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Das Heller-Blatt. Nr. 41. Breslau, 11. Oktober 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] 2000 Fuß breiten Schelde, ist stark befestigt, hat eine
von Herzog Alba erbaute, im Jahre 1832 durch Chas-
s ee 's Vertheidigung berühmt gewordene Citadelle und
in fast 10,000 Häusern an 80,000 - früher über
200,000 - Einwohner. Der Dom, welcher um das
Jahr 1240 gebaut wurde, ist ein Meisterstück gothi-
scher Baukunst, über 500 Fuß lang, 240 Fuß breit[unleserliches Material]und 360 Fuß hoch. Die 230 gewölbten Bogenhallen
werden von 125 Säulen getragen; auf jeder Seite ist
ein doppeltes Schiff, die hohen Fenster aber sind mit
schönen Glasmalereien verziert. Jm Jnnern der Kir-
che befindet sich das Grab des berühmten Maler Ru-
bens nebst zweien seiner besten Gemälde. Der Thurm,
von Quadersteinen gebaut, ist der höchste in Europa,
und mißt 466 Fuß, ist mithin 28 Fuß höher als der
Straßburger Münster. Man steigt bis zur letzten
Gallerie auf 622 Stufen, wo man eines Rundgemäl-
des von 16 deutschen Meilen im Durchmesser genießt.
Der Thurm ist mit ausgezackter Arbeit durchbrochen
und wird von Stockwerk zu Stockwerk immer dünner.

Die Stadt Antwerpen war bis zu dem Religions-
kriege der Niederländer im 16ten Jahrhundert eine der
wichtigsten Handelsstädte und in ihrem blühenden Ha-
fen flossen auf 2000 Handelsschiffen die Reichthümer
Europas zusammen. Jetzt ist der Flor der Stadt sehr
gewichen, da die Freiheit der Schifffahrt auf der
Schelde lange Zeit suspendirt gewesen, und auch jetzt
selbst durch die Zeitverhältnisse sehr gestört ist.



Ueber die Bereitung des Weins.

Der Wein ist ein Produkt der geistigen Gährung
des Weinmostes, oder des frisch gepreßten Saftes der
Weinbeeren. Der Weinmost ist ein Produkt der na-
türlichen Verbinduug von krystallisirbarem Zucker, von
Schleimzucker, von Weinstein, Weinsteinsäure, Aepfel-
säure, natürlichem Ferment und Wasser.

Die Gährung des Mostes beruht auf einer von
selbst erfolgenden Wechselwirkung und dadurch veran-
laßten Veränderung in der Grundmischung des Mostes,
besonders seines Zuckergehalts. Das Resultat jener
Veränderung ist: Erzeugung von Weingeist ( Alkohol ) ,
von Kohlenstoffsäure und von Weinhefe u. s. w. Die
Kohlenstoffsäure wird, während dem Laufe der Gäh-
rung, als kohlenstoffsaures Gas entwickelt. Die Hefe
lagert sich am Boden der Gährungsgefäße; der er-
zeugte Alkohol bleibt dagegen, in Verbindung mit dem
Weinstein, der Weinsteinsäure und der Aepfelsäure,
nebst den Wassertheilen des Mostes zurück, und diese
Verbindung stellt nun den jungen Wein dar. Die Al-
koholbildung dauert in dem schon ausgegohrenem Moste
noch fort. Aber so wie die Masse des Alkohols sich ver-
mehrt, wird der Gehalt des Weinsteins vermindert,
der sich aussondert und an die innern Wände der Lager-
[Spaltenumbruch] fässer, als eine krystallinische, mit vielen Hefentheilen
gemengte, Salzrinde anlegt.

