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Allgemeine Zeitung, Nr. 85, 25. März 1848.

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Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.


Sonnabend Nr. 85. 25 März 1848.
AUGSBURG. Abonnement hier bei der
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig
3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr.
des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 41/2 Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
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F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.


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Uebersicht.

Deutschland. München (über den Rücktritt Sr. Maj. des
Königs Ludwig. Willich zum Bundesgesandten ernannt. Stimmung
über die Berliner Metzeleien); Karlsruhe (Markgraf Wilhelm legt
seine Oberbefehlshaberstelle nieder); Darmstadt (Amnestie); Hamburg
erneuerte Unruhen); Koblenz (Ankunft des Fürsten Metternich); Berlin
(Schilderungen des Bürgerkampfs. Das Amnestiedecret. Camphausen
zum Ministerium gezogen. Erklärung des Königs daß er sich an
Deutschlands Spitze stelle, um das Werk seiner Wiedergeburt
mit einem deutschen Parlament zu bewirken.
Oeffentlicher
Aufzug mit den deutschen Reichsfarben. Der Prinz von Preußen nach
England abgereist); Breslau (voller Aufstand); Wien (Herabsetzung
der Consumtionsabgaben. Das Amnestiedecret. Charakteristik der
neuen Minister. Der Staatshaushalt veröffentlicht).

Großbritannien. Die Königin. Marquis v. Bute +.

Frankreich. Eine savoyische und eine belgische Deputation. Eisen-
bahninspection.

Italien. Die Berichte über den lombardischen Aufstand bestä-
tigt, aber keine neue Post.

Beilage. Graf Cesare Balbo über den Vertheidigungskrieg in
Italien. -- Deutsche und englische Zustände. -- Das neue preußische
Gesetz über die Presse. -- Spanien. (Die Moderados und die Pro-
gressisten.) -- Schweiz. (Brief aus Genf.) -- Griechenland. (Athen
12 März.)

Außerord. Beilage. Die Erklärung des Königs von Preußen.
-- Oesterreichische Monarchie. (Krakau: Näheres über die Aufnahme
der Wiener Ereignisse. Die Befreiung der Gefangenen.) -- Groß-
britannien. (W. Thom +. Die Presse über die letzten Maßregeln der
provisorischen Regierung von Frankreich.) -- Frankreich. (Paris und
Straßburg: Guizots Correspondenz mit Rossi.) -- Portugal. (Join-
ville und Aumale über Lissabon nach England.) -- Schweiz. (Streit
mit Uri. Die aufgefundenen Theilungsplane. Die Bundesrevisions-
commission. Demonstrationen des deutschen Handwerkervereins.) --
Ostindien. China. (Brittisch-Indien vollkommen ruhig. Die Stellung
der Engländer in China immer schwieriger.) -- Ver. Staaten von
Nordamerika. Mexico. (Abermaliges Schwinden der Friedenshoff-
nungen.)

Datum der Börsen: Madrid 15; London 20; Paris, Amsterdam
21; Wien 22; Frankfurt 23 März.




Deutschland.
Bayern.

