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Allgemeine Zeitung, Nr. 89, 1. April 1900.

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Sonntag. Viertes Blatt Nr. 89 der Allgemeinen Zeitung. 1. April 1900.
[Spaltenumbruch]
Die Wiener Banken im Jahre 1899.

* Fast will es scheinen, als ob der alte Satz, daß die
Bilanzen der Banken ein Spiegelbild der wissenschaftlichen
Entwicklung eines Landes darstellen, an Geltung und
Wahrheit verloren habe. Betrachte man die Abschlüsse der
Wiener Banken: überall gesteigerte Erträgnisse, zum über-
wiegenden Theile in den meisten Geschäftszweigen die höch-
sten bisher erzielten Reingewinnsziffern, steigende Umsätze,
ausgedehnte belebte Geschäftsthätigkeit, zumeist hohe Divi-
denden. Wenn man aus diesen Bilanzen den Rückschluß
ziehen wollte, daß das geschäftliche Leben in Oesterreich in
hohen Wellenzügen gehe und sehr kräftige Lebensimpulse
während des verflossenen Jahres erhalten habe würde
man sicherlich weit fehlschießen. Der Strom der öster-
reichischen Volkswirthschaft floß ruhig und gemächlich da-
hin, nirgends sah man ein stürmisches Leben, eine kräftige
vorwärts strebende Entwicklung. Im Gegeatheile, man
hatte oft den Eindruck, daß der Strom die Neigung habe,
zu versanden, daß es infolge der zahlreichen Behinderungen
und Hemmungen, welche Gesetzgebung und Verwaltung
in so reichlichem Maße der privaten Initiative auferlegen,
nicht recht vorwärts wolle, daß sich Stillstand und oft so-
gar rückschrittliche Anwandlungen darstellen. Hat darum
der alte, oben citirte Satz an Wahrheit verloren? Sicher-
lich nicht. Die Bilanzen der Banken sind nach wie vor ein
sehr treffliches Barometer für die Beurtheilung der wirth-
schaftlichen Situation eines Landes. Es genügt nur nicht
eine oberflächliche Rücksichtnahme auf Dividende und ab-
solute Ziffer des Reingewinns; man muß in den Körper
der Bilanz tiefer hineinleuchten, auf die einzelnen Ertrags-
zweige eingehen, die Bilanz in ihre Positionen auflösen,
Rückschlüsse aus den Verschiebungen in den einzelnen Kontis
ziehen. Und da gelangt man zu verläßlicheren Anhalts-
punkten, als sie die bloße Berücksichtigung des gesteigerten
Reinertrages bieten könnte. Ja, es ist wahr, die Bilanzen
der Banken haben sich gebessert, die Aktionäre erhalten
größere Dividenden, die Reserven werden mit sehr nam-
haften Quoten dotirt, für minder günstige Jahre der Zu-
kunft werden namhafte Rücklagen gemacht. Allein den
Löwenantheil an der Besserung hat doch der hohe Zinsfuß
gehabt, welcher sich als eine Reflexerscheinung der Ver-
hältnisse auf den fremden Plätzen darstellt. Für ein Land
mit schwacher Initiative, mit langsamer Entwicklung ist
nun der hohe Zinsfuß durchaus kein Segen, sondern ein
Hemmniß. Wenn die Banken aus der reichen Verwendung
der eigenen und fremden Mittel ansehnliche Gewinnste
zogen, so ist es darum nicht weniger wahr, daß Deutschland
mit dem hohen Zinsfuß eine märchenhafte, beispielslose
Industrieblüthe bezahlte, Oesterreich dagegen nur den
hohen Zinsfuß, nicht aber die Blüthe der Industrie hatte,
daß wir beim Thalerregen nur die Löcher im Kopfe davon-
tragen. Geht man aber auf die vom hohen Zinsfuße nicht
nicht bedingten Zweige des Ertrages ein, so finden wir,
daß auch die Banken -- von einzelnen Ausnahmen abge-
sehen -- kein Bild einer lebhaften oder gar stürmischen
Entwicklung boten. Industriegründungen gab es im ver-
flossenen Jahre nur sehr wenige, Konsortialgeschäfte größe-
ren Umfangs gelangten nur in seltenen Fällen zur Abwick-
lung, die Banken zehrten zumeist am alten Fett, neue
Unternehmungen waren nur wenige zu erblicken. Auch
diejenige Post des normalen Bankgeschäftes, welche einen
Beweis für eine reiche Verzweigung und Ausdehnung der
Geschäftsthätigkeit bietet, die Provisionen, zeigt nur bei
zwei Banken, dem Bankverein und der Länderbank, eine
größere Steigerung. Die Banken haben viel verdient,
sicherlich gute Bilanzen geliefert, aber auch diese Bilanzen
zeigen bei den meisten Instituten keine stärkere Anspan-
nung, keinen Aufschwung, nur eine Belebung durch den
Zinsfuß, keine stürmische Ausdehnung der Geschäftsthätig-
[Spaltenumbruch] keit, es sind Zinsfußbilanzen, keine Ge-
schäftsbilanzen.
Und wenn wir damit auf den
Kern der Sache eingedrungen sind, haben wir zugleich er-
kannt, daß die Bilanzen der Wiener Banken doch ein
richtiges Spiegelbild der wirthschaftlichen Entwicklung
Oesterreichs geben, daß ein geübtes Auge auch aus diesen,
äußerlich so glänzenden Ziffern herauslesen kann, wo uns
der Schuh drückt, und inwieferne die Rechnungsabschlüsse
der großen Institute die langsame Entwicklung der öster-
reichischen Wirthschaft zum Ausdruck bringen. Gewiß die
Bilanzen sind sehr gut und die Gewinne der Aktionäre sind
reichlich. Allein ganz abgesehen davon, daß in einem Land
des Konzessionssystems, in einer Millionenstadt, wo seit 20
Jahren keine neue Bank entstanden ist, und das Kapitals-
bedürfniß nur durch Kapitalsvermehrungen der alten
Banken befriedigt werden konnte, die Gewinne der eine
Monopolstellung genießenden Banken von selbst steigen
müssen, ist es eben doch der hohe Zinsfuß gewesen, welcher
arbeitete und die Anregung aus einer reichen wirthschaft-
lichen Entwicklung, wie sie sich trotz aller Immobilisirungen
selbst bei den kleinsten deutschen Banken zeigte, ist unsern
Bankbilanzen versagt geblieben. Das ist kein Vorwurf für
die Banken, denn sie können keine Wunder wirken und aus
hartem Boden keine Blumengärten herauslocken, allein es
ist wichtig zur richtigen Beurtheilung der Rechnungsab-
schlüsse, an welche wir jetzt schreiten, indem wir in ge-
wohnter Weise die Gesammtübersicht ihrer finanziellen Er-
gebnisse folgen lassen.

Die Aera der Kapitalsvermehrungen hat im Jahre
1899 bei den Wiener Banken weitere Fortschritte gemacht.
Drei Finanzinstitute haben ihr Aktienkapital erheblich ver-
mehrt. Die Creditanstalt hat 62,500 neue Aktien ausge-
geben und so ihr nominelles Kapital von 40 auf 50 Mil-
lionen Gulden, ihr effektives Kapital (Aktienkapital und
Reserven) von 50 auf 70 Millionen Gulden gesteigert. Sie
ist damit den riesigen deutschen Bankkolossen etwas näher
gerückt. Der Wiener Bankverein hat 37,500 neue Aktien
ausgegeben und damit das Aktienkapital auf 40 Millionen
Gulden erhöht, wozu noch die sichtbaren Reserven von rund
10 Millionen Gulden treten. Die Unionbank vermehrte ihr
Aktienkapital von 10 auf 16 Millionen Gulden durch Aus-
gabe von 20,000 neuen Aktien, welche mit einem erheblichen
Agio den alten Aktionären überlassen wurden. Von den
Kapitalsvermehrungen wurden jene des Bankvereins und
der Unionbank derart durchgeführt, daß die neuen Aktien
bereits am Erträgnisse des Jahres 1899 partizipirten,
während bei der Creditanstalt die neuen Aktien erst vom
Jahre 1900 an den alten Aktien gleichgestellt wurden.

