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Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] ungsreferent in Schulsachen selber sagte, ein der ganzen Pfalz
bekannter Schandartikel im Edenkobener Anzeiger wäre allein
schon
genügend, seine Absetzung zu verfügen. Wir haben hier
einen Fall, wo es sich nicht sowohl um die einzelne Person, als
vielmehr um das Prinzip der religiösen und Gemeinde=Freiheit
handelt. Bis jetzt hat in M. die Freiheit das Feld behauptet, trotz
aller bureaukratischen Dekrete. Wir hoffen, daß dieselbe auch bis
zum Ausgang siegen, und die Gemeinde unerschütterlich ihr
Recht
behaupten wird.

Jtalien.

Aus Brescia wird unterm 25. dieses geschrieben: "Seit
letzten Samstag schlägt man sich fortwährend mit den Oesterrei-
chern und erst seit gestern Mittags sind wir im Vortheil und ist
uns das Schicksal günstig." Zwei Depeschen aus Villafranca
vom 24. d. 7 Uhr Nachmittags und vom 24. d. Mitternachts be-
richten von hartnäckigen Kämpfen, die erst später zu Gunsten der
Jtaliener sich entschieden, jedoch noch keineswegs so, daß sie als
ganz beendigt anzusehen wären. Die Oesterreicher zogen, wäh-
rend die Hauptmacht Karl Alberts bei Mantua sich concentrirte,
aus Verona und griffen mit Uebermacht die schwachen bei Rivoli
und in der Ebene von Villafranca aufgestellten piemontesischen
Korps an. Diese wichen nach hartnäckigem Widerstande. Jn-
dessen eilte der König mit Verstärkung herbei und die Oesterreicher
wurden wieder zurückgedrängt.

Die zweite Depesche aus Villafranca vom 24. d. Mitternachts
lautet: "Der Sieg ist heute unser, und morgen frühe um drei
Uhr eilen wir die Früchte desselben zu pflücken. Der Feind wurde
aus allen seinen Stellungen verdrängt und gegenwärtig ist der
Herzog von Genua bei Sommacompagna aufgestellt, wo er dem
Feind den Weg nach Verona abschneidet. Das Hauptergebniß
des Tages ist, das feindliche Korps, das laut der Aussage eini-
ger Gefangenen von Radetzky angeführt ist, von Verona getrennt
zu haben. Morgen wird er eine zweite Schlacht zu bestehen ha-
ben, und geschlagen und gefangen werden. Die Verluste kennt
man nicht genau; wenn sie beträchtlich für die Oesterreicher sind,
so sind sie auch nicht gering für uns."

Ein Privatschreiben aus Mailand vom 26. d. sagt: "Nach
so eben angelangter und promulgirter offizieller Nachricht
blieben die Jtaliener in einer gestern gelieferten Hauptschlacht
Sieger, nahmen 12000 Oesterreicher gefangen und erbeuteten
50 Kanonen und 17 Fahnen. Auf beiden Seiten viele Todte."

Jn gänzlichem Widerspruche mit all' diesen Privat-
nachrichten 1) meldet ein Brief aus Mailand vom 27., daß die
gestern daselbst verbreiteten Siegesnachrichten nicht nur sich nicht
bestätigen,
gar nichts Offizielles darüber bekannt gemacht
wurde, sondern daß Karl Albert von einem bedeutenden österreichi-
schen Corps überfallen, geschlagen und gezwungen worden sey,
sich hinter die Linien von Goito zurückzuziehen. Jn Mailand
herrsche die größte Confusion; alle verfügbaren Truppen, sogar
der jüngere Theil der Nationalgarde mußte sogleich zur Armee
aufbrechen.

Frankreich.

