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Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740.

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[Beginn Spaltensatz] nach unsern Umständen eben so verwerflich als nichts
wissen wollen. Wofern wir unsere Beschaffenheit ver-
gessen, so stehen wir in Gefahr, einem heimlichen Hoch-
muthe Gehör zu geben, der uns gerade von der Höhe
zurück führet, zu welcher wir gelangen sollten. Das
Kenntniß dessen, was die Vernunft kann, erweckt unsere
Bemühung, und das Kenntniß dessen, was sie nicht
vermag, hält uns vom unnützen Nachforschen ab. Al-
lein es ist ein allgemeines Uebel, hauptsächlich bey jungen
Leuten, daß sie entweder den Werth und die Rechtsame
der Vernunft gar nicht kennen, oder sich von ihren Kräf-
ten eine allzuvortheilhafte Vorstellung machen. Hier-
aus folgt, daß sie dieselbe entweder gänzlich versäumen,
oder sie weiter führen wollen, als sie gehen kann.

Jn diesem Alter sind wir von der Gefahr ganz um-
ringt. Die natürliche Flüchtigkeit, der Zwang der Auf-
merksamkeit, die Reitzung des Vergnügens, die Verfüh-
rung der Exempel, tausend andere Dinge können die
Vernunft vor unsern Augen verstecken, und das Recht un-
nütz machen, welches in uns wohnet, und das Ruhm den
und die Glückseligkeit des Menschen befördert. Auf der
andern Seite können das Verlangen uns zu unterrich-
ten, der herrliche Fortgang der einige Gelehrte unter-
scheidet, die Ehre und der Vorzug, welche mit den
Wissenschaften verknüpft sind, das Vergnügen, welches
das Studiren begleitet, und unsere eigene Fähigkeiten,
wann wir ihre Grenzen nicht wissen, uns auf Untersu-
chungen führen, die uns sehr wichtig scheinen, von de-
nen wir aber verleitet werden, oder die zuletzt, nachdem
wir ihren schlechten Nutzen erkannt, eine strafwürdige
Klage über die Schwachheit unserer Natur erwecken.

Die Gelehrten selbst, zu denen wir vertraulich unse-
re Zuflucht nehmen, um uns ihrer als Wegweiser auf
einem Wege zu bedienen, den sie besser kennen sollen,
[Spaltenumbruch] als wir, können die ersten seyn, welche uns zum Jrr-
thume führen. Einige von ihnen, die viel fruchtbarer
an Schwierigkeiten, als an gründlicher Einsicht sind,
schweben in einem beständigen, oder auch wohl in ei-
nem allgemeinen Zweifel. Sie machen uns in der Un-
tersuchung der Warheit zaghaft. Man wundert sich,
daß man so viele Ungewißheit bey so vielem Verstande
findet. Jhr Exempel ziehet andere nach sich, die end-
lich, wann sie an einer Einsicht die ihnen genug thun soll,
verzweifeln, sich den Ergetzlichkeiten, und der Ausschwei-
fung des Verstandes überlassen, welche oft noch seltener
wieder umkehret, als die Ausschweifung der Sitten.
Andere hingegen schmeicheln uns mit prächtigen Verspre-
chungen. Sie machen die Fähigkeit unserer Vernunft
allzugroß, und in der That leisten sie doch nichts.

Wie oft sehen wir uns nicht gezwungen von diesen
hochmütigen Forderungen abzulassen. Wenn man auf-
richtig seyn will, so muß man gestehen, daß die Natur,
wann sie sich auf der einen Seite entdeckt, uns ein gros-
ses Schauspiel zu zeigen, auf der andern hingegen ihr
inneres und ihre geheimen Triebfedern verbirgt. Wir
sehen das äusserliche und gebrauchen uns desselben, al-
lein das deutliche Kenntniß ihrer innern Beschaffenheit,
scheint eine Gnade zu seyn, die unsern Umständen nicht
ertheilet worden.

Wir gleichen den Reisenden, welche einen schönen
Tag anbrechen sehen. Ein erfreuliches aber schwaches
Licht, särbet ihre Vorwürfe. Wir unterscheiden sie,
und wir vermischen nicht mehr den Fluß mit dem Ufer,
welches ihn einschließt. Dieses ist genug für uns wir
können fortgehen, allein der Tag ist noch nicht gekom-
men.

Künftigen Dienstag mehr.


[Ende Spaltensatz]

Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben.

I. Huldigungs= Predigt bey geschehener Erb= Huldigung dem allerdurchlauchtigsten großmächtigsten Fürsten
und Herrn, Herrn Friderich, König in Preussen und Churfürsten zu Brandenburg, welche über die Worte
1. Reg. 10. v 9. für der hohen Königl. Herrschaft gehalten worden von D. Daniel Ernst Jablonski. 1. Gr.
6. Pf.

II. Der redenden Thiere über menschliche Fehler und Laster, bey ruhigen Stunden lustig und nützlich zu lesen.
9tes Gespräch, zwischen einem Sperling und einer Katze. 8vo. 2. Gr.

III. Joh. Christ. Pesler de ordine con#.fultationum in comitiis Imperii. 4to 1 Gr. 6. Pf.



Diese Nachrichten werden wöchentlich 3mahl, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl.
und der Societät der Wissenschaften privilegirten Buchhändler, AMBROSIUS HAUDE und dem Königl.
Hof=Post=Amte ausgegeben.