Sämmtliche Bilanzen sind -- zum letztenmal -- in
der alten österreichischen Guldenwährung aufgestellt,
während vom heurigen Jahre an alle Abschlüsse in der
Kronenwährung lauten werden. Die folgende Tabelle
gibt einen Ueberblick über die Gesammtresultate der Wiener
Banken im Jahre 1899:

[Tabelle]

Die Bilanz der Creditanstalt wurde bereits ein-
gehend an dieser Stlle besprochen. Es genügt deßhalb,
einige allgemeine Momente nochmals herauszugreifen und
unsrer Untersuchung, welche den Konnex zwischen Bank-
[Spaltenumbruch] bilanzen und Volkswirthschaft darstellen soll, anzupassen.
An sich betrachtet ist das Bilanzergebniß der Creditanstalt
gewiß günstig. Die Creditanstalt zahlt mehr Dividende
als irgend eine der großen deutschen Bankinstitute, welche
über 10 Proz. nur selten hinausgehen. Die Gewinnstziffern
sind sehr imposant, noch mehr, wenn man erwägt, unter
welchen ungünstigen Bedingungen die Bankinstitute in
Oesterreich arbeiten. Nahezu eine Million Gulden, 17 Proz.
vom Reingewinn, 2 Proz: des Aktienkapitals verschlingt
der Fiskus mit seinen ungeheuren Steuervorschreibungen.
Dabei sind die administrativen Beschränkungen, welche der
Entfaltung der industriellen Thätigkeit in den Weg gelegt
werden, sehr bedeutend, da die längsten Leidenswege oft
zu durchmessen sind, bevor die Konzessionirung einer In-
dustriegesellschaft auch für die feinsten Konzessionswerber zu
erlangen ist. Allerdings bietet die Thatsache, daß keine
neuen Bankkonzessionen ertheilt werden, ein gewisses
Gegengewicht, da die bestehenden Banken eine von Jahr zu
Jahr an Werth gewinnende Monopolstellung genießen.
Die Zinsengewinne der Creditanstalt sind, wie ein Blick
auf die obige Tabelle zeigt, sehr namhaft, ja imposant, da
die Ziffer von 4.63 Millionen Gulden zu den höchsten dieser
Art in ganz Europa gehört. Allein es darf nicht uner-
wähnt bleiben, daß die Hauptquelle dieser Zinsengewinne
aus dem Geschäft der Börse floß, daß den Löwenantheil an
den Zinsen die Reportzinsen hatten. Das ist die bequemste,
am leichtesten und gefahrlosesten zu praktizirende Art der
Geldverwendung. Ob dieser Strom heuer ebenso reichlich
fließen wird, ist mehr als fraglich, denn der Zinsfuß ist er-
heblich tiefer, und die Thätigkeit des Effektenmarktes ist
leider so gering, daß eine Plazirung verfügbarer Mittel
im Report große Schwierigkeiten bereitet, ja in dem ge-
wünschten Umfang gar nicht zu bewerkstelligen ist. Zu
denken gibt es andrerseits, daß die Provisionen, das eigent-
liche Kriterion des Bankgeschäfts gar nicht gestiegen sind
und daß auch die Kontokorrentzinsen gegenüber dem Vor-
jahr zurückblieben, trotzdem der Zinsfuß für die Banken er-
heblich günstiger war. Das zeigt eben klar, daß das eigent-
liche Bankgeschäft der Creditanstalt keine weitere Entwick-
lung erfahren hat, worauf auch die unveränderte Höhe der
Kreditoren und Debitoren hinweist. Sehr bedeutend sind
die Konsortialgewinne: sie betragen 1.54 Millionen Gulden
und gehören zu den höchsten, welche das Institut seit langer
Zeit erzielt hat. Hierunter sind hauptsächlich zwei Geschäfte
inbegriffen: der Gewinn aus der Veräußerung der Alpinen
Montanaktien, welche Transaktion nunmehr vollständig
abgewickelt ist und im ganzen einen Gewinn von 1.3 Mil-
lionen Gulden erbracht hat, und der Gewinn aus der
Emission der Aktien der Hirtenberger Patronenfabrik,
welcher 675,000fl. für das Jahr 1899 und für das Jahr
1900 einen noch unverrechneten Kursvortrag von 400,000
Gulden geliefert hat. Auch hier ist für das heurige Jahr
kein gleich hoher Nutzen zu erwarten, da außer den 400,000
Gulden aus dem Rest der Hirtenberger Aktien nur noch der
kleine Gewinn aus der beabsichtigten Emission der Aktien
der Glasfabrik C. Stölzle's Söhne zu erwarten ist, eine
Emission der Fiumaner Petroleumaktien nicht in Aussicht
steht und die reiche Operation, welche die Creditanstalt noch
im Köcher trägt, die Aktien der Gußstahlfabrik Ikoda, erst
im nächsten Jahr reif wird. Aus allen diesen Gründen wird
gefolgert, daß für das heurige Jahr, das erste Jahr der
Kapitalsvermehrung, die Aufrechterhaltung der erhöhten
Dividende von 18 Gulden Schwierigkeiten bereiten dürfte,
und daß die Aktionäre wieder zur 10 proz. Dividende wer-
den zurückkehren müssen. Dieser Rückgang der Dividende
würde durch den Stillstand und die Leblosigkeit im heuri-
gen Jahr, von welchem fast schon drei Monate verstrichen
sind, vollauf erklärt werden, es würde aber trotzdem keinen
günstigen Eindruck machen, wenn die Kapitalserhöhung
eine Periode niedrigerer Dividenden inauguriren würde.
Allerdings läßt sich im Augenblick noch kein irgendwie ver-

[Spaltenumbruch]
Feuilleton.


* Karl Lautenschläger, der weithin bekannte Leiter
des Maschinenwesens am kgl. Hoftheater zu München, be-
geht am 1. April sein 40 jähriges Jubiläum als Bühnen-
techniker und zugleich auch sein 37 jähriges als Maschinen-
meister. In einem von Martin Greif verfaßten Abriß
von Karl Lautenschlägers arbeitsamem Leben -- in den "Hamb.
Nach." -- heißt es: In Bessungen bei Darmstadt am 11. April 1843
als der Sohn eines Bäckermeisters geboren, wurde er durch
seinen Stiefvater, den Hofschauspieler und Sceneriedirektor
des Darmstädter Hoftheaters Christian Vormuth, mit dem
sich seine frühzeitig verwittwete Mutter wieder vermählte,
noch als Kind mit dem Bühnenleben und -Getriebe in un-
mittelbare Berührung gebracht und von dessen unwidersteh-
lichem Zauber ergriffen. So war es nahe daran, daß er sich
der Schauspielkunst selbst gewidmet hätte, zumal er von seiner
kunstverständigen Landesmutter, der damaligen Großherzogin
Mathilde von Hessen, und deren durch sie auf ihn hin-
gewiesenen Gemahl in seinem strebsamen Eifer zur Deklamation
von Gedichten bestärkt wurde, wie er auch in den von ihm
gespielten Kinderrollen sein ihm angeborenes Talent sichtbarer
stets offenbarte. Als Tells Knabe in einer der Gastspielvor-
stellungen Emil Devrients auftretend, wußte er dessen Beifall in
dem Maße zu erwerben, daß der große Künstler sich erbot, den
kleinen Kollegen mit sich nach London zu nehmen, wo ihn
neue Triumphe seiner Kunst erwarteten. Doch dieser lockenden
Versuchung ungeachtet, fand Lautenschläger bald, dank der
Huld seiner hohen Beschützer auf das sorgfältigste ausgebildet,
den ihm beschiedenen eigenartigen Beruf, indem der Maschinen-
direktor an seiner heimischen Bühne, Karl Brandt, ihn in
seine Lehre nahm, aus der er bei seiner ungemeinen Begabung
nach wenigen Jahren schon als selbständig gewordener Meister
hervorging, was seine bereits im Jahre 1860 erfolgte Er-
nennung zum stellvertretenden Gehülfen an der gleichen Bühne
bewies. Nachdem er als solcher auch mit der Herstellung
von Bühneneinrichtungen und scenischen Ausstattungen von
seinem Lehrer schon an verschiedenen Orten betraut worden
war, übernahm er 1863 zu Riga sein erstes Amt, das er
jedoch nach einem Jahre wieder niederlegte, um dem an ihn
ergangenen Ruf nach Stuttgart Folge zu leisten. Hier wirkte
Lautenschläger, außerordentlich thätig, wie seine Ausstattungen
vieler Opern und Ballette bekundeten, bis er durch den
wiederholten Antrag der Münchener Hofbühne, die bei
der Vorliebe König Ludwigs II. für die Wagner'sche Kunst,
[Spaltenumbruch] sowie für blendende Theatralik eines der schwierigen Auf-
gabe gewachsenen Mannes bedürftig war, 1880 nach München
gezogen wurde, wo er seitdem seine hauptsächlichste Thätigkeit
mit unermüdlicher Kraft ausübt. -- Die Zahl der von ihm
hier dekorativ ausgestatteten Bühnenwerke auch nur dem
Namen nach aufzuzählen, würde einen zu großen Raum ein-
nehmen, und wir erinnern daher nur an die während der
Fremdensaison oft gegebenen Vorführungen des "Faust" und
des ganzen "Wallenstein" nach der Einrichtung Ernst
v. Possarts, um andeutungsweise sein gediegenes Schaffen zu
charakterisiren. In demselben Zeitraum hat er aber auch über
ein Viertelhundert Bühnen in Deutschland wie im Aus-
land erbaut und eine weit größere Menge noch mit seinen
verbesserten Einrichtungen versehen, so daß bei ihm ohne
Uebertreibung von einem Weltruf gesprochen werden kann.
Die epochemachende Bedeutung des elektrischen Lichts auch für
die Bühne hat er zuerst erkannt und im hiesigen Residenz-
theater in musterhafter Weise verwerthet, eine That, die bald
allerwärts getreue Nachahmung gefunden, soweit er nicht
selbst der Hersteller der hiezu nöthigen Einrichtung war,
wie zum Beispiel in der Großen Oper zu Paris, die ihn
als "Monsieur Laut" dazu berufen. Aber auch die soge-
nannte Perfall-Shakespeare-Bühne, zu deren geistigen Mit-
begründern Oberregisseur J. Savits zählt, mit ihrem ebenso
einfachen wie ingenieusen Apparat, der alle Verwandlungs-
schwierigkeiten beseitigt, sowie die hauptsächlich im Gebiet der
Mozart'schen Oper bisher zu vielbestaunter Anwendung ge-
brachte Drehbühne stammen von ihm her. Ebenso ist er auch
der Schöpfer elektrotechnischen Betriebs auf der Bühne, der
zur Ersparung ungeheuren Aufwandes an Arbeit und Zeit
führte, indem er alle Soffiten und Prospektaufzüge, Ver-
senkungen, Magazinaufzüge und Wandelpanoramen durch die
bezähmte Naturkraft in Bewegung setzt. Beim Bau des
Deutschen Theaters in München hat er diese umwälzende
Erfindung zuerst in Anwendung gebracht und damit den
Gipfel technischer Vollendung als Meister in diesem Werke
erreicht. Neben solcher praktischen Begabung ist ihm aber
auch die unentbehrliche Gabe der Phantasie in erheblichem
Maße zu eigen, so daß er sich in poetische Aufgaben jeder
Art, um sein eigenes Wort zu gebrauchen, hineinträumen und
hiedurch den kühnsten Anforderungen gerecht zu werden ver-
mag, wie er schon oft und oft bewiesen hat und in der Zu-
kunft bei seiner Rüstigkeit und Geistesfrische auch noch oft
beweisen wird.