Die Ursache jener Aussonderung des Weinsteins
ist darin begründet, daß in dem Maaße, wie die Quan-
tität des Alkohols zunimmt, die auflösende Kraft der
Wassertheile für den Weinstein vermindert wird, aus
welchem Grunde der größere Theil desselben sich aus-
scheiden muß. Nach dem Maaße, als der Weinstein
sich ausscheidet, vermindert sich die hervorstechende
Säure und die Herbigkeit des Weins; die Geistigkeit
desselben wird in gleichem Grade vermehrt, und mit ihr
der Wein veredelt. Hierin ist auch der zureichende
Grund gegeben, warum schon ausgegohrne Weine,
wenn sie in stets damit vollkommen angefüllten und
luftdicht verschlossenen Fässern, in trocknen, kalten Kel-
lern aufbewahrt und ordnungsmäßig gepflegt werden,
mit zunehmendem Alter sich immer mehr veredeln und
an Geistigkeit zunehmen.

Mit dem zunehmenden Alter verbindet sich der Al-
kohol mit der vorhandenen Aepfelsäure in Wein. Da-
durch erfolgt eine Aetherisation des Alkohols; es wird
eine Art Aepfeläther erzeugt, und dieser ist es, welcher
den balsamischen Geruch des alten Rheinweins, so wie
die stärkende und erregende Kraft desselben herbeiführt,
die sein Genuß darbietet. Mit dem höheren Alter sol-
cher Weine von 100, 150 bis 200 Jahren, nehmen die-
selben, ihrer sonstigen edlen Qualität unbeschadet, ei-
nen hervorstechenden säuerlichen Charakter an, und die
Maske ihres Alkoholgehalts wird vermindert. Es
scheint daher, daß ein Theil des Alkohols selbst in Ae-
pfelsäure umgewandelt wird, weil es diese Säure be-
sonders ist, welche in ganz alten edlen Rheinweinen
vorgefunden wird.

Unter den obengenannten nähern Bestandtheilen
des Weinmostes ist es der Zucker insbesondere, welcher
das Bedingungsmittel zur Bildung des Alkohols aus-
macht.

Der aus irgend einer Art Most gewonnene Wein
muß daher um so geistiger ausfallen, je reichhaltiger
an Zuckerstoff der dazu verwendete Most war. Die
Masse des Zuckers im Moste ist aber abhängig: von
der Reife der Trauben, und diese wieder von der Wit-
terung des Jahres, der hohen Temperatur im Herbste,
während der Ausbildung der Beeren. Daher sehen
wir, daß eine anhaltende Wärme während des Som-
mers ( wie z. E. in dem verflossenen ) und des darauf
folgenden Herbstes auch allemal vollkommen reife, d. i.
zuckerreiche Trauben liefert, und nur aus diesen ein gei-
stiger Wein gewonnen werden kann; dagegen anhal-
tend kalte und feuchte Witterung im Sommer und
dem darauf folgenden Herbste auch allemal nur einen
schlechten, herben, geistarmen Wein darbietet.

Jm Handel werden die Weine in fette und
trockne unterschieden. Zu den ersteren gehören die
schweren, süßen, zuckerreichen Weine, der mehr süd-
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] 2000 Fuß breiten Schelde, ist stark befestigt, hat eine
von Herzog Alba erbaute, im Jahre 1832 durch Chas-
s ée 's Vertheidigung berühmt gewordene Citadelle und
in fast 10,000 Häusern an 80,000 – früher über
200,000 – Einwohner. Der Dom, welcher um das
Jahr 1240 gebaut wurde, ist ein Meisterstück gothi-
scher Baukunst, über 500 Fuß lang, 240 Fuß breit[unleserliches Material]und 360 Fuß hoch. Die 230 gewölbten Bogenhallen
werden von 125 Säulen getragen; auf jeder Seite ist
ein doppeltes Schiff, die hohen Fenster aber sind mit
schönen Glasmalereien verziert. Jm Jnnern der Kir-
che befindet sich das Grab des berühmten Maler Ru-
bens nebst zweien seiner besten Gemälde. Der Thurm,
von Quadersteinen gebaut, ist der höchste in Europa,
und mißt 466 Fuß, ist mithin 28 Fuß höher als der
Straßburger Münster. Man steigt bis zur letzten
Gallerie auf 622 Stufen, wo man eines Rundgemäl-
des von 16 deutschen Meilen im Durchmesser genießt.
Der Thurm ist mit ausgezackter Arbeit durchbrochen
und wird von Stockwerk zu Stockwerk immer dünner.

