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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 19. Bremen, 5. März 1852.

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[Beginn Spaltensatz] Küste, die Producte für die Ausfuhr und manchmal selbst den Consumo
in anderen Theilen des Landes zu sehr vertheuert; so z. B. kann jetzt
noch der Caffee von Centroamerika, trotz des hohen Zolles von 5 Dollar
pr. Ggb. und der großen Fracht nebst anderen Unkosten in Lima, ebenso
billig und billiger geliefert werden, wie der im Jnnern Perus erzeugte.

Das jenseits der zweiten Gebirgskette liegende Land ist in
jeder Hinsicht tropisch und wenn auch üppig und fruchtbar, wegen des
heißen Klimas nicht für deutsche Colonisten geeignet.

Obgleich es anerkennenswerth zu erwähnen ist, daß die Regierung
an dem Wohl der Einwanderer ein lebhaftes Jnteresse nimmt, und deren
Fortkommen auf alle Weise zu fördern wünscht, so ist es doch gewiß,
daß die Jnstitutionen dieses Landes weniger liberal sind und den
Einwanderern weniger Garantien bieten, wie diejenigen in Deutsch-
land und anderen Ländern. Mit den freien Verhältnissen der Vereinigten
Staaten und englischen Colonien sind die peruanischen Jnstitutionen ganz und
gar nicht zu vergleichen. So z. B. kann nie ein Bürger gewordener
Ausländer, wenn er auch noch so lange im Lande gelebt und alle Ver-
pflichtungen eines peruanischen Bürgers erfüllt hat, ein Congreßmit-
glied
werden und weder ein richterliches, noch Regierungsamt
bekleiden; es ist ihm somit, trotz aller Talente, trotz aller Kenntnisse, jeg-
licher Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten seines Adoptivvaterlandes
und jede Mitwirkung zum Wohl und Besten desselben benommen. Eben
so wenig ist eine freie Religionsübung gestattet, so daß alle Nicht-
katholiken weder Gottesdienst halten, noch ihre kirchlichen Pflichten erfüllen
können, ausgenommen in den Wohnungen diplomatischer Geschäftsträger und
Consuln. Ehelichen Verbindungen zwischen Katholiken und Nichtkatholiken wer-
den gewöhnlich alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt, zum großen Nach-
theile der öffentlichen Moral und Sittlichkeit, und in den meisten Fällen werden
diese Ehen nur durch förmlichen Uebergang zur kathol. Kirche möglich gemacht.

Bei der anerkannten liberalen Gesinnung des jetzigen Präsidenten
und der wachsenden Aufklärung unter dem Volke steht es freilich zu
hoffen, daß in diesen Punkten mit der Zeit Aenderungen getroffen werden;
da diese jedoch nur durch Congreßbeschluß und eine gänzliche Revision der
Verfassung möglich gemacht werden können, so ist kaum zu erwarten, daß
binnen Kurzem etwas in dieser Hinsicht geschieht.

Unter den erwähnten Umständen halten es die Unterzeichneten für
ihre Pflicht, ihre Landsleute zu warnen, sich nicht unüberlegt zur Aus-
wanderung nach Peru zu entschließen, in welchem Einwohner, Sprache,
Sitten, Gebräuche und Gesetze so ganz verschieden von denjenigen ihrer
Heimath sind. Sie glauben, Landleuten oder Ackerbauern für
die Küste, bei der Verschiedenheit des Bodens, der Produkte
und des Klimas, von der Auswanderung hierher abrathen
zu müssen,
um so mehr, da dieselben wenig Aussicht haben, eine unab-
hängige Stellung zu erlangen, indem fast alles culturfähige Land auf der
Küste Privateigenthum ist.

Eine Auswanderung von Colonisten für das Jnnere ist
nur nach Einführung einer liberaleren Constitution und
toleranter Gesetze in Betreff der Religion und Ehe zu
empfehlen;
auch müßten genügende Garantien gegeben werden, hinsichtlich
Anweisung oder Erwerb von passenden Ländereien in dem Landesstrich
der gemäßigten Temperatur, nicht des tropischen Klimas.

Die Minen dieses Landes würden ohne Zweifel einer großen Anzahl
Arbeiter lohnende und sichere Beschäftigung geben, doch haben sich die Ein-
wanderer an die dünne Gebirgsluft und vielen Entbehrungen in häuslichen und
sonstigen Lebensverhältnissen zu gewöhnen, so daß ein Herauskommen von
Bergleuten nur mit Umsicht und nach Prüfung aller Um-
stände
gerathen werden kann. Tüchtige fleißige Handwerker würden am
Leichtesten
ein Fortkommen, mit Aussicht eines reichlichen Verdienstes finden.

