der klerikalen Presse furchtbar übel
genommen worden; am schärfsten äußert sich der Reichstags-
abgeordnete Wetterle, der in seinem "Journal de Colmar"
in einem heftigen Artikel gegen den Statthalter, der "sich er-
laubt habe, bei Gelegenheit eines Diners die Vertreter des
Landes im Reichstag zu kritisiren", zu Felde zieht. Ob in
den Worten des Statthalters eine Kritik liegt, darüber zu
streiten, ist überflüssig, denn wenn es der Fall wäre, wäre
der Statthalter ebenso wie jeder andere Staatsbürger dazu
befugt gewesen. Die Thatsache aber, die der Statthalter
feststellt, bleibt richtig. Die klerikalen elsaß-lothringischen
Neichstagsabgeordneten haben schon längst in ihren Blättern
verkündigt, daß sie gegen jede Vermehrung der Flotte seien.
Damit befinden sie sich zunächst im Widerspruch mit weiten Kreisen
der Bevölkerung und durchaus mit den Interessen des Landes.
Denn Elsaß-Lothringen ist ein reiches Industrieland und alle
Zweige seiner hochentwickelten Industrie sind stark auf den über-
seeischen Export angewiesen. Das haben auch weite Kreise
der Industriellen eingesehen, und wenn nicht aus nationalen,
treten sie doch aus wirthschaftlichen Gründen für eine Ver-
stärkung der Flotte mit Eifer ein. Es hat sich übrigens auch
bei früheren Gelegenheiten gezeigt, daß das Reichsland vom
wirthschaftspolitischen Standpunkt aus in Berlin durch seine
Abgeordneten, von denen ja ein großer Theil auch katholische
Geistliche sind, überaus schlecht vertreten ist. Das kommt da-
her, daß bei den Wahlen hier immer noch andere Gesichtspunkte
als praktisch-politische maßgebend sind. -- Der Zwiespalt in
der sozialdemokratischen Partei des Reichslandes,
von dem wir kürzlich berichteten, nimmt in der von uns ge-
zeichneten Weise seinen Fortgang, d. h. der Streit zwischen
dem Reichstagsabgeordneten Bueb in Mülhausen und der
Straßburger Zentralleitung wird immer heftiger. Das sozial-
demokratische Parteiorgan, die "Freie Presse" in Straßburg,
behandelt Bueb bereits nicht mehr als "Genossen", und Bueb
führt in den Mülhausener bürgerlichen Blättern gegen die
Straßburger Parteidiktatoren einen fröhlichen Krieg: In
seiner letzten Antwort gibt er zu verstehen, daß die 14,000
Wähler Mülhausens, denen er sein Mandat verdanke, nicht
einem halben Dutzend Straßburger Herren untergeordnet seien.

Oesterreich-Ungarn.
Die gemeinsamen Angelegenheiten.

* Am Sonntag war der ungarische Ministerpräsident
v. Szell in Wien, um vom Kaiser in Andienz empfangen
zu werden und mit seinen dortigen Ministerkollegen zu kon-
feriren. Hr. v. Szell hatte dem Kaiser über die laufenden
Angelegenheiten und über die Besetzung des Postens eines
Staatssekretärs des Innern, sowie die Ernennung eines Mi-
nisters a latere, welcher Posten durch den Rücktritt des Grafen
Szechenyi frei geworden ist, zu berichten, außerdem aber
galten die Besprechungen den gemeinsamen Angelegenheiten,
dem Zusammentritt der Delegationen, sowie der Quotendepu-
tationen. Was die Delegationen betrifft, so haben die
Regierungen diesmal keine Hindernisse zu befürchten. Die
österreichische Delegation ist bereits gewählt, die Neuwahl
der ungarischen kann erfolgen, sobald der ungarische Staats-
voranschlag erledigt und die Neichstagssession geschlossen, be-
ziehungsweise neu eröffnet sein wird. Unklar erscheint
vorläufig nur, wie die halbamtliche Verlautbarung,
daß die Delegationen während der ersten Hälfte des
Mai in Budapest zusammentreten sollen, mit der ander-
weitigen Information, wonach auch der österreichische Reichs-
rath anfangs Mai wieder versammelt werden wird, zusammen-
zureimen ist. Eventuell müßte also der Reichsrath nach
[Spaltenumbruch] wenigen Tagen seine Thätigkeit wieder unterbrechen. Etwas
schwieriger gestaltet sich die Frage wegen der Quotendepu-
tationen
. Infolge Ablebens des Deputationsmitglieds
Dumba muß in der österreichischen Deputation vor dem Zu-
sammentritt eine Ersatzwahl stattfinden Schon der Zusammen-
tritt der Deputationen ist also abhängig von der Wiederver-
sammlung und der Funktionsfähigkeit des Reichsraths, mehr
aber noch die schließliche Erledigung der Quotenfrage selbst.
Wie erinnerlich, haben sich im vorigen Herbst die beiden
Quotendeputationen auf eine neue Bemessung des Beitrags
zu den gemeinsamen Ausgaben geeinigt, der Vorschlag konnte
aber nicht Gesetz werden wegen der Obstruktion der Jung-
tschechen im Reichsrath und die Quote wurde am 1. Januar
1900 durch kaiserliche Entscheidung auf ein weiteres halbes
Jahr, also bis 30. Juni d. J. festgesetzt. Bis zu letzterem
Termin müssen nun nicht nur die Deputationen sich von neuem
verständigt haben -- was allerdings, wie man annimmt,
keine Schwierigkeiten verursachen wird, indem einfach die
frühere Vereinbarung aufrechterhalten werden dürfte --,
sondern es muß das Quotengesetz auch in den beiderseitigen
Parlamenten durchberathen und zur Annahme gelangt sein.
Es gilt also speziell in Oesterreich, den innerpolitischen Kampf
soweit einzudämmen, daß der Reichsrath dauernd arbeits-
fähig und arbeitswillig bleibt. Bliebe die Quotenfrage aber-
mals ungelöst, so würden die Verhältnisse der Monarchie in
einen neuen Krisenzustand verfallen, der zu den bedenklichsten
Konsequenzen führen könnte.

Der Kohlenarbeiterstrike.

* Die Lage im böhmisch-mährischen Strikegebiet läßt noch
immer manches zu wünschen übrig. Verschiedene frühere Nach-
richten aus Böhmen über endgültige Beilegung des Ausstands
scheinen nicht ganz den Thatsachen entsprochen zu haben.
Schlecht stehen die Dinge insbesondere noch in Kladno, wo
in den letzten Tagen einige 70 Prozent der gesammten Beleg-
schaft strikten, während gegen 900 Mann anfuhren. In
Littitz wurde in einer am Sonntag abgehaltenen Bergarbeiter-
versammlung, nach der erfolgten Wiederanfnahme der Arbeit,
beschlossen, um die Einberufung des Einigungsamtes zu
ersuchen, und für den Fall, als die Forderungen, namentlich
die Gewährung des Generalpardous, abgelehnt werden sollten,
mit der Erneuerung des Strikes gedroht. Die Frage
des Generalpardons hat auch sonst viel Schwierigkeiten und
Verzögerung des Arbeitsantritts verursacht. In den zu
Mährisch-Ostrau am Sonntag ausschließlich von radikaler
Seite veranstalteten Versammlungen ging es noch immer sehr
stürmisch zu, so daß einzelne Versammlungen geschlossen werden
mußten. Ueberall wurde für die Fortsetzung des Strikes
gesprochen, wenn er auch aussichtslos sei, und in heftigster
Weise gegen die Führer Vorwürfe erhoben, besonders überall
darauf hingewiesen, daß dieselben Konzessionen schon vor
fünf Wochen gewährt worden seien und daß man die
Arbeiter so lange Zeit eigentlich umsonst habe hungern
lassen. Die Sozialdemokraten haben hier allen Einfluß ver-
loren, ein von den entlassenen Delegirten veröffentlichtes
Manifest, welches die Wiederaufnahme der Arbeit und den
neuerlichen Anschluß an die sozialdemokratische Organisation
empsiehlt, machte keinen Eindruck. Doch zeigte die Montags-
Frühschicht eine Besserung der Anfahrt auch im Ostrauer
Westrevier, was auf die gänzliche Mittellosigkeit der Arbeiter
zurückzuführen ist. Im Ostrauer Ostrevier hat sich der schon
vor Wochenfrist eingetretene günstigere Zustand erhalten. Auf
Rückfälle zum Strike, wo es auch sei, wird man immer noch
eine Zeitlang gefaßt bleiben müssen. Schwerlich aber werden
sich die Sozialdemokraten der Gefahr aussetzen, sich ein zweites
Mal die Finger zu verbrennen.

Vom Tage.

Hier starb gestern das Herrenhaus-
Mitglied Dr. Moriz R. v. Eigner. Er gehörte der Verfassungs-
partei an. Vom Jahre 1868 an bis zu Beginn der Aera
Taaffe stand Eigner als Landeshauptmann der liberalen
Landesvertretung von Oberösterreich vor.

Tel. Die Abreise des Grafen
und der Gräfin Lonyay von Miramare sollte schon gestern
stattfinden, wurde aber auf heute vertagt. Sie erfolgt wahr-
scheinlich nachmittags nach Contopello. Sonst hat das neu-
vermählte Paar das Schloß noch nicht verlassen, auch wurde
Niemand empfangen.



