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Märkische Blätter. Nr. 31. Hattingen, 17. April 1850.

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[Beginn Spaltensatz]
Stolz und Armuth.
( Fortsetzung. )

"Nun Freeman," fragte Dalton, "hast Du Dich wirk-
lich amüsirt.

"Mehr als je," erwiederte der Freund lächelnd.

"Sag' das nicht. Du siehst indessen wohler aus.
Die Luft ist herrlich hier und der Vergnügungen gibt es
auch viele."

"Freilich," erwiederte Freeman, "ich erfreute mich vor-
züglich an der Gesellschaft. Nie noch gefiel mir Jemand
so wie Dein Vater."

"Ein lieber, alter Mann, nicht wahr?"

"So ganz ohne Stolz," fuhr Freeman unschuldig
fort.

"O ja," erwiederte Dalton, etwas über die Einfalt
seines Freundes lächelnd, "Du mußst zur Wehnachtszeit
wiederkommen, dann werden wir noch munterer sein."

"Dank Dir," sagte Freeman, seines Freundes Hand
drückend, denn sein Herz war gehoben durch Hoffnung
und Freude. Und es lag keine Anmaßung darin, wie
die Welt es vielleicht genannt haben würde. Warum
sollte der Mann, den seine eignen Anstrengungen hinauf-
getrieben und nur der Druck des socialen Lebens nieder-
gehalten hatte, und warum sollte er nicht auf gleichem
Fuße stehen mit Wesen, welche nur zufälligen Verhältnisse
ihre hohe Stellung verdankten? Der Geist, welcher Free-
man lehrte, hinaufzuschauen, war eben so edel als der
welcher Lord Dalton lehrte, auf seine Nebenmenschen
herabzublicken. Es lebte jetzt etwas in dem Herzen des
jungen Studenten, was allen seinen Handlungen Kraft
verlieh und auch das Unbedeutendste ihm interessant machte.
Jeder wunderte sich über die Heiterkeit seines Wesens,
über seine Rührigkeit. Die Triebfedern seines Lebens be-
gannen sich zu entwickeln. Unglücklicher Jrrthum! er be-
fand sich im Zenith seines innern Lebens, als seine Ge-
fährten seine jetzt angenehme Gesellschaft aufsuchten; er
fühlte sich dadurch geschmeichelt. Die Literatur fesselte
jetzt seine ganze Aufmerksamkeit, sie erschien ihm wie ein
neues, reizendes Gefilde; so bildete er sich ein, den Schlüs-
sel gefunden zu haben, welcher ihm den geheheimnißvol-
len Weg zur Macht öffnen werde, und mit dieser Jdee
verfolgte er einen vergeblichen Zweck, vergeblich, weil das
Schaffen in der Literatur nur ein verlockendes Spiel ist,
welches auf ermüdeten Wegen zu einem Kerker führt,
wo Enttäuschung in kurzer Zeit eintreten wird.

Die Weihnacht kam und mit ihr die Festlichkeiten in
Woodland, welche Dalton in seine Heimath lockten, be-
gleitet von seinem Freunde Freeman. Er wurde freund-
lich empfangen, doch vergeblich sah er aus nach einem Lächeln
der Wiedererkennung von Lady Grace. Dießmal genoß
er viel mehr ihre Gesellschaft und begleitete sie häufig auf
Spazierritten. Freeman war ein sehr guter Reiter und
pflegte sie unermüdlich stundenlang durch das Gehölz zu
begleiten, indem Dalton mit anderen Freunden folgte.

Eines Tages machten sie einen Ausflug nach einer
alten mehrere Meilen entfernten Ruine. Der Morgen
war klar und hell, Frost machte die Luft scharf, aber die
Wege waren desto besser zum Reiten. Wie gewöhnlich waren
Freeman und Lady Grace voran und sprachen sich über
manche Gegenstände aus. Der junge Mann hatte sich
kühnlich entschlossen seiner Begleiterin sein Herz zu eröff-
nen und das Resultat ruhig zu erwarten. Er erwartete
gar nicht, sogleich angenommen zu werden; er wünschte
nur zu wissen, in welchem Lichte er von ihr betrachtet
werde, und zu erfahren, ob sie darauf eingehen werde, in
künftigen Jahren seine Lebensgefährthin, sein anderes Jch
zu sein.