Unter allen Umständen dürfen die Auswanderer nicht mit zu hohen
Erwartungen herauskommen und nicht nur sich auf manche anfängliche
Schwierigkeiten und Entbehrungen gefaßt halten, sondern auch nie vergessen,
daß unter den günstigsten Umständen nur der fleißige und in seinem Fache
tüchtige Arbeiter Aussicht auf ein gutes Fortkommen hat.

H. G. Rodewald, Hamburger Consul,Friedr. Pfeiffer,
Joh. Gildemeister, Bremischer Consul,Friedr. Schmidt,
J. F. Lembcke,J. W. Meyer,
H. Severin,Th. Müller.


[Spaltenumbruch]
Deutsche Einwanderer
auf den Plantagen brasilianischer Gutsbesitzer.

    Berlin, 27. Februar.

Es ist beklagenswerth, daß die Hamburger Presse zum Theil ihre
Spalten dazu hergiebt, ein Unternehmen zu begünstigen, das Jeden, dem
Menschenwürde und Vaterlandsliebe etwas mehr, als bloß klingende Worte
sind, mit tiefster Entrüstung erfüllen muß. Jch meine den Plan von "fünf
der angesehensten Landgutsbesitzer" in der Provinz Rio de Janeiro des
Kaiserreichs Brasilien, den Abgang der Negersklaven auf ihren Planta-
gen durch deutsche Auswanderer zu ersetzen. Die Anerbietungen waren
äußerst lockend, namentlich für den armen Auswanderer, weil dieselben
das Passagegeld nicht sofort zu bezahlen brauchten, sondern später abver-
dienen konnten. Der kais. brasilianische Consul in Hamburg, Hr. Araujo,
der bereits bei den letzten Anwerbungen schleswig=holsteinscher Soldaten
für die brasilianische Armee sich eifrigst betheiligte, hatte es nicht verschmäht,
selbst als Commissionair für die Plantagenbesitzer aufzutreten. Der frühere
Schiffsführer Hr. Valentin zu Hamburg übernahm die Erpedition und
stellte den Hamburger Rhedern reiche Ladungen in Aussicht, während der
bekannte Auswandereragent, Hr. Fröbel in Rudolstadt, veranlaßt wurde,
das Publikum der Angelegenheit geneigt zu machen. Alles war im besten
Gange, als die öffentliche Warnung erschien, die der hiesige Verein
zur Centralisation deutscher Auswanderung und Colonisa-
tion
bekannt machte und die den wahren Charakter dieser Spekulation
aufdeckte. Die Wuth jener Herren war grenzenlos und machte sich in
lächerlicher Weise Luft. Besonders mußte ein Artikel des Hrn. Valentin
bei dem Verein viel Heiterkeit erregen, da die in der "öffentlichen Warnung"
enthaltenen Thatsachen nicht zu widerlegen sind. Die durch ihre Manöver
längst bis zur Komik herabgesunkene Rudolstädter Auswanderungszeitung
erging sich in Schmähungen gegen den Verein, und die "Hamburger Nach-
richten " enthielten einen Artikel mit der Bemerkung, daß "die direkten
Beziehungen dortiger geachteter Häuser zu dem betreffenden Unternehmen
überhaupt die Anstellung einer gründlichen und unbefangenen Prü-
fung desselben vor einem öffentlichen Urtheile in dieser Angelegenheit
erforderlich gemacht hätten." Ja, man versichert sogar, daß die gesammte
Hamburger Presse bestimmt sei, keinem Artikel gegen jenes Unternehmen
ihre Spalten zu öffnen, weil man durch dasselbe der Hamburger Auswan-
derungsexpedition einen gewaltigen Aufschwung zu geben glaubte.

Diese Hoffnung ist nun freilich durch die " öffentliche Warnung "
des hiesigen Vereins, die in ganz Deutschland wiederhallt ( die " Allge-
meine Zeitung
" in Augsburg brachte sie, ebenso wie die
" Austria " in Wien ) , zu Wasser geworden, indessen ist dies nicht nur
zum Segen vieler Tausende von armen Auswanderern, die sich vielleicht
hätten verleiten lassen, sondern auch zum Glück für den guten Ruf Ham-
burgs selbst geschehen und somit ein heilsamer Erfolg erzielt worden, wenn
auch die Taschen einiger Hamburger Spekulanten dabei weniger gefüllt
werden, als sie gehofft hatten.