Um den falschen Gerüchten über
die neuesten Ereignisse in München vom 20 und 21 März welche hie und
da aufgetaucht sind, berichtigend entgegenzutreten, melde ich Ihnen was
ich über dieselben aus den besten Quellen erfahren habe. Se. Maj. der
König Ludwig hat, wie es nun wohl hier auch allgemein bekannt ist, nicht
nur freiwillig abgedankt, sondern der Gedanke der Abdankung ist auch in
ihm allein
aus eigenstem und innerstem Herzensantriebe entstanden,
von keinem Gliede des königlichen Hauses oder irgendeinem andern bei
ihm angeregt oder auf irgendeine Weise befördert worden. Es waren
die Ereignisse die der Proclamation vom 6 März vorausgingen, und ihr
folgten--Ereignisse die allerdings eine ganz neue Richtung im Staatsleben
Bayerns und Deutschlands bedingen, welche den 62jährigen Monarchen
nach 23jähriger Regierung zum Theil gewaltsam zu zwingen schienen in
eine Bahn einzulenken die, der bisherigen Gewohnheit zu regieren entge-
gegengesetzt, eben den Monarchen zu stark persönlich berühren mußten,
als daß ein an sich starker Charakter nicht hätte empfindlich dadurch ge-
beugt werden müssen. Se. Maj. der König Ludwig scheint schon seit
jener Zeit wo ihm eine bestimmte kurze Frist für die Nachgiebigkeit in
den wesentlichen Forderungen der Münchener Bürgerschaft gesetzt wurde,
ganz bestimmt den Gedanken des Rücktritts gefaßt zu haben, und zwar
aus dem Grunde weil allerdings wenn auch nicht das Königthum
[Spaltenumbruch] an sich, doch das Königthum in seiner Person
damals einen
Schlag erhielt, der sich von ihm nicht verwinden ließ. Wir wollen nie-
manden hier anklagen und verletzen; die Haltung und der politische Tact
der Münchener Bürgerschaft und der hiesigen Studentenschaft ist über
alles Lob erhaben. Ihre Besonnenheit und Ruhe, ihre Einsicht und Ver-
brüderung mit dem Militär hat nicht nur das Königthum, sondern das
Gesetz und den Staat, die Ordnung und die Freiheit aufrechterhalten.
Die Bürgerschaft hat die politischen Maulwürfe, mögen sie nun, was
übrigens unklar geblieben ist, zu einer todtgebornen Partei oder zu einer
antinationalen gehört haben, durch ihre bloße feste Haltung in ihre
Schlupfwinkel zurückgeschreckt, aus denen sie hoffentlich sich nicht aber-
mals herauswagen werden. Ein eigentlicher Familienrath des könig-
lichen Hauses über die Abdankung des Königs Ludwig ist gar nicht ge-
halten worden. Vielmehr war schon seit länger als acht Tagen vor dem
20 März der König Ludwig zu derselben unwiderruflich entschlossen;
Gnadenbewilligungen mancher Art an wohlverdiente alte Diener, die
von ihm in der letzten Zeit vorgenommen wurden, wiesen darauf hin; der
König selbst sprach seinen Entschluß gelegentlich schon bestimmt an
den letzten beiden Tagen
vor dem 20 März vor einzelnen Mitglie-
dern des königlichen Hauses aus. In ihnen fand er, wie dieß sich bei
der persönlichen Liebe und den Banden des Bluts erklärt, entschie-
densten Widerstand und Gegenrede. Gerade sämmtliche Prinzen des
königlichen Hauses und besonders der Kronprinz hofften noch den König
von dem Entschlusse zurückzubringen, sie hofften die Wunden sich heilen
zu sehen, wenigstens endlich die mildere Form der Entsagung, die
Annahme des Thronfolgers zum Mitregenten eingänglich zu machen.
Vergebens. Der König Ludwig beharrte auf der Form der gänz-
lichen und unbedingten Entsagung; er that was er that ganz, von aller
Halbheit entfernt, und wollte in so wichtigen politischen Dingen, wo
es auf Wahrheit und Offenheit ankommt, auch nicht einmal den Schein
persönlicher Schonung und politischer Halbheit. Jeder Berständige,
jeder der es mit dem Königthum und der politischen Freiheit treu und
ehrlich meint, wird dieses Verfahren als zweckmäßig, groß und ruhm-
würdig anerkennen. Und so war denn auch der Entschluß des Thron-
folgers, in den so schwierigen Zeiten der Gegenwart die gesetzmäßige
Macht des constitutionellen Königthums ganz und ungetheilt zu über-
nehmen, ein nothwendiger Schritt, in einer Zeit wo Bayern berufen
scheint dem ganzen Deutschland auf der Bahn des Fortschritts und
neuer einigender Grundsätze voranzuschreiten. Nur die innere feste
Basts längst gewonnener Ueberzeugungen im Herzen des Kron-
prinzen, daß die Bayern wie die deutschen Bürger und Staaten fähig
seyen die wahrhaft constitutionellen Grundsätze des neuen Staatslebens
zur Verwirklichung zu bringen und in Gesetzmäßigkeit aufrechtzuerhal-
ten, ließen kein Schwanken, keine Wahl bei der Uebernahme der Krone
durch den König Maximilian II zu. Dieß war der einzige Grund der
raschen Entscheidung -- die Ansicht daß die neuen Grundsätze nur mit
persönlicher Ueberzeugung von ihrer Nothwendigkeit und Heilsamkeit
durchgeführt werden können. Daß einige Mißverständnisse aus der
Schnelligkeit der Handlung der Uebergabe der Krone entstanden, er-
klärt sich hinlänglich für denjenigen welcher bekannt ist mit den um-
laufenden und ausgesprengten Gerüchten der letzten Tage von dem
Plane einer Partei den König Ludwig zur Abdankung zu zwingen. Am
Samstag den 18 März hatte jenes Gerücht in München seinen Höhe-
punkt erreicht und hatte eben die feste Einigung der Bürgerschaft, der
Studenten- und Künstlercompagnien mit dem Militär zum Schutze
des gesetzmäßigen Königthums
hervorgerufen. Gerade als der
König Ludwig für seine Person am sichersten stand, erfolgte die frei-
willige, rasch und entschieden ausgesprochene Abdankung am
20 März Abends, deren formelle Ausfertigung nebst der Uebernahme
der Krone durch den König Max II sich bis tief in die Nacht vom 20 auf
den 21 März hinzog. Es war kaum möglich in so kurzer Zeit die nöthig

