Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Heller-Blatt. Nr. 40. Breslau, 4. Oktober 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt
eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel-
chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß
befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen,
Gemmen, Münzen u. s. w.



Ueber die Stahlstäbegeläute.

Der Schlossermeister Schiedt, zu Görlitz, hat
ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge-
stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat:
Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe.
Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe
gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach-
ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der
eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt
6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win-
kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo-
gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder
dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber
3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab
endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt,
und hat eine Schwere von 12 Pfd. - Ueber den Ste-
gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht,
und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt,
zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme
befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die
Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt.
Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe,
und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der
andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es
entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen
hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich
von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von
selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem
er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie-
der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von
neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des
Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt
ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan-
der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver-
minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt
hat. - Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem
sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben
einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält-
niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im
Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder
1 / 13 preußische Meile getragen wird. - Der Ton der
Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse
vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma-
terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder
Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch
sonstige Hülfsmittel.

[Spaltenumbruch]

1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist,
um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker,
ist der Ton, weshalb das Geläute s[e]hr an Wohlklang
und Stärke gewinnen würde, menn man den besten
raffinirten Stahl dazu nimmt.

2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern
oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu-
gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben,
ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der
Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an-
kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke
zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts-
masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde
aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es
wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild
daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und
man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der
gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener
widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke,
dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin-
gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig
fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi-
schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke,
welches die größtmögliche Vibration zuläßt.

Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem
Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der
Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi-
cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus-
mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon
ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio-
nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff
der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte
man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen-
den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei-
nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser,
wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken-
förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des
Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver-
hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden,
als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener,
welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern
zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger
nachtönend. - Was den Ton in Bezug auf Höhe und
Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge-
stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab.
Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der
Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und
um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man
hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen
in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö-
hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen
der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch
zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form
der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich-
tigt werden muß, versteht sich von selbst.

[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt
eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel-
chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß
befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen,
Gemmen, Münzen u. s. w.



Ueber die Stahlstäbegeläute.

Der Schlossermeister Schiedt, zu Görlitz, hat
ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge-
stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat:
Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe.
Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe
gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach-
ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der
eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt
6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win-
kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo-
gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder
dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber
3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab
endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt,
und hat eine Schwere von 12 Pfd. – Ueber den Ste-
gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht,
und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt,
zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme
befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die
Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt.
Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe,
und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der
andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es
entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen
hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich
von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von
selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem
er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie-
der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von
neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des
Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt
ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan-
der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver-
minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt
hat. – Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem
sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben
einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält-
niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im
Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder
1 / 13 preußische Meile getragen wird. – Der Ton der
Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse
vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma-
terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder
Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch
sonstige Hülfsmittel.

[Spaltenumbruch]

1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist,
um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker,
ist der Ton, weshalb das Geläute s[e]hr an Wohlklang
und Stärke gewinnen würde, menn man den besten
raffinirten Stahl dazu nimmt.

2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern
oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu-
gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben,
ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der
Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an-
kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke
zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts-
masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde
aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es
wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild
daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und
man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der
gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener
widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke,
dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin-
gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig
fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi-
schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke,
welches die größtmögliche Vibration zuläßt.

Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem
Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der
Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi-
cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus-
mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon
ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio-
nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff
der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte
man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen-
den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei-
nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser,
wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken-
förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des
Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver-
hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden,
als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener,
welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern
zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger
nachtönend. – Was den Ton in Bezug auf Höhe und
Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge-
stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab.
Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der
Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und
um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man
hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen
in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö-
hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen
der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch
zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form
der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich-
tigt werden muß, versteht sich von selbst.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0006" n="318"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/>
hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt<lb/>
eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel-<lb/>
chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß<lb/>
befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen,<lb/>
Gemmen, Münzen u. s. w.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ueber die Stahlstäbegeläute</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Schlossermeister <hi rendition="#g">Schiedt,</hi> zu Görlitz, hat<lb/>
ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge-<lb/>
stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat:<lb/>
Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe.<lb/>
Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe<lb/>
gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach-<lb/>
ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der<lb/>
eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt<lb/>
6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win-<lb/>
kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo-<lb/>
gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder<lb/>
dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber<lb/>
3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab<lb/>
endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt,<lb/>
und hat eine Schwere von 12 Pfd. &#x2013; Ueber den Ste-<lb/>
gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht,<lb/>
und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt,<lb/>
zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme<lb/>
befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die<lb/>
Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt.<lb/>
Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe,<lb/>
und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der<lb/>
andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es<lb/>
entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen<lb/>
hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich<lb/>
von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von<lb/>
selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem<lb/>
er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie-<lb/>
der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von<lb/>
neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des<lb/>
Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt<lb/>
ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan-<lb/>
der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver-<lb/>
minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt<lb/>
hat. &#x2013; Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem<lb/>
sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben<lb/>
einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält-<lb/>
niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im<lb/>
Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder<lb/>
1 / 13 preußische Meile getragen wird. &#x2013; Der Ton der<lb/>
Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse<lb/>
vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma-<lb/>
terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder<lb/>
Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch<lb/>
sonstige Hülfsmittel.</p><lb/>
        <cb n="2"/>
        <p>1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist,<lb/>
um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker,<lb/>
ist der Ton, weshalb das Geläute s<supplied cert="high">e</supplied>hr an Wohlklang<lb/>
und Stärke gewinnen würde, menn man den besten<lb/>
raffinirten Stahl dazu nimmt.</p><lb/>
        <p>2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern<lb/>
oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu-<lb/>
gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben,<lb/>
ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der<lb/>
Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an-<lb/>
kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke<lb/>
zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts-<lb/>
masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde<lb/>
aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es<lb/>
wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild<lb/>
daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und<lb/>
man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der<lb/>
gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener<lb/>
widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke,<lb/>
dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin-<lb/>
gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig<lb/>
fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi-<lb/>
schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke,<lb/>
welches die größtmögliche Vibration zuläßt.</p><lb/>
        <p>Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem<lb/>
Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der<lb/>
Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi-<lb/>
cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus-<lb/>
mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon<lb/>
ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio-<lb/>
nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff<lb/>
der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte<lb/>
man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen-<lb/>
den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei-<lb/>
nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser,<lb/>
wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken-<lb/>
förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des<lb/>
Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver-<lb/>
hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden,<lb/>
als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener,<lb/>
welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern<lb/>
zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger<lb/>
nachtönend. &#x2013; Was den Ton in Bezug auf Höhe und<lb/>
Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge-<lb/>
stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab.<lb/>
Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der<lb/>
Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und<lb/>
um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man<lb/>
hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen<lb/>
in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö-<lb/>
hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen<lb/>
der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch<lb/>
zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form<lb/>
der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich-<lb/>
tigt werden muß, versteht sich von selbst.</p><lb/>
        <cb type="end"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0006] Das Heller=Blatt. hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel- chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen, Gemmen, Münzen u. s. w. Ueber die Stahlstäbegeläute. Der Schlossermeister Schiedt, zu Görlitz, hat ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge- stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat: Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe. Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach- ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt 6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win- kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo- gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber 3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt, und hat eine Schwere von 12 Pfd. – Ueber den Ste- gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht, und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt, zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt. Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe, und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie- der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan- der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver- minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt hat. – Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält- niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder 1 / 13 preußische Meile getragen wird. – Der Ton der Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma- terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch sonstige Hülfsmittel. 1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist, um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker, ist der Ton, weshalb das Geläute sehr an Wohlklang und Stärke gewinnen würde, menn man den besten raffinirten Stahl dazu nimmt. 2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu- gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben, ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an- kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts- masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke, dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin- gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi- schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke, welches die größtmögliche Vibration zuläßt. Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi- cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus- mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio- nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen- den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei- nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser, wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken- förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver- hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden, als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener, welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger nachtönend. – Was den Ton in Bezug auf Höhe und Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge- stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab. Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö- hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich- tigt werden muß, versteht sich von selbst.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller40_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller40_1834/6
Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 40. Breslau, 4. Oktober 1834, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller40_1834/6>, abgerufen am 14.06.2024.