Der hiesige Centralisations=Verein kann die Angriffe und Verdächti-
gungen von der Seite her, von wo sie bis jetzt ausgegangen, nur mit
Befriedigung entgegennehmen, weil daraus am besten erhellt, daß seine
gemeinnützigen Bestrebungen immer nachhaltiger wirken und bereits dem
Treiben der Agenten und Spekulanten an's Leben gehen.

Jedermann weiß, daß derselbe aus den achtungswerthesten Personen
besteht, die gewissenhaft die philanthropische und nationale Tendenz ver-
folgen, welche das Statut ausspricht, daß derselbe sich bei keiner
Auswanderungs= oder Colonisationsunternehmung bethei-
ligt, daß er keinerlei Provisionen bezieht,
keine partheiische
Vorliebe für irgend ein Einwanderungsland hegt, stets
nach bestem Gewissen und unentgeltlich Rath ertheilt und
zu sachgemäßer Auskunft auch vollkommen berechtigt ist,
da
nicht nur der Verwaltungsrath und die zugezogenen Vertrauensmänner
Personen in sich schließen, welche in allen bekannten Einwanderungsländern
längere Zeit gelebt haben, sondern ihm auch ein reiches Material über
alle diese Länder zu Gebote steht, und fortwährend au courant gehalten
wird. Er hat überdies kein lokales Jnteresse, und auch der letzte Vorwand,
den böswillige Beurtheiler daher genommen haben, daß der bisherige Spezial-
direktor des Vereins, v. Bülow, zugleich bei der hiesigen Colonisations-
gesellschaft
für Mittelamerika betheiligt war ( was zu dem Vorgeben
ausgebeutet wurde, als wolle der Verein nur für Centralamerika wirken ) ,
ist dadurch beseitigt, daß Hr. v. Bülow nunmehr als Direktor der von jener
Colonisationsgesellschaft zu gründenden Colonie nach Mittelamerika gegan-
gen und ein völlig unbetheiligter Mann an seine Stelle
getreten ist.
Der Verein steht hiernach eben so unabhängig als unpar-
theiisch da, und ist mit gewissenhafter Sorge bemüht, sich diese Unabhän-
gigkeit und Unpartheilichkeit zu erhalten. Wenn er von übereiltem
Auswandern abräth, so mag er zwar den Rhedern manchen Passagier
entziehen, aber er thut es, weil eine unbegründete Neigung zum Aus-
wandern dem Vaterlande zum Nachtheil gereicht. Wenn er dagegen
diejenigen, welche zur Auswanderung einmal fest entschlossen sind, nur
über Bremen oder Hamburg dirigirt, so thut er es nicht aus
Partheilichkeit für diese Städte, sondern deshalb, weil die in den übrigen
europäischen Häfen geltenden Gesetze den Auswanderern nicht dieselben
Garantien gewähren, als die in Bremen und Hamburg, und die Erfahrung
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Küste, die Producte für die Ausfuhr und manchmal selbst den Consumo
in anderen Theilen des Landes zu sehr vertheuert; so z. B. kann jetzt
noch der Caffee von Centroamerika, trotz des hohen Zolles von 5 Dollar
pr. Ggb. und der großen Fracht nebst anderen Unkosten in Lima, ebenso
billig und billiger geliefert werden, wie der im Jnnern Perus erzeugte.

Das jenseits der zweiten Gebirgskette liegende Land ist in
jeder Hinsicht tropisch und wenn auch üppig und fruchtbar, wegen des
heißen Klimas nicht für deutsche Colonisten geeignet.

