Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 21. Bremen, 12. März 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] in den aus dem Ertrage des Commutationsgeldes errichteten Häusern reelle
Fürsorge für sie getroffen. Jndessen ist allerdings die Verpflegung der
Kranken noch nicht so gut, wie sie sein muß. Die gewöhnliche Nah-
rung ist zwar hinreichend, aber für besondere Fälle, in schlimmen Krank-
heiten und bei der Reconvalescenz fehlt es an dem Nöthigen. Die Räume
auf Wards=Jsland sind überfüllt, die Betten zu dicht nebeneinander,
manchmal zwei Patienten in demselben Bette. Der Grund, auf welchem
die Gebäude dort errichtet sind, ist niedrig und feucht; das Fundament
ohne Keller und Gewölbe; die Fenster, in gleicher Höhe mit den Betten,
sichern schlecht gegen Kälte, wie gegen Hitze, und die Wiederherstellung
der Kranken wird dadurch unendlich erschwert. Sowohl auf Wards-
Jsland, als bei den Häusern in Canalstreet, einem dem Feuer leicht aus-
gesetzten Quartier, sind die Zugänge so enge und so wenige, daß ein
Brand die Bewohner in die größte Gefahr setzen würde, und bereits
bedeutendes Unglück dadurch verursacht ist. Die Schuld hiervon fällt aber
nicht den Commissären, sondern dem Mangel an Geld zur Last.
Dagegen wird die große Unreinlichkeit in der s. g. "Arbeitsbörse" in
Canalstreet tadelnd hervorgehoben.

Verschwendung und unnöthiger Ausgaben hat sich die Commission nicht
schuldig gemacht. Das ihr zugewiesene Eigenthum genügt doppelt und drei-
fach, um die von ihr contrahirten Schulden zu decken.

Einzelne Fälle, wo Bedürftigen Unterstützung verweigert wurde, mögen
wohl vorgekommen sein; die Dummheit und Unbehülflichkeit Derer, welche
Ansprüche erheben, läßt aber nicht zu, den Commissären hieraus einen Vor-
wurf zu machen; indessen wird ihnen in diesem Punkte die allergrößte
Sorgfalt anempfohlen. Schlechte Behandlung und sogar Stockschläge sind
von ein paar Unterbeamten in Canalstreet in der That ausgeübt worden.
Das ärztliche System auf Wards=Jsland, wo 6 jüngere Aerzte, 2 Wund-
ärzte und 6 Assistenten ihre ( freie ) Wohnung und Beköstigung haben, aber
kein Gehalt empfangen, während 7 "besuchende" ältere Aerzte und 3 Wund-
ärzte Honorar erhalten, wird von dem Ausschusse als zweckmäßig und
hinreichend vertheidigt.

Die Anklagen der Parteilichkeit und der Bestechung gegen die Com-
missäre sind sämmtlich als unbegründet erfunden worden, und wenn die
Uneigennützigkeit von zu Commissären ernannten Schiffsrhedern bezweifelt
worden ist, so lag dazu keine spezielle Veranlassung, sondern nur die
vage Vermuthung vor, als könnten sie etwa ihre Stellung im eigenen
Jnteresse auszubeuten versuchen. Um übrigens auch dem vorzubeugen,
schlägt der Ausschuß vor, daß künftig keine Schiffseigner, kein Agent,
kein Consignat zu der Stellung eines "Commissioner of Emigration"
gelangen solle. Hinsichtlich schlechter Verwaltung des Nachlasses Verstor-
bener oder des Vermögens von Waisen hat nur eine Nachlässigkeit
bewiesen werden können; indessen scheint es dem Ausschusse wünschens-
werth, daß der Generalagent und Alle, die dergleichen in Händen haben,
dafür Caution leisten. Collisionen zwischen Unteragenten der Commissäre
und Andern sind ein paar Mal vorgekommen.

Die von Einigen vorgeschlagene Rückkehr zu dem alten Cautions-
systeme an der Stelle des jetzt zu bezahlenden Commutationsgeldes
erscheint dem Ausschusse durchaus verwerflich; denn einmal würden die
Einwanderer dadurch wieder den früheren Privatbetrügereien überliefert
werden; sodann würden die für die Gesammtzahl der Einwandernden zu
stellenden Cautionen, daß sie dem Staate Newyork nicht zur Last fallen,
ein größeres Kapital erfordern, als die Geschäftsleute aufbieten könnten.
Von Andern wurde eine Herabsetzung des Commutationsgeldes im Jnter-
esse der Schifffahrt gewünscht. So sehr nun aber auch der Ausschuß
diesen wichtigen Hebel der Wohlfahrt Newyorks zu würdigen weiß, so
glaubt er doch im Gegentheil eine Erhöhung dieser Steuer um
25 c. per Kopf beantragen zu müssen, damit für die Einwanderer diejenige
Fürsorge getroffen werde, welche für ihr Wohlergehen und für den guten
Ruf des Staates unvermeidlich ist. Diese Erhöhung soll so lange ein-
treten, bis daraus ein hinreichender Fond gesammelt ist zur Erbauung der
noch nöthigen Hospitäler und Verpflegungsanstalten.

Ferner hat sich herausgestellt, daß in allen den Fällen, wo das Gesetz
eine größere Caution verlangt, wie bei Wahnsinnigen, Tauben, Stum-
men, Blinden, Schwachen , die Untersuchung, ob dergleichen Personen
an Bord der Schiffe sind, zu oberflächlich angestellt wurde; es wird
[Spaltenumbruch] deßhalb vorgeschlagen, das Personal zum Behuf dieser Unter-
suchung zu vergrößern.