Franz Laßlo, der ungarische
Portraitmaler mit der unheimlich rasch gewachsenen Beliebt-
[Spaltenumbruch] heit, der namentlich in hohen und höchsten Kreisen berufen
erscheint, an die Stelle Angeli's zu treten, hat nach mehr-
wöchigem Aufenthalt Rom verlassen. Er war hauptsächlich
gekommen, um den Papst Leo XIII. und seinen Staatssekretär
Kardinal Rampolla zu portraitiren. Bischof Fraknoy, der
Direktor des ungarischen historischen Instituts in Rom, hat
den Papst zu bestimmen gewußt, dem Künstler zu sitzen, da
das Bild aus Anlaß der 900jährigen Wiederkehr der Zeit,
in der Sylvester II. Ungarn dem Christenthum gewann, als
Eigenthum der Nation in Budapest Aufstellung finden soll.
Die Portraits wurden vor der Absendung nach Paris, wo
sie zunächst in der ungarischen Abtheilung der Ausstellung
figuriren werden, einem Kreise von Eingeladenen in den
Räumen des ungarischen historischen Instituts zugänglich ge-
macht. Der Eindruck ist ein hinreißender. Wenn man die
Eigenart der Laßlo'schen Kunst sucht, so findet man sie nicht
in der verblüffenden Technik, mit der Figuren und Köpfe
fast ohne vorherige Zeichnung mit unfehlbarer Sicherheit
in den Raum hineinkomponirt und ausgeführt sind;
diese Technik ist ersten Rangs, aber sie ist auch Lenbach
und Pochwalsky eigen. Das Neue an den Werken
Laßlo's ist die rücksichtslose Wahrheit, die Unerbittlich-
keit, mit der der einmal erfaßte Charakter so festgebaunt
wird, wie er sich präsentirt. Man hat schon oft bemerkt,
daß Leo XIII. auf den Papstbildern nicht älter wird, daß er
im Jahre 1885 nicht anders erscheint als 1899. Laßlo zeigt
ihn bei aller Würde als einen 90 jährigen Greis, der ex
cathedra
unfehlbar ist und das weiß, der aber der Zeit wie
jeder Mensch Tribut zollen muß. Das eingefallene Gesicht,
die jugendlich gebliebenen Augen, die schmalen, gebrechlichen
Hände, alles lebt und spricht. Es ist ein Meisterstück. In
noch höherem Maße vielleicht prägt sich diese Eigenart des
Künstlers bei dem Portrait Rampolla's aus. Wenn Laßlo
vor der ersten Sitzung die gesammte Politik studirt hätte,
deren Träger der Kardinal von 1887 bis heute war, so
hätte er ihn nicht besser wiedergeben können, als er es ge-
than hat, denn in dem en face aufgefaßten Gesicht prägen
sich alle Eigenschaften aus, die eben diese Politik kennzeichnen.
Mit dem ihm eigenen verschmitzten Ausdruck blickt Rampolla
aus dem Bild heraus. Das linke Auge, ohnehin kleiner als
das rechte, ist halb geschlossen, die Mundwinkel sind zu einem
Lächeln verzogen, das freundlich sein soll, ohne daß das recht
gelingt. Sprechend auch hier, wie beim Papst die Hände.
Der Eindruck ist allseitig ein sehr tiefer und so wird es wohl
auch in Paris und Budapest sein.



Sonntag. Viertes Blatt Nr. 89 der Allgemeinen Zeitung. 1. April 1900.
[Spaltenumbruch]
Die Wiener Banken im Jahre 1899.

* Faſt will es ſcheinen, als ob der alte Satz, daß die
Bilanzen der Banken ein Spiegelbild der wiſſenſchaftlichen
Entwicklung eines Landes darſtellen, an Geltung und
Wahrheit verloren habe. Betrachte man die Abſchlüſſe der
Wiener Banken: überall geſteigerte Erträgniſſe, zum über-
wiegenden Theile in den meiſten Geſchäftszweigen die höch-
ſten bisher erzielten Reingewinnsziffern, ſteigende Umſätze,
ausgedehnte belebte Geſchäftsthätigkeit, zumeiſt hohe Divi-
denden. Wenn man aus dieſen Bilanzen den Rückſchluß
ziehen wollte, daß das geſchäftliche Leben in Oeſterreich in
hohen Wellenzügen gehe und ſehr kräftige Lebensimpulſe
während des verfloſſenen Jahres erhalten habe würde
man ſicherlich weit fehlſchießen. Der Strom der öſter-
reichiſchen Volkswirthſchaft floß ruhig und gemächlich da-
hin, nirgends ſah man ein ſtürmiſches Leben, eine kräftige
vorwärts ſtrebende Entwicklung. Im Gegeatheile, man
hatte oft den Eindruck, daß der Strom die Neigung habe,
zu verſanden, daß es infolge der zahlreichen Behinderungen
und Hemmungen, welche Geſetzgebung und Verwaltung
in ſo reichlichem Maße der privaten Initiative auferlegen,
nicht recht vorwärts wolle, daß ſich Stillſtand und oft ſo-
gar rückſchrittliche Anwandlungen darſtellen. Hat darum
der alte, oben citirte Satz an Wahrheit verloren? Sicher-
lich nicht. Die Bilanzen der Banken ſind nach wie vor ein
ſehr treffliches Barometer für die Beurtheilung der wirth-
ſchaftlichen Situation eines Landes. Es genügt nur nicht
eine oberflächliche Rückſichtnahme auf Dividende und ab-
ſolute Ziffer des Reingewinns; man muß in den Körper
der Bilanz tiefer hineinleuchten, auf die einzelnen Ertrags-
zweige eingehen, die Bilanz in ihre Poſitionen auflöſen,
Rückſchlüſſe aus den Verſchiebungen in den einzelnen Kontis
ziehen. Und da gelangt man zu verläßlicheren Anhalts-
punkten, als ſie die bloße Berückſichtigung des geſteigerten
Reinertrages bieten könnte. Ja, es iſt wahr, die Bilanzen
der Banken haben ſich gebeſſert, die Aktionäre erhalten
größere Dividenden, die Reſerven werden mit ſehr nam-
haften Quoten dotirt, für minder günſtige Jahre der Zu-
kunft werden namhafte Rücklagen gemacht. Allein den
Löwenantheil an der Beſſerung hat doch der hohe Zinsfuß
gehabt, welcher ſich als eine Reflexerſcheinung der Ver-
hältniſſe auf den fremden Plätzen darſtellt. Für ein Land
mit ſchwacher Initiative, mit langſamer Entwicklung iſt
nun der hohe Zinsfuß durchaus kein Segen, ſondern ein
Hemmniß. Wenn die Banken aus der reichen Verwendung
der eigenen und fremden Mittel anſehnliche Gewinnſte
zogen, ſo iſt es darum nicht weniger wahr, daß Deutſchland
mit dem hohen Zinsfuß eine märchenhafte, beiſpielsloſe
Induſtrieblüthe bezahlte, Oeſterreich dagegen nur den
hohen Zinsfuß, nicht aber die Blüthe der Induſtrie hatte,
daß wir beim Thalerregen nur die Löcher im Kopfe davon-
tragen. Geht man aber auf die vom hohen Zinsfuße nicht
nicht bedingten Zweige des Ertrages ein, ſo finden wir,
daß auch die Banken — von einzelnen Ausnahmen abge-
ſehen — kein Bild einer lebhaften oder gar ſtürmiſchen
Entwicklung boten. Induſtriegründungen gab es im ver-
floſſenen Jahre nur ſehr wenige, Konſortialgeſchäfte größe-
ren Umfangs gelangten nur in ſeltenen Fällen zur Abwick-
lung, die Banken zehrten zumeiſt am alten Fett, neue
Unternehmungen waren nur wenige zu erblicken. Auch
diejenige Poſt des normalen Bankgeſchäftes, welche einen
Beweis für eine reiche Verzweigung und Ausdehnung der
Geſchäftsthätigkeit bietet, die Proviſionen, zeigt nur bei
zwei Banken, dem Bankverein und der Länderbank, eine
größere Steigerung. Die Banken haben viel verdient,
ſicherlich gute Bilanzen geliefert, aber auch dieſe Bilanzen
zeigen bei den meiſten Inſtituten keine ſtärkere Anſpan-
nung, keinen Aufſchwung, nur eine Belebung durch den
Zinsfuß, keine ſtürmiſche Ausdehnung der Geſchäftsthätig-
[Spaltenumbruch] keit, es ſind Zinsfußbilanzen, keine Ge-
ſchäftsbilanzen.
Und wenn wir damit auf den
Kern der Sache eingedrungen ſind, haben wir zugleich er-
kannt, daß die Bilanzen der Wiener Banken doch ein
richtiges Spiegelbild der wirthſchaftlichen Entwicklung
Oeſterreichs geben, daß ein geübtes Auge auch aus dieſen,
äußerlich ſo glänzenden Ziffern herausleſen kann, wo uns
der Schuh drückt, und inwieferne die Rechnungsabſchlüſſe
der großen Inſtitute die langſame Entwicklung der öſter-
reichiſchen Wirthſchaft zum Ausdruck bringen. Gewiß die
Bilanzen ſind ſehr gut und die Gewinne der Aktionäre ſind
reichlich. Allein ganz abgeſehen davon, daß in einem Land
des Konzeſſionsſyſtems, in einer Millionenſtadt, wo ſeit 20
Jahren keine neue Bank entſtanden iſt, und das Kapitals-
bedürfniß nur durch Kapitalsvermehrungen der alten
Banken befriedigt werden konnte, die Gewinne der eine
Monopolſtellung genießenden Banken von ſelbſt ſteigen
müſſen, iſt es eben doch der hohe Zinsfuß geweſen, welcher
arbeitete und die Anregung aus einer reichen wirthſchaft-
lichen Entwicklung, wie ſie ſich trotz aller Immobiliſirungen
ſelbſt bei den kleinſten deutſchen Banken zeigte, iſt unſern
Bankbilanzen verſagt geblieben. Das iſt kein Vorwurf für
die Banken, denn ſie können keine Wunder wirken und aus
hartem Boden keine Blumengärten herauslocken, allein es
iſt wichtig zur richtigen Beurtheilung der Rechnungsab-
ſchlüſſe, an welche wir jetzt ſchreiten, indem wir in ge-
wohnter Weiſe die Geſammtüberſicht ihrer finanziellen Er-
gebniſſe folgen laſſen.