Obgleich es anerkennenswerth zu erwähnen ist, daß die Regierung
an dem Wohl der Einwanderer ein lebhaftes Jnteresse nimmt, und deren
Fortkommen auf alle Weise zu fördern wünscht, so ist es doch gewiß,
daß die Jnstitutionen dieses Landes weniger liberal sind und den
Einwanderern weniger Garantien bieten, wie diejenigen in Deutsch-
land und anderen Ländern. Mit den freien Verhältnissen der Vereinigten
Staaten und englischen Colonien sind die peruanischen Jnstitutionen ganz und
gar nicht zu vergleichen. So z. B. kann nie ein Bürger gewordener
Ausländer, wenn er auch noch so lange im Lande gelebt und alle Ver-
pflichtungen eines peruanischen Bürgers erfüllt hat, ein Congreßmit-
glied
werden und weder ein richterliches, noch Regierungsamt
bekleiden; es ist ihm somit, trotz aller Talente, trotz aller Kenntnisse, jeg-
licher Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten seines Adoptivvaterlandes
und jede Mitwirkung zum Wohl und Besten desselben benommen. Eben
so wenig ist eine freie Religionsübung gestattet, so daß alle Nicht-
katholiken weder Gottesdienst halten, noch ihre kirchlichen Pflichten erfüllen
können, ausgenommen in den Wohnungen diplomatischer Geschäftsträger und
Consuln. Ehelichen Verbindungen zwischen Katholiken und Nichtkatholiken wer-
den gewöhnlich alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt, zum großen Nach-
theile der öffentlichen Moral und Sittlichkeit, und in den meisten Fällen werden
diese Ehen nur durch förmlichen Uebergang zur kathol. Kirche möglich gemacht.

Bei der anerkannten liberalen Gesinnung des jetzigen Präsidenten
und der wachsenden Aufklärung unter dem Volke steht es freilich zu
hoffen, daß in diesen Punkten mit der Zeit Aenderungen getroffen werden;
da diese jedoch nur durch Congreßbeschluß und eine gänzliche Revision der
Verfassung möglich gemacht werden können, so ist kaum zu erwarten, daß
binnen Kurzem etwas in dieser Hinsicht geschieht.

Unter den erwähnten Umständen halten es die Unterzeichneten für
ihre Pflicht, ihre Landsleute zu warnen, sich nicht unüberlegt zur Aus-
wanderung nach Peru zu entschließen, in welchem Einwohner, Sprache,
Sitten, Gebräuche und Gesetze so ganz verschieden von denjenigen ihrer
Heimath sind. Sie glauben, Landleuten oder Ackerbauern für
die Küste, bei der Verschiedenheit des Bodens, der Produkte
und des Klimas, von der Auswanderung hierher abrathen
zu müssen,
um so mehr, da dieselben wenig Aussicht haben, eine unab-
hängige Stellung zu erlangen, indem fast alles culturfähige Land auf der
Küste Privateigenthum ist.

Eine Auswanderung von Colonisten für das Jnnere ist
nur nach Einführung einer liberaleren Constitution und
toleranter Gesetze in Betreff der Religion und Ehe zu
empfehlen;
auch müßten genügende Garantien gegeben werden, hinsichtlich
Anweisung oder Erwerb von passenden Ländereien in dem Landesstrich
der gemäßigten Temperatur, nicht des tropischen Klimas.

Die Minen dieses Landes würden ohne Zweifel einer großen Anzahl
Arbeiter lohnende und sichere Beschäftigung geben, doch haben sich die Ein-
wanderer an die dünne Gebirgsluft und vielen Entbehrungen in häuslichen und
sonstigen Lebensverhältnissen zu gewöhnen, so daß ein Herauskommen von
Bergleuten nur mit Umsicht und nach Prüfung aller Um-
stände
gerathen werden kann. Tüchtige fleißige Handwerker würden am
Leichtesten
ein Fortkommen, mit Aussicht eines reichlichen Verdienstes finden.

Unter allen Umständen dürfen die Auswanderer nicht mit zu hohen
Erwartungen herauskommen und nicht nur sich auf manche anfängliche
Schwierigkeiten und Entbehrungen gefaßt halten, sondern auch nie vergessen,
daß unter den günstigsten Umständen nur der fleißige und in seinem Fache
tüchtige Arbeiter Aussicht auf ein gutes Fortkommen hat.

H. G. Rodewald, Hamburger Consul,Friedr. Pfeiffer,
Joh. Gildemeister, Bremischer Consul,Friedr. Schmidt,
J. F. Lembcke,J. W. Meyer,
H. Severin,Th. Müller.


[Spaltenumbruch]
Deutsche Einwanderer
auf den Plantagen brasilianischer Gutsbesitzer.

    Berlin, 27. Februar.