Die Stadt Antwerpen war bis zu dem Religions-
kriege der Niederländer im 16ten Jahrhundert eine der
wichtigsten Handelsstädte und in ihrem blühenden Ha-
fen flossen auf 2000 Handelsschiffen die Reichthümer
Europas zusammen. Jetzt ist der Flor der Stadt sehr
gewichen, da die Freiheit der Schifffahrt auf der
Schelde lange Zeit suspendirt gewesen, und auch jetzt
selbst durch die Zeitverhältnisse sehr gestört ist.



Ueber die Bereitung des Weins.

Der Wein ist ein Produkt der geistigen Gährung
des Weinmostes, oder des frisch gepreßten Saftes der
Weinbeeren. Der Weinmost ist ein Produkt der na-
türlichen Verbinduug von krystallisirbarem Zucker, von
Schleimzucker, von Weinstein, Weinsteinsäure, Aepfel-
säure, natürlichem Ferment und Wasser.

Die Gährung des Mostes beruht auf einer von
selbst erfolgenden Wechselwirkung und dadurch veran-
laßten Veränderung in der Grundmischung des Mostes,
besonders seines Zuckergehalts. Das Resultat jener
Veränderung ist: Erzeugung von Weingeist ( Alkohol ) ,
von Kohlenstoffsäure und von Weinhefe u. s. w. Die
Kohlenstoffsäure wird, während dem Laufe der Gäh-
rung, als kohlenstoffsaures Gas entwickelt. Die Hefe
lagert sich am Boden der Gährungsgefäße; der er-
zeugte Alkohol bleibt dagegen, in Verbindung mit dem
Weinstein, der Weinsteinsäure und der Aepfelsäure,
nebst den Wassertheilen des Mostes zurück, und diese
Verbindung stellt nun den jungen Wein dar. Die Al-
koholbildung dauert in dem schon ausgegohrenem Moste
noch fort. Aber so wie die Masse des Alkohols sich ver-
mehrt, wird der Gehalt des Weinsteins vermindert,
der sich aussondert und an die innern Wände der Lager-
[Spaltenumbruch] fässer, als eine krystallinische, mit vielen Hefentheilen
gemengte, Salzrinde anlegt.

Die Ursache jener Aussonderung des Weinsteins
ist darin begründet, daß in dem Maaße, wie die Quan-
tität des Alkohols zunimmt, die auflösende Kraft der
Wassertheile für den Weinstein vermindert wird, aus
welchem Grunde der größere Theil desselben sich aus-
scheiden muß. Nach dem Maaße, als der Weinstein
sich ausscheidet, vermindert sich die hervorstechende
Säure und die Herbigkeit des Weins; die Geistigkeit
desselben wird in gleichem Grade vermehrt, und mit ihr
der Wein veredelt. Hierin ist auch der zureichende
Grund gegeben, warum schon ausgegohrne Weine,
wenn sie in stets damit vollkommen angefüllten und
luftdicht verschlossenen Fässern, in trocknen, kalten Kel-
lern aufbewahrt und ordnungsmäßig gepflegt werden,
mit zunehmendem Alter sich immer mehr veredeln und
an Geistigkeit zunehmen.