Lady Grace gehörte zu jenen Frauen, welche es für
[Spaltenumbruch] ein Vorrecht ihres Geschlechtes halten, mit den Männern
nach Willkür zu verfahren. Hätte ihr Bruder das ge-
wußt, er würde nicht zugegeben haben, daß Freeman sich
so ausschließlich ihrem Umgange hingebe, da er aber sich
einbildete, daß ihr stolzer Charakter und ihre im Allge-
meinen ehrenwerthen Grundsätze sie von der Schlechtig-
keit, mit den Gefühlen seines Freundes ein Spiel zu
treiben, zurückhalten würden, so beachtete er den Umstand
nicht weiter. Sie selbst fühlte sich geschmeichelt durch die
Bewunderung des jungen Mannes, und gebrauchte ihn
außerdem als ein Werkzeug, um den jungen Herzog, der
ihr seine Aufmerksamkeiten erwies, eifersüchtig zu machen.
Alles dieses wußte Freeman nicht, er bemerkte nur ihre
Liebenswürdigkeit und die augenscheinliche Sanftmuth
ihres Charakters.

Die Ruinen wurden untersucht, die ganze Gesellschaft
drückte die lebhafteste Zufriedenheit mit der Morgentour
aus. Dennoch beschloß man, sogleich zurückzukehren. Ein
heftiger Schneefall stand bevor, denn dunkle Wolken zeigten
sich an manchen Stellen am Himmel und bald begann
er herab zu fallen. Man suchte Schutz in den Ruinen
und die Damen geriethen in Schrecken, als nach beträcht-
licher Zeit des Wartens kein Nachlassen bemerkt wurde.
Man beschloß nun um jeden Preis zurückzukehren, als
endlich zwei der Herren, ihre Pferde besteigend, es un-
ternahmen, sich nach einem Wagen umzusehen; die vier
welche zurückgeblieben, suchten weiter in die Ruinen ein-
zudringen, und Freeman blieb auf diese Weise ganz allein
in der Gesellschaft der Lady Grace; was aber während
dieses kurzen Zusammenseins vorging, darüber hat er sich
niemals geäußert. Jedenfalls hatte er eine bestimmte
Frage gestellt eine entscheidende Antwort erhalten, denn
als Dalton mit dem Wagen zurückkam, empfing er seine
Schwester von Freeman, welcher mit einer kalten Ver-
beugung sie sogleich verließ und während der Fahrt nach
Hause sich nicht blicken ließ. Lady Grace war schweig-
sam, und in der dürftigen Belenchtung des dämmernden
Abends bemerkte ihr Bruder, indem er ihr Antlitz erblickte
den Ausdruck einer stolzen Entrüstung.

"Was ist Dir begegnet, theure Grace?" fragte der
Bruder flüsternd,

"Ein ander Mal will ich es Dir erklären, nicht jetzt!"
-- erwiederte sie mit einer abwehrenden Handbewegung.

Schweigend bewegte sich die Gesellschaft weiter, der
Schnee fiel noch ziemlich stark und die ganze Gegend war
wie in ein weißes Tuch verhüllt. Als man nach Hause
kam, begab sich jeder in sein Gemach, so daß Freeman's
Abwesenheit von Niemand bemerkt wurde; als jedoch der
Diener Dalton's in dessen Zimmer trat, so ließ er gele-
gentlich fallen, daß Herr Freeman sich schnell zur Abreise
rüstete. Der Mann ahnte, daß nicht Alles in Ordnung
sei, und da er die Freundschaft der beiden jungen Män-
ner kannte, so glaubte er, daß es seine Pflicht sei, seinem
jungen Gebieter die schnelle Abreise des Gastes bekannt
zu machen.

"Zur Abreise?" fragte der junge Dalton -- "ist das
nicht ein Jrrthum?

"Nein ich habe mich davon überzeugt."

"Dann muß ich sogleich sehen, was ihn dazu veran-
laßt hat!" sagte Dalton, eilte aus dem Zimmer und
suchte seinen Freund auf, welchen er eben im Begriffe
fand, sein Pferd zu besteigen.

"Freeman, was hat das zu bedeuten?" fragte er, die
Zügel des Rosses fassend.

"Jch bitte Dich, Dalton, halte mich nicht zurück,
ich will Dir morgen schreiben!" versetzte dieser weh-
müthig.

"Nicht doch, erzähle es mir jetzt!"

"Hat nicht Lady Grace Dalton Dir von meiner
"Anmaßung" erzählt, hat sie nicht gesagt, daß ich wagte
um ihre Hand anzuhalten?"