Die Aera der Kapitalsvermehrungen hat im Jahre
1899 bei den Wiener Banken weitere Fortſchritte gemacht.
Drei Finanzinſtitute haben ihr Aktienkapital erheblich ver-
mehrt. Die Creditanſtalt hat 62,500 neue Aktien ausge-
geben und ſo ihr nominelles Kapital von 40 auf 50 Mil-
lionen Gulden, ihr effektives Kapital (Aktienkapital und
Reſerven) von 50 auf 70 Millionen Gulden geſteigert. Sie
iſt damit den rieſigen deutſchen Bankkoloſſen etwas näher
gerückt. Der Wiener Bankverein hat 37,500 neue Aktien
ausgegeben und damit das Aktienkapital auf 40 Millionen
Gulden erhöht, wozu noch die ſichtbaren Reſerven von rund
10 Millionen Gulden treten. Die Unionbank vermehrte ihr
Aktienkapital von 10 auf 16 Millionen Gulden durch Aus-
gabe von 20,000 neuen Aktien, welche mit einem erheblichen
Agio den alten Aktionären überlaſſen wurden. Von den
Kapitalsvermehrungen wurden jene des Bankvereins und
der Unionbank derart durchgeführt, daß die neuen Aktien
bereits am Erträgniſſe des Jahres 1899 partizipirten,
während bei der Creditanſtalt die neuen Aktien erſt vom
Jahre 1900 an den alten Aktien gleichgeſtellt wurden.

Sämmtliche Bilanzen ſind — zum letztenmal — in
der alten öſterreichiſchen Guldenwährung aufgeſtellt,
während vom heurigen Jahre an alle Abſchlüſſe in der
Kronenwährung lauten werden. Die folgende Tabelle
gibt einen Ueberblick über die Geſammtreſultate der Wiener
Banken im Jahre 1899:

[Tabelle]

Die Bilanz der Creditanſtalt wurde bereits ein-
gehend an dieſer Stlle beſprochen. Es genügt deßhalb,
einige allgemeine Momente nochmals herauszugreifen und
unſrer Unterſuchung, welche den Konnex zwiſchen Bank-
[Spaltenumbruch] bilanzen und Volkswirthſchaft darſtellen ſoll, anzupaſſen.
An ſich betrachtet iſt das Bilanzergebniß der Creditanſtalt
gewiß günſtig. Die Creditanſtalt zahlt mehr Dividende
als irgend eine der großen deutſchen Bankinſtitute, welche
über 10 Proz. nur ſelten hinausgehen. Die Gewinnſtziffern
ſind ſehr impoſant, noch mehr, wenn man erwägt, unter
welchen ungünſtigen Bedingungen die Bankinſtitute in
Oeſterreich arbeiten. Nahezu eine Million Gulden, 17 Proz.
vom Reingewinn, 2 Proz: des Aktienkapitals verſchlingt
der Fiskus mit ſeinen ungeheuren Steuervorſchreibungen.
Dabei ſind die adminiſtrativen Beſchränkungen, welche der
Entfaltung der induſtriellen Thätigkeit in den Weg gelegt
werden, ſehr bedeutend, da die längſten Leidenswege oft
zu durchmeſſen ſind, bevor die Konzeſſionirung einer In-
duſtriegeſellſchaft auch für die feinſten Konzeſſionswerber zu
erlangen iſt. Allerdings bietet die Thatſache, daß keine
neuen Bankkonzeſſionen ertheilt werden, ein gewiſſes
Gegengewicht, da die beſtehenden Banken eine von Jahr zu
Jahr an Werth gewinnende Monopolſtellung genießen.
Die Zinſengewinne der Creditanſtalt ſind, wie ein Blick
auf die obige Tabelle zeigt, ſehr namhaft, ja impoſant, da
die Ziffer von 4.63 Millionen Gulden zu den höchſten dieſer
Art in ganz Europa gehört. Allein es darf nicht uner-
wähnt bleiben, daß die Hauptquelle dieſer Zinſengewinne
aus dem Geſchäft der Börſe floß, daß den Löwenantheil an
den Zinſen die Reportzinſen hatten. Das iſt die bequemſte,
am leichteſten und gefahrloſeſten zu praktizirende Art der
Geldverwendung. Ob dieſer Strom heuer ebenſo reichlich
fließen wird, iſt mehr als fraglich, denn der Zinsfuß iſt er-
heblich tiefer, und die Thätigkeit des Effektenmarktes iſt
leider ſo gering, daß eine Plazirung verfügbarer Mittel
im Report große Schwierigkeiten bereitet, ja in dem ge-
wünſchten Umfang gar nicht zu bewerkſtelligen iſt. Zu
denken gibt es andrerſeits, daß die Proviſionen, das eigent-
liche Kriterion des Bankgeſchäfts gar nicht geſtiegen ſind
und daß auch die Kontokorrentzinſen gegenüber dem Vor-
jahr zurückblieben, trotzdem der Zinsfuß für die Banken er-
heblich günſtiger war. Das zeigt eben klar, daß das eigent-
liche Bankgeſchäft der Creditanſtalt keine weitere Entwick-
lung erfahren hat, worauf auch die unveränderte Höhe der
Kreditoren und Debitoren hinweist. Sehr bedeutend ſind
die Konſortialgewinne: ſie betragen 1.54 Millionen Gulden
und gehören zu den höchſten, welche das Inſtitut ſeit langer
Zeit erzielt hat. Hierunter ſind hauptſächlich zwei Geſchäfte
inbegriffen: der Gewinn aus der Veräußerung der Alpinen
Montanaktien, welche Transaktion nunmehr vollſtändig
abgewickelt iſt und im ganzen einen Gewinn von 1.3 Mil-
lionen Gulden erbracht hat, und der Gewinn aus der
Emiſſion der Aktien der Hirtenberger Patronenfabrik,
welcher 675,000fl. für das Jahr 1899 und für das Jahr
1900 einen noch unverrechneten Kursvortrag von 400,000
Gulden geliefert hat. Auch hier iſt für das heurige Jahr
kein gleich hoher Nutzen zu erwarten, da außer den 400,000
Gulden aus dem Reſt der Hirtenberger Aktien nur noch der
kleine Gewinn aus der beabſichtigten Emiſſion der Aktien
der Glasfabrik C. Stölzle’s Söhne zu erwarten iſt, eine
Emiſſion der Fiumaner Petroleumaktien nicht in Ausſicht
ſteht und die reiche Operation, welche die Creditanſtalt noch
im Köcher trägt, die Aktien der Gußſtahlfabrik Ikoda, erſt
im nächſten Jahr reif wird. Aus allen dieſen Gründen wird
gefolgert, daß für das heurige Jahr, das erſte Jahr der
Kapitalsvermehrung, die Aufrechterhaltung der erhöhten
Dividende von 18 Gulden Schwierigkeiten bereiten dürfte,
und daß die Aktionäre wieder zur 10 proz. Dividende wer-
den zurückkehren müſſen. Dieſer Rückgang der Dividende
würde durch den Stillſtand und die Lebloſigkeit im heuri-
gen Jahr, von welchem faſt ſchon drei Monate verſtrichen
ſind, vollauf erklärt werden, es würde aber trotzdem keinen
günſtigen Eindruck machen, wenn die Kapitalserhöhung
eine Periode niedrigerer Dividenden inauguriren würde.
Allerdings läßt ſich im Augenblick noch kein irgendwie ver-