Um dem Betrug gegen Emigranten auf Eisenbahnen, Dampf und
Canalböten vorzubeugen, wird eine weitere Verbesserung dahin beantragt,
daß alle betreffenden Eigenthümer und Agenten eine Preisliste, sowohl
für Gepäck, als für Passage der Emigranten vor oder am ersten Mai
jedes Jahres den Emigrationscommissären unter Strafe von 100 $ ein-
reichen sollen, daß eine Erhöhung der darauf verzeichneten Preise nur
nach vorher gemachter zehntägiger Anzeige eintreten darf und dann binnen
3 Tagen eine neue Liste aufgemacht sein muß. Dawiderhandelnde sollen
scharfe Gefängniß= und Geldstrafen treffen. Ferner soll alles Gepäck von
Emigranten, bevor es auf die Eisenbahn oder das Schiff geladen wird,
genau gewogen und dem Eigenthümer ein dieses Gewicht und den
Namen des Beförderers enthaltender Zettel eingehändigt werden. Wer
dieses unterläßt, oder, ohne zur Ertheilung dieses Zettels ermächtigt zu
sein, dem Auswanderer Geld für Gepäcktransport abfordert, bezahlt 100 $
Strafe. Aehnliche Genauigkeit wird hinsichtlich der Passagebillette bean-
tragt, und um den Beweis etwaiger Uebertretungen aller dieser Gesetzes-
vorschläge zu erleichtern, soll unter Umständen ein geschriebenes Zeugniß
die wirkliche Anwesenheit der Zeugen ersetzen können.

Daß diese Anträge tief in das Mark vieler Privatinteressen einschneiden,
ist ebenso gewiß, wie daß ihre Annahme die Wohlfahrt und Sicherheit
der Einwanderer befördern wird. Sollten sie zu Gesetzen erhoben werden,
so kommen wir darauf zurück. Jedenfalls mag dieser Auszug aus dem
Ausschußbericht die Leser überzeugen, mit welchem Jnteresse im Staate
Newyork die Einwanderungsfrage behandelt wird.



Jn Neworleans entdeckte Betrügereien gegen Auswanderer.

    Neworleans, 12. Febr. 1852.

Der Zweck der nachfolgenden Dokumente ist, zu zeigen, wie Auswan-
derer schon in Europa hintergangen werden. Die darin angeregten
Betrügereien fanden meistens auf der Reise über Holland und
England statt, und wir rathen jedem Einwanderer, diesen
Weg zu vermeiden.
Die angeführten Beispiele sind nur einige
wenige
von denen, die uns bekannt wurden, sind aber ein hinreichender
Beweis, daß unser Rath Beherzigung verdient.

Außerdem kommen uns sehr häufig Klagen über schlechte und
rohe Behandlung zu Ohren von Einwanderern die sich über Eng-
land
einschifften.

Deutsche Gesellschaft von Neworleans,
Sitzung der Direktion am 7. Jan. 1852.
Beschlossen: Daß die vorgekommenen Klagen, nebst dem Bericht des
Agentschafts=Comitee's durch den Druck veröffentlicht werden sollen.

I.

Vor dem Unterzeichneten Agentschafts=Comitee der deutschen Gesellschaft
von Neworleans erschien heute:

Jacob Dhonau, gebürtig von Sobernheim, Kreis Creuznach, Regie-
rungsbezirk Coblenz, Rhein=Preußen, und machte folgende Erklärung:

"Am 18. Septbr. 1851 verließ ich meine Heimath, um nach Amerika
auszuwandern und hatte zu diesem Zweck einen Contrakt in meinem
Städtchen abgeschlossen, nach welchem ich für 41 preuß. Thaler von So-
bernheim nach Neworleans gebracht werden sollte. Dieser Contrakt ist
mir von der betreffenden Agentur richtig und ehrenvoll gehalten worden
und habe ich mich über die Art der Weiterbeförderung nicht zu beklagen.

Das Dampfschiff, mit dem ich von Bingen nach Rotterdam den Rhein
hinunterfuhr, wurde aber ungefähr eine Stunde oberhalb Rotterdam von
mehreren Personen bestiegen, wovon ein deutsch sprechender Mann meine
Bekanntschaft zu machen suchte und mir vorstellte, daß er Agent für
Dampfschiffe zwischen Neworleans und Cincinnati sei, und er den Auftrag
hätte, mir sofort ein Fahrbillet den Mississippi hinauf zu ertheilen, mittelst
dessen ich schneller weiterreisen könnte, als wenn ich erst in Neworleans
meine Jnlandpassage nehmen würde. Jn Rotterdam angelangt, ließ ich
mich überreden, mit ihm nach einer Schreibstube zu gehen ( den Namen
der Straße erinnere ich mich nicht ) , woselbst einige Schreiber beschäftigt
waren, und er nöthigte mich daselbst, nach einigem Widerstreben von
meiner Seite gegen solche zudringliche und verdächtige Zuvorkommenheit,
ein Fahrbillet von ihm anzunehmen und ihm sechs Dollars dafür zu bezahlen.
Dieses Fahrbillet, in der mir unbekannten engl. Sprach, lautet wie folgt:

" Received of Mr. Jacob Dhonan $ 12,00 for the steerage passage
of one person, making one full passage to Cincinnati. Delpas & Fils.

To C. Jackson,

    Due $ 6,00" )


[Ende Spaltensatz]
* ) Uebers.: Empfangen von Hrn. J. Dhonan $ 12,00 für die Zwischendecks-
passage einer Person, als volle Passage nach Cincinnati. Delpas & Sohn.
    An C. Jackson.     Nachzubezahlen $ 6.

