Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Heller-Blatt. Nr. 41. Breslau, 11. Oktober 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Corvinus, König von Ungarn, die erste Person gewe-
wesen seyn soll, welche jemals darinnen gefahren sei.
Jndessen regierte Corvinus bis zu der letzten Hälfte
des funfzehnten Jahrhunderts, und haben wir ein von
Philipp dem Schönen, König von Frankreich, im Jahr
1294 erlassenes Edikt, wodurch den Bürgerfrauen der
Gebrauch der Kutschen verboten wird; es könnte des-
halb die Erfindung der Kutschen durch die Ungarn et-
was weniges mehr gewesen seyn, als die Hinzufügung
[Spaltenumbruch] eines Verdeckes ( Kutschenhimmels ) mit vielleicht irgend
einer andern Bequemlichkeit. Uebrigens ist es keinem
Zweifel unterworfen, daß in frühesten Zeiten eine Art
Fuhrwerk, sowohl absichtlich für Luxus, als auch we-
nigstens für Fortschaffung weiblicher und schwacher
Personen in Gebrauch gewesen. Unter den Nationen
des Ostens, welche es für Frauen als Schimpf betrach-
ten, von Fremden gesehen zu werden, und welche bei
Aufzügen, oder militairischen Feierlichkeiten von ihren

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Eine Mailändische Kutsche.


[Beginn Spaltensatz]

weiblichen Verwandten begleitet wurden, bediente man
sich schon nothwendigerweise bedeckter Wagen; ja, in
der Geschichte der persischen Kriege wird ihrer bereits
schon Erwähnung gemacht: Wagen waren auch schon
bei den Römern im Gebrauch, deren Benutzung aber so
hoch anwuchs, daß es 200 Jahre vor Christi Geburt
für nothwendig gehalten wurde, ein Gesetz zu machen,
Frauen den Gebrauch der Wagen innerhalb einer Meile
von Rom zu untersagen. Auf den noch erhaltenen
Gemälden von Herculaneum findet man mehrere
Darstellungen von Wagen, welche von zwei Pfer-
den gezogen werden, und auf einem derselben einen
Reiter.

[Spaltenumbruch]

Mit dem Falle des römischen Reiches erlöschten
nach und nach immer mehr die Spuren ehemaligen
Glanzes, und von den Prunkwagen blieben nur noch
die Kriegeswagen übrig, welche späterhin von andern
Nationen in ihren Schlachten angewendet wurden.

Jm 15ten Jahrhundert erschienen Kutschen nur
bei Prozessionen oder andern feierlichen Gelegenheiten,
dienten aber mehr zur Zierde als zur Bequemlichkeit,
wenn wir nach der plumpen und schwerfälligen Bauart
des Fuhrwerkes urtheilen wollen.

Der Einzug des Gesandten Trevasi in Mantua zu
Wagen ist im Jahre 1433, und der von Friedrich III. zu
Frankfurt in bedeckter Kutsche 1475 aufgeführt worden.

[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Corvinus, König von Ungarn, die erste Person gewe-
wesen seyn soll, welche jemals darinnen gefahren sei.
Jndessen regierte Corvinus bis zu der letzten Hälfte
des funfzehnten Jahrhunderts, und haben wir ein von
Philipp dem Schönen, König von Frankreich, im Jahr
1294 erlassenes Edikt, wodurch den Bürgerfrauen der
Gebrauch der Kutschen verboten wird; es könnte des-
halb die Erfindung der Kutschen durch die Ungarn et-
was weniges mehr gewesen seyn, als die Hinzufügung
[Spaltenumbruch] eines Verdeckes ( Kutschenhimmels ) mit vielleicht irgend
einer andern Bequemlichkeit. Uebrigens ist es keinem
Zweifel unterworfen, daß in frühesten Zeiten eine Art
Fuhrwerk, sowohl absichtlich für Luxus, als auch we-
nigstens für Fortschaffung weiblicher und schwacher
Personen in Gebrauch gewesen. Unter den Nationen
des Ostens, welche es für Frauen als Schimpf betrach-
ten, von Fremden gesehen zu werden, und welche bei
Aufzügen, oder militairischen Feierlichkeiten von ihren

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Eine Mailändische Kutsche.