[Beginn Spaltensatz] nach unsern Umständen eben so verwerflich als nichts
wissen wollen. Wofern wir unsere Beschaffenheit ver-
gessen, so stehen wir in Gefahr, einem heimlichen Hoch-
muthe Gehör zu geben, der uns gerade von der Höhe
zurück führet, zu welcher wir gelangen sollten. Das
Kenntniß dessen, was die Vernunft kann, erweckt unsere
Bemühung, und das Kenntniß dessen, was sie nicht
vermag, hält uns vom unnützen Nachforschen ab. Al-
lein es ist ein allgemeines Uebel, hauptsächlich bey jungen
Leuten, daß sie entweder den Werth und die Rechtsame
der Vernunft gar nicht kennen, oder sich von ihren Kräf-
ten eine allzuvortheilhafte Vorstellung machen. Hier-
aus folgt, daß sie dieselbe entweder gänzlich versäumen,
oder sie weiter führen wollen, als sie gehen kann.

Jn diesem Alter sind wir von der Gefahr ganz um-
ringt. Die natürliche Flüchtigkeit, der Zwang der Auf-
merksamkeit, die Reitzung des Vergnügens, die Verfüh-
rung der Exempel, tausend andere Dinge können die
Vernunft vor unsern Augen verstecken, und das Recht un-
nütz machen, welches in uns wohnet, und das Ruhm den
und die Glückseligkeit des Menschen befördert. Auf der
andern Seite können das Verlangen uns zu unterrich-
ten, der herrliche Fortgang der einige Gelehrte unter-
scheidet, die Ehre und der Vorzug, welche mit den
Wissenschaften verknüpft sind, das Vergnügen, welches
das Studiren begleitet, und unsere eigene Fähigkeiten,
wann wir ihre Grenzen nicht wissen, uns auf Untersu-
chungen führen, die uns sehr wichtig scheinen, von de-
nen wir aber verleitet werden, oder die zuletzt, nachdem
wir ihren schlechten Nutzen erkannt, eine strafwürdige
Klage über die Schwachheit unserer Natur erwecken.

Die Gelehrten selbst, zu denen wir vertraulich unse-
re Zuflucht nehmen, um uns ihrer als Wegweiser auf
einem Wege zu bedienen, den sie besser kennen sollen,
[Spaltenumbruch] als wir, können die ersten seyn, welche uns zum Jrr-
thume führen. Einige von ihnen, die viel fruchtbarer
an Schwierigkeiten, als an gründlicher Einsicht sind,
schweben in einem beständigen, oder auch wohl in ei-
nem allgemeinen Zweifel. Sie machen uns in der Un-
tersuchung der Warheit zaghaft. Man wundert sich,
daß man so viele Ungewißheit bey so vielem Verstande
findet. Jhr Exempel ziehet andere nach sich, die end-
lich, wann sie an einer Einsicht die ihnen genug thun soll,
verzweifeln, sich den Ergetzlichkeiten, und der Ausschwei-
fung des Verstandes überlassen, welche oft noch seltener
wieder umkehret, als die Ausschweifung der Sitten.
Andere hingegen schmeicheln uns mit prächtigen Verspre-
chungen. Sie machen die Fähigkeit unserer Vernunft
allzugroß, und in der That leisten sie doch nichts.

Wie oft sehen wir uns nicht gezwungen von diesen
hochmütigen Forderungen abzulassen. Wenn man auf-
richtig seyn will, so muß man gestehen, daß die Natur,
wann sie sich auf der einen Seite entdeckt, uns ein gros-
ses Schauspiel zu zeigen, auf der andern hingegen ihr
inneres und ihre geheimen Triebfedern verbirgt. Wir
sehen das äusserliche und gebrauchen uns desselben, al-
lein das deutliche Kenntniß ihrer innern Beschaffenheit,
scheint eine Gnade zu seyn, die unsern Umständen nicht
ertheilet worden.

Wir gleichen den Reisenden, welche einen schönen
Tag anbrechen sehen. Ein erfreuliches aber schwaches
Licht, särbet ihre Vorwürfe. Wir unterscheiden sie,
und wir vermischen nicht mehr den Fluß mit dem Ufer,
welches ihn einschließt. Dieses ist genug für uns wir
können fortgehen, allein der Tag ist noch nicht gekom-
men.

Künftigen Dienstag mehr.


[Ende Spaltensatz]

Bey dem Verleger dieser Zeitungen ist zu haben.

I. Huldigungs= Predigt bey geschehener Erb= Huldigung dem allerdurchlauchtigsten großmächtigsten Fürsten
und Herrn, Herrn Friderich, König in Preussen und Churfürsten zu Brandenburg, welche über die Worte
1. Reg. 10. v 9. für der hohen Königl. Herrschaft gehalten worden von D. Daniel Ernst Jablonski. 1. Gr.
6. Pf.

II. Der redenden Thiere über menschliche Fehler und Laster, bey ruhigen Stunden lustig und nützlich zu lesen.
9tes Gespräch, zwischen einem Sperling und einer Katze. 8vo. 2. Gr.

III. Joh. Chriſt. Pesler de ordine con#.fultationum in comitiis Imperii. 4to 1 Gr. 6. Pf.



Diese Nachrichten werden wöchentlich 3mahl, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl.
und der Societät der Wissenschaften privilegirten Buchhändler, AMBROSIUS HAUDE und dem Königl.
Hof=Post=Amte ausgegeben.

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Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 26. Berlin, 27. August 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin026_1740/4>, abgerufen am 20.05.2024.