[Beginn Spaltensatz] in den aus dem Ertrage des Commutationsgeldes errichteten Häusern reelle
Fürsorge für sie getroffen. Jndessen ist allerdings die Verpflegung der
Kranken noch nicht so gut, wie sie sein muß. Die gewöhnliche Nah-
rung ist zwar hinreichend, aber für besondere Fälle, in schlimmen Krank-
heiten und bei der Reconvalescenz fehlt es an dem Nöthigen. Die Räume
auf Wards=Jsland sind überfüllt, die Betten zu dicht nebeneinander,
manchmal zwei Patienten in demselben Bette. Der Grund, auf welchem
die Gebäude dort errichtet sind, ist niedrig und feucht; das Fundament
ohne Keller und Gewölbe; die Fenster, in gleicher Höhe mit den Betten,
sichern schlecht gegen Kälte, wie gegen Hitze, und die Wiederherstellung
der Kranken wird dadurch unendlich erschwert. Sowohl auf Wards-
Jsland, als bei den Häusern in Canalstreet, einem dem Feuer leicht aus-
gesetzten Quartier, sind die Zugänge so enge und so wenige, daß ein
Brand die Bewohner in die größte Gefahr setzen würde, und bereits
bedeutendes Unglück dadurch verursacht ist. Die Schuld hiervon fällt aber
nicht den Commissären, sondern dem Mangel an Geld zur Last.
Dagegen wird die große Unreinlichkeit in der s. g. „Arbeitsbörse“ in
Canalstreet tadelnd hervorgehoben.

Verschwendung und unnöthiger Ausgaben hat sich die Commission nicht
schuldig gemacht. Das ihr zugewiesene Eigenthum genügt doppelt und drei-
fach, um die von ihr contrahirten Schulden zu decken.

Einzelne Fälle, wo Bedürftigen Unterstützung verweigert wurde, mögen
wohl vorgekommen sein; die Dummheit und Unbehülflichkeit Derer, welche
Ansprüche erheben, läßt aber nicht zu, den Commissären hieraus einen Vor-
wurf zu machen; indessen wird ihnen in diesem Punkte die allergrößte
Sorgfalt anempfohlen. Schlechte Behandlung und sogar Stockschläge sind
von ein paar Unterbeamten in Canalstreet in der That ausgeübt worden.
Das ärztliche System auf Wards=Jsland, wo 6 jüngere Aerzte, 2 Wund-
ärzte und 6 Assistenten ihre ( freie ) Wohnung und Beköstigung haben, aber
kein Gehalt empfangen, während 7 „besuchende“ ältere Aerzte und 3 Wund-
ärzte Honorar erhalten, wird von dem Ausschusse als zweckmäßig und
hinreichend vertheidigt.

Die Anklagen der Parteilichkeit und der Bestechung gegen die Com-
missäre sind sämmtlich als unbegründet erfunden worden, und wenn die
Uneigennützigkeit von zu Commissären ernannten Schiffsrhedern bezweifelt
worden ist, so lag dazu keine spezielle Veranlassung, sondern nur die
vage Vermuthung vor, als könnten sie etwa ihre Stellung im eigenen
Jnteresse auszubeuten versuchen. Um übrigens auch dem vorzubeugen,
schlägt der Ausschuß vor, daß künftig keine Schiffseigner, kein Agent,
kein Consignat zu der Stellung eines „Commissioner of Emigration“
gelangen solle. Hinsichtlich schlechter Verwaltung des Nachlasses Verstor-
bener oder des Vermögens von Waisen hat nur eine Nachlässigkeit
bewiesen werden können; indessen scheint es dem Ausschusse wünschens-
werth, daß der Generalagent und Alle, die dergleichen in Händen haben,
dafür Caution leisten. Collisionen zwischen Unteragenten der Commissäre
und Andern sind ein paar Mal vorgekommen.

Die von Einigen vorgeschlagene Rückkehr zu dem alten Cautions-
systeme an der Stelle des jetzt zu bezahlenden Commutationsgeldes
erscheint dem Ausschusse durchaus verwerflich; denn einmal würden die
Einwanderer dadurch wieder den früheren Privatbetrügereien überliefert
werden; sodann würden die für die Gesammtzahl der Einwandernden zu
stellenden Cautionen, daß sie dem Staate Newyork nicht zur Last fallen,
ein größeres Kapital erfordern, als die Geschäftsleute aufbieten könnten.
Von Andern wurde eine Herabsetzung des Commutationsgeldes im Jnter-
esse der Schifffahrt gewünscht. So sehr nun aber auch der Ausschuß
diesen wichtigen Hebel der Wohlfahrt Newyorks zu würdigen weiß, so
glaubt er doch im Gegentheil eine Erhöhung dieser Steuer um
25 c. per Kopf beantragen zu müssen, damit für die Einwanderer diejenige
Fürsorge getroffen werde, welche für ihr Wohlergehen und für den guten
Ruf des Staates unvermeidlich ist. Diese Erhöhung soll so lange ein-
treten, bis daraus ein hinreichender Fond gesammelt ist zur Erbauung der
noch nöthigen Hospitäler und Verpflegungsanstalten.

Ferner hat sich herausgestellt, daß in allen den Fällen, wo das Gesetz
eine größere Caution verlangt, wie bei Wahnsinnigen, Tauben, Stum-
men, Blinden, Schwachen , die Untersuchung, ob dergleichen Personen
an Bord der Schiffe sind, zu oberflächlich angestellt wurde; es wird
[Spaltenumbruch] deßhalb vorgeschlagen, das Personal zum Behuf dieser Unter-
suchung zu vergrößern.

Um dem Betrug gegen Emigranten auf Eisenbahnen, Dampf und
Canalböten vorzubeugen, wird eine weitere Verbesserung dahin beantragt,
daß alle betreffenden Eigenthümer und Agenten eine Preisliste, sowohl
für Gepäck, als für Passage der Emigranten vor oder am ersten Mai
jedes Jahres den Emigrationscommissären unter Strafe von 100 $ ein-
reichen sollen, daß eine Erhöhung der darauf verzeichneten Preise nur
nach vorher gemachter zehntägiger Anzeige eintreten darf und dann binnen
3 Tagen eine neue Liste aufgemacht sein muß. Dawiderhandelnde sollen
scharfe Gefängniß= und Geldstrafen treffen. Ferner soll alles Gepäck von
Emigranten, bevor es auf die Eisenbahn oder das Schiff geladen wird,
genau gewogen und dem Eigenthümer ein dieses Gewicht und den
Namen des Beförderers enthaltender Zettel eingehändigt werden. Wer
dieses unterläßt, oder, ohne zur Ertheilung dieses Zettels ermächtigt zu
sein, dem Auswanderer Geld für Gepäcktransport abfordert, bezahlt 100 $
Strafe. Aehnliche Genauigkeit wird hinsichtlich der Passagebillette bean-
tragt, und um den Beweis etwaiger Uebertretungen aller dieser Gesetzes-
vorschläge zu erleichtern, soll unter Umständen ein geschriebenes Zeugniß
die wirkliche Anwesenheit der Zeugen ersetzen können.