[Spaltenumbruch]
Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchſten Privilegien.


Sonnabend Nr. 85. 25 März 1848.
AUGSBURG. Abonnement hier bei der
Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig
3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr.
des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.;
für auswärts bei der hiesigen k. Ober-
postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für
Deutschland bei allen Postämtern, ganz-
jährig, halbjährig und bei Beginn der
2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel-
jährig; für Frankreich in Strassburg bei
G. A. Alexandre, in Paris bei demsel-
ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth
und bei der deutschen Buchhandlung von
[Spaltenumbruch]

[Spaltenumbruch]
F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und
bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng-
land bei Williams & Norgate, 14 Hen-
riette-Street, Covent-Garden in London,
für Nordamerika bei den Postämtern Bre-
men u. Hamburg, für Italien bei den k. k.
Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero-
na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie-
chenland u. die Levante etc. bei dem k. k.
Postamt in Triest. Inserate aller Art werden
aufgenommen und der Raum der dreispal-
tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt-
blatt
mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr.


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Ueberſicht.

Deutſchland. München (über den Rücktritt Sr. Maj. des
Königs Ludwig. Willich zum Bundesgeſandten ernannt. Stimmung
über die Berliner Metzeleien); Karlsruhe (Markgraf Wilhelm legt
ſeine Oberbefehlshaberſtelle nieder); Darmſtadt (Amneſtie); Hamburg
erneuerte Unruhen); Koblenz (Ankunft des Fürſten Metternich); Berlin
(Schilderungen des Bürgerkampfs. Das Amneſtiedecret. Camphauſen
zum Miniſterium gezogen. Erklärung des Königs daß er ſich an
Deutſchlands Spitze ſtelle, um das Werk ſeiner Wiedergeburt
mit einem deutſchen Parlament zu bewirken.
Oeffentlicher
Aufzug mit den deutſchen Reichsfarben. Der Prinz von Preußen nach
England abgereist); Breslau (voller Aufſtand); Wien (Herabſetzung
der Conſumtionsabgaben. Das Amneſtiedecret. Charakteriſtik der
neuen Miniſter. Der Staatshaushalt veröffentlicht).

Großbritannien. Die Königin. Marquis v. Bute †.

Frankreich. Eine ſavoyiſche und eine belgiſche Deputation. Eiſen-
bahninſpection.

