rissenen Haare, mir etlichmal zu Hause gelauffen, und entsetzlich geschmähet, als wenn ich sie an einen solchen bösen Mann und Mörders-Dieb gekuppelt und ver- bunden hätte: Da sie doch vorhin einan- der länger als Jahr und Tag gekennet, und die Neigungen gegen einander hät- ten untersuchen und prüfen sollen, ob sie wol oder übel zusammen taugen, und ich die Braut vorhero, Zeit meines Lebens, mit keinem Auge gesehen, noch weniger aber gesprochen habe.
Jn diesem Stuck ist nicht besser, als wenn zwey verliebte Personen, ihre Nei- gungen gegen einander selbst zu erkennen geben, und einige Zeit einander erkennen lernen: Es mag hernach die Ehe nun wol oder übel anschlagen, so dörfen sie doch niemand fluchen, und die Schuld ihres Elendes zumessen, als ihnen-selbst. Denn es pfleget gemeiniglich im Ver- sprechen das Prahlen auf der rechten Seite zu gehen, da eines das andere mit leeren Worten betrüget, und bey Letze nichts als Schulden und Partiten her- aus kommen, welche solche Leute, noch
bey
riſſenen Haare, mir etlichmal zu Hauſe gelauffen, und entſetzlich geſchmaͤhet, als wenn ich ſie an einen ſolchen boͤſen Mann und Moͤrders-Dieb gekuppelt und ver- bunden haͤtte: Da ſie doch vorhin einan- der laͤnger als Jahr und Tag gekennet, und die Neigungen gegen einander haͤt- ten unterſuchen und pruͤfen ſollen, ob ſie wol oder uͤbel zuſammen taugen, und ich die Braut vorhero, Zeit meines Lebens, mit keinem Auge geſehen, noch weniger aber geſprochen habe.
Jn dieſem Stuck iſt nicht beſſer, als wenn zwey verliebte Perſonen, ihre Nei- gungen gegen einander ſelbſt zu erkennen geben, und einige Zeit einander erkennen lernen: Es mag hernach die Ehe nun wol oder uͤbel anſchlagen, ſo doͤrfen ſie doch niemand fluchen, und die Schuld ihres Elendes zumeſſen, als ihnen-ſelbſt. Denn es pfleget gemeiniglich im Ver- ſprechen das Prahlen auf der rechten Seite zu gehen, da eines das andere mit leeren Worten betruͤget, und bey Letze nichts als Schulden und Partiten her- aus kommen, welche ſolche Leute, noch
bey
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[64/0070]
riſſenen Haare, mir etlichmal zu Hauſe
gelauffen, und entſetzlich geſchmaͤhet, als
wenn ich ſie an einen ſolchen boͤſen Mann
und Moͤrders-Dieb gekuppelt und ver-
bunden haͤtte: Da ſie doch vorhin einan-
der laͤnger als Jahr und Tag gekennet,
und die Neigungen gegen einander haͤt-
ten unterſuchen und pruͤfen ſollen, ob ſie
wol oder uͤbel zuſammen taugen, und ich
die Braut vorhero, Zeit meines Lebens,
mit keinem Auge geſehen, noch weniger
aber geſprochen habe.
Jn dieſem Stuck iſt nicht beſſer, als
wenn zwey verliebte Perſonen, ihre Nei-
gungen gegen einander ſelbſt zu erkennen
geben, und einige Zeit einander erkennen
lernen: Es mag hernach die Ehe nun
wol oder uͤbel anſchlagen, ſo doͤrfen ſie
doch niemand fluchen, und die Schuld
ihres Elendes zumeſſen, als ihnen-ſelbſt.
Denn es pfleget gemeiniglich im Ver-
ſprechen das Prahlen auf der rechten
Seite zu gehen, da eines das andere mit
leeren Worten betruͤget, und bey Letze
nichts als Schulden und Partiten her-
aus kommen, welche ſolche Leute, noch
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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/70>, abgerufen am 16.06.2024.
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