[Ende Spaltensatz]
[Beginn Spaltensatz]
Stolz und Armuth.
( Fortsetzung. )

„Nun Freeman,“ fragte Dalton, „hast Du Dich wirk-
lich amüsirt.

„Mehr als je,“ erwiederte der Freund lächelnd.

„Sag' das nicht. Du siehst indessen wohler aus.
Die Luft ist herrlich hier und der Vergnügungen gibt es
auch viele.“

„Freilich,“ erwiederte Freeman, „ich erfreute mich vor-
züglich an der Gesellschaft. Nie noch gefiel mir Jemand
so wie Dein Vater.“

„Ein lieber, alter Mann, nicht wahr?“

„So ganz ohne Stolz,“ fuhr Freeman unschuldig
fort.

„O ja,“ erwiederte Dalton, etwas über die Einfalt
seines Freundes lächelnd, „Du mußst zur Wehnachtszeit
wiederkommen, dann werden wir noch munterer sein.“

„Dank Dir,“ sagte Freeman, seines Freundes Hand
drückend, denn sein Herz war gehoben durch Hoffnung
und Freude. Und es lag keine Anmaßung darin, wie
die Welt es vielleicht genannt haben würde. Warum
sollte der Mann, den seine eignen Anstrengungen hinauf-
getrieben und nur der Druck des socialen Lebens nieder-
gehalten hatte, und warum sollte er nicht auf gleichem
Fuße stehen mit Wesen, welche nur zufälligen Verhältnisse
ihre hohe Stellung verdankten? Der Geist, welcher Free-
man lehrte, hinaufzuschauen, war eben so edel als der
welcher Lord Dalton lehrte, auf seine Nebenmenschen
herabzublicken. Es lebte jetzt etwas in dem Herzen des
jungen Studenten, was allen seinen Handlungen Kraft
verlieh und auch das Unbedeutendste ihm interessant machte.
Jeder wunderte sich über die Heiterkeit seines Wesens,
über seine Rührigkeit. Die Triebfedern seines Lebens be-
gannen sich zu entwickeln. Unglücklicher Jrrthum! er be-
fand sich im Zenith seines innern Lebens, als seine Ge-
fährten seine jetzt angenehme Gesellschaft aufsuchten; er
fühlte sich dadurch geschmeichelt. Die Literatur fesselte
jetzt seine ganze Aufmerksamkeit, sie erschien ihm wie ein
neues, reizendes Gefilde; so bildete er sich ein, den Schlüs-
sel gefunden zu haben, welcher ihm den geheheimnißvol-
len Weg zur Macht öffnen werde, und mit dieser Jdee
verfolgte er einen vergeblichen Zweck, vergeblich, weil das
Schaffen in der Literatur nur ein verlockendes Spiel ist,
welches auf ermüdeten Wegen zu einem Kerker führt,
wo Enttäuschung in kurzer Zeit eintreten wird.

Die Weihnacht kam und mit ihr die Festlichkeiten in
Woodland, welche Dalton in seine Heimath lockten, be-
gleitet von seinem Freunde Freeman. Er wurde freund-
lich empfangen, doch vergeblich sah er aus nach einem Lächeln
der Wiedererkennung von Lady Grace. Dießmal genoß
er viel mehr ihre Gesellschaft und begleitete sie häufig auf
Spazierritten. Freeman war ein sehr guter Reiter und
pflegte sie unermüdlich stundenlang durch das Gehölz zu
begleiten, indem Dalton mit anderen Freunden folgte.

Eines Tages machten sie einen Ausflug nach einer
alten mehrere Meilen entfernten Ruine. Der Morgen
war klar und hell, Frost machte die Luft scharf, aber die
Wege waren desto besser zum Reiten. Wie gewöhnlich waren
Freeman und Lady Grace voran und sprachen sich über
manche Gegenstände aus. Der junge Mann hatte sich
kühnlich entschlossen seiner Begleiterin sein Herz zu eröff-
nen und das Resultat ruhig zu erwarten. Er erwartete
gar nicht, sogleich angenommen zu werden; er wünschte
nur zu wissen, in welchem Lichte er von ihr betrachtet
werde, und zu erfahren, ob sie darauf eingehen werde, in
künftigen Jahren seine Lebensgefährthin, sein anderes Jch
zu sein.