Italien. Die Berichte über den lombardiſchen Aufſtand beſtä-
tigt, aber keine neue Poſt.

Beilage. Graf Ceſare Balbo über den Vertheidigungskrieg in
Italien. — Deutſche und engliſche Zuſtände. — Das neue preußiſche
Geſetz über die Preſſe. — Spanien. (Die Moderados und die Pro-
greſſiſten.) — Schweiz. (Brief aus Genf.) — Griechenland. (Athen
12 März.)

Außerord. Beilage. Die Erklärung des Königs von Preußen.
— Oeſterreichiſche Monarchie. (Krakau: Näheres über die Aufnahme
der Wiener Ereigniſſe. Die Befreiung der Gefangenen.) — Groß-
britannien. (W. Thom †. Die Preſſe über die letzten Maßregeln der
proviſoriſchen Regierung von Frankreich.) — Frankreich. (Paris und
Straßburg: Guizots Correſpondenz mit Roſſi.) — Portugal. (Join-
ville und Aumale über Liſſabon nach England.) — Schweiz. (Streit
mit Uri. Die aufgefundenen Theilungsplane. Die Bundesreviſions-
commiſſion. Demonſtrationen des deutſchen Handwerkervereins.) —
Oſtindien. China. (Brittiſch-Indien vollkommen ruhig. Die Stellung
der Engländer in China immer ſchwieriger.) — Ver. Staaten von
Nordamerika. Mexico. (Abermaliges Schwinden der Friedenshoff-
nungen.)

Datum der Börſen: Madrid 15; London 20; Paris, Amſterdam
21; Wien 22; Frankfurt 23 März.




Deutſchland.
Bayern.