[Spaltenumbruch]

Todsünden" hat hier kaum ein Bild solchen Kampf entfesselt,
wie das Klimt'sche Deckengemälde. Nun hat sich der Wider-
spruch gegen die symbolistische Vieldentigkeit des Bildes, dessen
Beschreibung wir in unserm Sezessionsfeuilleton demnächst
geben werden, zu einem Protest einer Anzahl von Universitäts-
professoren verdichtet, welcher von dem Unterrichtsministerium
verlangt, daß das Bild nicht seiner Bestimmung zugeführt
werde. Von Bedenken a la lex Heinze, so versichern die Ge-
lehrten, welche bis jetzt den Protestentwurf unterschrieben
haben, sei keine Rede, es handle sich nur um ästhetische Ve-
denken. Das Bild passe nicht in den Renaissancerahmen des
Ferstel'schen Universitätspalastes. Den Auftrag zur malerischen
Ausschmückung der Aula hatte seinerzeit Professor Franz
Matsch erhalten. Derselbe erbat sich seinen Freund und lang-
jährigen Mitarbeiter an anderen Monumentalmalereien (Burg-
theater, Kunsthistorisches Museum) auch in diesem Falle als
Kompagnon und behielt sich die Ausführung des Mittelbildes,
sowie eines Seitenbildes vor, während er die drei übrigen
Seitenbilder seinem Kollegen überließ. Klimt hat, wie ver-
lautet, schon vor zwei Jahren mehrere Skizzen seiner jetzigen
Bilder der betreffenden Kommission vorgelegt, wobei nur eine
unbekleidete Franengestalt von einem Ausschußmitglied be-
anstandet worden sein soll. Man ist hier auf die weitere
Entwicklung des interessanten Falles sehr gespaunt.

M. Wie Rostand dazu kam, "l'Aiglon" zu
dichten.

In einem Interview mit einem Vertreter der "West-
minster Gazette" erzählt Rostand, wie er den Gedanken, den
Herzog von Reichstadt in einem Drama zu verherrlichen, ge-
saßt hat. "Die Idee, den Herzog von Reichstadt auf die
Bühne zu bringen, ist mir durch einen Kupferstich nach dem
Bilde von Sir Thomas Lawrence eingeflößt worden, der den
jungen Prinzen in einen faltigen Mantel gehüllt darstellt, wie
er als Zwölf- oder Vierzehujähriger in einer felsigen Gebirgs-
landschaft dasteht. In meinem Schlafzimmer, das ich als
Kind zu Marseille hatte, war dies Bild aufgehängt und ver-
fehlte durch den Ausdruck unendlicher Melancholie und Träu-
merei, die der englische Maler in das Gesicht des Prinzen
gelegt hatte, seinen nachhaltenden Eindruck auf meine jugend-
liche Einbildungskraft nicht. Ebenso bin ich ja durch die Lek-
türe der Abentener Cyrano de Bergeracs während meiner
Schulzeit dazu gekommen, die Laufbahn des gascognischen
Helden zu dramatisiren. -- Das genannte Werk von Sir
Thomas Lawrence darf keinesfalls mit dem Portrait des
[Spaltenumbruch] Herzogs von Reichstadt verwechselt werden, das der englische
Maler 1818 in Wien malte. Leider habe ich meinen Kupfer-
stich verloren. Er war die Neproduktion eines 1827 gemalten
lebensgroßen Portraits, das jetzt, wie ich glaube, im Besitze
der Marchesa Lavalette in London ist."
So weit Rostand,
und nun kommt die Komik. Die "Academy" vom 24. März,
der wir dies Interview entnehmen, hat weiter nachgeforscht,
da die Ironie, daß ein französischer Dichter an dem von
einem Engländer gemalten Bilde des Sohnes des größten
Feindes Englands sich so erfolgreich inspirirt hat, das eng-
lische Wochenblatt getroffen hätte: In keinem Katalog der
Werke von Sir Thomas Lawrence ist ein lebensgroßes
Bild des Herzogs von Reichstadt verzeichnet, eine Mar-
chesa Lavalette existirt nicht in London, dagegen hat
vor Jahren eine Komtesse de Lavalette da gelebt. Mit
dem Wiener Portrait des Königs von Rom stimmt Rostands
Beschreibung insofern, als auch in diesem halben Brustbild
oben sich der faltige Mantel zeigt während von Melancholie
in dem reizenden, in der Academy abgebildeten Knabengesicht
sich nichts finden läßt und ebensowenig das Gebirge gemalt ist.
Dagegen stimmt Rostands Schilderung durchaus zu dem
lebensgroßen, von Sir Thomas Lawrence gemalten Portrait
eines vornehmen jungen Engländers "Master Lamston"; hier
ist die gebirgige Landschaft sammt dem unendlich melancholischen
Ausdruck. Es ist für den Gewährsmann der Academy ein
naheliegender Gedanke, daß sich Rostand an dem für den
Herzog von Reichstadt angesehenen Bildniß des Master
Lamston für den "Sohn des Mannes" begeistert hatte, das
nachher mit dem Wiener Bild in seinen Ideen verschwamm.
Wenn ein x-beliebiger junger Engländer Rostands Poesie auf
den Sohn Napoleons erweckt hat, so ist dies allerdings ein
Gipfel der Ironie. Die "Academy" erzählt noch die wenig be-
kannte Geschichte von der Geburt und Benennung des Königs
von Rom. Die Kaiserin kam furchtbar schwer nieder, und
Napoleon machte den Aerzten mit den Worten Muth: "Be-
handeln sie die Kaiserin, als wäre sie eine Bürgersfrau der
Rue St. Denis." Als die Aerzte fragten, ob sie gegebenen-
falls die Mutter oder das Kind zu retten hätten, sagte der
Kaiser mit in diesem Augenblick besonders anzuerkennendem
Gerechtigkeitsgefühl: "Die Mutter, es ist ihr Recht." Nachdem
dann der Sohn glücklich zur Welt gekommen, kündigte
Napoleon den hohen Staatswürdenträgern das frohe Er-
eigniß mit den Worten an: "Er ist ein König von Rom".

[Spaltenumbruch]

Gestern konstituirte sich auf
Initiative des Grafen Albert Apponyi hin die ungarische
Gruppe der internationalen Preßvereinigung für
den Frieden,
welche im Anschluß und als Ergänzung der
internationalen parlamentarischen Friedensvereinigung wirken
soll. Demnächst soll die Konstituirung der Preßvereinigung
auch im Auslande erfolgen.

Aufhebung der Zuckerprämien.

* Die französische Regierung hat vor kurzem Anträge
betreffs Aufhebung der Zuckerprämien an die deutsche Re-
gierung übermittelt. Deutscherseits erklärte man, über diese
Vorschläge zunächst mit Oesterreich-Ungarn berathen zu wollen.
Darauf beruhten die schon gemeldeten Wiener Verhandlungen
deutscher und österreichisch-ungarischer Regierungsvertreter.
Die Anträge Frankreichs bestehen, wie das "Fremdenbl."
berichtet, im wesentlichen in der völligen Aufhebung der
offenen Prämie
und in der Kürzung -- angeblich bis
auf ein Drittel -- der verdeckten Steuerprämie. Die
Antwort Deutschlands und Oesterreich-Ungarns be-
grüßt den Schritt Frankreichs mit Genugthuung. sie erklärt
aber gleichzeitig, daß den Vorschlägen Frankreichs nur eine
theilweise Aufhebung der reichsdeutschen, respektive öster-
reichisch-ungarischen Prämie entsprechen würde. Im übrigen
wird es als unerläßlich bezeichnet, daß auch Rußland seine
Zuckersteuerbestimmungen entsprechend abändere. Die eng-
lische
Regierung hat den Plan, den eingeführten Rübenzucker
mit einer Abgabe zu belegen, fallen gelassen.

Frankreich.
Kammerverhandlung.

Tel. In der gestrigen Sitzung der
Kammer interpellirte Abg. Duquesnay wegen der jüngsten
Unruhen auf Martinique. Er tadelte das Verhalten
des Gouverneurs und der anderen Beamten. Abg. Ger-
ville-Reache,
Präsident der Rechnungskammer, rechtfertigt
die Haltung der Zivilbehörden, erhebt aber gegen das Militär
den Vorwurf, daß ihm Ruhe und Besonnenheit gefehlt habe,
indem es auf die Strikenden feuerte. Kolonialminister
Decrais rechtfertigt ebenfalls das Verhalten der Beamten
und erklärt, es habe auf der Insel ein wirthschaftlicher Aus-
stand bestanden, niemals ein Rassenkampf. Die Lage wurde
übertrieben. Die Regierung habe eine Untersuchung einge-
leitet, um festzustellen, wen die Verantwortung für die Un-
ruhen treffe. Er bitte um Unterstützung des Hauses, damit
die Ruhe auf Martinique hergestellt werde. Ministerpräsident
Waldeck-Rousseau erklärte, er nehme die vom Abg.
Gerville-Reache vorgeschlagene Tagesordnung an, in welcher
die Kammer ihr Vertrauen ausdrückt, daß die Regierung
mit Festigkeit die Ordnung und den Rechtszustand auf
Martinique wiederherstellen werde. Die Kammer spricht sich
für die Priorität dieser Tagesordnung mit 243 gegen 232
Stimmen aus. Abg. Lasserre verlangt Theilung der Tages-
ordnung von Gerville-Reache; zahlreiche Abgeordnete wollen
die Wiederherstellung der Ordnung auf Martinique, aber sie
wollen der Regierung ihr Vertrauen nicht aussprechen, Abg.
Saint-Von stürzt auf Lasserre zu und schlägt ihn
.
Man trennt Beide, es herrscht große Aufregung. Mi-
nisterpräsident Waldeck-Rousseau erklärt, er glaube nicht,
daß der Regierung wegen des Vorfalls auf Martinique kein
Vertrauen von der Kammer mehr entgegengebracht werde.
Die Kammer nahm schließlich den ersten Theil der Tages-
ordnung Gerville-Reache, in welchem der Regierung das
Vertrauen der Kammer ausgedrückt wird, mit 285
gegen 239 Stimmen an
. Der zweite Theil betreffend
Wiederherstellung der Ordnung auf Martinique wurde durch
Handaufheben angenommen und die Sitzung sodann ge-
schlossen.