Daß diese Anträge tief in das Mark vieler Privatinteressen einschneiden,
ist ebenso gewiß, wie daß ihre Annahme die Wohlfahrt und Sicherheit
der Einwanderer befördern wird. Sollten sie zu Gesetzen erhoben werden,
so kommen wir darauf zurück. Jedenfalls mag dieser Auszug aus dem
Ausschußbericht die Leser überzeugen, mit welchem Jnteresse im Staate
Newyork die Einwanderungsfrage behandelt wird.



Jn Neworleans entdeckte Betrügereien gegen Auswanderer.

    Neworleans, 12. Febr. 1852.

Der Zweck der nachfolgenden Dokumente ist, zu zeigen, wie Auswan-
derer schon in Europa hintergangen werden. Die darin angeregten
Betrügereien fanden meistens auf der Reise über Holland und
England statt, und wir rathen jedem Einwanderer, diesen
Weg zu vermeiden.
Die angeführten Beispiele sind nur einige
wenige
von denen, die uns bekannt wurden, sind aber ein hinreichender
Beweis, daß unser Rath Beherzigung verdient.

Außerdem kommen uns sehr häufig Klagen über schlechte und
rohe Behandlung zu Ohren von Einwanderern die sich über Eng-
land
einschifften.

Deutsche Gesellschaft von Neworleans,
Sitzung der Direktion am 7. Jan. 1852.
Beschlossen: Daß die vorgekommenen Klagen, nebst dem Bericht des
Agentschafts=Comitée's durch den Druck veröffentlicht werden sollen.

I.

Vor dem Unterzeichneten Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft
von Neworleans erschien heute:

Jacob Dhonau, gebürtig von Sobernheim, Kreis Creuznach, Regie-
rungsbezirk Coblenz, Rhein=Preußen, und machte folgende Erklärung:

„Am 18. Septbr. 1851 verließ ich meine Heimath, um nach Amerika
auszuwandern und hatte zu diesem Zweck einen Contrakt in meinem
Städtchen abgeschlossen, nach welchem ich für 41 preuß. Thaler von So-
bernheim nach Neworleans gebracht werden sollte. Dieser Contrakt ist
mir von der betreffenden Agentur richtig und ehrenvoll gehalten worden
und habe ich mich über die Art der Weiterbeförderung nicht zu beklagen.

Das Dampfschiff, mit dem ich von Bingen nach Rotterdam den Rhein
hinunterfuhr, wurde aber ungefähr eine Stunde oberhalb Rotterdam von
mehreren Personen bestiegen, wovon ein deutsch sprechender Mann meine
Bekanntschaft zu machen suchte und mir vorstellte, daß er Agent für
Dampfschiffe zwischen Neworleans und Cincinnati sei, und er den Auftrag
hätte, mir sofort ein Fahrbillet den Mississippi hinauf zu ertheilen, mittelst
dessen ich schneller weiterreisen könnte, als wenn ich erst in Neworleans
meine Jnlandpassage nehmen würde. Jn Rotterdam angelangt, ließ ich
mich überreden, mit ihm nach einer Schreibstube zu gehen ( den Namen
der Straße erinnere ich mich nicht ) , woselbst einige Schreiber beschäftigt
waren, und er nöthigte mich daselbst, nach einigem Widerstreben von
meiner Seite gegen solche zudringliche und verdächtige Zuvorkommenheit,
ein Fahrbillet von ihm anzunehmen und ihm sechs Dollars dafür zu bezahlen.
Dieses Fahrbillet, in der mir unbekannten engl. Sprach, lautet wie folgt:

Received of Mr. Jacob Dhonan $ 12,00 for the steerage passage
of one person, making one full passage to Cincinnati. Delpas & Fils.

To C. Jackson,

    Due $ 6,00“ )