Lady Grace gehörte zu jenen Frauen, welche es für
[Spaltenumbruch] ein Vorrecht ihres Geschlechtes halten, mit den Männern
nach Willkür zu verfahren. Hätte ihr Bruder das ge-
wußt, er würde nicht zugegeben haben, daß Freeman sich
so ausschließlich ihrem Umgange hingebe, da er aber sich
einbildete, daß ihr stolzer Charakter und ihre im Allge-
meinen ehrenwerthen Grundsätze sie von der Schlechtig-
keit, mit den Gefühlen seines Freundes ein Spiel zu
treiben, zurückhalten würden, so beachtete er den Umstand
nicht weiter. Sie selbst fühlte sich geschmeichelt durch die
Bewunderung des jungen Mannes, und gebrauchte ihn
außerdem als ein Werkzeug, um den jungen Herzog, der
ihr seine Aufmerksamkeiten erwies, eifersüchtig zu machen.
Alles dieses wußte Freeman nicht, er bemerkte nur ihre
Liebenswürdigkeit und die augenscheinliche Sanftmuth
ihres Charakters.

Die Ruinen wurden untersucht, die ganze Gesellschaft
drückte die lebhafteste Zufriedenheit mit der Morgentour
aus. Dennoch beschloß man, sogleich zurückzukehren. Ein
heftiger Schneefall stand bevor, denn dunkle Wolken zeigten
sich an manchen Stellen am Himmel und bald begann
er herab zu fallen. Man suchte Schutz in den Ruinen
und die Damen geriethen in Schrecken, als nach beträcht-
licher Zeit des Wartens kein Nachlassen bemerkt wurde.
Man beschloß nun um jeden Preis zurückzukehren, als
endlich zwei der Herren, ihre Pferde besteigend, es un-
ternahmen, sich nach einem Wagen umzusehen; die vier
welche zurückgeblieben, suchten weiter in die Ruinen ein-
zudringen, und Freeman blieb auf diese Weise ganz allein
in der Gesellschaft der Lady Grace; was aber während
dieses kurzen Zusammenseins vorging, darüber hat er sich
niemals geäußert. Jedenfalls hatte er eine bestimmte
Frage gestellt eine entscheidende Antwort erhalten, denn
als Dalton mit dem Wagen zurückkam, empfing er seine
Schwester von Freeman, welcher mit einer kalten Ver-
beugung sie sogleich verließ und während der Fahrt nach
Hause sich nicht blicken ließ. Lady Grace war schweig-
sam, und in der dürftigen Belenchtung des dämmernden
Abends bemerkte ihr Bruder, indem er ihr Antlitz erblickte
den Ausdruck einer stolzen Entrüstung.

„Was ist Dir begegnet, theure Grace?“ fragte der
Bruder flüsternd,

„Ein ander Mal will ich es Dir erklären, nicht jetzt!“
— erwiederte sie mit einer abwehrenden Handbewegung.

Schweigend bewegte sich die Gesellschaft weiter, der
Schnee fiel noch ziemlich stark und die ganze Gegend war
wie in ein weißes Tuch verhüllt. Als man nach Hause
kam, begab sich jeder in sein Gemach, so daß Freeman's
Abwesenheit von Niemand bemerkt wurde; als jedoch der
Diener Dalton's in dessen Zimmer trat, so ließ er gele-
gentlich fallen, daß Herr Freeman sich schnell zur Abreise
rüstete. Der Mann ahnte, daß nicht Alles in Ordnung
sei, und da er die Freundschaft der beiden jungen Män-
ner kannte, so glaubte er, daß es seine Pflicht sei, seinem
jungen Gebieter die schnelle Abreise des Gastes bekannt
zu machen.

„Zur Abreise?“ fragte der junge Dalton — „ist das
nicht ein Jrrthum?

„Nein ich habe mich davon überzeugt.“

„Dann muß ich sogleich sehen, was ihn dazu veran-
laßt hat!“ sagte Dalton, eilte aus dem Zimmer und
suchte seinen Freund auf, welchen er eben im Begriffe
fand, sein Pferd zu besteigen.

„Freeman, was hat das zu bedeuten?“ fragte er, die
Zügel des Rosses fassend.

„Jch bitte Dich, Dalton, halte mich nicht zurück,
ich will Dir morgen schreiben!“ versetzte dieser weh-
müthig.