Die Assumptionisten. -- Baron Christiani.

Gerüchtweise verlautete, auf den
Befehl des Papstes hin, dem die Regierung der Republik
mit der Abberufung ihres Botschafters beim Vatikan gedroht
hätte, würden die Assumptionisten von der Leitung der
"Croix" zurücktreten. Der "Gaulois" hält diese Meldung
für eine böswillige Erfindung. Einer seiner Mitarbeiter hat
sich nach der Rue Francois I. begeben, ist aber nicht so
glücklich gewesen, von den Patres Picard und Bailly Aus-
kunft zu erlangen, denn sie lehnen jedes Interview ab. Da-
gegen versicherte ein Redakteur der "Croix", er habe von
Unterhandlungen zwischen der französischen Regierung und
dem Vatikan, auch von einem päpstlichen Befehle nichts gehört.
Er fügte hinzu, P. Bailly sei nun schon seit acht Tagen nicht
auf der Redaktion erschienen, und wer die Assumptionisten
kenne, der müsse wissen, daß sie jederzeit bereit sind, nicht nur
einem Befehle, sondern dem leisesten Wunsche des heiligen
Vaters zu willfahren. Wie der "Gaulois" dazu kommt, aus
dieser gewundenen Antwort zu schließen, es sei an der ganzen
Sache nichts, ist nicht recht ersichtlich.

Baron Christiani, der seit seiner Heldeuthat in Antenil
eine berühmte Persönlichkeit ist, wurde gestern Nachmittag
ganz unverhofft, denn er wußte nichts von seiner angekündigten
Begnadigung, auf freien Fuß gesetzt. Er wird sich in den
nächsten Tagen nach dem sonnigen Süden begeben, um sich
von den Leiden der neunmonatigen Haft zu erholen, welche
nach seinem eigenen Geständniß sehr erträglich waren. Hr.
v. Christiani wäre schon längst aus der Haft entlassen worden,
wenn seine Parteigenossen es nicht darauf angelegt hätten,
seine That zu verherrlichen, statt den dummen Streich, der
nach einem allzu reichen Frühstück begangen wurde, der Ver-
gessenheit anheimzugeben.



Theater-Anzeiger.

Kgl. Hof- und Nationaltheater.

Der Ring des Nibe-
lungen,
ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend von
Richard Wagner. Erster Tag: Die Walküre. Von Richard Wagner.
Personen: Siegmund: Hr. Vogl. -- Hunding: Hr. Klöpfer. -- Wotan:
Hr. Feinhals. -- Sieglinde: Frl. Morena. -- Brünnhilde: Frau
Fränkel-Claus. -- Fricka: Frl. Frank. -- Helmwige, Gerhilde,
Ortlinde, Waltraute, Siegrune, Grimgerde, Schwertleite, Roßweiße,
Walküren: Frl. Schloß, Frau Schöller Frl. Borchers, Frl. Koch,
Frl. E. Sigler, Frl. Frank, Frl Blank, Frl. Lautenbacher. --
Anfang 6 Uhr, Ende gegen halb 11 Uhr.

Theater am Gärtnerplatz.

Die Dame von Maxim. Anfang
halb 8 Uhr.

Münchener Schauspielhaus.

Der Probekandidat. Anfang
halb 8 Uhr.

Münchener Volkstheater.

Epidemisch. Anfang 8 Uhr.



[irrelevantes Material]
Nr. 84. München, Dienſtag Allgemeine Zeitung 27. März 1900.
[Spaltenumbruch]

auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. ſ. w. allſeitig
anerkannt. Bei der bevorſtehenden Neuwahl iſt es kein Zweifel,
daß der Bund der Landwirthe in erſter Linie einen Nachfolger
präſentiren wird.

Elſaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. — Reichstagsabgeordneter Bneb.

Auf einem Diner zu Ehren
des Landesausſchuſſes hatte der kaiſerliche Statthalter jüngſt
auch der Flottenfrage gedacht und geäußert, er habe
wenig Hoffnung, daß die Mehrheit der elſaß-lothringiſchen
Abgeordneten für die Vorlage ſtimmen werde, doch glaube
er, daß die Bevölkerung des Reichslands, namentlich die
induſtrielle, dieſer Lebensfrage für unſer wirthſchaftliches
Gedeihen mehr Verſtändniß entgegenbringe. Dieſe Aeußerung
iſt dem Statthalter in der klerikalen Preſſe furchtbar übel
genommen worden; am ſchärfſten äußert ſich der Reichstags-
abgeordnete Wetterlé, der in ſeinem „Journal de Colmar“
in einem heftigen Artikel gegen den Statthalter, der „ſich er-
laubt habe, bei Gelegenheit eines Diners die Vertreter des
Landes im Reichstag zu kritiſiren“, zu Felde zieht. Ob in
den Worten des Statthalters eine Kritik liegt, darüber zu
ſtreiten, iſt überflüſſig, denn wenn es der Fall wäre, wäre
der Statthalter ebenſo wie jeder andere Staatsbürger dazu
befugt geweſen. Die Thatſache aber, die der Statthalter
feſtſtellt, bleibt richtig. Die klerikalen elſaß-lothringiſchen
Neichstagsabgeordneten haben ſchon längſt in ihren Blättern
verkündigt, daß ſie gegen jede Vermehrung der Flotte ſeien.
Damit befinden ſie ſich zunächſt im Widerſpruch mit weiten Kreiſen
der Bevölkerung und durchaus mit den Intereſſen des Landes.
Denn Elſaß-Lothringen iſt ein reiches Induſtrieland und alle
Zweige ſeiner hochentwickelten Induſtrie ſind ſtark auf den über-
ſeeiſchen Export angewieſen. Das haben auch weite Kreiſe
der Induſtriellen eingeſehen, und wenn nicht aus nationalen,
treten ſie doch aus wirthſchaftlichen Gründen für eine Ver-
ſtärkung der Flotte mit Eifer ein. Es hat ſich übrigens auch
bei früheren Gelegenheiten gezeigt, daß das Reichsland vom
wirthſchaftspolitiſchen Standpunkt aus in Berlin durch ſeine
Abgeordneten, von denen ja ein großer Theil auch katholiſche
Geiſtliche ſind, überaus ſchlecht vertreten iſt. Das kommt da-
her, daß bei den Wahlen hier immer noch andere Geſichtspunkte
als praktiſch-politiſche maßgebend ſind. — Der Zwieſpalt in
der ſozialdemokratiſchen Partei des Reichslandes,
von dem wir kürzlich berichteten, nimmt in der von uns ge-
zeichneten Weiſe ſeinen Fortgang, d. h. der Streit zwiſchen
dem Reichstagsabgeordneten Bueb in Mülhauſen und der
Straßburger Zentralleitung wird immer heftiger. Das ſozial-
demokratiſche Parteiorgan, die „Freie Preſſe“ in Straßburg,
behandelt Bueb bereits nicht mehr als „Genoſſen“, und Bueb
führt in den Mülhauſener bürgerlichen Blättern gegen die
Straßburger Parteidiktatoren einen fröhlichen Krieg: In
ſeiner letzten Antwort gibt er zu verſtehen, daß die 14,000
Wähler Mülhauſens, denen er ſein Mandat verdanke, nicht
einem halben Dutzend Straßburger Herren untergeordnet ſeien.

Oeſterreich-Ungarn.
Die gemeinſamen Angelegenheiten.