Um den falſchen Gerüchten über
die neueſten Ereigniſſe in München vom 20 und 21 März welche hie und
da aufgetaucht ſind, berichtigend entgegenzutreten, melde ich Ihnen was
ich über dieſelben aus den beſten Quellen erfahren habe. Se. Maj. der
König Ludwig hat, wie es nun wohl hier auch allgemein bekannt iſt, nicht
nur freiwillig abgedankt, ſondern der Gedanke der Abdankung iſt auch in
ihm allein
aus eigenſtem und innerſtem Herzensantriebe entſtanden,
von keinem Gliede des königlichen Hauſes oder irgendeinem andern bei
ihm angeregt oder auf irgendeine Weiſe befördert worden. Es waren
die Ereigniſſe die der Proclamation vom 6 März vorausgingen, und ihr
folgten—Ereigniſſe die allerdings eine ganz neue Richtung im Staatsleben
Bayerns und Deutſchlands bedingen, welche den 62jährigen Monarchen
nach 23jähriger Regierung zum Theil gewaltſam zu zwingen ſchienen in
eine Bahn einzulenken die, der bisherigen Gewohnheit zu regieren entge-
gegengeſetzt, eben den Monarchen zu ſtark perſönlich berühren mußten,
als daß ein an ſich ſtarker Charakter nicht hätte empfindlich dadurch ge-
beugt werden müſſen. Se. Maj. der König Ludwig ſcheint ſchon ſeit
jener Zeit wo ihm eine beſtimmte kurze Friſt für die Nachgiebigkeit in
den weſentlichen Forderungen der Münchener Bürgerſchaft geſetzt wurde,
ganz beſtimmt den Gedanken des Rücktritts gefaßt zu haben, und zwar
aus dem Grunde weil allerdings wenn auch nicht das Königthum
[Spaltenumbruch] an ſich, doch das Königthum in ſeiner Perſon
damals einen
Schlag erhielt, der ſich von ihm nicht verwinden ließ. Wir wollen nie-
manden hier anklagen und verletzen; die Haltung und der politiſche Tact
der Münchener Bürgerſchaft und der hieſigen Studentenſchaft iſt über
alles Lob erhaben. Ihre Beſonnenheit und Ruhe, ihre Einſicht und Ver-
brüderung mit dem Militär hat nicht nur das Königthum, ſondern das
Geſetz und den Staat, die Ordnung und die Freiheit aufrechterhalten.
Die Bürgerſchaft hat die politiſchen Maulwürfe, mögen ſie nun, was
übrigens unklar geblieben iſt, zu einer todtgebornen Partei oder zu einer
antinationalen gehört haben, durch ihre bloße feſte Haltung in ihre
Schlupfwinkel zurückgeſchreckt, aus denen ſie hoffentlich ſich nicht aber-
mals herauswagen werden. Ein eigentlicher Familienrath des könig-
lichen Hauſes über die Abdankung des Königs Ludwig iſt gar nicht ge-
halten worden. Vielmehr war ſchon ſeit länger als acht Tagen vor dem
20 März der König Ludwig zu derſelben unwiderruflich entſchloſſen;
Gnadenbewilligungen mancher Art an wohlverdiente alte Diener, die
von ihm in der letzten Zeit vorgenommen wurden, wieſen darauf hin; der
König ſelbſt ſprach ſeinen Entſchluß gelegentlich ſchon beſtimmt an
den letzten beiden Tagen
vor dem 20 März vor einzelnen Mitglie-
dern des königlichen Hauſes aus. In ihnen fand er, wie dieß ſich bei
der perſönlichen Liebe und den Banden des Bluts erklärt, entſchie-
denſten Widerſtand und Gegenrede. Gerade ſämmtliche Prinzen des
königlichen Hauſes und beſonders der Kronprinz hofften noch den König
von dem Entſchluſſe zurückzubringen, ſie hofften die Wunden ſich heilen
zu ſehen, wenigſtens endlich die mildere Form der Entſagung, die
Annahme des Thronfolgers zum Mitregenten eingänglich zu machen.
Vergebens. Der König Ludwig beharrte auf der Form der gänz-
lichen und unbedingten Entſagung; er that was er that ganz, von aller
Halbheit entfernt, und wollte in ſo wichtigen politiſchen Dingen, wo
es auf Wahrheit und Offenheit ankommt, auch nicht einmal den Schein
perſönlicher Schonung und politiſcher Halbheit. Jeder Berſtändige,
jeder der es mit dem Königthum und der politiſchen Freiheit treu und
ehrlich meint, wird dieſes Verfahren als zweckmäßig, groß und ruhm-
würdig anerkennen. Und ſo war denn auch der Entſchluß des Thron-
folgers, in den ſo ſchwierigen Zeiten der Gegenwart die geſetzmäßige
Macht des conſtitutionellen Königthums ganz und ungetheilt zu über-
nehmen, ein nothwendiger Schritt, in einer Zeit wo Bayern berufen
ſcheint dem ganzen Deutſchland auf der Bahn des Fortſchritts und
neuer einigender Grundſätze voranzuſchreiten. Nur die innere feſte
Baſts längſt gewonnener Ueberzeugungen im Herzen des Kron-
prinzen, daß die Bayern wie die deutſchen Bürger und Staaten fähig
ſeyen die wahrhaft conſtitutionellen Grundſätze des neuen Staatslebens
zur Verwirklichung zu bringen und in Geſetzmäßigkeit aufrechtzuerhal-
ten, ließen kein Schwanken, keine Wahl bei der Uebernahme der Krone
durch den König Maximilian II zu. Dieß war der einzige Grund der
raſchen Entſcheidung — die Anſicht daß die neuen Grundſätze nur mit
perſönlicher Ueberzeugung von ihrer Nothwendigkeit und Heilſamkeit
durchgeführt werden können. Daß einige Mißverſtändniſſe aus der
Schnelligkeit der Handlung der Uebergabe der Krone entſtanden, er-
klärt ſich hinlänglich für denjenigen welcher bekannt iſt mit den um-
laufenden und ausgeſprengten Gerüchten der letzten Tage von dem
Plane einer Partei den König Ludwig zur Abdankung zu zwingen. Am
Samſtag den 18 März hatte jenes Gerücht in München ſeinen Höhe-
punkt erreicht und hatte eben die feſte Einigung der Bürgerſchaft, der
Studenten- und Künſtlercompagnien mit dem Militär zum Schutze
des geſetzmäßigen Königthums
hervorgerufen. Gerade als der
König Ludwig für ſeine Perſon am ſicherſten ſtand, erfolgte die frei-
willige, raſch und entſchieden ausgeſprochene Abdankung am
20 März Abends, deren formelle Ausfertigung nebſt der Uebernahme
der Krone durch den König Max II ſich bis tief in die Nacht vom 20 auf
den 21 März hinzog. Es war kaum möglich in ſo kurzer Zeit die nöthig