[Spaltenumbruch]
Feuilleton.


* Karl Lautenſchläger, der weithin bekannte Leiter
des Maſchinenweſens am kgl. Hoftheater zu München, be-
geht am 1. April ſein 40 jähriges Jubiläum als Bühnen-
techniker und zugleich auch ſein 37 jähriges als Maſchinen-
meiſter. In einem von Martin Greif verfaßten Abriß
von Karl Lautenſchlägers arbeitſamem Leben — in den „Hamb.
Nach.“ — heißt es: In Beſſungen bei Darmſtadt am 11. April 1843
als der Sohn eines Bäckermeiſters geboren, wurde er durch
ſeinen Stiefvater, den Hofſchauſpieler und Sceneriedirektor
des Darmſtädter Hoftheaters Chriſtian Vormuth, mit dem
ſich ſeine frühzeitig verwittwete Mutter wieder vermählte,
noch als Kind mit dem Bühnenleben und -Getriebe in un-
mittelbare Berührung gebracht und von deſſen unwiderſteh-
lichem Zauber ergriffen. So war es nahe daran, daß er ſich
der Schauſpielkunſt ſelbſt gewidmet hätte, zumal er von ſeiner
kunſtverſtändigen Landesmutter, der damaligen Großherzogin
Mathilde von Heſſen, und deren durch ſie auf ihn hin-
gewieſenen Gemahl in ſeinem ſtrebſamen Eifer zur Deklamation
von Gedichten beſtärkt wurde, wie er auch in den von ihm
geſpielten Kinderrollen ſein ihm angeborenes Talent ſichtbarer
ſtets offenbarte. Als Tells Knabe in einer der Gaſtſpielvor-
ſtellungen Emil Devrients auftretend, wußte er deſſen Beifall in
dem Maße zu erwerben, daß der große Künſtler ſich erbot, den
kleinen Kollegen mit ſich nach London zu nehmen, wo ihn
neue Triumphe ſeiner Kunſt erwarteten. Doch dieſer lockenden
Verſuchung ungeachtet, fand Lautenſchläger bald, dank der
Huld ſeiner hohen Beſchützer auf das ſorgfältigſte ausgebildet,
den ihm beſchiedenen eigenartigen Beruf, indem der Maſchinen-
direktor an ſeiner heimiſchen Bühne, Karl Brandt, ihn in
ſeine Lehre nahm, aus der er bei ſeiner ungemeinen Begabung
nach wenigen Jahren ſchon als ſelbſtändig gewordener Meiſter
hervorging, was ſeine bereits im Jahre 1860 erfolgte Er-
nennung zum ſtellvertretenden Gehülfen an der gleichen Bühne
bewies. Nachdem er als ſolcher auch mit der Herſtellung
von Bühneneinrichtungen und ſceniſchen Ausſtattungen von
ſeinem Lehrer ſchon an verſchiedenen Orten betraut worden
war, übernahm er 1863 zu Riga ſein erſtes Amt, das er
jedoch nach einem Jahre wieder niederlegte, um dem an ihn
ergangenen Ruf nach Stuttgart Folge zu leiſten. Hier wirkte
Lautenſchläger, außerordentlich thätig, wie ſeine Ausſtattungen
vieler Opern und Ballette bekundeten, bis er durch den
wiederholten Antrag der Münchener Hofbühne, die bei
der Vorliebe König Ludwigs II. für die Wagner’ſche Kunſt,
[Spaltenumbruch] ſowie für blendende Theatralik eines der ſchwierigen Auf-
gabe gewachſenen Mannes bedürftig war, 1880 nach München
gezogen wurde, wo er ſeitdem ſeine hauptſächlichſte Thätigkeit
mit unermüdlicher Kraft ausübt. — Die Zahl der von ihm
hier dekorativ ausgeſtatteten Bühnenwerke auch nur dem
Namen nach aufzuzählen, würde einen zu großen Raum ein-
nehmen, und wir erinnern daher nur an die während der
Fremdenſaiſon oft gegebenen Vorführungen des „Fauſt“ und
des ganzen „Wallenſtein“ nach der Einrichtung Ernſt
v. Poſſarts, um andeutungsweiſe ſein gediegenes Schaffen zu
charakteriſiren. In demſelben Zeitraum hat er aber auch über
ein Viertelhundert Bühnen in Deutſchland wie im Aus-
land erbaut und eine weit größere Menge noch mit ſeinen
verbeſſerten Einrichtungen verſehen, ſo daß bei ihm ohne
Uebertreibung von einem Weltruf geſprochen werden kann.
Die epochemachende Bedeutung des elektriſchen Lichts auch für
die Bühne hat er zuerſt erkannt und im hieſigen Reſidenz-
theater in muſterhafter Weiſe verwerthet, eine That, die bald
allerwärts getreue Nachahmung gefunden, ſoweit er nicht
ſelbſt der Herſteller der hiezu nöthigen Einrichtung war,
wie zum Beiſpiel in der Großen Oper zu Paris, die ihn
als „Monſieur Laut“ dazu berufen. Aber auch die ſoge-
nannte Perfall-Shakeſpeare-Bühne, zu deren geiſtigen Mit-
begründern Oberregiſſeur J. Savits zählt, mit ihrem ebenſo
einfachen wie ingenieuſen Apparat, der alle Verwandlungs-
ſchwierigkeiten beſeitigt, ſowie die hauptſächlich im Gebiet der
Mozart’ſchen Oper bisher zu vielbeſtaunter Anwendung ge-
brachte Drehbühne ſtammen von ihm her. Ebenſo iſt er auch
der Schöpfer elektrotechniſchen Betriebs auf der Bühne, der
zur Erſparung ungeheuren Aufwandes an Arbeit und Zeit
führte, indem er alle Soffiten und Proſpektaufzüge, Ver-
ſenkungen, Magazinaufzüge und Wandelpanoramen durch die
bezähmte Naturkraft in Bewegung ſetzt. Beim Bau des
Deutſchen Theaters in München hat er dieſe umwälzende
Erfindung zuerſt in Anwendung gebracht und damit den
Gipfel techniſcher Vollendung als Meiſter in dieſem Werke
erreicht. Neben ſolcher praktiſchen Begabung iſt ihm aber
auch die unentbehrliche Gabe der Phantaſie in erheblichem
Maße zu eigen, ſo daß er ſich in poetiſche Aufgaben jeder
Art, um ſein eigenes Wort zu gebrauchen, hineinträumen und
hiedurch den kühnſten Anforderungen gerecht zu werden ver-
mag, wie er ſchon oft und oft bewieſen hat und in der Zu-
kunft bei ſeiner Rüſtigkeit und Geiſtesfriſche auch noch oft
beweiſen wird.