[Beginn Spaltensatz]

weiblichen Verwandten begleitet wurden, bediente man
sich schon nothwendigerweise bedeckter Wagen; ja, in
der Geschichte der persischen Kriege wird ihrer bereits
schon Erwähnung gemacht: Wagen waren auch schon
bei den Römern im Gebrauch, deren Benutzung aber so
hoch anwuchs, daß es 200 Jahre vor Christi Geburt
für nothwendig gehalten wurde, ein Gesetz zu machen,
Frauen den Gebrauch der Wagen innerhalb einer Meile
von Rom zu untersagen. Auf den noch erhaltenen
Gemälden von Herculaneum findet man mehrere
Darstellungen von Wagen, welche von zwei Pfer-
den gezogen werden, und auf einem derselben einen
Reiter.

[Spaltenumbruch]

Mit dem Falle des römischen Reiches erlöschten
nach und nach immer mehr die Spuren ehemaligen
Glanzes, und von den Prunkwagen blieben nur noch
die Kriegeswagen übrig, welche späterhin von andern
Nationen in ihren Schlachten angewendet wurden.

Jm 15ten Jahrhundert erschienen Kutschen nur
bei Prozessionen oder andern feierlichen Gelegenheiten,
dienten aber mehr zur Zierde als zur Bequemlichkeit,
wenn wir nach der plumpen und schwerfälligen Bauart
des Fuhrwerkes urtheilen wollen.