Es ist beklagenswerth, daß die Hamburger Presse zum Theil ihre
Spalten dazu hergiebt, ein Unternehmen zu begünstigen, das Jeden, dem
Menschenwürde und Vaterlandsliebe etwas mehr, als bloß klingende Worte
sind, mit tiefster Entrüstung erfüllen muß. Jch meine den Plan von „fünf
der angesehensten Landgutsbesitzer“ in der Provinz Rio de Janeiro des
Kaiserreichs Brasilien, den Abgang der Negersklaven auf ihren Planta-
gen durch deutsche Auswanderer zu ersetzen. Die Anerbietungen waren
äußerst lockend, namentlich für den armen Auswanderer, weil dieselben
das Passagegeld nicht sofort zu bezahlen brauchten, sondern später abver-
dienen konnten. Der kais. brasilianische Consul in Hamburg, Hr. Araujo,
der bereits bei den letzten Anwerbungen schleswig=holsteinscher Soldaten
für die brasilianische Armee sich eifrigst betheiligte, hatte es nicht verschmäht,
selbst als Commissionair für die Plantagenbesitzer aufzutreten. Der frühere
Schiffsführer Hr. Valentin zu Hamburg übernahm die Erpedition und
stellte den Hamburger Rhedern reiche Ladungen in Aussicht, während der
bekannte Auswandereragent, Hr. Fröbel in Rudolstadt, veranlaßt wurde,
das Publikum der Angelegenheit geneigt zu machen. Alles war im besten
Gange, als die öffentliche Warnung erschien, die der hiesige Verein
zur Centralisation deutscher Auswanderung und Colonisa-
tion
bekannt machte und die den wahren Charakter dieser Spekulation
aufdeckte. Die Wuth jener Herren war grenzenlos und machte sich in
lächerlicher Weise Luft. Besonders mußte ein Artikel des Hrn. Valentin
bei dem Verein viel Heiterkeit erregen, da die in der „öffentlichen Warnung“
enthaltenen Thatsachen nicht zu widerlegen sind. Die durch ihre Manöver
längst bis zur Komik herabgesunkene Rudolstädter Auswanderungszeitung
erging sich in Schmähungen gegen den Verein, und die „Hamburger Nach-
richten “ enthielten einen Artikel mit der Bemerkung, daß „die direkten
Beziehungen dortiger geachteter Häuser zu dem betreffenden Unternehmen
überhaupt die Anstellung einer gründlichen und unbefangenen Prü-
fung desselben vor einem öffentlichen Urtheile in dieser Angelegenheit
erforderlich gemacht hätten.“ Ja, man versichert sogar, daß die gesammte
Hamburger Presse bestimmt sei, keinem Artikel gegen jenes Unternehmen
ihre Spalten zu öffnen, weil man durch dasselbe der Hamburger Auswan-
derungsexpedition einen gewaltigen Aufschwung zu geben glaubte.

Diese Hoffnung ist nun freilich durch die „ öffentliche Warnung
des hiesigen Vereins, die in ganz Deutschland wiederhallt ( dieAllge-
meine Zeitung
in Augsburg brachte sie, ebenso wie die
Austriain Wien ) , zu Wasser geworden, indessen ist dies nicht nur
zum Segen vieler Tausende von armen Auswanderern, die sich vielleicht
hätten verleiten lassen, sondern auch zum Glück für den guten Ruf Ham-
burgs selbst geschehen und somit ein heilsamer Erfolg erzielt worden, wenn
auch die Taschen einiger Hamburger Spekulanten dabei weniger gefüllt
werden, als sie gehofft hatten.

Der hiesige Centralisations=Verein kann die Angriffe und Verdächti-
gungen von der Seite her, von wo sie bis jetzt ausgegangen, nur mit
Befriedigung entgegennehmen, weil daraus am besten erhellt, daß seine
gemeinnützigen Bestrebungen immer nachhaltiger wirken und bereits dem
Treiben der Agenten und Spekulanten an's Leben gehen.