[Ende Spaltensatz]
* ) Uebers.: Empfangen von Hrn. J. Dhonan $ 12,00 für die Zwischendecks-
passage einer Person, als volle Passage nach Cincinnati. Delpas & Sohn.
    An C. Jackson.     Nachzubezahlen $ 6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="82"/><fw type="pageNum" place="top">82</fw><cb type="start"/>
in den aus dem Ertrage des Commutationsgeldes errichteten Häusern reelle<lb/>
Fürsorge für sie getroffen. Jndessen ist allerdings die Verpflegung der<lb/>
Kranken noch nicht so gut, wie sie sein <hi rendition="#g">muß.</hi> Die gewöhnliche Nah-<lb/>
rung ist zwar hinreichend, aber für besondere Fälle, in schlimmen Krank-<lb/>
heiten und bei der Reconvalescenz fehlt es an dem Nöthigen. Die Räume<lb/>
auf Wards=Jsland sind <hi rendition="#g">überfüllt,</hi> die Betten zu dicht nebeneinander,<lb/>
manchmal zwei Patienten in demselben Bette. Der Grund, auf welchem<lb/>
die Gebäude dort errichtet sind, ist niedrig und feucht; das Fundament<lb/>
ohne Keller und Gewölbe; die Fenster, in gleicher Höhe mit den Betten,<lb/>
sichern schlecht gegen Kälte, wie gegen Hitze, und die Wiederherstellung<lb/>
der Kranken wird dadurch unendlich erschwert. Sowohl auf Wards-<lb/>
Jsland, als bei den Häusern in Canalstreet, einem dem Feuer leicht aus-<lb/>
gesetzten Quartier, sind die Zugänge so enge und so wenige, daß ein<lb/>
Brand die Bewohner in die größte Gefahr setzen würde, und bereits<lb/>
bedeutendes Unglück dadurch verursacht ist. Die Schuld hiervon fällt aber<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> den Commissären, sondern dem <hi rendition="#g">Mangel an Geld</hi> zur Last.<lb/>
Dagegen wird die große Unreinlichkeit in der s. g. &#x201E;Arbeitsbörse&#x201C; in<lb/>
Canalstreet tadelnd hervorgehoben.</p><lb/>
        <p>Verschwendung und unnöthiger Ausgaben hat sich die Commission nicht<lb/>
schuldig gemacht. Das ihr zugewiesene Eigenthum genügt doppelt und drei-<lb/>
fach, um die von ihr contrahirten Schulden zu decken.</p><lb/>
        <p>Einzelne Fälle, wo Bedürftigen Unterstützung verweigert wurde, mögen<lb/>
wohl vorgekommen sein; die Dummheit und Unbehülflichkeit Derer, welche<lb/>
Ansprüche erheben, läßt aber nicht zu, den Commissären hieraus einen Vor-<lb/>
wurf zu machen; indessen wird ihnen in diesem Punkte die allergrößte<lb/>
Sorgfalt anempfohlen. Schlechte Behandlung und sogar Stockschläge sind<lb/>
von ein paar Unterbeamten in Canalstreet in der That ausgeübt worden.<lb/>
Das ärztliche System auf Wards=Jsland, wo 6 jüngere Aerzte, 2 Wund-<lb/>
ärzte und 6 Assistenten ihre ( freie ) Wohnung und Beköstigung haben, aber<lb/>
kein Gehalt empfangen, während 7 &#x201E;besuchende&#x201C; ältere Aerzte und 3 Wund-<lb/>
ärzte Honorar erhalten, wird von dem Ausschusse als zweckmäßig und<lb/>
hinreichend vertheidigt.</p><lb/>
        <p>Die Anklagen der Parteilichkeit und der Bestechung gegen die Com-<lb/>
missäre sind sämmtlich als unbegründet erfunden worden, und wenn die<lb/>
Uneigennützigkeit von zu Commissären ernannten Schiffsrhedern bezweifelt<lb/>
worden ist, so lag dazu keine spezielle Veranlassung, sondern nur die<lb/>
vage Vermuthung vor, als <hi rendition="#g">könnten</hi> sie etwa ihre Stellung im eigenen<lb/>
Jnteresse auszubeuten versuchen. Um übrigens auch dem vorzubeugen,<lb/>
schlägt der Ausschuß vor, daß künftig keine Schiffseigner, kein Agent,<lb/>
kein Consignat zu der Stellung eines &#x201E;Commissioner of Emigration&#x201C;<lb/>
gelangen solle. Hinsichtlich schlechter Verwaltung des Nachlasses Verstor-<lb/>
bener oder des Vermögens von Waisen hat nur <hi rendition="#g">eine</hi> Nachlässigkeit<lb/>
bewiesen werden können; indessen scheint es dem Ausschusse wünschens-<lb/>
werth, daß der Generalagent und Alle, die dergleichen in Händen haben,<lb/>
dafür Caution leisten. Collisionen zwischen Unteragenten der Commissäre<lb/>
und Andern sind ein paar Mal vorgekommen.</p><lb/>
        <p>Die von Einigen vorgeschlagene Rückkehr zu dem alten Cautions-<lb/>
systeme an der Stelle des jetzt zu bezahlenden Commutationsgeldes<lb/>
erscheint dem Ausschusse durchaus verwerflich; denn einmal würden die<lb/>
Einwanderer dadurch wieder den früheren Privatbetrügereien überliefert<lb/>
werden; sodann würden die für die Gesammtzahl der Einwandernden zu<lb/>
stellenden Cautionen, daß sie dem Staate Newyork nicht zur Last fallen,<lb/>
ein größeres Kapital erfordern, als die Geschäftsleute aufbieten könnten.<lb/>
Von Andern wurde eine Herabsetzung des Commutationsgeldes im Jnter-<lb/>
esse der Schifffahrt gewünscht. So sehr nun aber auch der Ausschuß<lb/>
diesen wichtigen Hebel der Wohlfahrt Newyorks zu würdigen weiß, so<lb/>
glaubt er doch im Gegentheil eine <hi rendition="#g">Erhöhung dieser Steuer um</hi><lb/>
25 <hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">per Kopf</hi> beantragen zu müssen, damit für die Einwanderer diejenige<lb/>
Fürsorge getroffen werde, welche für ihr Wohlergehen und für den guten<lb/>
Ruf des Staates unvermeidlich ist. Diese Erhöhung soll so lange ein-<lb/>
treten, bis daraus ein hinreichender Fond gesammelt ist zur Erbauung der<lb/>
noch nöthigen Hospitäler und Verpflegungsanstalten.</p><lb/>
        <p>Ferner hat sich herausgestellt, daß in allen den Fällen, wo das Gesetz<lb/>