Der Einzug des Gesandten Trevasi in Mantua zu
Wagen ist im Jahre 1433, und der von Friedrich III. zu
Frankfurt in bedeckter Kutsche 1475 aufgeführt worden.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0005" n="325"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/>
Corvinus, König von Ungarn, die erste Person gewe-<lb/>
wesen seyn soll, welche jemals darinnen gefahren sei.<lb/>
Jndessen regierte Corvinus bis zu der letzten Hälfte<lb/>
des funfzehnten Jahrhunderts, und haben wir ein von<lb/>
Philipp dem Schönen, König von Frankreich, im Jahr<lb/>
1294 erlassenes Edikt, wodurch den Bürgerfrauen der<lb/>
Gebrauch der Kutschen verboten wird; es könnte des-<lb/>
halb die Erfindung der Kutschen durch die Ungarn et-<lb/>
was weniges mehr gewesen seyn, als die Hinzufügung<lb/><cb n="2"/>
eines Verdeckes ( Kutschenhimmels ) mit vielleicht irgend<lb/>
einer andern Bequemlichkeit. Uebrigens ist es keinem<lb/>
Zweifel unterworfen, daß in frühesten Zeiten eine Art<lb/>
Fuhrwerk, sowohl absichtlich für Luxus, als auch we-<lb/>
nigstens für Fortschaffung weiblicher und schwacher<lb/>
Personen in Gebrauch gewesen. Unter den Nationen<lb/>
des Ostens, welche es für Frauen als Schimpf betrach-<lb/>
ten, von Fremden gesehen zu werden, und welche bei<lb/>
Aufzügen, oder militairischen Feierlichkeiten von ihren</p><lb/>
        <cb type="end"/>
        <figure>
          <p> <hi rendition="#c #g">Eine Mailändische Kutsche.</hi> </p>
        </figure><lb/>
        <cb type="start"/>
        <p>weiblichen Verwandten begleitet wurden, bediente man<lb/>
sich schon nothwendigerweise bedeckter Wagen; ja, in<lb/>
der Geschichte der persischen Kriege wird ihrer bereits<lb/>
schon Erwähnung gemacht: Wagen waren auch schon<lb/>
bei den Römern im Gebrauch, deren Benutzung aber so<lb/>
hoch anwuchs, daß es 200 Jahre vor Christi Geburt<lb/>
für nothwendig gehalten wurde, ein Gesetz zu machen,<lb/>
Frauen den Gebrauch der Wagen innerhalb einer Meile<lb/>
von Rom zu untersagen. Auf den noch erhaltenen<lb/>
Gemälden von Herculaneum findet man mehrere<lb/>
Darstellungen von Wagen, welche von zwei Pfer-<lb/>
den gezogen werden, und auf einem derselben einen<lb/>
Reiter.</p><lb/>
        <cb n="2"/>
        <p>Mit dem Falle des römischen Reiches erlöschten<lb/>
nach und nach immer mehr die Spuren ehemaligen<lb/>
Glanzes, und von den Prunkwagen blieben nur noch<lb/>
die Kriegeswagen übrig, welche späterhin von andern<lb/>
Nationen in ihren Schlachten angewendet wurden.</p><lb/>
        <p>Jm 15ten Jahrhundert erschienen Kutschen nur<lb/>
bei Prozessionen oder andern feierlichen Gelegenheiten,<lb/>
dienten aber mehr zur Zierde als zur Bequemlichkeit,<lb/>
wenn wir nach der plumpen und schwerfälligen Bauart<lb/>
des Fuhrwerkes urtheilen wollen.</p><lb/>
        <p>Der Einzug des Gesandten Trevasi in Mantua zu<lb/>
Wagen ist im Jahre 1433, und der von Friedrich <hi rendition="#aq">III</hi>. zu<lb/>
Frankfurt in bedeckter Kutsche 1475 aufgeführt worden.</p><lb/>
        <cb type="end"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0005] Das Heller=Blatt. Corvinus, König von Ungarn, die erste Person gewe- wesen seyn soll, welche jemals darinnen gefahren sei. Jndessen regierte Corvinus bis zu der letzten Hälfte des funfzehnten Jahrhunderts, und haben wir ein von Philipp dem Schönen, König von Frankreich, im Jahr 1294 erlassenes Edikt, wodurch den Bürgerfrauen der Gebrauch der Kutschen verboten wird; es könnte des- halb die Erfindung der Kutschen durch die Ungarn et- was weniges mehr gewesen seyn, als die Hinzufügung eines Verdeckes ( Kutschenhimmels ) mit vielleicht irgend einer andern Bequemlichkeit. Uebrigens ist es keinem Zweifel unterworfen, daß in frühesten Zeiten eine Art Fuhrwerk, sowohl absichtlich für Luxus, als auch we- nigstens für Fortschaffung weiblicher und schwacher Personen in Gebrauch gewesen. Unter den Nationen des Ostens, welche es für Frauen als Schimpf betrach- ten, von Fremden gesehen zu werden, und welche bei Aufzügen, oder militairischen Feierlichkeiten von ihren [Abbildung Eine Mailändische Kutsche. ] weiblichen Verwandten begleitet wurden, bediente man sich schon nothwendigerweise bedeckter Wagen; ja, in der Geschichte der persischen Kriege wird ihrer bereits schon Erwähnung gemacht: Wagen waren auch schon bei den Römern im Gebrauch, deren Benutzung aber so hoch anwuchs, daß es 200 Jahre vor Christi Geburt für nothwendig gehalten wurde, ein Gesetz zu machen, Frauen den Gebrauch der Wagen innerhalb einer Meile von Rom zu untersagen. Auf den noch erhaltenen Gemälden von Herculaneum findet man mehrere Darstellungen von Wagen, welche von zwei Pfer- den gezogen werden, und auf einem derselben einen Reiter. Mit dem Falle des römischen Reiches erlöschten nach und nach immer mehr die Spuren ehemaligen Glanzes, und von den Prunkwagen blieben nur noch die Kriegeswagen übrig, welche späterhin von andern Nationen in ihren Schlachten angewendet wurden. Jm 15ten Jahrhundert erschienen Kutschen nur bei Prozessionen oder andern feierlichen Gelegenheiten, dienten aber mehr zur Zierde als zur Bequemlichkeit, wenn wir nach der plumpen und schwerfälligen Bauart des Fuhrwerkes urtheilen wollen. Der Einzug des Gesandten Trevasi in Mantua zu Wagen ist im Jahre 1433, und der von Friedrich III. zu Frankfurt in bedeckter Kutsche 1475 aufgeführt worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller41_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller41_1834/5
Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 41. Breslau, 11. Oktober 1834, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller41_1834/5>, abgerufen am 01.06.2024.