Jedermann weiß, daß derselbe aus den achtungswerthesten Personen
besteht, die gewissenhaft die philanthropische und nationale Tendenz ver-
folgen, welche das Statut ausspricht, daß derselbe sich bei keiner
Auswanderungs= oder Colonisationsunternehmung bethei-
ligt, daß er keinerlei Provisionen bezieht,
keine partheiische
Vorliebe für irgend ein Einwanderungsland hegt, stets
nach bestem Gewissen und unentgeltlich Rath ertheilt und
zu sachgemäßer Auskunft auch vollkommen berechtigt ist,
da
nicht nur der Verwaltungsrath und die zugezogenen Vertrauensmänner
Personen in sich schließen, welche in allen bekannten Einwanderungsländern
längere Zeit gelebt haben, sondern ihm auch ein reiches Material über
alle diese Länder zu Gebote steht, und fortwährend au courant gehalten
wird. Er hat überdies kein lokales Jnteresse, und auch der letzte Vorwand,
den böswillige Beurtheiler daher genommen haben, daß der bisherige Spezial-
direktor des Vereins, v. Bülow, zugleich bei der hiesigen Colonisations-
gesellschaft
für Mittelamerika betheiligt war ( was zu dem Vorgeben
ausgebeutet wurde, als wolle der Verein nur für Centralamerika wirken ) ,
ist dadurch beseitigt, daß Hr. v. Bülow nunmehr als Direktor der von jener
Colonisationsgesellschaft zu gründenden Colonie nach Mittelamerika gegan-
gen und ein völlig unbetheiligter Mann an seine Stelle
getreten ist.
Der Verein steht hiernach eben so unabhängig als unpar-
theiisch da, und ist mit gewissenhafter Sorge bemüht, sich diese Unabhän-
gigkeit und Unpartheilichkeit zu erhalten. Wenn er von übereiltem
Auswandern abräth, so mag er zwar den Rhedern manchen Passagier
entziehen, aber er thut es, weil eine unbegründete Neigung zum Aus-
wandern dem Vaterlande zum Nachtheil gereicht. Wenn er dagegen
diejenigen, welche zur Auswanderung einmal fest entschlossen sind, nur
über Bremen oder Hamburg dirigirt, so thut er es nicht aus
Partheilichkeit für diese Städte, sondern deshalb, weil die in den übrigen
europäischen Häfen geltenden Gesetze den Auswanderern nicht dieselben
Garantien gewähren, als die in Bremen und Hamburg, und die Erfahrung
[Ende Spaltensatz]