Franz Laßlo, der ungariſche
Portraitmaler mit der unheimlich raſch gewachſenen Beliebt-
[Spaltenumbruch] heit, der namentlich in hohen und höchſten Kreiſen berufen
erſcheint, an die Stelle Angeli’s zu treten, hat nach mehr-
wöchigem Aufenthalt Rom verlaſſen. Er war hauptſächlich
gekommen, um den Papſt Leo XIII. und ſeinen Staatsſekretär
Kardinal Rampolla zu portraitiren. Biſchof Fraknoy, der
Direktor des ungariſchen hiſtoriſchen Inſtituts in Rom, hat
den Papſt zu beſtimmen gewußt, dem Künſtler zu ſitzen, da
das Bild aus Anlaß der 900jährigen Wiederkehr der Zeit,
in der Sylveſter II. Ungarn dem Chriſtenthum gewann, als
Eigenthum der Nation in Budapeſt Aufſtellung finden ſoll.
Die Portraits wurden vor der Abſendung nach Paris, wo
ſie zunächſt in der ungariſchen Abtheilung der Ausſtellung
figuriren werden, einem Kreiſe von Eingeladenen in den
Räumen des ungariſchen hiſtoriſchen Inſtituts zugänglich ge-
macht. Der Eindruck iſt ein hinreißender. Wenn man die
Eigenart der Laßlo’ſchen Kunſt ſucht, ſo findet man ſie nicht
in der verblüffenden Technik, mit der Figuren und Köpfe
faſt ohne vorherige Zeichnung mit unfehlbarer Sicherheit
in den Raum hineinkomponirt und ausgeführt ſind;
dieſe Technik iſt erſten Rangs, aber ſie iſt auch Lenbach
und Pochwalsky eigen. Das Neue an den Werken
Laßlo’s iſt die rückſichtsloſe Wahrheit, die Unerbittlich-
keit, mit der der einmal erfaßte Charakter ſo feſtgebaunt
wird, wie er ſich präſentirt. Man hat ſchon oft bemerkt,
daß Leo XIII. auf den Papſtbildern nicht älter wird, daß er
im Jahre 1885 nicht anders erſcheint als 1899. Laßlo zeigt
ihn bei aller Würde als einen 90 jährigen Greis, der ex
cathedra
unfehlbar iſt und das weiß, der aber der Zeit wie
jeder Menſch Tribut zollen muß. Das eingefallene Geſicht,
die jugendlich gebliebenen Augen, die ſchmalen, gebrechlichen
Hände, alles lebt und ſpricht. Es iſt ein Meiſterſtück. In
noch höherem Maße vielleicht prägt ſich dieſe Eigenart des
Künſtlers bei dem Portrait Rampolla’s aus. Wenn Laßlo
vor der erſten Sitzung die geſammte Politik ſtudirt hätte,
deren Träger der Kardinal von 1887 bis heute war, ſo
hätte er ihn nicht beſſer wiedergeben können, als er es ge-
than hat, denn in dem en face aufgefaßten Geſicht prägen
ſich alle Eigenſchaften aus, die eben dieſe Politik kennzeichnen.
Mit dem ihm eigenen verſchmitzten Ausdruck blickt Rampolla
aus dem Bild heraus. Das linke Auge, ohnehin kleiner als
das rechte, iſt halb geſchloſſen, die Mundwinkel ſind zu einem
Lächeln verzogen, das freundlich ſein ſoll, ohne daß das recht
gelingt. Sprechend auch hier, wie beim Papſt die Hände.
Der Eindruck iſt allſeitig ein ſehr tiefer und ſo wird es wohl
auch in Paris und Budapeſt ſein.