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[0001] Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchſten Privilegien. Sonnabend Nr. 85. 25 März 1848. AUGSBURG. Abonnement hier bei der Zeitungs-Expedition, Preis vierteljährig 3 fl. 34 kr., für das ganze Jahr 14 fl. 15 kr. des 24 fl.-Fusses od. 8 Thlr. 4½ Sgr. pr. C.; für auswärts bei der hiesigen k. Ober- postamts-Zeitungs-Expedition, sodann für Deutschland bei allen Postämtern, ganz- jährig, halbjährig und bei Beginn der 2ten Hälfte jedes Semesters auch viertel- jährig; für Frankreich in Strassburg bei G. A. Alexandre, in Paris bei demsel- ben Nr 23, rue Notre Dame de Nazareth und bei der deutschen Buchhandlung von F. Klincksieck Nr. 11, rue de Lille, und bei dem Postamt in Karlsruhe; für Eng- land bei Williams & Norgate, 14 Hen- riette-Street, Covent-Garden in London, für Nordamerika bei den Postämtern Bre- men u. Hamburg, für Italien bei den k. k. Postämtern zu Bregenz, Innsbruck, Vero- na, Venedig, Triest u. Mailand, für Grie- chenland u. die Levante etc. bei dem k. k. Postamt in Triest. Inserate aller Art werden aufgenommen und der Raum der dreispal- tigen Colonelzeile berechnet: im Haupt- blatt mit 12 kr., in der Beilage mit 9 kr. Ueberſicht. Deutſchland. München (über den Rücktritt Sr. Maj. des Königs Ludwig. Willich zum Bundesgeſandten ernannt. Stimmung über die Berliner Metzeleien); Karlsruhe (Markgraf Wilhelm legt ſeine Oberbefehlshaberſtelle nieder); Darmſtadt (Amneſtie); Hamburg erneuerte Unruhen); Koblenz (Ankunft des Fürſten Metternich); Berlin (Schilderungen des Bürgerkampfs. Das Amneſtiedecret. Camphauſen zum Miniſterium gezogen. Erklärung des Königs daß er ſich an Deutſchlands Spitze ſtelle, um das Werk ſeiner Wiedergeburt mit einem deutſchen Parlament zu bewirken. Oeffentlicher Aufzug mit den deutſchen Reichsfarben. Der Prinz von Preußen nach England abgereist); Breslau (voller Aufſtand); Wien (Herabſetzung der Conſumtionsabgaben. Das Amneſtiedecret. Charakteriſtik der neuen Miniſter. Der Staatshaushalt veröffentlicht). Großbritannien. Die Königin. Marquis v. Bute †. Frankreich. Eine ſavoyiſche und eine belgiſche Deputation. Eiſen- bahninſpection. Italien. Die Berichte über den lombardiſchen Aufſtand beſtä- tigt, aber keine neue Poſt. Beilage. Graf Ceſare Balbo über den Vertheidigungskrieg in Italien. — Deutſche und engliſche Zuſtände. — Das neue preußiſche Geſetz über die Preſſe. — Spanien. (Die Moderados und die Pro- greſſiſten.) — Schweiz. (Brief aus Genf.) — Griechenland. (Athen 12 März.) Außerord. Beilage. Die Erklärung des Königs von Preußen. — Oeſterreichiſche Monarchie. (Krakau: Näheres über die Aufnahme der Wiener Ereigniſſe. Die Befreiung der Gefangenen.) — Groß- britannien. (W. Thom †. Die Preſſe über die letzten Maßregeln der proviſoriſchen Regierung von Frankreich.) — Frankreich. (Paris und Straßburg: Guizots Correſpondenz mit Roſſi.) — Portugal. (Join- ville und Aumale über Liſſabon nach England.) — Schweiz. (Streit mit Uri. Die aufgefundenen Theilungsplane. Die