Paris 26. Juli. ( Karlsr. Z. ) Lassen sie durch die vielen
Kriegsgerüchte, wozu die plötzliche Abreise des General Oudinot
( er ist Oberbefehlshaber der Alpenarmee ) von hier nach Grenoble
Anlaß gibt, nicht irre führen. Eine einfache aber schlagende
Thatsache mag Jhnen die Grundlosigkeit der umlaufenden Ge-
rüchte darthun. Vor wenigen Tagen hat der Finanzminister be-
kanntlich der Nationalversammlung das Projekt einer Staats-
anleihe vorgelegt. Baron James Rothschild, welcher sich bei
dem Finanzminister im voraus zur Uebernahme dieses Anlehens
verpflichtete, lud die Bank ein, sich mit dem Betrage von 25
Millionen Franken dabei zu betheiligen. Der Bankausschuß be-
auftragte hierauf den Bankgouverneur d'Argout, sich vorläufig
auf vertraulichem Wege bei dem General Cavaignac zu erkundi-
gen, wie es mit dem vielbesprochenen Plan einer Jntervention
in Jtalien stehe. Mit der ihm eigenen Offenheit und Geradheit
erklärte General Cavaignac, das System der Nichtintervention
gewissenhaft befolgen und zu keinem Kriege, wobei die Ehre und
die Jnteressen Frankreichs nicht direkt im Spiele seyen, die
Hand bieten zu wollen. Jn Folge einer so bestimmten friedfer-
tigen Antwort verwilligte nun gestern der Bankausschuß die von
Hrn. v. Rothschild gewünschten fünfundzwanzig Millionen, die
zur Theilnahme an der fraglichen Staatsanleihe verwendet wer-
den sollen. Das Beispiel der Bank wird bei den Kapitalisten
als ein wirksames Vorbild dienen und dadurch wesentlich zur
Förderung der Sache beitragen, während im andern Falle, näm-
[Spaltenumbruch] lich bei der geringsten Gefahr eines Krieges mit dem Auslande,
das Anleiheprojekt als gescheitert zu betrachten wäre. Was die
Abreise des Generals Oudinot nach Grenoble betrifft, so ist zu
bemerken, daß in Folge der zahlreichen Truppensendungen nach
Paris die Alpenarmee gleichsam auseinander gerissen wurde,
weßhalb General Oudinot mit der Neugestaltung derselben be-
auftragt ist. Denn obgleich Frankreich nicht in Jtalien zu inter-
veniren gedenkt, so macht doch der Krieg zwischen Sardinien und
Oesterreich die Gegenwart eines Beobachtungsheeres an der ita-
lienischen Gränze für unvorhergesehene Fälle nöthig.

Die Gerüchte über einen bevorstehenden neuen Aufstand haben
aufgehört; aber es ist doch noch kein rechtes Vertrauen, man
fürchtet die Aufhebung des Belagerungszustandes und das Wie-
deraufleben der Presse der rothen Republik, nicht als ob man sich
des Sieges über sie nicht für sicher hielte, sondern weil jede öffent-
liche Besorgniß die noch sehr schwachen Anfänge von Wiederauf-
nahme der Arbeit sogleich unterbricht. Darin liegt auch das ganze
Geheimniß der Barbaren, sie wollen die Arbeit hindern, um
durch das zunehmende Elend eine Armee immer bereit zu halten.
Diese höllische Berechnung zu vereiteln ist die erste Aufgabe der
Regierung, wogegen jede andere politische Frage in den Hinter-
grund tritt. Die Regierung gibt sich auch alle Mühe das Ver-
trauen wieder herzustellen und erst am 26. hat der neue Polizei-
präfect wieder eine sehr schöne Verordnung erlassen, in welcher
er die in allen Verhältnissen eingetretene Besserung nachweist und
alle Besorgnisse der Bevölkerung zu zerstreuen sucht.