„Nicht doch, erzähle es mir jetzt!“

„Hat nicht Lady Grace Dalton Dir von meiner
„Anmaßung“ erzählt, hat sie nicht gesagt, daß ich wagte
um ihre Hand anzuhalten?“

[Ende Spaltensatz]
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Hätte ihr Bruder das ge- wußt, er würde nicht zugegeben haben, daß Freeman sich so ausschließlich ihrem Umgange hingebe, da er aber sich einbildete, daß ihr stolzer Charakter und ihre im Allge- meinen ehrenwerthen Grundsätze sie von der Schlechtig- keit, mit den Gefühlen seines Freundes ein Spiel zu treiben, zurückhalten würden, so beachtete er den Umstand nicht weiter. Sie selbst fühlte sich geschmeichelt durch die Bewunderung des jungen Mannes, und gebrauchte ihn außerdem als ein Werkzeug, um den jungen Herzog, der ihr seine Aufmerksamkeiten erwies, eifersüchtig zu machen. Alles dieses wußte Freeman nicht, er bemerkte nur ihre Liebenswürdigkeit und die augenscheinliche Sanftmuth ihres Charakters. Die Ruinen wurden untersucht, die ganze Gesellschaft drückte die lebhafteste Zufriedenheit mit der Morgentour aus. Dennoch beschloß man, sogleich zurückzukehren. Ein heftiger Schneefall stand bevor, denn dunkle Wolken zeigten sich an manchen Stellen am Himmel und bald begann er herab zu fallen. Man suchte Schutz in den Ruinen und die Damen geriethen in Schrecken, als nach beträcht- licher Zeit des Wartens kein Nachlassen bemerkt wurde. Man beschloß nun um jeden Preis zurückzukehren, als endlich zwei der Herren, ihre Pferde besteigend, es un- ternahmen, sich nach einem Wagen umzusehen; die vier welche zurückgeblieben, suchten weiter in die Ruinen ein- zudringen, und Freeman blieb auf diese Weise ganz allein in der Gesellschaft der Lady Grace; was aber während dieses kurzen Zusammenseins vorging, darüber hat er sich niemals geäußert. Jedenfalls hatte er eine bestimmte Frage gestellt eine entscheidende Antwort erhalten, denn als Dalton mit dem Wagen zurückkam, empfing er seine Schwester von Freeman, welcher mit einer kalten Ver- beugung sie sogleich verließ und während der Fahrt nach Hause sich nicht blicken ließ. Lady Grace war schweig- sam, und in der dürftigen Belenchtung des dämmernden Abends bemerkte ihr Bruder, indem er ihr Antlitz erblickte den Ausdruck einer stolzen Entrüstung. „Was ist Dir begegnet, theure Grace?“ fragte der Bruder flüsternd, „Ein ander Mal will ich es Dir erklären, nicht jetzt!“ — erwiederte sie mit einer abwehrenden Handbewegung. Schweigend bewegte sich die Gesellschaft weiter, der Schnee fiel noch ziemlich stark und die ganze Gegend war wie in ein weißes Tuch verhüllt. Als man nach Hause kam, begab sich jeder in sein Gemach, so daß Freeman's Abwesenheit von Niemand bemerkt wurde; als jedoch der Diener Dalton's in dessen Zimmer trat, so ließ er gele- gentlich fallen, daß Herr Freeman sich schnell zur Abreise rüstete. Der Mann ahnte, daß nicht Alles in Ordnung sei, und da er die Freundschaft der beiden jungen Män- ner kannte, so glaubte er, daß es seine Pflicht sei, seinem jungen Gebieter die schnelle Abreise des Gastes bekannt zu machen. „Zur Abreise?“ fragte der junge Dalton — „ist das nicht ein Jrrthum? „Nein ich habe mich davon überzeugt.“ „Dann muß ich sogleich sehen, was ihn dazu veran- laßt hat!“ sagte Dalton, eilte aus dem Zimmer und suchte seinen Freund auf, welchen er eben im Begriffe fand, sein Pferd zu besteigen. „Freeman, was hat das zu bedeuten?“ fragte er, die Zügel des Rosses fassend. „Jch bitte Dich, Dalton, halte mich nicht zurück, ich will Dir morgen schreiben!“ versetzte dieser weh- müthig. „Nicht doch, erzähle es mir jetzt!“ „Hat nicht Lady Grace Dalton Dir von meiner „Anmaßung“ erzählt, hat sie nicht gesagt, daß ich wagte um ihre Hand anzuhalten?“

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 31. Hattingen, 17. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische031_1850/2>, abgerufen am 31.10.2024.