Bundesreviſions- commiſſion. Demonſtrationen des deutſchen Handwerkervereins.) — Oſtindien. China. (Brittiſch-Indien vollkommen ruhig. Die Stellung der Engländer in China immer ſchwieriger.) — Ver. Staaten von Nordamerika. Mexico. (Abermaliges Schwinden der Friedenshoff- nungen.) Datum der Börſen: Madrid 15; London 20; Paris, Amſterdam 21; Wien 22; Frankfurt 23 März. Deutſchland. Bayern. I München, 23 März.Um den falſchen Gerüchten über die neueſten Ereigniſſe in München vom 20 und 21 März welche hie und da aufgetaucht ſind, berichtigend entgegenzutreten, melde ich Ihnen was ich über dieſelben aus den beſten Quellen erfahren habe. Se. Maj. der König Ludwig hat, wie es nun wohl hier auch allgemein bekannt iſt, nicht nur freiwillig abgedankt, ſondern der Gedanke der Abdankung iſt auch in ihm allein aus eigenſtem und innerſtem Herzensantriebe entſtanden, von keinem Gliede des königlichen Hauſes oder irgendeinem andern bei ihm angeregt oder auf irgendeine Weiſe befördert worden. Es waren die Ereigniſſe die der Proclamation vom 6 März vorausgingen, und ihr folgten—Ereigniſſe die allerdings eine ganz neue Richtung im Staatsleben Bayerns und Deutſchlands bedingen, welche den 62jährigen Monarchen nach 23jähriger Regierung zum Theil gewaltſam zu zwingen ſchienen in eine Bahn einzulenken die, der bisherigen Gewohnheit zu regieren entge- gegengeſetzt, eben den Monarchen zu ſtark perſönlich berühren mußten, als daß ein an ſich ſtarker Charakter nicht hätte empfindlich dadurch ge- beugt werden müſſen. Se. Maj. der König Ludwig ſcheint ſchon ſeit jener Zeit wo ihm eine beſtimmte kurze Friſt für die Nachgiebigkeit in den weſentlichen Forderungen der Münchener Bürgerſchaft geſetzt wurde, ganz beſtimmt den Gedanken des Rücktritts gefaßt zu haben, und zwar aus dem Grunde weil allerdings wenn auch nicht das Königthum an ſich, doch das Königthum in ſeiner Perſon damals einen Schlag erhielt, der ſich von ihm nicht verwinden ließ. Wir wollen nie- manden hier anklagen und verletzen; die Haltung und der politiſche Tact der Münchener Bürgerſchaft und der hieſigen Studentenſchaft iſt über alles Lob erhaben. Ihre Beſonnenheit und Ruhe, ihre Einſicht und Ver- brüderung mit dem Militär hat nicht nur das Königthum, ſondern das Geſetz und den Staat, die Ordnung und die Freiheit aufrechterhalten. Die Bürgerſchaft hat die politiſchen Maulwürfe, mögen ſie nun, was übrigens unklar geblieben iſt, zu einer todtgebornen Partei oder zu einer antinationalen gehört haben, durch ihre bloße feſte Haltung in ihre Schlupfwinkel zurückgeſchreckt, aus denen ſie hoffentlich ſich nicht aber- mals herauswagen werden. Ein eigentlicher Familienrath des könig- lichen Hauſes über die Abdankung des Königs Ludwig iſt gar nicht ge- halten worden. Vielmehr war ſchon ſeit länger als acht Tagen vor dem 20 März der König Ludwig zu derſelben unwiderruflich entſchloſſen; Gnadenbewilligungen mancher Art an wohlverdiente alte Diener, die von ihm in der letzten Zeit vorgenommen wurden, wieſen darauf hin; der König ſelbſt ſprach ſeinen Entſchluß gelegentlich ſchon