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[74/0002] 74 Küste, die Producte für die Ausfuhr und manchmal selbst den Consumo in anderen Theilen des Landes zu sehr vertheuert; so z. B. kann jetzt noch der Caffee von Centroamerika, trotz des hohen Zolles von 5 Dollar pr. Ggb. und der großen Fracht nebst anderen Unkosten in Lima, ebenso billig und billiger geliefert werden, wie der im Jnnern Perus erzeugte. Das jenseits der zweiten Gebirgskette liegende Land ist in jeder Hinsicht tropisch und wenn auch üppig und fruchtbar, wegen des heißen Klimas nicht für deutsche Colonisten geeignet. Obgleich es anerkennenswerth zu erwähnen ist, daß die Regierung an dem Wohl der Einwanderer ein lebhaftes Jnteresse nimmt, und deren Fortkommen auf alle Weise zu fördern wünscht, so ist es doch gewiß, daß die Jnstitutionen dieses Landes weniger liberal sind und den Einwanderern weniger Garantien bieten, wie diejenigen in Deutsch- land und anderen Ländern. Mit den freien Verhältnissen der Vereinigten Staaten und englischen Colonien sind die peruanischen Jnstitutionen ganz und gar nicht zu vergleichen. So z. B. kann nie ein Bürger gewordener Ausländer, wenn er auch noch so lange im Lande gelebt und alle Ver- pflichtungen eines peruanischen Bürgers erfüllt hat, ein Congreßmit- glied werden und weder ein richterliches, noch Regierungsamt bekleiden; es ist ihm somit, trotz aller Talente, trotz aller Kenntnisse, jeg- licher Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten seines Adoptivvaterlandes und jede Mitwirkung zum Wohl und Besten desselben benommen. Eben so wenig ist eine freie Religionsübung gestattet, so daß alle Nicht- katholiken weder Gottesdienst halten, noch ihre kirchlichen Pflichten erfüllen können, ausgenommen in den Wohnungen diplomatischer Geschäftsträger und Consuln. Ehelichen Verbindungen zwischen Katholiken und Nichtkatholiken wer- den gewöhnlich alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt, zum großen Nach- theile der öffentlichen Moral und Sittlichkeit, und in den meisten Fällen werden diese Ehen nur durch förmlichen Uebergang zur kathol. Kirche möglich gemacht. Bei der anerkannten liberalen Gesinnung des jetzigen Präsidenten und der wachsenden Aufklärung unter dem Volke steht es freilich zu hoffen, daß in diesen Punkten mit der Zeit Aenderungen getroffen werden; da diese jedoch nur durch Congreßbeschluß und eine gänzliche Revision der Verfassung möglich gemacht werden können, so ist kaum zu erwarten, daß binnen Kurzem etwas in dieser Hinsicht geschieht. Unter den erwähnten Umständen halten es die Unterzeichneten für ihre Pflicht, ihre Landsleute zu warnen, sich nicht unüberlegt zur Aus- wanderung nach Peru zu entschließen, in welchem Einwohner, Sprache, Sitten, Gebräuche und Gesetze so ganz verschieden von denjenigen ihrer Heimath sind. Sie glauben, Landleuten oder Ackerbauern für die Küste, bei der Verschiedenheit des Bodens, der Produkte und des Klimas, von der Auswanderung hierher abrathen zu müssen, um so mehr, da dieselben wenig Aussicht haben, eine unab- hängige Stellung zu erlangen, indem fast alles culturfähige Land auf der Küste Privateigenthum ist. Eine Auswanderung von Colonisten für das Jnnere ist nur nach Einführung einer liberaleren Constitution und toleranter Gesetze in Betreff der Religion und Ehe zu empfehlen; auch müßten genügende Garantien gegeben werden, hinsichtlich Anweisung oder Erwerb von passenden Ländereien in dem Landesstrich der gemäßigten Temperatur, nicht des tropischen Klimas. Die Minen dieses Landes würden ohne Zweifel einer großen Anzahl Arbeiter lohnende und sichere Beschäftigung geben, doch haben sich die Ein- wanderer an die dünne Gebirgsluft und vielen Entbehrungen in häuslichen und sonstigen Lebensverhältnissen zu gewöhnen, so daß ein Herauskommen von Bergleuten nur mit Umsicht und nach Prüfung aller Um- stände gerathen werden kann. Tüchtige fleißige Handwerker würden am Leichtesten ein Fortkommen, mit Aussicht eines reichlichen Verdienstes finden. Unter allen Umständen dürfen die Auswanderer nicht mit zu hohen Erwartungen herauskommen und nicht nur sich auf manche anfängliche Schwierigkeiten und Entbehrungen gefaßt halten, sondern auch nie vergessen, daß unter den günstigsten Umständen nur der fleißige und in seinem Fache tüchtige Arbeiter Aussicht auf ein gutes Fortkommen hat. H. G. Rodewald, Hamburger Consul, Friedr. Pfeiffer, Joh. Gildemeister, Bremischer Consul, Friedr. Schmidt, J. F. Lembcke, J. W. Meyer, H. Severin, Th. Müller. Deutsche Einwanderer auf den Plantagen brasilianischer Gutsbesitzer. Berlin, 27. Februar. Es ist beklagenswerth, daß die Hamburger Presse zum Theil ihre Spalten dazu hergiebt, ein Unternehmen zu begünstigen, das Jeden, dem Menschenwürde und Vaterlandsliebe etwas mehr, als bloß klingende Worte sind, mit tiefster Entrüstung erfüllen muß. Jch meine den Plan von „fünf der angesehensten Landgutsbesitzer“ in der Provinz Rio de Janeiro des Kaiserreichs Brasilien, den Abgang der Negersklaven auf ihren Planta- gen durch deutsche Auswanderer zu ersetzen. Die Anerbietungen waren äußerst