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Kapitalsvermehrung, die Aufrechterhaltung der erhöhten<lb/>
Dividende von 18 Gulden Schwierigkeiten bereiten dürfte,<lb/>
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&#x017F;ind, vollauf erklärt werden, es würde aber trotzdem keinen<lb/>
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[0013] Sonntag. Viertes Blatt Nr. 89 der Allgemeinen Zeitung. 1. April 1900. Die Wiener Banken im Jahre 1899. * Faſt will es ſcheinen, als ob der alte Satz, daß die Bilanzen der Banken ein Spiegelbild der wiſſenſchaftlichen Entwicklung eines Landes darſtellen, an Geltung und Wahrheit verloren habe. Betrachte man die Abſchlüſſe der Wiener Banken: überall geſteigerte Erträgniſſe, zum über- wiegenden Theile in den meiſten Geſchäftszweigen die höch- ſten bisher erzielten Reingewinnsziffern, ſteigende Umſätze, ausgedehnte belebte Geſchäftsthätigkeit, zumeiſt hohe Divi- denden. Wenn man aus dieſen Bilanzen den Rückſchluß ziehen wollte, daß das geſchäftliche Leben in Oeſterreich in hohen Wellenzügen gehe und ſehr kräftige Lebensimpulſe während des verfloſſenen Jahres erhalten habe würde man ſicherlich weit fehlſchießen. Der Strom der öſter- reichiſchen Volkswirthſchaft floß ruhig und gemächlich da- hin, nirgends ſah man ein ſtürmiſches Leben, eine kräftige vorwärts ſtrebende Entwicklung. Im Gegeatheile, man hatte oft den Eindruck, daß der Strom die Neigung habe, zu verſanden, daß es infolge der zahlreichen Behinderungen und Hemmungen, welche Geſetzgebung und Verwaltung in ſo reichlichem Maße der privaten Initiative auferlegen, nicht recht vorwärts wolle, daß ſich Stillſtand und oft ſo- gar rückſchrittliche Anwandlungen darſtellen. Hat darum der alte, oben citirte Satz an Wahrheit verloren? Sicher- lich nicht. Die Bilanzen der Banken ſind nach wie vor ein ſehr treffliches Barometer für die Beurtheilung der wirth- ſchaftlichen Situation eines Landes. Es genügt nur nicht eine oberflächliche Rückſichtnahme auf Dividende und ab- ſolute Ziffer des Reingewinns; man muß in den Körper der Bilanz tiefer hineinleuchten, auf die einzelnen Ertrags- zweige eingehen, die Bilanz in ihre Poſitionen auflöſen, Rückſchlüſſe aus den Verſchiebungen in den einzelnen Kontis ziehen. Und da gelangt man zu verläßlicheren Anhalts- punkten, als ſie die bloße Berückſichtigung des geſteigerten Reinertrages bieten könnte. Ja, es iſt wahr, die Bilanzen der Banken haben ſich gebeſſert, die Aktionäre erhalten größere Dividenden, die Reſerven werden mit ſehr nam- haften Quoten dotirt, für minder günſtige Jahre der Zu- kunft werden namhafte Rücklagen gemacht. Allein den Löwenantheil an der Beſſerung hat doch der hohe Zinsfuß gehabt, welcher ſich als eine Reflexerſcheinung der Ver- hältniſſe auf den fremden Plätzen darſtellt. Für ein Land mit ſchwacher Initiative, mit langſamer Entwicklung iſt nun der hohe Zinsfuß durchaus kein Segen, ſondern ein Hemmniß. Wenn die Banken aus der reichen Verwendung der eigenen und fremden Mittel anſehnliche Gewinnſte zogen, ſo iſt es darum nicht weniger wahr, daß Deutſchland mit dem hohen Zinsfuß eine märchenhafte, beiſpielsloſe Induſtrieblüthe bezahlte, Oeſterreich dagegen nur den hohen Zinsfuß, nicht aber die Blüthe der Induſtrie hatte, daß wir beim Thalerregen nur die Löcher im Kopfe davon- tragen. Geht man aber auf die vom hohen Zinsfuße nicht nicht bedingten Zweige des Ertrages ein, ſo finden wir, daß auch die Banken — von einzelnen Ausnahmen abge- ſehen — kein Bild einer lebhaften oder gar ſtürmiſchen Entwicklung boten. Induſtriegründungen gab es im ver- floſſenen Jahre nur ſehr wenige, Konſortialgeſchäfte größe- ren Umfangs gelangten nur in ſeltenen Fällen zur Abwick- lung, die Banken zehrten zumeiſt am alten Fett, neue Unternehmungen waren nur wenige zu erblicken. Auch diejenige Poſt des normalen Bankgeſchäftes, welche einen Beweis für eine reiche Verzweigung und Ausdehnung der Geſchäftsthätigkeit bietet, die Proviſionen, zeigt nur bei zwei Banken, dem Bankverein und der Länderbank, eine größere Steigerung. Die Banken haben viel verdient, ſicherlich gute Bilanzen geliefert, aber auch dieſe Bilanzen zeigen bei den meiſten Inſtituten keine ſtärkere Anſpan- nung, keinen Aufſchwung, nur eine Belebung durch den Zinsfuß, keine ſtürmiſche Ausdehnung der Geſchäftsthätig- keit, es ſind Zinsfußbilanzen, keine Ge- ſchäftsbilanzen. Und wenn wir damit auf den Kern der Sache eingedrungen ſind, haben wir zugleich er- kannt, daß die Bilanzen der Wiener Banken doch ein richtiges Spiegelbild der wirthſchaftlichen Entwicklung Oeſterreichs geben, daß ein geübtes Auge auch aus dieſen, äußerlich ſo glänzenden Ziffern herausleſen kann, wo uns der Schuh drückt, und inwieferne die Rechnungsabſchlüſſe der großen Inſtitute die langſame Entwicklung der öſter- reichiſchen Wirthſchaft zum Ausdruck bringen. Gewiß die Bilanzen ſind ſehr gut und die Gewinne der Aktionäre ſind reichlich. Allein ganz abgeſehen davon, daß in einem Land des Konzeſſionsſyſtems, in einer Millionenſtadt, wo ſeit 20 Jahren keine neue Bank entſtanden iſt, und das Kapitals- bedürfniß nur durch Kapitalsvermehrungen der alten Banken befriedigt werden konnte, die Gewinne der eine Monopolſtellung genießenden Banken von ſelbſt ſteigen müſſen, iſt es eben doch der hohe Zinsfuß geweſen, welcher arbeitete und die Anregung aus einer reichen wirthſchaft- lichen Entwicklung, wie ſie ſich trotz aller Immobiliſirungen ſelbſt bei den kleinſten deutſchen Banken zeigte, iſt unſern Bankbilanzen verſagt geblieben. Das iſt kein Vorwurf für die Banken, denn ſie können keine Wunder wirken und aus hartem Boden keine Blumengärten herauslocken, allein es iſt wichtig zur richtigen Beurtheilung der Rechnungsab- ſchlüſſe, an welche wir jetzt ſchreiten, indem wir in ge- wohnter Weiſe die Geſammtüberſicht ihrer finanziellen Er- gebniſſe folgen laſſen. Die Aera der Kapitalsvermehrungen hat im Jahre 1899 bei den Wiener Banken weitere Fortſchritte gemacht. Drei Finanzinſtitute haben ihr Aktienkapital erheblich ver- mehrt. Die Creditanſtalt hat 62,500 neue Aktien ausge- geben und ſo ihr nominelles Kapital von 40 auf 50 Mil- lionen Gulden, ihr effektives Kapital (Aktienkapital und Reſerven) von 50 auf 70 Millionen Gulden geſteigert. Sie iſt damit den rieſigen deutſchen Bankkoloſſen etwas näher gerückt. Der Wiener Bankverein hat 37,500 neue Aktien ausgegeben und damit das Aktienkapital auf 40 Millionen Gulden erhöht, wozu noch die ſichtbaren Reſerven von rund 10 Millionen Gulden treten. Die Unionbank vermehrte ihr Aktienkapital von 10 auf 16 Millionen Gulden durch Aus- gabe von 20,000 neuen Aktien, welche mit einem erheblichen Agio den alten Aktionären überlaſſen wurden. Von den Kapitalsvermehrungen wurden jene des Bankvereins und der Unionbank derart durchgeführt, daß die neuen Aktien bereits am Erträgniſſe des Jahres 1899 partizipirten, während bei der Creditanſtalt die neuen Aktien erſt vom Jahre 1900 an den alten Aktien gleichgeſtellt wurden. Sämmtliche Bilanzen ſind — zum letztenmal — in der alten öſterreichiſchen Guldenwährung aufgeſtellt, während vom heurigen Jahre an alle Abſchlüſſe in der Kronenwährung lauten werden. Die folgende Tabelle gibt einen Ueberblick über die Geſammtreſultate der Wiener Banken im Jahre 1899: Die Bilanz der Creditanſtalt wurde bereits ein- gehend an dieſer Stlle beſprochen. Es genügt deßhalb, einige allgemeine Momente nochmals herauszugreifen und unſrer Unterſuchung, welche den Konnex zwiſchen Bank- bilanzen und Volkswirthſchaft darſtellen ſoll, anzupaſſen. An ſich betrachtet iſt das Bilanzergebniß der Creditanſtalt gewiß günſtig. Die Creditanſtalt zahlt mehr Dividende als irgend eine der großen deutſchen Bankinſtitute, welche über 10 Proz. nur ſelten hinausgehen. Die Gewinnſtziffern ſind ſehr impoſant, noch mehr, wenn man erwägt, unter welchen ungünſtigen Bedingungen die Bankinſtitute in Oeſterreich arbeiten. Nahezu eine Million Gulden, 17 Proz. vom Reingewinn, 2 Proz: des Aktienkapitals verſchlingt der Fiskus mit ſeinen ungeheuren Steuervorſchreibungen. Dabei ſind die adminiſtrativen Beſchränkungen, welche der Entfaltung der induſtriellen Thätigkeit in den Weg gelegt werden, ſehr bedeutend, da die längſten Leidenswege oft zu durchmeſſen ſind, bevor die Konzeſſionirung einer In- duſtriegeſellſchaft auch für die feinſten Konzeſſionswerber zu erlangen iſt. Allerdings bietet die Thatſache, daß keine neuen Bankkonzeſſionen ertheilt werden, ein gewiſſes Gegengewicht, da die beſtehenden Banken eine von Jahr zu Jahr an Werth gewinnende Monopolſtellung genießen. Die Zinſengewinne der Creditanſtalt ſind, wie ein Blick auf die obige Tabelle zeigt, ſehr namhaft, ja impoſant, da die Ziffer von 4.63 Millionen Gulden zu den höchſten dieſer Art in ganz Europa gehört. Allein es darf nicht uner- wähnt bleiben, daß die Hauptquelle dieſer Zinſengewinne aus dem Geſchäft der Börſe floß, daß den Löwenantheil an den Zinſen die Reportzinſen hatten. Das iſt die bequemſte, am leichteſten und gefahrloſeſten zu praktizirende Art der Geldverwendung. Ob dieſer Strom heuer ebenſo reichlich fließen wird, iſt mehr als fraglich, denn der Zinsfuß iſt er- heblich tiefer, und die Thätigkeit des Effektenmarktes iſt leider ſo gering, daß eine Plazirung verfügbarer Mittel im Report große Schwierigkeiten bereitet, ja in dem ge- wünſchten Umfang gar nicht zu bewerkſtelligen iſt. Zu denken gibt es andrerſeits, daß die Proviſionen, das eigent- liche Kriterion des Bankgeſchäfts gar nicht geſtiegen ſind und daß auch die Kontokorrentzinſen gegenüber dem Vor- jahr zurückblieben, trotzdem der Zinsfuß für die Banken er- heblich günſtiger war. Das zeigt eben klar, daß das eigent- liche Bankgeſchäft der Creditanſtalt keine weitere Entwick- lung