* Am Sonntag war der ungariſche Miniſterpräſident
v. Szell in Wien, um vom Kaiſer in Andienz empfangen
zu werden und mit ſeinen dortigen Miniſterkollegen zu kon-
feriren. Hr. v. Szell hatte dem Kaiſer über die laufenden
Angelegenheiten und über die Beſetzung des Poſtens eines
Staatsſekretärs des Innern, ſowie die Ernennung eines Mi-
niſters a latere, welcher Poſten durch den Rücktritt des Grafen
Szechenyi frei geworden iſt, zu berichten, außerdem aber
galten die Beſprechungen den gemeinſamen Angelegenheiten,
dem Zuſammentritt der Delegationen, ſowie der Quotendepu-
tationen. Was die Delegationen betrifft, ſo haben die
Regierungen diesmal keine Hinderniſſe zu befürchten. Die
öſterreichiſche Delegation iſt bereits gewählt, die Neuwahl
der ungariſchen kann erfolgen, ſobald der ungariſche Staats-
voranſchlag erledigt und die Neichstagsſeſſion geſchloſſen, be-
ziehungsweiſe neu eröffnet ſein wird. Unklar erſcheint
vorläufig nur, wie die halbamtliche Verlautbarung,
daß die Delegationen während der erſten Hälfte des
Mai in Budapeſt zuſammentreten ſollen, mit der ander-
weitigen Information, wonach auch der öſterreichiſche Reichs-
rath anfangs Mai wieder verſammelt werden wird, zuſammen-
zureimen iſt. Eventuell müßte alſo der Reichsrath nach
[Spaltenumbruch] wenigen Tagen ſeine Thätigkeit wieder unterbrechen. Etwas
ſchwieriger geſtaltet ſich die Frage wegen der Quotendepu-
tationen
. Infolge Ablebens des Deputationsmitglieds
Dumba muß in der öſterreichiſchen Deputation vor dem Zu-
ſammentritt eine Erſatzwahl ſtattfinden Schon der Zuſammen-
tritt der Deputationen iſt alſo abhängig von der Wiederver-
ſammlung und der Funktionsfähigkeit des Reichsraths, mehr
aber noch die ſchließliche Erledigung der Quotenfrage ſelbſt.
Wie erinnerlich, haben ſich im vorigen Herbſt die beiden
Quotendeputationen auf eine neue Bemeſſung des Beitrags
zu den gemeinſamen Ausgaben geeinigt, der Vorſchlag konnte
aber nicht Geſetz werden wegen der Obſtruktion der Jung-
tſchechen im Reichsrath und die Quote wurde am 1. Januar
1900 durch kaiſerliche Entſcheidung auf ein weiteres halbes
Jahr, alſo bis 30. Juni d. J. feſtgeſetzt. Bis zu letzterem
Termin müſſen nun nicht nur die Deputationen ſich von neuem
verſtändigt haben — was allerdings, wie man annimmt,
keine Schwierigkeiten verurſachen wird, indem einfach die
frühere Vereinbarung aufrechterhalten werden dürfte —,
ſondern es muß das Quotengeſetz auch in den beiderſeitigen
Parlamenten durchberathen und zur Annahme gelangt ſein.
Es gilt alſo ſpeziell in Oeſterreich, den innerpolitiſchen Kampf
ſoweit einzudämmen, daß der Reichsrath dauernd arbeits-
fähig und arbeitswillig bleibt. Bliebe die Quotenfrage aber-
mals ungelöst, ſo würden die Verhältniſſe der Monarchie in
einen neuen Kriſenzuſtand verfallen, der zu den bedenklichſten
Konſequenzen führen könnte.

Der Kohlenarbeiterſtrike.

* Die Lage im böhmiſch-mähriſchen Strikegebiet läßt noch
immer manches zu wünſchen übrig. Verſchiedene frühere Nach-
richten aus Böhmen über endgültige Beilegung des Ausſtands
ſcheinen nicht ganz den Thatſachen entſprochen zu haben.
Schlecht ſtehen die Dinge insbeſondere noch in Kladno, wo
in den letzten Tagen einige 70 Prozent der geſammten Beleg-
ſchaft ſtrikten, während gegen 900 Mann anfuhren. In
Littitz wurde in einer am Sonntag abgehaltenen Bergarbeiter-
verſammlung, nach der erfolgten Wiederanfnahme der Arbeit,
beſchloſſen, um die Einberufung des Einigungsamtes zu
erſuchen, und für den Fall, als die Forderungen, namentlich
die Gewährung des Generalpardous, abgelehnt werden ſollten,
mit der Erneuerung des Strikes gedroht. Die Frage
des Generalpardons hat auch ſonſt viel Schwierigkeiten und
Verzögerung des Arbeitsantritts verurſacht. In den zu
Mähriſch-Oſtrau am Sonntag ausſchließlich von radikaler
Seite veranſtalteten Verſammlungen ging es noch immer ſehr
ſtürmiſch zu, ſo daß einzelne Verſammlungen geſchloſſen werden
mußten. Ueberall wurde für die Fortſetzung des Strikes
geſprochen, wenn er auch ausſichtslos ſei, und in heftigſter
Weiſe gegen die Führer Vorwürfe erhoben, beſonders überall
darauf hingewieſen, daß dieſelben Konzeſſionen ſchon vor
fünf Wochen gewährt worden ſeien und daß man die
Arbeiter ſo lange Zeit eigentlich umſonſt habe hungern
laſſen. Die Sozialdemokraten haben hier allen Einfluß ver-
loren, ein von den entlaſſenen Delegirten veröffentlichtes
Manifeſt, welches die Wiederaufnahme der Arbeit und den
neuerlichen Anſchluß an die ſozialdemokratiſche Organiſation
empſiehlt, machte keinen Eindruck. Doch zeigte die Montags-
Frühſchicht eine Beſſerung der Anfahrt auch im Oſtrauer
Weſtrevier, was auf die gänzliche Mittelloſigkeit der Arbeiter
zurückzuführen iſt. Im Oſtrauer Oſtrevier hat ſich der ſchon
vor Wochenfriſt eingetretene günſtigere Zuſtand erhalten. Auf
Rückfälle zum Strike, wo es auch ſei, wird man immer noch
eine Zeitlang gefaßt bleiben müſſen. Schwerlich aber werden
ſich die Sozialdemokraten der Gefahr ausſetzen, ſich ein zweites
Mal die Finger zu verbrennen.

Vom Tage.

Hier ſtarb geſtern das Herrenhaus-
Mitglied Dr. Moriz R. v. Eigner. Er gehörte der Verfaſſungs-
partei an. Vom Jahre 1868 an bis zu Beginn der Aera
Taaffe ſtand Eigner als Landeshauptmann der liberalen
Landesvertretung von Oberöſterreich vor.

Tel. Die Abreiſe des Grafen
und der Gräfin Lonyay von Miramare ſollte ſchon geſtern
ſtattfinden, wurde aber auf heute vertagt. Sie erfolgt wahr-
ſcheinlich nachmittags nach Contopello. Sonſt hat das neu-
vermählte Paar das Schloß noch nicht verlaſſen, auch wurde
Niemand empfangen.



[Spaltenumbruch]

Todſünden“ hat hier kaum ein Bild ſolchen Kampf entfeſſelt,
wie das Klimt’ſche Deckengemälde. Nun hat ſich der Wider-
ſpruch gegen die ſymboliſtiſche Vieldentigkeit des Bildes, deſſen
Beſchreibung wir in unſerm Sezeſſionsfeuilleton demnächſt
geben werden, zu einem Proteſt einer Anzahl von Univerſitäts-
profeſſoren verdichtet, welcher von dem Unterrichtsminiſterium
verlangt, daß das Bild nicht ſeiner Beſtimmung zugeführt
werde. Von Bedenken à la lex Heinze, ſo verſichern die Ge-
lehrten, welche bis jetzt den Proteſtentwurf unterſchrieben
haben, ſei keine Rede, es handle ſich nur um äſthetiſche Ve-
denken. Das Bild paſſe nicht in den Renaiſſancerahmen des
Ferſtel’ſchen Univerſitätspalaſtes. Den Auftrag zur maleriſchen
Ausſchmückung der Aula hatte ſeinerzeit Profeſſor Franz
Matſch erhalten. Derſelbe erbat ſich ſeinen Freund und lang-
jährigen Mitarbeiter an anderen Monumentalmalereien (Burg-
theater, Kunſthiſtoriſches Muſeum) auch in dieſem Falle als
Kompagnon und behielt ſich die Ausführung des Mittelbildes,
ſowie eines Seitenbildes vor, während er die drei übrigen
Seitenbilder ſeinem Kollegen überließ. Klimt hat, wie ver-
lautet, ſchon vor zwei Jahren mehrere Skizzen ſeiner jetzigen
Bilder der betreffenden Kommiſſion vorgelegt, wobei nur eine
unbekleidete Franengeſtalt von einem Ausſchußmitglied be-
anſtandet worden ſein ſoll. Man iſt hier auf die weitere
Entwicklung des intereſſanten Falles ſehr geſpaunt.