eine <hi rendition="#g">größere</hi> Caution verlangt, wie bei Wahnsinnigen, Tauben, Stum-<lb/>
men, Blinden, Schwachen <choice><abbr>ec.</abbr></choice>, die Untersuchung, ob dergleichen Personen<lb/>
an Bord der Schiffe sind, <hi rendition="#g">zu oberflächlich</hi> angestellt wurde; es wird<lb/><cb n="2"/>
deßhalb vorgeschlagen, <hi rendition="#g">das Personal zum Behuf dieser Unter-<lb/>
suchung zu vergrößern.</hi> </p><lb/>
        <p>Um dem Betrug gegen Emigranten auf Eisenbahnen, Dampf und<lb/>
Canalböten vorzubeugen, wird eine weitere Verbesserung dahin beantragt,<lb/>
daß alle betreffenden Eigenthümer und Agenten eine <hi rendition="#g">Preisliste,</hi> sowohl<lb/>
für Gepäck, als für Passage der Emigranten vor oder am ersten Mai<lb/>
jedes Jahres den Emigrationscommissären unter Strafe von 100 $ ein-<lb/>
reichen sollen, daß eine Erhöhung der darauf verzeichneten Preise nur<lb/>
nach vorher gemachter zehntägiger Anzeige eintreten darf und dann binnen<lb/>
3 Tagen eine neue Liste aufgemacht sein muß. Dawiderhandelnde sollen<lb/>
scharfe Gefängniß= und Geldstrafen treffen. Ferner soll alles Gepäck von<lb/>
Emigranten, bevor es auf die Eisenbahn oder das Schiff geladen wird,<lb/><hi rendition="#g">genau gewogen</hi> und dem Eigenthümer ein dieses Gewicht und den<lb/>
Namen des Beförderers enthaltender Zettel eingehändigt werden. Wer<lb/>
dieses unterläßt, oder, ohne zur Ertheilung dieses Zettels ermächtigt zu<lb/>
sein, dem Auswanderer Geld für Gepäcktransport abfordert, bezahlt 100 $<lb/>
Strafe. Aehnliche Genauigkeit wird hinsichtlich der Passagebillette bean-<lb/>
tragt, und um den Beweis etwaiger Uebertretungen aller dieser Gesetzes-<lb/>
vorschläge zu erleichtern, soll unter Umständen ein geschriebenes Zeugniß<lb/>
die wirkliche Anwesenheit der Zeugen ersetzen können.</p><lb/>
        <p>Daß diese Anträge tief in das Mark vieler Privatinteressen einschneiden,<lb/>
ist ebenso gewiß, wie daß ihre Annahme die Wohlfahrt und Sicherheit<lb/>
der Einwanderer befördern wird. Sollten sie zu Gesetzen erhoben werden,<lb/>
so kommen wir darauf zurück. Jedenfalls mag dieser Auszug aus dem<lb/>
Ausschußbericht die Leser überzeugen, mit welchem Jnteresse im Staate<lb/>
Newyork die Einwanderungsfrage behandelt wird.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Jn Neworleans entdeckte Betrügereien gegen Auswanderer.</hi> </head><lb/>
        <p><space dim="horizontal"/>  Neworleans, 12. Febr. 1852.</p><lb/>
        <p>Der Zweck der nachfolgenden Dokumente ist, zu zeigen, wie Auswan-<lb/>
derer schon in Europa hintergangen werden. Die darin angeregten<lb/>
Betrügereien fanden meistens <hi rendition="#g">auf der Reise über Holland und<lb/>
England statt, und wir rathen jedem Einwanderer, diesen<lb/>
Weg zu vermeiden.</hi> Die angeführten Beispiele sind nur <hi rendition="#g">einige<lb/>
wenige</hi> von denen, die uns bekannt wurden, sind aber ein hinreichender<lb/>
Beweis, daß unser Rath Beherzigung verdient.</p><lb/>
        <p>Außerdem kommen uns <hi rendition="#g">sehr häufig</hi> Klagen über <hi rendition="#g">schlechte</hi> und<lb/><hi rendition="#g">rohe Behandlung</hi> zu Ohren von Einwanderern die sich <hi rendition="#g">über Eng-<lb/>
land</hi> einschifften.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Deutsche Gesellschaft von Neworleans</hi>,</hi><lb/>
Sitzung der Direktion am 7. Jan. 1852.<lb/><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Beschlossen:</hi> Daß die vorgekommenen Klagen, nebst dem Bericht des<lb/>
Agentschafts=Comitée's durch den Druck veröffentlicht werden sollen.</hi><lb/><hi rendition="#aq">I.</hi></head><lb/>
          <p>Vor dem Unterzeichneten Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft<lb/>
von Neworleans erschien heute:</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Jacob Dhonau,</hi> gebürtig von Sobernheim, Kreis Creuznach, Regie-<lb/>
rungsbezirk Coblenz, Rhein=Preußen, und machte folgende Erklärung:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Am 18. Septbr. 1851 verließ ich meine Heimath, um nach Amerika<lb/>
auszuwandern und hatte zu diesem Zweck einen Contrakt in meinem<lb/>
Städtchen abgeschlossen, nach welchem ich für 41 preuß. Thaler von So-<lb/>
bernheim nach Neworleans gebracht werden sollte. Dieser Contrakt ist<lb/>
mir von der betreffenden Agentur richtig und ehrenvoll gehalten worden<lb/>
und habe ich mich über die Art der Weiterbeförderung nicht zu beklagen.</p><lb/>
          <p>Das Dampfschiff, mit dem ich von Bingen nach Rotterdam den Rhein<lb/>
hinunterfuhr, wurde aber ungefähr eine Stunde oberhalb Rotterdam von<lb/>
mehreren Personen bestiegen, wovon ein deutsch sprechender Mann meine<lb/>
Bekanntschaft zu machen suchte und mir vorstellte, daß er Agent für<lb/>
Dampfschiffe zwischen Neworleans und Cincinnati sei, und er den Auftrag<lb/>
hätte, mir sofort ein Fahrbillet den Mississippi hinauf zu ertheilen, mittelst<lb/>
dessen ich schneller weiterreisen könnte, als wenn ich erst in Neworleans<lb/>
meine Jnlandpassage nehmen würde. Jn Rotterdam angelangt, ließ ich<lb/>
mich überreden, mit ihm nach einer Schreibstube zu gehen ( den Namen<lb/>
der Straße erinnere ich mich nicht ) , woselbst einige Schreiber beschäftigt<lb/>
waren, und er nöthigte mich daselbst, nach einigem Widerstreben von<lb/>