Mit dem zunehmenden Alter verbindet sich der Al-
kohol mit der vorhandenen Aepfelsäure in Wein. Da-
durch erfolgt eine Aetherisation des Alkohols; es wird
eine Art Aepfeläther erzeugt, und dieser ist es, welcher
den balsamischen Geruch des alten Rheinweins, so wie
die stärkende und erregende Kraft desselben herbeiführt,
die sein Genuß darbietet. Mit dem höheren Alter sol-
cher Weine von 100, 150 bis 200 Jahren, nehmen die-
selben, ihrer sonstigen edlen Qualität unbeschadet, ei-
nen hervorstechenden säuerlichen Charakter an, und die
Maske ihres Alkoholgehalts wird vermindert. Es
scheint daher, daß ein Theil des Alkohols selbst in Ae-
pfelsäure umgewandelt wird, weil es diese Säure be-
sonders ist, welche in ganz alten edlen Rheinweinen
vorgefunden wird.

Unter den obengenannten nähern Bestandtheilen
des Weinmostes ist es der Zucker insbesondere, welcher
das Bedingungsmittel zur Bildung des Alkohols aus-
macht.

Der aus irgend einer Art Most gewonnene Wein
muß daher um so geistiger ausfallen, je reichhaltiger
an Zuckerstoff der dazu verwendete Most war. Die
Masse des Zuckers im Moste ist aber abhängig: von
der Reife der Trauben, und diese wieder von der Wit-
terung des Jahres, der hohen Temperatur im Herbste,
während der Ausbildung der Beeren. Daher sehen
wir, daß eine anhaltende Wärme während des Som-
mers ( wie z. E. in dem verflossenen ) und des darauf
folgenden Herbstes auch allemal vollkommen reife, d. i.
zuckerreiche Trauben liefert, und nur aus diesen ein gei-
stiger Wein gewonnen werden kann; dagegen anhal-
tend kalte und feuchte Witterung im Sommer und
dem darauf folgenden Herbste auch allemal nur einen
schlechten, herben, geistarmen Wein darbietet.

Jm Handel werden die Weine in fette und
trockne unterschieden. Zu den ersteren gehören die
schweren, süßen, zuckerreichen Weine, der mehr süd-
[Ende Spaltensatz]

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Da- durch erfolgt eine Aetherisation des Alkohols; es wird eine Art Aepfeläther erzeugt, und dieser ist es, welcher den balsamischen Geruch des alten Rheinweins, so wie die stärkende und erregende Kraft desselben herbeiführt, die sein Genuß darbietet. Mit dem höheren Alter sol- cher Weine von 100, 150 bis 200 Jahren, nehmen die- selben, ihrer sonstigen edlen Qualität unbeschadet, ei- nen hervorstechenden säuerlichen Charakter an, und die Maske ihres Alkoholgehalts wird vermindert. Es scheint daher, daß ein Theil des Alkohols selbst in Ae- pfelsäure umgewandelt wird, weil es diese Säure be- sonders ist, welche in ganz alten edlen Rheinweinen vorgefunden wird. Unter den obengenannten nähern Bestandtheilen des Weinmostes ist es der Zucker insbesondere, welcher das Bedingungsmittel zur Bildung des Alkohols aus- macht. Der aus irgend einer Art Most gewonnene Wein muß daher um so geistiger ausfallen, je reichhaltiger an Zuckerstoff der dazu verwendete Most war. Die Masse des Zuckers im Moste ist aber abhängig: von der Reife der Trauben, und diese wieder von der Wit- terung des Jahres, der hohen Temperatur im Herbste, während der Ausbildung der Beeren. Daher sehen wir, daß eine anhaltende Wärme während des Som- mers ( wie z. E. in dem verflossenen ) und des darauf folgenden Herbstes auch allemal vollkommen reife, d. i. zuckerreiche Trauben liefert, und nur aus diesen ein gei- stiger Wein gewonnen werden kann; dagegen anhal- tend kalte und feuchte Witterung im Sommer und dem darauf folgenden Herbste auch allemal nur einen schlechten, herben, geistarmen Wein darbietet. Jm Handel werden die Weine in fette und trockne unterschieden. Zu den ersteren gehören die schweren, süßen, zuckerreichen Weine, der mehr süd-

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 41. Breslau, 11. Oktober 1834, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller41_1834/2>, abgerufen am 01.06.2024.