M. Wie Roſtand dazu kam, „l’Aiglon“ zu
dichten.

In einem Interview mit einem Vertreter der „Weſt-
minſter Gazette“ erzählt Roſtand, wie er den Gedanken, den
Herzog von Reichſtadt in einem Drama zu verherrlichen, ge-
ſaßt hat. „Die Idee, den Herzog von Reichſtadt auf die
Bühne zu bringen, iſt mir durch einen Kupferſtich nach dem
Bilde von Sir Thomas Lawrence eingeflößt worden, der den
jungen Prinzen in einen faltigen Mantel gehüllt darſtellt, wie
er als Zwölf- oder Vierzehujähriger in einer felſigen Gebirgs-
landſchaft daſteht. In meinem Schlafzimmer, das ich als
Kind zu Marſeille hatte, war dies Bild aufgehängt und ver-
fehlte durch den Ausdruck unendlicher Melancholie und Träu-
merei, die der engliſche Maler in das Geſicht des Prinzen
gelegt hatte, ſeinen nachhaltenden Eindruck auf meine jugend-
liche Einbildungskraft nicht. Ebenſo bin ich ja durch die Lek-
türe der Abentener Cyrano de Bergeracs während meiner
Schulzeit dazu gekommen, die Laufbahn des gascogniſchen
Helden zu dramatiſiren. — Das genannte Werk von Sir
Thomas Lawrence darf keinesfalls mit dem Portrait des
[Spaltenumbruch] Herzogs von Reichſtadt verwechſelt werden, das der engliſche
Maler 1818 in Wien malte. Leider habe ich meinen Kupfer-
ſtich verloren. Er war die Neproduktion eines 1827 gemalten
lebensgroßen Portraits, das jetzt, wie ich glaube, im Beſitze
der Marcheſa Lavalette in London iſt.“
So weit Roſtand,
und nun kommt die Komik. Die „Academy“ vom 24. März,
der wir dies Interview entnehmen, hat weiter nachgeforſcht,
da die Ironie, daß ein franzöſiſcher Dichter an dem von
einem Engländer gemalten Bilde des Sohnes des größten
Feindes Englands ſich ſo erfolgreich inſpirirt hat, das eng-
liſche Wochenblatt getroffen hätte: In keinem Katalog der
Werke von Sir Thomas Lawrence iſt ein lebensgroßes
Bild des Herzogs von Reichſtadt verzeichnet, eine Mar-
cheſa Lavalette exiſtirt nicht in London, dagegen hat
vor Jahren eine Komteſſe de Lavalette da gelebt. Mit
dem Wiener Portrait des Königs von Rom ſtimmt Roſtands
Beſchreibung inſofern, als auch in dieſem halben Bruſtbild
oben ſich der faltige Mantel zeigt während von Melancholie
in dem reizenden, in der Academy abgebildeten Knabengeſicht
ſich nichts finden läßt und ebenſowenig das Gebirge gemalt iſt.
Dagegen ſtimmt Roſtands Schilderung durchaus zu dem
lebensgroßen, von Sir Thomas Lawrence gemalten Portrait
eines vornehmen jungen Engländers „Maſter Lamston“; hier
iſt die gebirgige Landſchaft ſammt dem unendlich melancholiſchen
Ausdruck. Es iſt für den Gewährsmann der Academy ein
naheliegender Gedanke, daß ſich Roſtand an dem für den
Herzog von Reichſtadt angeſehenen Bildniß des Maſter
Lamston für den „Sohn des Mannes“ begeiſtert hatte, das
nachher mit dem Wiener Bild in ſeinen Ideen verſchwamm.
Wenn ein x-beliebiger junger Engländer Roſtands Poeſie auf
den Sohn Napoleons erweckt hat, ſo iſt dies allerdings ein
Gipfel der Ironie. Die „Academy“ erzählt noch die wenig be-
kannte Geſchichte von der Geburt und Benennung des Königs
von Rom. Die Kaiſerin kam furchtbar ſchwer nieder, und
Napoleon machte den Aerzten mit den Worten Muth: „Be-
handeln ſie die Kaiſerin, als wäre ſie eine Bürgersfrau der
Rue St. Denis.“ Als die Aerzte fragten, ob ſie gegebenen-
falls die Mutter oder das Kind zu retten hätten, ſagte der
Kaiſer mit in dieſem Augenblick beſonders anzuerkennendem
Gerechtigkeitsgefühl: „Die Mutter, es iſt ihr Recht.“ Nachdem
dann der Sohn glücklich zur Welt gekommen, kündigte
Napoleon den hohen Staatswürdenträgern das frohe Er-
eigniß mit den Worten an: „Er iſt ein König von Rom“.

[Spaltenumbruch]

Geſtern konſtituirte ſich auf
Initiative des Grafen Albert Apponyi hin die ungariſche
Gruppe der internationalen Preßvereinigung für
den Frieden,
welche im Anſchluß und als Ergänzung der
internationalen parlamentariſchen Friedensvereinigung wirken
ſoll. Demnächſt ſoll die Konſtituirung der Preßvereinigung
auch im Auslande erfolgen.

Aufhebung der Zuckerprämien.

* Die franzöſiſche Regierung hat vor kurzem Anträge
betreffs Aufhebung der Zuckerprämien an die deutſche Re-
gierung übermittelt. Deutſcherſeits erklärte man, über dieſe
Vorſchläge zunächſt mit Oeſterreich-Ungarn berathen zu wollen.
Darauf beruhten die ſchon gemeldeten Wiener Verhandlungen
deutſcher und öſterreichiſch-ungariſcher Regierungsvertreter.
Die Anträge Frankreichs beſtehen, wie das „Fremdenbl.“
berichtet, im weſentlichen in der völligen Aufhebung der
offenen Prämie
und in der Kürzung — angeblich bis
auf ein Drittel — der verdeckten Steuerprämie. Die
Antwort Deutſchlands und Oeſterreich-Ungarns be-
grüßt den Schritt Frankreichs mit Genugthuung. ſie erklärt
aber gleichzeitig, daß den Vorſchlägen Frankreichs nur eine
theilweiſe Aufhebung der reichsdeutſchen, reſpektive öſter-
reichiſch-ungariſchen Prämie entſprechen würde. Im übrigen
wird es als unerläßlich bezeichnet, daß auch Rußland ſeine
Zuckerſteuerbeſtimmungen entſprechend abändere. Die eng-
liſche
Regierung hat den Plan, den eingeführten Rübenzucker
mit einer Abgabe zu belegen, fallen gelaſſen.

Frankreich.
Kammerverhandlung.

Tel. In der geſtrigen Sitzung der
Kammer interpellirte Abg. Duquesnay wegen der jüngſten
Unruhen auf Martinique. Er tadelte das Verhalten
des Gouverneurs und der anderen Beamten. Abg. Ger-
ville-Réache,
Präſident der Rechnungskammer, rechtfertigt
die Haltung der Zivilbehörden, erhebt aber gegen das Militär
den Vorwurf, daß ihm Ruhe und Beſonnenheit gefehlt habe,
indem es auf die Strikenden feuerte. Kolonialminiſter
Decrais rechtfertigt ebenfalls das Verhalten der Beamten
und erklärt, es habe auf der Inſel ein wirthſchaftlicher Aus-
ſtand beſtanden, niemals ein Raſſenkampf. Die Lage wurde
übertrieben. Die Regierung habe eine Unterſuchung einge-
leitet, um feſtzuſtellen, wen die Verantwortung für die Un-
ruhen treffe. Er bitte um Unterſtützung des Hauſes, damit
die Ruhe auf Martinique hergeſtellt werde. Miniſterpräſident
Waldeck-Rouſſeau erklärte, er nehme die vom Abg.
Gerville-Réache vorgeſchlagene Tagesordnung an, in welcher
die Kammer ihr Vertrauen ausdrückt, daß die Regierung
mit Feſtigkeit die Ordnung und den Rechtszuſtand auf
Martinique wiederherſtellen werde. Die Kammer ſpricht ſich
für die Priorität dieſer Tagesordnung mit 243 gegen 232
Stimmen aus. Abg. Laſſerre verlangt Theilung der Tages-
ordnung von Gerville-Réache; zahlreiche Abgeordnete wollen
die Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique, aber ſie
wollen der Regierung ihr Vertrauen nicht ausſprechen, Abg.
Saint-Von ſtürzt auf Laſſerre zu und ſchlägt ihn
.
Man trennt Beide, es herrſcht große Aufregung. Mi-
niſterpräſident Waldeck-Rouſſeau erklärt, er glaube nicht,
daß der Regierung wegen des Vorfalls auf Martinique kein
Vertrauen von der Kammer mehr entgegengebracht werde.
Die Kammer nahm ſchließlich den erſten Theil der Tages-
ordnung Gerville-Réache, in welchem der Regierung das
Vertrauen der Kammer ausgedrückt wird, mit 285
gegen 239 Stimmen an
. Der zweite Theil betreffend
Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique wurde durch
Handaufheben angenommen und die Sitzung ſodann ge-
ſchloſſen.

Die Aſſumptioniſten. — Baron Chriſtiani.

Gerüchtweiſe verlautete, auf den
Befehl des Papſtes hin, dem die Regierung der Republik
mit der Abberufung ihres Botſchafters beim Vatikan gedroht
hätte, würden die Aſſumptioniſten von der Leitung der
Croix“ zurücktreten. Der „Gaulois“ hält dieſe Meldung
für eine böswillige Erfindung. Einer ſeiner Mitarbeiter hat
ſich nach der Rue François I. begeben, iſt aber nicht ſo
glücklich geweſen, von den Patres Picard und Bailly Aus-
kunft zu erlangen, denn ſie lehnen jedes Interview ab. Da-
gegen verſicherte ein Redakteur der „Croix“, er habe von
Unterhandlungen zwiſchen der franzöſiſchen Regierung und
dem Vatikan, auch von einem päpſtlichen Befehle nichts gehört.
Er fügte hinzu, P. Bailly ſei nun ſchon ſeit acht Tagen nicht
auf der Redaktion erſchienen, und wer die Aſſumptioniſten
kenne, der müſſe wiſſen, daß ſie jederzeit bereit ſind, nicht nur
einem Befehle, ſondern dem leiſeſten Wunſche des heiligen
Vaters zu willfahren. Wie der „Gaulois“ dazu kommt, aus
dieſer gewundenen Antwort zu ſchließen, es ſei an der ganzen
Sache nichts, iſt nicht recht erſichtlich.