Binnen kurzem wird die Abführung der Juni=Jnsurgenten
nach den Marquesas=Jnseln beginnen. Die Dampffregatte S.
Juan de Ulloa ist bereits in Havre angekommen, um eine erste
Abtheilung von vierhundert an Bord zu nehmen. Dieselben wer-
den des Nachts mittelst eines besondern Eisenbahnzuges nach
Havre gebracht, um dort an Bord der Fregatte zur Weiterbe-
förderung nach Brest eingeschifft zu werden, von wo es dann un-
mittelbar nach den transatlantischen Colonien geht. Alle fünfzehn
Tage werden ähnliche Transporte stattfinden, bis die Zahl der
in diese Kategorie gehörenden Jnsurgenten erschöpft wird.

Vor einigen Tagen, sagt die "Union," drückte der Bürger
Proudhon in dem Conferenzsaal seinen Unwillen über die
Unterdrückung seines Blattes der Volksrepräsentant aus. " Wa-
ren Sie der Eigenthümer davon?" fragte ihn der Angeredete.
"Ganz gewiß." "Ueber was beschweren Sie sich denn? Haben
Sie nicht den Grundsatz aufgestellt, Eigenthum sey Dieb-
stahl?" Man weiß nicht, was Bürger Proudhon darauf geant-
wortet hat.

Eine in Straßburg angelangte telegraphische Depesche aus
Paris verordnet, daß den deutschen Flüchtlingen keine
Pässe mehr nach der Schweiz gegeben werden dürfen. Jn Folge
Dessen erhielten am 20. Juli drei Freischärler, die bei Dossen-
bach und Kandern gewesen, Pässe nach Bayern. All' ihre Vor-
stellungen halfen nichts; der Beamte welcher die Pässe aus-
fertigte, erklärte ruhig: "als Flüchtlinge seyen sie herübergekom-
men, und als Flüchtlinge könnten sie jetzt hinübergehen." --
Die Mannheimer Abendzeitung ist über ein solches Verfahren
höchlich entrüstet: "deutsche Flüchtlinge, ruft sie aus, erhalten
von der französischen Republick Pässe nach Bayern -- es lebe
die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit!" Für Jeden, welchen
die Ereignisse der letzten fünf Monate nicht aller Besinnung be-
raubt haben, wird aber aus diesem allerdings bezeichnenden
Vorgange die Lehre hervorgehen, daß es eben gewisse Elemente
gibt, welche jede Gesellschaft, sey sie nun in der Form der Re-
publik oder der Monarchie constituirt, von sich ausstoßen muß,
wenn sie sich nicht ewigen fruchtlosen Convulsionen preisgegeben
sehen will. Eine zweite Lehre, welche uns das Verfahren der
französischen Regierung gegen die Hecker'schen Freischärler gibt,
ist aber die: die Republik im Vergleich mit der constitutionellen
Monarchie ist nur so lange die liberalere, als sie die Monarchie
bekämpft; sobald sie dieser Herr geworden, greift sie zu den
nämlichen Mittel der Selbsterhaltung, welche auch die Mo-
narchie anwendet. Und sie muß es thun, so lange auch sie ein
geordnetes Staatswesen, und nicht ein nie verlöschender Heerd
der Anarchie seyn will.

Großbritannien.

Liverpool 27. Juli 10 Uhr Morgens. Berichte aus Dublin
melden, daß ganz Südirland in offenem Aufruhr ist. Jn Clon-
mel war der Kampf furchtbar. Die Truppen sind geschlagen wor-
den. Man sagt, Cork und Waterford befänden sich an der
Spitze der großen Jnsurrection. Jn Liverpool selbst war die
Erbitterung auf's Höchste gestiegen. Man sieht dem Ausbruch
eines allgemeinen Brandes durch's ganze Land mit jedem Augen-
blicke entgegen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Die aller Wahrscheinlichkeit nach in der Schweiz fabricirten
Mailänder Berichte des Frankfurter Journals reichen nur bis zum 26.