erfahren hat, worauf auch die unveränderte Höhe der Kreditoren und Debitoren hinweist. Sehr bedeutend ſind die Konſortialgewinne: ſie betragen 1.54 Millionen Gulden und gehören zu den höchſten, welche das Inſtitut ſeit langer Zeit erzielt hat. Hierunter ſind hauptſächlich zwei Geſchäfte inbegriffen: der Gewinn aus der Veräußerung der Alpinen Montanaktien, welche Transaktion nunmehr vollſtändig abgewickelt iſt und im ganzen einen Gewinn von 1.3 Mil- lionen Gulden erbracht hat, und der Gewinn aus der Emiſſion der Aktien der Hirtenberger Patronenfabrik, welcher 675,000fl. für das Jahr 1899 und für das Jahr 1900 einen noch unverrechneten Kursvortrag von 400,000 Gulden geliefert hat. Auch hier iſt für das heurige Jahr kein gleich hoher Nutzen zu erwarten, da außer den 400,000 Gulden aus dem Reſt der Hirtenberger Aktien nur noch der kleine Gewinn aus der beabſichtigten Emiſſion der Aktien der Glasfabrik C. Stölzle’s Söhne zu erwarten iſt, eine Emiſſion der Fiumaner Petroleumaktien nicht in Ausſicht ſteht und die reiche Operation, welche die Creditanſtalt noch im Köcher trägt, die Aktien der Gußſtahlfabrik Ikoda, erſt im nächſten Jahr reif wird. Aus allen dieſen Gründen wird gefolgert, daß für das heurige Jahr, das erſte Jahr der Kapitalsvermehrung, die Aufrechterhaltung der erhöhten Dividende von 18 Gulden Schwierigkeiten bereiten dürfte, und daß die Aktionäre wieder zur 10 proz. Dividende wer- den zurückkehren müſſen. Dieſer Rückgang der Dividende würde durch den Stillſtand und die Lebloſigkeit im heuri- gen Jahr, von welchem faſt ſchon drei Monate verſtrichen ſind, vollauf erklärt werden, es würde aber trotzdem keinen günſtigen Eindruck machen, wenn die Kapitalserhöhung eine Periode niedrigerer Dividenden inauguriren würde. Allerdings läßt ſich im Augenblick noch kein irgendwie ver- Feuilleton. * Karl Lautenſchläger, der weithin bekannte Leiter des Maſchinenweſens am kgl. Hoftheater zu München, be- geht am 1. April ſein 40 jähriges Jubiläum als Bühnen- techniker und zugleich auch ſein 37 jähriges als Maſchinen- meiſter. In einem von Martin Greif verfaßten Abriß von Karl Lautenſchlägers arbeitſamem Leben — in den „Hamb. Nach.“ — heißt es: In Beſſungen bei Darmſtadt am 11. April 1843 als der Sohn eines Bäckermeiſters geboren, wurde er durch ſeinen Stiefvater, den Hofſchauſpieler und Sceneriedirektor des Darmſtädter Hoftheaters Chriſtian Vormuth, mit dem ſich ſeine frühzeitig verwittwete Mutter wieder vermählte, noch als Kind mit dem Bühnenleben und -Getriebe in un- mittelbare Berührung gebracht und von deſſen unwiderſteh- lichem Zauber ergriffen. So war es nahe daran, daß er ſich der Schauſpielkunſt ſelbſt gewidmet hätte, zumal er von ſeiner kunſtverſtändigen Landesmutter, der damaligen Großherzogin Mathilde von Heſſen, und deren durch ſie auf ihn hin- gewieſenen Gemahl in ſeinem ſtrebſamen Eifer zur Deklamation von Gedichten beſtärkt wurde, wie er auch in den von ihm geſpielten Kinderrollen ſein ihm angeborenes Talent ſichtbarer ſtets offenbarte. Als Tells Knabe in einer der Gaſtſpielvor- ſtellungen Emil Devrients auftretend, wußte er deſſen Beifall in dem Maße zu erwerben, daß der große Künſtler ſich erbot, den kleinen Kollegen mit ſich nach London zu nehmen, wo ihn neue Triumphe ſeiner Kunſt erwarteten. Doch dieſer lockenden Verſuchung ungeachtet, fand Lautenſchläger bald, dank der Huld ſeiner hohen Beſchützer auf das ſorgfältigſte ausgebildet, den ihm beſchiedenen eigenartigen Beruf, indem der Maſchinen- direktor an ſeiner heimiſchen Bühne, Karl Brandt, ihn in ſeine Lehre nahm, aus der er bei ſeiner ungemeinen Begabung nach wenigen Jahren ſchon als ſelbſtändig gewordener Meiſter hervorging, was ſeine bereits im Jahre 1860 erfolgte Er- nennung zum ſtellvertretenden Gehülfen an der gleichen Bühne bewies. Nachdem er als ſolcher auch mit der Herſtellung von Bühneneinrichtungen und ſceniſchen Ausſtattungen von ſeinem Lehrer ſchon an verſchiedenen Orten betraut worden war, übernahm er 1863 zu Riga ſein erſtes Amt, das er jedoch nach einem Jahre wieder niederlegte, um dem an ihn ergangenen Ruf nach Stuttgart Folge zu leiſten. Hier wirkte Lautenſchläger, außerordentlich thätig, wie ſeine Ausſtattungen vieler Opern und Ballette bekundeten, bis er durch den wiederholten Antrag der Münchener Hofbühne, die bei der Vorliebe König Ludwigs II. für die Wagner’ſche Kunſt, ſowie für blendende Theatralik eines der ſchwierigen Auf- gabe gewachſenen Mannes bedürftig war, 1880 nach München gezogen wurde, wo er ſeitdem ſeine hauptſächlichſte Thätigkeit mit unermüdlicher Kraft ausübt. — Die Zahl der von ihm hier dekorativ ausgeſtatteten Bühnenwerke auch nur dem Namen nach aufzuzählen, würde einen zu großen Raum ein- nehmen, und wir erinnern daher nur an die während der Fremdenſaiſon oft gegebenen Vorführungen des „Fauſt“ und des ganzen „Wallenſtein“ nach der Einrichtung Ernſt v. Poſſarts, um andeutungsweiſe ſein gediegenes Schaffen zu charakteriſiren. In demſelben Zeitraum hat er aber auch über ein Viertelhundert Bühnen in Deutſchland wie im Aus- land erbaut und eine weit größere Menge noch mit ſeinen verbeſſerten Einrichtungen verſehen, ſo daß bei ihm ohne Uebertreibung von einem Weltruf geſprochen werden kann. Die epochemachende Bedeutung des elektriſchen Lichts auch für die Bühne hat er zuerſt erkannt und im hieſigen Reſidenz- theater in muſterhafter Weiſe verwerthet, eine That, die bald allerwärts getreue Nachahmung gefunden, ſoweit er nicht ſelbſt der Herſteller der hiezu nöthigen Einrichtung war, wie zum Beiſpiel in der Großen Oper zu Paris, die ihn als „Monſieur Laut“ dazu berufen. Aber auch die ſoge- nannte Perfall-Shakeſpeare-Bühne, zu deren geiſtigen Mit- begründern Oberregiſſeur J. Savits zählt, mit ihrem ebenſo einfachen wie ingenieuſen Apparat, der alle Verwandlungs- ſchwierigkeiten beſeitigt, ſowie die hauptſächlich im Gebiet der Mozart’ſchen Oper bisher zu vielbeſtaunter Anwendung ge- brachte Drehbühne ſtammen von ihm her. Ebenſo iſt er auch der Schöpfer elektrotechniſchen Betriebs auf der Bühne, der zur Erſparung ungeheuren Aufwandes an Arbeit und Zeit führte, indem er alle Soffiten und Proſpektaufzüge, Ver- ſenkungen, Magazinaufzüge und Wandelpanoramen durch die bezähmte Naturkraft in Bewegung ſetzt. Beim Bau des Deutſchen Theaters in München hat er dieſe umwälzende Erfindung zuerſt in Anwendung gebracht und damit den Gipfel techniſcher Vollendung als Meiſter in dieſem Werke erreicht. Neben ſolcher praktiſchen Begabung iſt ihm aber auch die unentbehrliche Gabe der Phantaſie in erheblichem Maße zu eigen, ſo daß er ſich in poetiſche Aufgaben jeder Art, um ſein eigenes Wort zu gebrauchen, hineinträumen und hiedurch den kühnſten Anforderungen gerecht zu werden ver- mag, wie er ſchon oft und oft bewieſen hat und in der Zu- kunft bei ſeiner Rüſtigkeit und Geiſtesfriſche auch noch oft beweiſen wird. M. C. Rom, 29. März.Franz Laßlo, der ungariſche Portraitmaler mit der unheimlich raſch gewachſenen Beliebt- heit, der namentlich in hohen und höchſten Kreiſen berufen erſcheint, an die Stelle Angeli’s zu treten, hat nach mehr- wöchigem Aufenthalt Rom verlaſſen. Er war hauptſächlich gekommen, um den Papſt Leo XIII. und ſeinen Staatsſekretär Kardinal Rampolla zu portraitiren. Biſchof Fraknoy, der Direktor des ungariſchen hiſtoriſchen Inſtituts in Rom, hat den Papſt zu beſtimmen gewußt, dem Künſtler zu ſitzen, da das Bild aus Anlaß der 900jährigen Wiederkehr der Zeit, in der Sylveſter II. Ungarn dem Chriſtenthum gewann, als Eigenthum der Nation in Budapeſt Aufſtellung finden ſoll. Die Portraits wurden vor der Abſendung nach Paris, wo ſie zunächſt in der ungariſchen Abtheilung der Ausſtellung figuriren werden, einem Kreiſe von Eingeladenen in den Räumen des ungariſchen hiſtoriſchen Inſtituts zugänglich ge- macht. Der Eindruck iſt ein hinreißender. Wenn man die Eigenart der Laßlo’ſchen Kunſt ſucht, ſo findet man ſie nicht in der verblüffenden Technik, mit der Figuren und Köpfe faſt ohne vorherige Zeichnung mit unfehlbarer Sicherheit in den Raum hineinkomponirt und ausgeführt ſind; dieſe Technik iſt erſten Rangs, aber ſie iſt auch Lenbach und Pochwalsky eigen. Das Neue an den Werken Laßlo’s iſt die rückſichtsloſe Wahrheit, die Unerbittlich- keit, mit der der einmal erfaßte Charakter ſo feſtgebaunt wird, wie er ſich präſentirt. Man hat ſchon oft bemerkt, daß Leo XIII. auf den Papſtbildern nicht älter wird, daß er im Jahre 1885 nicht anders erſcheint als 1899. Laßlo zeigt ihn bei aller Würde als einen 90 jährigen Greis, der ex cathedra unfehlbar iſt und das weiß, der aber der Zeit wie jeder Menſch Tribut zollen muß. Das eingefallene Geſicht, die jugendlich gebliebenen Augen, die ſchmalen, gebrechlichen Hände, alles lebt und ſpricht. Es iſt ein Meiſterſtück. In noch höherem Maße vielleicht prägt ſich dieſe Eigenart des Künſtlers bei dem Portrait Rampolla’s aus. Wenn Laßlo vor der erſten Sitzung die geſammte Politik ſtudirt hätte, deren Träger der Kardinal von 1887 bis heute war, ſo hätte er ihn nicht beſſer wiedergeben können, als er es ge- than hat, denn in dem en face aufgefaßten Geſicht prägen ſich alle Eigenſchaften aus, die eben dieſe Politik kennzeichnen. Mit dem ihm eigenen verſchmitzten Ausdruck blickt Rampolla aus dem Bild heraus. Das linke Auge, ohnehin kleiner als das rechte, iſt halb geſchloſſen, die Mundwinkel ſind zu einem Lächeln verzogen, das freundlich ſein ſoll, ohne daß das recht gelingt. Sprechend auch hier, wie beim Papſt die Hände. Der Eindruck iſt allſeitig ein ſehr tiefer und ſo wird es wohl auch in Paris und Budapeſt ſein.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 89, 1. April 1900, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine89_1900/13>, abgerufen am 29.05.2024.