meiner Seite gegen solche zudringliche und verdächtige Zuvorkommenheit,<lb/>
ein Fahrbillet von ihm anzunehmen und ihm sechs Dollars dafür zu bezahlen.<lb/>
Dieses Fahrbillet, in der mir unbekannten engl. Sprach, lautet wie folgt:</p><lb/>
          <p>&#x201E; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Received</hi> of Mr. Jacob Dhonan $ 12,00 for the steerage passage<lb/>
of one person, making one full passage to Cincinnati. <hi rendition="#k">Delpas</hi> &amp; <hi rendition="#k">Fils</hi>.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">To C. <hi rendition="#k">Jackson</hi>,</hi> </p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/><hi rendition="#aq">Due</hi> $ 6,00&#x201C; <hi rendition="#sup"><choice><abbr>*</abbr></choice></hi> ) </p><lb/>
          <note place="foot">
            <p><hi rendition="#sup">*</hi> ) Uebers.: Empfangen von Hrn. J. Dhonan $ 12,00 für die Zwischendecks-<lb/>
passage einer Person, als volle Passage nach Cincinnati. <hi rendition="#g">Delpas</hi> &amp; <hi rendition="#g">Sohn.</hi> </p><lb/>
            <p><space dim="horizontal"/>  An C. <hi rendition="#g">Jackson.</hi> <space dim="horizontal"/>  Nachzubezahlen $ 6.</p>
          </note><lb/>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0002] 82 in den aus dem Ertrage des Commutationsgeldes errichteten Häusern reelle Fürsorge für sie getroffen. Jndessen ist allerdings die Verpflegung der Kranken noch nicht so gut, wie sie sein muß. Die gewöhnliche Nah- rung ist zwar hinreichend, aber für besondere Fälle, in schlimmen Krank- heiten und bei der Reconvalescenz fehlt es an dem Nöthigen. Die Räume auf Wards=Jsland sind überfüllt, die Betten zu dicht nebeneinander, manchmal zwei Patienten in demselben Bette. Der Grund, auf welchem die Gebäude dort errichtet sind, ist niedrig und feucht; das Fundament ohne Keller und Gewölbe; die Fenster, in gleicher Höhe mit den Betten, sichern schlecht gegen Kälte, wie gegen Hitze, und die Wiederherstellung der Kranken wird dadurch unendlich erschwert. Sowohl auf Wards- Jsland, als bei den Häusern in Canalstreet, einem dem Feuer leicht aus- gesetzten Quartier, sind die Zugänge so enge und so wenige, daß ein Brand die Bewohner in die größte Gefahr setzen würde, und bereits bedeutendes Unglück dadurch verursacht ist. Die Schuld hiervon fällt aber nicht den Commissären, sondern dem Mangel an Geld zur Last. Dagegen wird die große Unreinlichkeit in der s. g. „Arbeitsbörse“ in Canalstreet tadelnd hervorgehoben. Verschwendung und unnöthiger Ausgaben hat sich die Commission nicht schuldig gemacht. Das ihr zugewiesene Eigenthum genügt doppelt und drei- fach, um die von ihr contrahirten Schulden zu decken. Einzelne Fälle, wo Bedürftigen Unterstützung verweigert wurde, mögen wohl vorgekommen sein; die Dummheit und Unbehülflichkeit Derer, welche Ansprüche erheben, läßt aber nicht zu, den Commissären hieraus einen Vor- wurf zu machen; indessen wird ihnen in diesem Punkte die allergrößte Sorgfalt anempfohlen. Schlechte Behandlung und sogar Stockschläge sind von ein paar Unterbeamten in Canalstreet in der That ausgeübt worden. Das ärztliche System auf Wards=Jsland, wo 6 jüngere Aerzte, 2 Wund- ärzte und 6 Assistenten ihre ( freie ) Wohnung und Beköstigung haben, aber kein Gehalt empfangen, während 7 „besuchende“ ältere Aerzte und 3 Wund- ärzte Honorar erhalten, wird von dem Ausschusse als zweckmäßig und hinreichend vertheidigt. Die Anklagen der Parteilichkeit und der Bestechung gegen die Com- missäre sind sämmtlich als unbegründet erfunden worden, und wenn die Uneigennützigkeit von zu Commissären ernannten Schiffsrhedern bezweifelt worden ist, so lag dazu keine spezielle Veranlassung, sondern nur die vage Vermuthung vor, als könnten sie etwa ihre Stellung im eigenen Jnteresse auszubeuten versuchen. Um übrigens auch dem vorzubeugen, schlägt der Ausschuß vor, daß künftig keine Schiffseigner, kein Agent, kein Consignat zu der Stellung eines „Commissioner of Emigration“ gelangen solle. Hinsichtlich schlechter Verwaltung des Nachlasses Verstor- bener oder des Vermögens von Waisen hat nur eine Nachlässigkeit bewiesen werden können; indessen scheint es dem Ausschusse wünschens- werth, daß der Generalagent und Alle, die dergleichen in Händen haben, dafür Caution leisten. Collisionen zwischen Unteragenten der Commissäre und Andern sind ein paar Mal vorgekommen. Die von Einigen vorgeschlagene Rückkehr zu dem alten Cautions- systeme an der Stelle des jetzt zu bezahlenden Commutationsgeldes erscheint dem Ausschusse durchaus verwerflich; denn einmal würden die Einwanderer dadurch wieder den früheren Privatbetrügereien überliefert werden; sodann würden die für die Gesammtzahl der Einwandernden zu stellenden Cautionen, daß sie dem Staate Newyork nicht zur Last fallen, ein größeres Kapital erfordern, als die Geschäftsleute aufbieten könnten. Von Andern wurde eine Herabsetzung des Commutationsgeldes im Jnter- esse der Schifffahrt gewünscht. So sehr nun aber auch der Ausschuß diesen wichtigen Hebel der Wohlfahrt Newyorks zu würdigen weiß, so glaubt er doch im Gegentheil eine Erhöhung dieser Steuer um 25 c. per Kopf beantragen zu müssen, damit für die Einwanderer diejenige Fürsorge getroffen werde, welche für ihr Wohlergehen und für den guten Ruf des Staates unvermeidlich ist. Diese Erhöhung