[Beginn Spaltensatz] ungsreferent in Schulsachen selber sagte, ein der ganzen Pfalz
bekannter Schandartikel im Edenkobener Anzeiger wäre allein
schon
genügend, seine Absetzung zu verfügen. Wir haben hier
einen Fall, wo es sich nicht sowohl um die einzelne Person, als
vielmehr um das Prinzip der religiösen und Gemeinde=Freiheit
handelt. Bis jetzt hat in M. die Freiheit das Feld behauptet, trotz
aller bureaukratischen Dekrete. Wir hoffen, daß dieselbe auch bis
zum Ausgang siegen, und die Gemeinde unerschütterlich ihr
Recht
behaupten wird.

Jtalien.

Aus Brescia wird unterm 25. dieses geschrieben: „Seit
letzten Samstag schlägt man sich fortwährend mit den Oesterrei-
chern und erst seit gestern Mittags sind wir im Vortheil und ist
uns das Schicksal günstig.“ Zwei Depeschen aus Villafranca
vom 24. d. 7 Uhr Nachmittags und vom 24. d. Mitternachts be-
richten von hartnäckigen Kämpfen, die erst später zu Gunsten der
Jtaliener sich entschieden, jedoch noch keineswegs so, daß sie als
ganz beendigt anzusehen wären. Die Oesterreicher zogen, wäh-
rend die Hauptmacht Karl Alberts bei Mantua sich concentrirte,
aus Verona und griffen mit Uebermacht die schwachen bei Rivoli
und in der Ebene von Villafranca aufgestellten piemontesischen
Korps an. Diese wichen nach hartnäckigem Widerstande. Jn-
dessen eilte der König mit Verstärkung herbei und die Oesterreicher
wurden wieder zurückgedrängt.

Die zweite Depesche aus Villafranca vom 24. d. Mitternachts
lautet: „Der Sieg ist heute unser, und morgen frühe um drei
Uhr eilen wir die Früchte desselben zu pflücken. Der Feind wurde
aus allen seinen Stellungen verdrängt und gegenwärtig ist der
Herzog von Genua bei Sommacompagna aufgestellt, wo er dem
Feind den Weg nach Verona abschneidet. Das Hauptergebniß
des Tages ist, das feindliche Korps, das laut der Aussage eini-
ger Gefangenen von Radetzky angeführt ist, von Verona getrennt
zu haben. Morgen wird er eine zweite Schlacht zu bestehen ha-
ben, und geschlagen und gefangen werden. Die Verluste kennt
man nicht genau; wenn sie beträchtlich für die Oesterreicher sind,
so sind sie auch nicht gering für uns.“

Ein Privatschreiben aus Mailand vom 26. d. sagt: „Nach
so eben angelangter und promulgirter offizieller Nachricht
blieben die Jtaliener in einer gestern gelieferten Hauptschlacht
Sieger, nahmen 12000 Oesterreicher gefangen und erbeuteten
50 Kanonen und 17 Fahnen. Auf beiden Seiten viele Todte.“

☞ Jn gänzlichem Widerspruche mit all' diesen Privat-
nachrichten 1) meldet ein Brief aus Mailand vom 27., daß die
gestern daselbst verbreiteten Siegesnachrichten nicht nur sich nicht
bestätigen,
gar nichts Offizielles darüber bekannt gemacht
wurde, sondern daß Karl Albert von einem bedeutenden österreichi-
schen Corps überfallen, geschlagen und gezwungen worden sey,
sich hinter die Linien von Goito zurückzuziehen. Jn Mailand
herrsche die größte Confusion; alle verfügbaren Truppen, sogar
der jüngere Theil der Nationalgarde mußte sogleich zur Armee
aufbrechen.

Frankreich.