lockend, namentlich für den armen Auswanderer, weil dieselben das Passagegeld nicht sofort zu bezahlen brauchten, sondern später abver- dienen konnten. Der kais. brasilianische Consul in Hamburg, Hr. Araujo, der bereits bei den letzten Anwerbungen schleswig=holsteinscher Soldaten für die brasilianische Armee sich eifrigst betheiligte, hatte es nicht verschmäht, selbst als Commissionair für die Plantagenbesitzer aufzutreten. Der frühere Schiffsführer Hr. Valentin zu Hamburg übernahm die Erpedition und stellte den Hamburger Rhedern reiche Ladungen in Aussicht, während der bekannte Auswandereragent, Hr. Fröbel in Rudolstadt, veranlaßt wurde, das Publikum der Angelegenheit geneigt zu machen. Alles war im besten Gange, als die öffentliche Warnung erschien, die der hiesige Verein zur Centralisation deutscher Auswanderung und Colonisa- tion bekannt machte und die den wahren Charakter dieser Spekulation aufdeckte. Die Wuth jener Herren war grenzenlos und machte sich in lächerlicher Weise Luft. Besonders mußte ein Artikel des Hrn. Valentin bei dem Verein viel Heiterkeit erregen, da die in der „öffentlichen Warnung“ enthaltenen Thatsachen nicht zu widerlegen sind. Die durch ihre Manöver längst bis zur Komik herabgesunkene Rudolstädter Auswanderungszeitung erging sich in Schmähungen gegen den Verein, und die „Hamburger Nach- richten “ enthielten einen Artikel mit der Bemerkung, daß „die direkten Beziehungen dortiger geachteter Häuser zu dem betreffenden Unternehmen überhaupt die Anstellung einer gründlichen und unbefangenen Prü- fung desselben vor einem öffentlichen Urtheile in dieser Angelegenheit erforderlich gemacht hätten.“ Ja, man versichert sogar, daß die gesammte Hamburger Presse bestimmt sei, keinem Artikel gegen jenes Unternehmen ihre Spalten zu öffnen, weil man durch dasselbe der Hamburger Auswan- derungsexpedition einen gewaltigen Aufschwung zu geben glaubte. Diese Hoffnung ist nun freilich durch die „ öffentliche Warnung “ des hiesigen Vereins, die in ganz Deutschland wiederhallt ( die „ Allge- meine Zeitung “ in Augsburg brachte sie, ebenso wie die „ Austria “ in Wien ) , zu Wasser geworden, indessen ist dies nicht nur zum Segen vieler Tausende von armen Auswanderern, die sich vielleicht hätten verleiten lassen, sondern auch zum Glück für den guten Ruf Ham- burgs selbst geschehen und somit ein heilsamer Erfolg erzielt worden, wenn auch die Taschen einiger Hamburger Spekulanten dabei weniger gefüllt werden, als sie gehofft hatten. Der hiesige Centralisations=Verein kann die Angriffe und Verdächti- gungen von der Seite her, von wo sie bis jetzt ausgegangen, nur mit Befriedigung entgegennehmen, weil daraus am besten erhellt, daß seine gemeinnützigen Bestrebungen immer nachhaltiger wirken und bereits dem Treiben der Agenten und Spekulanten an's Leben gehen. Jedermann weiß, daß derselbe aus den achtungswerthesten Personen besteht, die gewissenhaft die philanthropische und nationale Tendenz ver- folgen, welche das Statut ausspricht, daß derselbe sich bei keiner Auswanderungs= oder Colonisationsunternehmung bethei- ligt, daß er keinerlei Provisionen bezieht, keine partheiische Vorliebe für irgend ein Einwanderungsland hegt, stets nach bestem Gewissen und unentgeltlich Rath ertheilt und zu sachgemäßer Auskunft auch vollkommen berechtigt ist, da nicht nur der Verwaltungsrath und die zugezogenen Vertrauensmänner Personen in sich schließen, welche in allen bekannten Einwanderungsländern längere Zeit gelebt haben, sondern ihm auch ein reiches Material über alle diese Länder zu Gebote steht, und fortwährend au courant gehalten wird. Er hat überdies kein lokales Jnteresse, und auch der letzte Vorwand, den böswillige Beurtheiler daher genommen haben, daß der bisherige Spezial- direktor des Vereins, v. Bülow, zugleich bei der hiesigen Colonisations- gesellschaft für Mittelamerika betheiligt war ( was zu dem Vorgeben ausgebeutet wurde, als wolle der Verein nur für Centralamerika wirken ) , ist dadurch beseitigt, daß Hr. v. Bülow nunmehr als Direktor der von jener Colonisationsgesellschaft zu gründenden Colonie nach Mittelamerika gegan- gen und ein völlig unbetheiligter Mann an seine Stelle getreten ist. Der Verein steht hiernach eben so unabhängig als unpar- theiisch da, und ist mit gewissenhafter Sorge bemüht, sich diese Unabhän- gigkeit und Unpartheilichkeit zu erhalten. Wenn er von übereiltem Auswandern abräth, so mag er zwar den Rhedern manchen Passagier entziehen, aber er thut es, weil eine unbegründete Neigung zum Aus- wandern dem Vaterlande zum Nachtheil gereicht. Wenn er dagegen diejenigen, welche zur Auswanderung einmal fest entschlossen sind, nur über Bremen oder Hamburg dirigirt, so thut er es nicht aus Partheilichkeit für diese Städte, sondern deshalb, weil die in den übrigen europäischen Häfen geltenden Gesetze den Auswanderern nicht dieselben Garantien gewähren, als die in Bremen und Hamburg, und die Erfahrung

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 19. Bremen, 5. März 1852, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung019_1852/2>, abgerufen am 12.06.2024.