soll so lange ein- treten, bis daraus ein hinreichender Fond gesammelt ist zur Erbauung der noch nöthigen Hospitäler und Verpflegungsanstalten. Ferner hat sich herausgestellt, daß in allen den Fällen, wo das Gesetz eine größere Caution verlangt, wie bei Wahnsinnigen, Tauben, Stum- men, Blinden, Schwachen , die Untersuchung, ob dergleichen Personen an Bord der Schiffe sind, zu oberflächlich angestellt wurde; es wird deßhalb vorgeschlagen, das Personal zum Behuf dieser Unter- suchung zu vergrößern. Um dem Betrug gegen Emigranten auf Eisenbahnen, Dampf und Canalböten vorzubeugen, wird eine weitere Verbesserung dahin beantragt, daß alle betreffenden Eigenthümer und Agenten eine Preisliste, sowohl für Gepäck, als für Passage der Emigranten vor oder am ersten Mai jedes Jahres den Emigrationscommissären unter Strafe von 100 $ ein- reichen sollen, daß eine Erhöhung der darauf verzeichneten Preise nur nach vorher gemachter zehntägiger Anzeige eintreten darf und dann binnen 3 Tagen eine neue Liste aufgemacht sein muß. Dawiderhandelnde sollen scharfe Gefängniß= und Geldstrafen treffen. Ferner soll alles Gepäck von Emigranten, bevor es auf die Eisenbahn oder das Schiff geladen wird, genau gewogen und dem Eigenthümer ein dieses Gewicht und den Namen des Beförderers enthaltender Zettel eingehändigt werden. Wer dieses unterläßt, oder, ohne zur Ertheilung dieses Zettels ermächtigt zu sein, dem Auswanderer Geld für Gepäcktransport abfordert, bezahlt 100 $ Strafe. Aehnliche Genauigkeit wird hinsichtlich der Passagebillette bean- tragt, und um den Beweis etwaiger Uebertretungen aller dieser Gesetzes- vorschläge zu erleichtern, soll unter Umständen ein geschriebenes Zeugniß die wirkliche Anwesenheit der Zeugen ersetzen können. Daß diese Anträge tief in das Mark vieler Privatinteressen einschneiden, ist ebenso gewiß, wie daß ihre Annahme die Wohlfahrt und Sicherheit der Einwanderer befördern wird. Sollten sie zu Gesetzen erhoben werden, so kommen wir darauf zurück. Jedenfalls mag dieser Auszug aus dem Ausschußbericht die Leser überzeugen, mit welchem Jnteresse im Staate Newyork die Einwanderungsfrage behandelt wird. Jn Neworleans entdeckte Betrügereien gegen Auswanderer. Neworleans, 12. Febr. 1852. Der Zweck der nachfolgenden Dokumente ist, zu zeigen, wie Auswan- derer schon in Europa hintergangen werden. Die darin angeregten Betrügereien fanden meistens auf der Reise über Holland und England statt, und wir rathen jedem Einwanderer, diesen Weg zu vermeiden. Die angeführten Beispiele sind nur einige wenige von denen, die uns bekannt wurden, sind aber ein hinreichender Beweis, daß unser Rath Beherzigung verdient. Außerdem kommen uns sehr häufig Klagen über schlechte und rohe Behandlung zu Ohren von Einwanderern die sich über Eng- land einschifften. Deutsche Gesellschaft von Neworleans, Sitzung der Direktion am 7. Jan. 1852. Beschlossen: Daß die vorgekommenen Klagen, nebst dem Bericht des Agentschafts=Comitée's durch den Druck veröffentlicht werden sollen. I. Vor dem Unterzeichneten Agentschafts=Comitée der deutschen Gesellschaft von Neworleans erschien heute: Jacob Dhonau, gebürtig von Sobernheim, Kreis Creuznach, Regie- rungsbezirk Coblenz, Rhein=Preußen, und machte folgende Erklärung: „Am 18. Septbr. 1851 verließ ich meine Heimath, um nach Amerika auszuwandern und hatte zu diesem Zweck einen Contrakt in meinem Städtchen abgeschlossen, nach welchem ich für 41 preuß. Thaler von So- bernheim nach Neworleans gebracht werden sollte. Dieser Contrakt ist mir von der betreffenden Agentur richtig und ehrenvoll gehalten worden und habe ich mich über die Art der Weiterbeförderung nicht zu beklagen. Das Dampfschiff, mit dem ich von Bingen nach Rotterdam den Rhein hinunterfuhr, wurde aber ungefähr eine Stunde oberhalb Rotterdam von mehreren Personen bestiegen, wovon ein deutsch sprechender Mann meine Bekanntschaft zu machen suchte und mir vorstellte, daß er Agent für Dampfschiffe zwischen Neworleans und Cincinnati sei, und er den Auftrag hätte, mir sofort ein Fahrbillet den Mississippi hinauf zu ertheilen, mittelst dessen ich schneller weiterreisen könnte, als wenn ich erst in Neworleans meine Jnlandpassage nehmen würde. Jn Rotterdam angelangt, ließ ich mich überreden, mit ihm nach einer Schreibstube zu gehen ( den Namen der Straße erinnere ich mich nicht ) , woselbst einige Schreiber beschäftigt waren, und er nöthigte mich daselbst, nach einigem Widerstreben von meiner Seite gegen solche zudringliche und verdächtige Zuvorkommenheit, ein Fahrbillet von ihm anzunehmen und ihm sechs Dollars dafür zu bezahlen. Dieses Fahrbillet, in der mir unbekannten engl. Sprach, lautet wie folgt: „ Received of Mr. Jacob Dhonan $ 12,00 for the steerage passage of one person, making one full passage to Cincinnati. Delpas & Fils. To C. Jackson, Due $ 6,00“ ) * ) Uebers.: Empfangen von Hrn. J. Dhonan $ 12,00 für die Zwischendecks- passage einer Person, als volle Passage nach Cincinnati. Delpas & Sohn. An C. Jackson. Nachzubezahlen $ 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung021_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung021_1852/2
Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 21. Bremen, 12. März 1852, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung021_1852/2>, abgerufen am 01.06.2024.