Paris 26. Juli. ( Karlsr. Z. ) Lassen sie durch die vielen
Kriegsgerüchte, wozu die plötzliche Abreise des General Oudinot
( er ist Oberbefehlshaber der Alpenarmee ) von hier nach Grenoble
Anlaß gibt, nicht irre führen. Eine einfache aber schlagende
Thatsache mag Jhnen die Grundlosigkeit der umlaufenden Ge-
rüchte darthun. Vor wenigen Tagen hat der Finanzminister be-
kanntlich der Nationalversammlung das Projekt einer Staats-
anleihe vorgelegt. Baron James Rothschild, welcher sich bei
dem Finanzminister im voraus zur Uebernahme dieses Anlehens
verpflichtete, lud die Bank ein, sich mit dem Betrage von 25
Millionen Franken dabei zu betheiligen. Der Bankausschuß be-
auftragte hierauf den Bankgouverneur d'Argout, sich vorläufig
auf vertraulichem Wege bei dem General Cavaignac zu erkundi-
gen, wie es mit dem vielbesprochenen Plan einer Jntervention
in Jtalien stehe. Mit der ihm eigenen Offenheit und Geradheit
erklärte General Cavaignac, das System der Nichtintervention
gewissenhaft befolgen und zu keinem Kriege, wobei die Ehre und
die Jnteressen Frankreichs nicht direkt im Spiele seyen, die
Hand bieten zu wollen. Jn Folge einer so bestimmten friedfer-
tigen Antwort verwilligte nun gestern der Bankausschuß die von
Hrn. v. Rothschild gewünschten fünfundzwanzig Millionen, die
zur Theilnahme an der fraglichen Staatsanleihe verwendet wer-
den sollen. Das Beispiel der Bank wird bei den Kapitalisten
als ein wirksames Vorbild dienen und dadurch wesentlich zur
Förderung der Sache beitragen, während im andern Falle, näm-
[Spaltenumbruch] lich bei der geringsten Gefahr eines Krieges mit dem Auslande,
das Anleiheprojekt als gescheitert zu betrachten wäre. Was die
Abreise des Generals Oudinot nach Grenoble betrifft, so ist zu
bemerken, daß in Folge der zahlreichen Truppensendungen nach
Paris die Alpenarmee gleichsam auseinander gerissen wurde,
weßhalb General Oudinot mit der Neugestaltung derselben be-
auftragt ist. Denn obgleich Frankreich nicht in Jtalien zu inter-
veniren gedenkt, so macht doch der Krieg zwischen Sardinien und
Oesterreich die Gegenwart eines Beobachtungsheeres an der ita-
lienischen Gränze für unvorhergesehene Fälle nöthig.

Die Gerüchte über einen bevorstehenden neuen Aufstand haben
aufgehört; aber es ist doch noch kein rechtes Vertrauen, man
fürchtet die Aufhebung des Belagerungszustandes und das Wie-
deraufleben der Presse der rothen Republik, nicht als ob man sich
des Sieges über sie nicht für sicher hielte, sondern weil jede öffent-
liche Besorgniß die noch sehr schwachen Anfänge von Wiederauf-
nahme der Arbeit sogleich unterbricht. Darin liegt auch das ganze
Geheimniß der Barbaren, sie wollen die Arbeit hindern, um
durch das zunehmende Elend eine Armee immer bereit zu halten.
Diese höllische Berechnung zu vereiteln ist die erste Aufgabe der
Regierung, wogegen jede andere politische Frage in den Hinter-
grund tritt. Die Regierung gibt sich auch alle Mühe das Ver-
trauen wieder herzustellen und erst am 26. hat der neue Polizei-
präfect wieder eine sehr schöne Verordnung erlassen, in welcher
er die in allen Verhältnissen eingetretene Besserung nachweist und
alle Besorgnisse der Bevölkerung zu zerstreuen sucht.

Binnen kurzem wird die Abführung der Juni=Jnsurgenten
nach den Marquesas=Jnseln beginnen. Die Dampffregatte S.
Juan de Ulloa ist bereits in Havre angekommen, um eine erste
Abtheilung von vierhundert an Bord zu nehmen. Dieselben wer-
den des Nachts mittelst eines besondern Eisenbahnzuges nach
Havre gebracht, um dort an Bord der Fregatte zur Weiterbe-
förderung nach Brest eingeschifft zu werden, von wo es dann un-
mittelbar nach den transatlantischen Colonien geht. Alle fünfzehn
Tage werden ähnliche Transporte stattfinden, bis die Zahl der
in diese Kategorie gehörenden Jnsurgenten erschöpft wird.