Baron Chriſtiani, der ſeit ſeiner Heldeuthat in Antenil
eine berühmte Perſönlichkeit iſt, wurde geſtern Nachmittag
ganz unverhofft, denn er wußte nichts von ſeiner angekündigten
Begnadigung, auf freien Fuß geſetzt. Er wird ſich in den
nächſten Tagen nach dem ſonnigen Süden begeben, um ſich
von den Leiden der neunmonatigen Haft zu erholen, welche
nach ſeinem eigenen Geſtändniß ſehr erträglich waren. Hr.
v. Chriſtiani wäre ſchon längſt aus der Haft entlaſſen worden,
wenn ſeine Parteigenoſſen es nicht darauf angelegt hätten,
ſeine That zu verherrlichen, ſtatt den dummen Streich, der
nach einem allzu reichen Frühſtück begangen wurde, der Ver-
geſſenheit anheimzugeben.



Theater-Anzeiger.

Kgl. Hof- und Nationaltheater.

Der Ring des Nibe-
lungen,
ein Bühnenfeſtſpiel für drei Tage und einen Vorabend von
Richard Wagner. Erſter Tag: Die Walküre. Von Richard Wagner.
Perſonen: Siegmund: Hr. Vogl. — Hunding: Hr. Klöpfer. — Wotan:
Hr. Feinhals. — Sieglinde: Frl. Morena. — Brünnhilde: Frau
Fränkel-Claus. — Fricka: Frl. Frank. — Helmwige, Gerhilde,
Ortlinde, Waltraute, Siegrune, Grimgerde, Schwertleite, Roßweiße,
Walküren: Frl. Schloß, Frau Schöller Frl. Borchers, Frl. Koch,
Frl. E. Sigler, Frl. Frank, Frl Blank, Frl. Lautenbacher. —
Anfang 6 Uhr, Ende gegen halb 11 Uhr.

Theater am Gärtnerplatz.

Die Dame von Maxim. Anfang
halb 8 Uhr.

Münchener Schauſpielhaus.

Der Probekandidat. Anfang
halb 8 Uhr.

Münchener Volkstheater.

Epidemiſch. Anfang 8 Uhr.