beſtimmt an den letzten beiden Tagen vor dem 20 März vor einzelnen Mitglie- dern des königlichen Hauſes aus. In ihnen fand er, wie dieß ſich bei der perſönlichen Liebe und den Banden des Bluts erklärt, entſchie- denſten Widerſtand und Gegenrede. Gerade ſämmtliche Prinzen des königlichen Hauſes und beſonders der Kronprinz hofften noch den König von dem Entſchluſſe zurückzubringen, ſie hofften die Wunden ſich heilen zu ſehen, wenigſtens endlich die mildere Form der Entſagung, die Annahme des Thronfolgers zum Mitregenten eingänglich zu machen. Vergebens. Der König Ludwig beharrte auf der Form der gänz- lichen und unbedingten Entſagung; er that was er that ganz, von aller Halbheit entfernt, und wollte in ſo wichtigen politiſchen Dingen, wo es auf Wahrheit und Offenheit ankommt, auch nicht einmal den Schein perſönlicher Schonung und politiſcher Halbheit. Jeder Berſtändige, jeder der es mit dem Königthum und der politiſchen Freiheit treu und ehrlich meint, wird dieſes Verfahren als zweckmäßig, groß und ruhm- würdig anerkennen. Und ſo war denn auch der Entſchluß des Thron- folgers, in den ſo ſchwierigen Zeiten der Gegenwart die geſetzmäßige Macht des conſtitutionellen Königthums ganz und ungetheilt zu über- nehmen, ein nothwendiger Schritt, in einer Zeit wo Bayern berufen ſcheint dem ganzen Deutſchland auf der Bahn des Fortſchritts und neuer einigender Grundſätze voranzuſchreiten. Nur die innere feſte Baſts längſt gewonnener Ueberzeugungen im Herzen des Kron- prinzen, daß die Bayern wie die deutſchen Bürger und Staaten fähig ſeyen die wahrhaft conſtitutionellen Grundſätze des neuen Staatslebens zur Verwirklichung zu bringen und in Geſetzmäßigkeit aufrechtzuerhal- ten, ließen kein Schwanken, keine Wahl bei der Uebernahme der Krone durch den König Maximilian II zu. Dieß war der einzige Grund der raſchen Entſcheidung — die Anſicht daß die neuen Grundſätze nur mit perſönlicher Ueberzeugung von ihrer Nothwendigkeit und Heilſamkeit durchgeführt werden können. Daß einige Mißverſtändniſſe aus der Schnelligkeit der Handlung der Uebergabe der Krone entſtanden, er- klärt ſich hinlänglich für denjenigen welcher bekannt iſt mit den um- laufenden und ausgeſprengten Gerüchten der letzten Tage von dem Plane einer Partei den König Ludwig zur Abdankung zu zwingen. Am Samſtag den 18 März hatte jenes Gerücht in München ſeinen Höhe- punkt erreicht und hatte eben die feſte Einigung der Bürgerſchaft, der Studenten- und Künſtlercompagnien mit dem Militär zum Schutze des geſetzmäßigen Königthums hervorgerufen. Gerade als der König Ludwig für ſeine Perſon am ſicherſten ſtand, erfolgte die frei- willige, raſch und entſchieden ausgeſprochene Abdankung am 20 März Abends, deren formelle Ausfertigung nebſt der Uebernahme der Krone durch den König Max II ſich bis tief in die Nacht vom 20 auf den 21 März hinzog. Es war kaum möglich in ſo kurzer Zeit die nöthig

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 85, 25. März 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine85_1848/1>, abgerufen am 16.05.2024.