[irrelevantes Material]
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[3/0003] Nr. 84. München, Dienſtag Allgemeine Zeitung 27. März 1900. auf den Gebieten der Gemeindeverwaltung u. ſ. w. allſeitig anerkannt. Bei der bevorſtehenden Neuwahl iſt es kein Zweifel, daß der Bund der Landwirthe in erſter Linie einen Nachfolger präſentiren wird. Elſaß-Lothringen: Zur Flottenfrage. — Reichstagsabgeordneter Bneb. # Straßburg, 26. März. Auf einem Diner zu Ehren des Landesausſchuſſes hatte der kaiſerliche Statthalter jüngſt auch der Flottenfrage gedacht und geäußert, er habe wenig Hoffnung, daß die Mehrheit der elſaß-lothringiſchen Abgeordneten für die Vorlage ſtimmen werde, doch glaube er, daß die Bevölkerung des Reichslands, namentlich die induſtrielle, dieſer Lebensfrage für unſer wirthſchaftliches Gedeihen mehr Verſtändniß entgegenbringe. Dieſe Aeußerung iſt dem Statthalter in der klerikalen Preſſe furchtbar übel genommen worden; am ſchärfſten äußert ſich der Reichstags- abgeordnete Wetterlé, der in ſeinem „Journal de Colmar“ in einem heftigen Artikel gegen den Statthalter, der „ſich er- laubt habe, bei Gelegenheit eines Diners die Vertreter des Landes im Reichstag zu kritiſiren“, zu Felde zieht. Ob in den Worten des Statthalters eine Kritik liegt, darüber zu ſtreiten, iſt überflüſſig, denn wenn es der Fall wäre, wäre der Statthalter ebenſo wie jeder andere Staatsbürger dazu befugt geweſen. Die Thatſache aber, die der Statthalter feſtſtellt, bleibt richtig. Die klerikalen elſaß-lothringiſchen Neichstagsabgeordneten haben ſchon längſt in ihren Blättern verkündigt, daß ſie gegen jede Vermehrung der Flotte ſeien. Damit befinden ſie ſich zunächſt im Widerſpruch mit weiten Kreiſen der Bevölkerung und durchaus mit den Intereſſen des Landes. Denn Elſaß-Lothringen iſt ein reiches Induſtrieland und alle Zweige ſeiner hochentwickelten Induſtrie ſind ſtark auf den über- ſeeiſchen Export angewieſen. Das haben auch weite Kreiſe der Induſtriellen eingeſehen, und wenn nicht aus nationalen, treten ſie doch aus wirthſchaftlichen Gründen für eine Ver- ſtärkung der Flotte mit Eifer ein. Es hat ſich übrigens auch bei früheren Gelegenheiten gezeigt, daß das Reichsland vom wirthſchaftspolitiſchen Standpunkt aus in Berlin durch ſeine Abgeordneten, von denen ja ein großer Theil auch katholiſche Geiſtliche ſind, überaus ſchlecht vertreten iſt. Das kommt da- her, daß bei den Wahlen hier immer noch andere Geſichtspunkte als praktiſch-politiſche maßgebend ſind. — Der Zwieſpalt in der ſozialdemokratiſchen Partei des Reichslandes, von dem wir kürzlich berichteten, nimmt in der von uns ge- zeichneten Weiſe ſeinen Fortgang, d. h. der Streit zwiſchen dem Reichstagsabgeordneten Bueb in Mülhauſen und der Straßburger Zentralleitung wird immer heftiger. Das ſozial- demokratiſche Parteiorgan, die „Freie Preſſe“ in Straßburg, behandelt Bueb bereits nicht mehr als „Genoſſen“, und Bueb führt in den Mülhauſener bürgerlichen Blättern gegen die Straßburger Parteidiktatoren einen fröhlichen Krieg: In ſeiner letzten Antwort gibt er zu verſtehen, daß die 14,000 Wähler Mülhauſens, denen er ſein Mandat verdanke, nicht einem halben Dutzend Straßburger Herren untergeordnet ſeien. Oeſterreich-Ungarn. Die gemeinſamen Angelegenheiten. * Am Sonntag war der ungariſche Miniſterpräſident v. Szell in Wien, um vom Kaiſer in Andienz empfangen zu werden und mit ſeinen dortigen Miniſterkollegen zu kon- feriren. Hr. v. Szell hatte dem Kaiſer über die laufenden Angelegenheiten und über die Beſetzung des Poſtens eines Staatsſekretärs des Innern, ſowie die Ernennung eines Mi- niſters a latere, welcher Poſten durch den Rücktritt des Grafen Szechenyi frei geworden iſt, zu berichten, außerdem aber galten die Beſprechungen den gemeinſamen Angelegenheiten, dem Zuſammentritt der Delegationen, ſowie der Quotendepu- tationen. Was die Delegationen betrifft, ſo haben die Regierungen diesmal keine Hinderniſſe zu befürchten. Die öſterreichiſche Delegation iſt bereits gewählt, die Neuwahl der ungariſchen kann erfolgen, ſobald der ungariſche Staats- voranſchlag erledigt und die Neichstagsſeſſion geſchloſſen, be- ziehungsweiſe neu eröffnet ſein wird. Unklar erſcheint vorläufig nur, wie die halbamtliche Verlautbarung, daß die Delegationen während der erſten Hälfte des Mai in Budapeſt zuſammentreten ſollen, mit der ander- weitigen Information, wonach auch der öſterreichiſche Reichs- rath anfangs Mai wieder verſammelt werden wird, zuſammen- zureimen iſt. Eventuell müßte alſo der Reichsrath nach wenigen Tagen ſeine Thätigkeit wieder unterbrechen. Etwas ſchwieriger geſtaltet ſich die Frage wegen der Quotendepu- tationen. Infolge Ablebens des Deputationsmitglieds Dumba muß in der öſterreichiſchen Deputation vor dem Zu- ſammentritt eine Erſatzwahl ſtattfinden Schon der Zuſammen- tritt der Deputationen iſt alſo abhängig von der Wiederver- ſammlung und der Funktionsfähigkeit des Reichsraths, mehr aber noch die ſchließliche Erledigung der Quotenfrage ſelbſt. Wie erinnerlich, haben ſich im vorigen Herbſt die beiden Quotendeputationen auf eine neue Bemeſſung des Beitrags zu den gemeinſamen Ausgaben geeinigt, der Vorſchlag konnte aber nicht Geſetz werden wegen der Obſtruktion der Jung- tſchechen im Reichsrath und die Quote wurde am 1. Januar 1900 durch kaiſerliche Entſcheidung auf ein weiteres halbes Jahr, alſo bis 30. Juni d. J. feſtgeſetzt. Bis zu letzterem Termin müſſen nun nicht nur die Deputationen ſich von neuem verſtändigt haben — was allerdings, wie man annimmt, keine Schwierigkeiten verurſachen wird, indem einfach die frühere Vereinbarung aufrechterhalten werden dürfte —, ſondern es muß das Quotengeſetz auch in den beiderſeitigen Parlamenten durchberathen und zur Annahme gelangt ſein. Es gilt alſo ſpeziell in Oeſterreich, den innerpolitiſchen Kampf ſoweit einzudämmen, daß der Reichsrath dauernd arbeits- fähig und arbeitswillig bleibt. Bliebe die Quotenfrage aber- mals ungelöst, ſo würden die Verhältniſſe der Monarchie in einen neuen Kriſenzuſtand verfallen, der zu den bedenklichſten Konſequenzen führen könnte. Der Kohlenarbeiterſtrike. * Die Lage im böhmiſch-mähriſchen Strikegebiet läßt noch immer manches zu wünſchen übrig. Verſchiedene frühere Nach- richten aus Böhmen über endgültige Beilegung des Ausſtands ſcheinen nicht ganz den Thatſachen entſprochen zu haben. Schlecht ſtehen die Dinge insbeſondere noch in Kladno, wo in den letzten Tagen einige 70 Prozent der geſammten Beleg- ſchaft ſtrikten, während gegen 900 Mann anfuhren. In Littitz wurde in einer am Sonntag abgehaltenen Bergarbeiter- verſammlung, nach der erfolgten Wiederanfnahme der Arbeit, beſchloſſen, um die Einberufung des Einigungsamtes zu erſuchen, und für den Fall, als die Forderungen, namentlich die Gewährung des Generalpardous, abgelehnt werden ſollten, mit der Erneuerung des Strikes gedroht. Die Frage des Generalpardons hat auch ſonſt viel Schwierigkeiten und Verzögerung des Arbeitsantritts verurſacht. In den zu Mähriſch-Oſtrau am Sonntag ausſchließlich von radikaler Seite veranſtalteten Verſammlungen ging es noch immer ſehr ſtürmiſch zu, ſo daß einzelne Verſammlungen geſchloſſen werden mußten. Ueberall wurde für die Fortſetzung des Strikes geſprochen, wenn er auch ausſichtslos ſei, und in heftigſter Weiſe gegen die Führer Vorwürfe erhoben, beſonders überall darauf hingewieſen, daß dieſelben Konzeſſionen ſchon vor fünf Wochen gewährt worden ſeien und daß man die Arbeiter ſo lange Zeit eigentlich umſonſt habe hungern laſſen. Die Sozialdemokraten haben hier allen Einfluß ver- loren, ein von den entlaſſenen Delegirten veröffentlichtes Manifeſt, welches die Wiederaufnahme der Arbeit und den neuerlichen Anſchluß an die ſozialdemokratiſche Organiſation empſiehlt, machte keinen Eindruck. Doch zeigte die Montags- Frühſchicht eine Beſſerung der Anfahrt auch im Oſtrauer Weſtrevier, was auf die gänzliche Mittelloſigkeit der Arbeiter zurückzuführen iſt. Im Oſtrauer Oſtrevier hat ſich der ſchon vor Wochenfriſt eingetretene günſtigere Zuſtand erhalten. Auf Rückfälle zum Strike, wo es auch ſei, wird man immer noch eine Zeitlang gefaßt bleiben müſſen. Schwerlich aber werden ſich die Sozialdemokraten der Gefahr ausſetzen, ſich ein zweites Mal die Finger zu verbrennen. Vom Tage. * Linz, 26. März. Hier ſtarb geſtern das Herrenhaus- Mitglied Dr. Moriz R. v. Eigner. Er gehörte der Verfaſſungs- partei an. Vom Jahre 1868 an bis zu Beginn der Aera Taaffe ſtand Eigner als Landeshauptmann der liberalen Landesvertretung von Oberöſterreich vor. d. Trieſt, 26. März. Tel. Die Abreiſe des Grafen und der Gräfin Lonyay von Miramare ſollte ſchon geſtern ſtattfinden, wurde aber auf heute vertagt. Sie erfolgt wahr- ſcheinlich nachmittags nach Contopello. Sonſt hat das neu- vermählte Paar das Schloß noch nicht verlaſſen, auch wurde Niemand empfangen. Todſünden“ hat hier kaum ein Bild ſolchen Kampf entfeſſelt, wie das Klimt’ſche Deckengemälde. Nun hat ſich der Wider- ſpruch gegen die ſymboliſtiſche Vieldentigkeit des Bildes, deſſen Beſchreibung wir in unſerm Sezeſſionsfeuilleton demnächſt geben werden, zu einem Proteſt einer Anzahl von Univerſitäts- profeſſoren verdichtet, welcher von dem Unterrichtsminiſterium verlangt, daß das Bild nicht ſeiner Beſtimmung zugeführt werde. Von Bedenken à la lex Heinze, ſo verſichern die Ge- lehrten, welche bis jetzt den Proteſtentwurf unterſchrieben haben, ſei keine Rede, es handle ſich nur um äſthetiſche Ve- denken. Das Bild paſſe nicht in den Renaiſſancerahmen des Ferſtel’ſchen Univerſitätspalaſtes. Den Auftrag zur maleriſchen Ausſchmückung der Aula hatte ſeinerzeit Profeſſor Franz Matſch erhalten. Derſelbe erbat ſich ſeinen Freund und lang- jährigen Mitarbeiter an anderen Monumentalmalereien (Burg- theater, Kunſthiſtoriſches Muſeum) auch in dieſem Falle als Kompagnon und behielt ſich die Ausführung des Mittelbildes, ſowie eines Seitenbildes vor, während er die drei übrigen Seitenbilder ſeinem Kollegen überließ. Klimt hat, wie ver- lautet, ſchon vor zwei Jahren mehrere Skizzen ſeiner jetzigen Bilder der betreffenden Kommiſſion vorgelegt, wobei nur eine unbekleidete Franengeſtalt von einem Ausſchußmitglied be- anſtandet worden ſein ſoll. Man iſt hier auf die weitere Entwicklung des intereſſanten Falles ſehr geſpaunt. M. Wie Roſtand dazu kam, „l’Aiglon“ zu dichten. In einem Interview mit einem Vertreter der „Weſt- minſter Gazette“ erzählt Roſtand, wie er den Gedanken, den Herzog von Reichſtadt in einem Drama zu verherrlichen, ge- ſaßt hat. „Die Idee, den Herzog von Reichſtadt auf die Bühne zu bringen, iſt mir durch einen Kupferſtich nach dem Bilde von Sir Thomas Lawrence eingeflößt worden, der den jungen Prinzen in einen faltigen Mantel gehüllt darſtellt, wie er als Zwölf- oder Vierzehujähriger in einer felſigen Gebirgs- landſchaft daſteht. In meinem Schlafzimmer, das ich als Kind zu Marſeille hatte, war dies Bild aufgehängt und ver- fehlte durch den Ausdruck unendlicher Melancholie und Träu- merei, die der engliſche Maler in das Geſicht des Prinzen gelegt hatte, ſeinen nachhaltenden Eindruck auf meine jugend- liche Einbildungskraft nicht. Ebenſo bin ich ja durch die Lek- türe der Abentener Cyrano de Bergeracs während meiner Schulzeit dazu gekommen, die Laufbahn des gascogniſchen Helden zu dramatiſiren. — Das genannte Werk von Sir Thomas Lawrence darf keinesfalls mit dem Portrait des Herzogs von Reichſtadt verwechſelt werden, das der engliſche Maler 1818 in Wien malte. Leider habe ich meinen Kupfer- ſtich verloren. Er war die Neproduktion eines 1827 gemalten lebensgroßen Portraits, das jetzt, wie ich glaube, im Beſitze der Marcheſa Lavalette in London iſt.“ So weit Roſtand, und nun kommt die Komik. Die „Academy“ vom 24. März, der wir dies Interview entnehmen, hat weiter nachgeforſcht, da die Ironie, daß ein franzöſiſcher Dichter an dem von einem Engländer gemalten Bilde des Sohnes des größten Feindes Englands ſich ſo erfolgreich inſpirirt hat, das eng- liſche Wochenblatt getroffen hätte: In keinem Katalog der Werke von Sir Thomas Lawrence iſt ein lebensgroßes Bild des Herzogs von Reichſtadt verzeichnet, eine Mar- cheſa Lavalette exiſtirt nicht in London, dagegen hat vor Jahren eine Komteſſe de Lavalette da gelebt. Mit dem Wiener Portrait des Königs von Rom ſtimmt Roſtands Beſchreibung inſofern, als auch in dieſem halben Bruſtbild oben ſich der faltige Mantel zeigt während von Melancholie in dem reizenden, in der Academy abgebildeten Knabengeſicht ſich nichts finden läßt und ebenſowenig das Gebirge gemalt iſt. Dagegen ſtimmt Roſtands Schilderung durchaus zu dem lebensgroßen, von Sir Thomas Lawrence gemalten Portrait eines vornehmen jungen Engländers „Maſter Lamston“; hier iſt die gebirgige Landſchaft ſammt dem unendlich melancholiſchen Ausdruck. Es iſt für den Gewährsmann der Academy ein naheliegender Gedanke, daß ſich Roſtand an dem für den Herzog von Reichſtadt angeſehenen Bildniß des Maſter Lamston für den „Sohn des Mannes“ begeiſtert hatte, das nachher mit dem Wiener Bild in ſeinen Ideen verſchwamm. Wenn ein x-beliebiger junger Engländer Roſtands Poeſie auf den Sohn Napoleons erweckt hat, ſo iſt dies allerdings ein Gipfel der Ironie. Die „Academy“ erzählt noch die wenig be- kannte Geſchichte von der Geburt und Benennung des Königs von Rom. Die Kaiſerin kam furchtbar ſchwer nieder, und Napoleon machte den Aerzten mit den Worten Muth: „Be- handeln ſie die Kaiſerin, als wäre ſie eine Bürgersfrau der Rue St. Denis.“ Als die Aerzte fragten, ob ſie gegebenen- falls die Mutter oder das Kind zu retten hätten, ſagte der Kaiſer mit in dieſem Augenblick beſonders anzuerkennendem Gerechtigkeitsgefühl: „Die Mutter, es iſt ihr Recht.“ Nachdem dann der Sohn glücklich zur Welt gekommen, kündigte Napoleon den hohen Staatswürdenträgern das frohe Er- eigniß mit den Worten an: „Er iſt ein König von Rom“. d. Budapeſt, 26. März. Geſtern konſtituirte ſich auf Initiative des Grafen Albert Apponyi hin die ungariſche Gruppe der internationalen Preßvereinigung für den Frieden, welche im Anſchluß und als Ergänzung der internationalen parlamentariſchen Friedensvereinigung wirken ſoll. Demnächſt ſoll die Konſtituirung der Preßvereinigung auch im Auslande erfolgen. Aufhebung der Zuckerprämien. * Die franzöſiſche Regierung hat vor kurzem Anträge betreffs Aufhebung der Zuckerprämien an die deutſche Re- gierung übermittelt. Deutſcherſeits erklärte man, über dieſe Vorſchläge zunächſt mit Oeſterreich-Ungarn berathen zu wollen. Darauf beruhten die ſchon gemeldeten Wiener Verhandlungen deutſcher und öſterreichiſch-ungariſcher Regierungsvertreter. Die Anträge Frankreichs beſtehen, wie das „Fremdenbl.“ berichtet, im weſentlichen in der völligen Aufhebung der offenen Prämie und in der Kürzung — angeblich bis auf ein Drittel — der verdeckten Steuerprämie. Die Antwort Deutſchlands und Oeſterreich-Ungarns be- grüßt den Schritt Frankreichs mit Genugthuung. ſie erklärt aber gleichzeitig, daß den Vorſchlägen Frankreichs nur eine theilweiſe Aufhebung der reichsdeutſchen, reſpektive öſter- reichiſch-ungariſchen Prämie entſprechen würde. Im übrigen wird es als unerläßlich bezeichnet, daß auch Rußland ſeine Zuckerſteuerbeſtimmungen entſprechend abändere. Die eng- liſche Regierung hat den Plan, den eingeführten Rübenzucker mit einer Abgabe zu belegen, fallen gelaſſen. Frankreich. Kammerverhandlung. * Paris, 27. März. Tel. In der geſtrigen Sitzung der Kammer interpellirte Abg. Duquesnay wegen der jüngſten Unruhen auf Martinique. Er tadelte das Verhalten des Gouverneurs und der anderen Beamten. Abg. Ger- ville-Réache, Präſident der Rechnungskammer, rechtfertigt die Haltung der Zivilbehörden, erhebt aber gegen das Militär den Vorwurf, daß ihm Ruhe und Beſonnenheit gefehlt habe, indem es auf die Strikenden feuerte. Kolonialminiſter Decrais rechtfertigt ebenfalls das Verhalten der Beamten und erklärt, es habe auf der Inſel ein wirthſchaftlicher Aus- ſtand beſtanden, niemals ein Raſſenkampf. Die Lage wurde übertrieben. Die Regierung habe eine Unterſuchung einge- leitet, um feſtzuſtellen, wen die Verantwortung für die Un- ruhen treffe. Er bitte um Unterſtützung des Hauſes, damit die Ruhe auf Martinique hergeſtellt werde. Miniſterpräſident Waldeck-Rouſſeau erklärte, er nehme die vom Abg. Gerville-Réache vorgeſchlagene Tagesordnung an, in welcher die Kammer ihr Vertrauen ausdrückt, daß die Regierung mit Feſtigkeit die Ordnung und den Rechtszuſtand auf Martinique wiederherſtellen werde. Die Kammer ſpricht ſich für die Priorität dieſer Tagesordnung mit 243 gegen 232 Stimmen aus. Abg. Laſſerre verlangt Theilung der Tages- ordnung von Gerville-Réache; zahlreiche Abgeordnete wollen die Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique, aber ſie wollen der Regierung ihr Vertrauen nicht ausſprechen, Abg. Saint-Von ſtürzt auf Laſſerre zu und ſchlägt ihn. Man trennt Beide, es herrſcht große Aufregung. Mi- niſterpräſident Waldeck-Rouſſeau erklärt, er glaube nicht, daß der Regierung wegen des Vorfalls auf Martinique kein Vertrauen von der Kammer mehr entgegengebracht werde. Die Kammer nahm ſchließlich den erſten Theil der Tages- ordnung Gerville-Réache, in welchem der Regierung das Vertrauen der Kammer ausgedrückt wird, mit 285 gegen 239 Stimmen an. Der zweite Theil betreffend Wiederherſtellung der Ordnung auf Martinique wurde durch Handaufheben angenommen und die Sitzung ſodann ge- ſchloſſen. Die Aſſumptioniſten. — Baron Chriſtiani. * Paris, 25. März. Gerüchtweiſe verlautete, auf den Befehl des Papſtes hin, dem die Regierung der Republik mit der Abberufung ihres Botſchafters beim Vatikan gedroht hätte, würden die Aſſumptioniſten von der Leitung der „Croix“ zurücktreten. Der „Gaulois“ hält dieſe Meldung für eine böswillige Erfindung. Einer ſeiner Mitarbeiter hat ſich nach der Rue François I. begeben, iſt aber nicht ſo glücklich geweſen, von den Patres Picard und Bailly Aus- kunft zu erlangen, denn ſie lehnen jedes Interview ab. Da- gegen verſicherte ein Redakteur der „Croix“, er habe von Unterhandlungen zwiſchen der franzöſiſchen Regierung und dem Vatikan, auch von einem päpſtlichen Befehle nichts gehört. Er fügte hinzu, P. Bailly ſei nun ſchon ſeit acht Tagen nicht auf der Redaktion erſchienen, und wer die Aſſumptioniſten kenne, der müſſe wiſſen, daß ſie jederzeit bereit ſind, nicht nur einem Befehle, ſondern dem leiſeſten Wunſche des heiligen Vaters zu willfahren. Wie der „Gaulois“ dazu kommt, aus dieſer gewundenen Antwort zu ſchließen, es ſei an der ganzen Sache nichts, iſt nicht recht erſichtlich. Baron Chriſtiani, der ſeit ſeiner Heldeuthat in Antenil eine berühmte Perſönlichkeit iſt, wurde geſtern Nachmittag ganz unverhofft, denn er wußte nichts von ſeiner angekündigten Begnadigung, auf freien Fuß geſetzt. Er wird ſich in den nächſten Tagen nach dem ſonnigen Süden begeben, um ſich von den Leiden der neunmonatigen Haft zu erholen, welche nach ſeinem eigenen Geſtändniß ſehr erträglich waren. Hr. v. Chriſtiani wäre ſchon längſt aus der Haft entlaſſen worden, wenn ſeine Parteigenoſſen es nicht darauf angelegt hätten, ſeine That zu verherrlichen, ſtatt den dummen Streich, der nach einem allzu reichen Frühſtück begangen wurde, der Ver- geſſenheit anheimzugeben. Theater-Anzeiger. Mittwoch, den 28. März. Kgl. Hof- und Nationaltheater. Der Ring des Nibe- lungen, ein Bühnenfeſtſpiel für drei Tage und einen Vorabend von Richard Wagner. Erſter Tag: Die Walküre. Von Richard Wagner. Perſonen: Siegmund: Hr. Vogl. — Hunding: Hr. Klöpfer. — Wotan: Hr. Feinhals. — Sieglinde: Frl. Morena. — Brünnhilde: Frau Fränkel-Claus. — Fricka: Frl. Frank. — Helmwige, Gerhilde, Ortlinde, Waltraute, Siegrune, Grimgerde, Schwertleite, Roßweiße, Walküren: Frl. Schloß, Frau Schöller Frl. Borchers, Frl. Koch, Frl. E. Sigler, Frl. Frank, Frl Blank, Frl. Lautenbacher. — Anfang 6 Uhr, Ende gegen halb 11 Uhr. Theater am Gärtnerplatz. Die Dame von Maxim. Anfang halb 8 Uhr. Münchener Schauſpielhaus. Der Probekandidat. Anfang halb 8 Uhr. Münchener Volkstheater. Epidemiſch. Anfang 8 Uhr. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 84, 27. März 1900, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine84_1900/3>, abgerufen am 29.05.2024.