Vor einigen Tagen, sagt die „Union,“ drückte der Bürger
Proudhon in dem Conferenzsaal seinen Unwillen über die
Unterdrückung seines Blattes der Volksrepräsentant aus. „ Wa-
ren Sie der Eigenthümer davon?“ fragte ihn der Angeredete.
„Ganz gewiß.“ „Ueber was beschweren Sie sich denn? Haben
Sie nicht den Grundsatz aufgestellt, Eigenthum sey Dieb-
stahl?“ Man weiß nicht, was Bürger Proudhon darauf geant-
wortet hat.

Eine in Straßburg angelangte telegraphische Depesche aus
Paris verordnet, daß den deutschen Flüchtlingen keine
Pässe mehr nach der Schweiz gegeben werden dürfen. Jn Folge
Dessen erhielten am 20. Juli drei Freischärler, die bei Dossen-
bach und Kandern gewesen, Pässe nach Bayern. All' ihre Vor-
stellungen halfen nichts; der Beamte welcher die Pässe aus-
fertigte, erklärte ruhig: „als Flüchtlinge seyen sie herübergekom-
men, und als Flüchtlinge könnten sie jetzt hinübergehen.“ —
Die Mannheimer Abendzeitung ist über ein solches Verfahren
höchlich entrüstet: „deutsche Flüchtlinge, ruft sie aus, erhalten
von der französischen Republick Pässe nach Bayern — es lebe
die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit!“ Für Jeden, welchen
die Ereignisse der letzten fünf Monate nicht aller Besinnung be-
raubt haben, wird aber aus diesem allerdings bezeichnenden
Vorgange die Lehre hervorgehen, daß es eben gewisse Elemente
gibt, welche jede Gesellschaft, sey sie nun in der Form der Re-
publik oder der Monarchie constituirt, von sich ausstoßen muß,
wenn sie sich nicht ewigen fruchtlosen Convulsionen preisgegeben
sehen will. Eine zweite Lehre, welche uns das Verfahren der
französischen Regierung gegen die Hecker'schen Freischärler gibt,
ist aber die: die Republik im Vergleich mit der constitutionellen
Monarchie ist nur so lange die liberalere, als sie die Monarchie
bekämpft; sobald sie dieser Herr geworden, greift sie zu den
nämlichen Mittel der Selbsterhaltung, welche auch die Mo-
narchie anwendet. Und sie muß es thun, so lange auch sie ein
geordnetes Staatswesen, und nicht ein nie verlöschender Heerd
der Anarchie seyn will.

Großbritannien.

Liverpool 27. Juli 10 Uhr Morgens. Berichte aus Dublin
melden, daß ganz Südirland in offenem Aufruhr ist. Jn Clon-
mel war der Kampf furchtbar. Die Truppen sind geschlagen wor-
den. Man sagt, Cork und Waterford befänden sich an der
Spitze der großen Jnsurrection. Jn Liverpool selbst war die
Erbitterung auf's Höchste gestiegen. Man sieht dem Ausbruch
eines allgemeinen Brandes durch's ganze Land mit jedem Augen-
blicke entgegen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

1) Die aller Wahrscheinlichkeit nach in der Schweiz fabricirten
Mailänder Berichte des Frankfurter Journals reichen nur bis zum 26.
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[0006] ungsreferent in Schulsachen selber sagte, ein der ganzen Pfalz bekannter Schandartikel im Edenkobener Anzeiger wäre allein schon genügend, seine Absetzung zu verfügen. Wir haben hier einen Fall, wo es sich nicht sowohl um die einzelne Person, als vielmehr um das Prinzip der religiösen und Gemeinde=Freiheit handelt. Bis jetzt hat in M. die Freiheit das Feld behauptet, trotz aller bureaukratischen Dekrete. Wir hoffen, daß dieselbe auch bis zum Ausgang siegen, und die Gemeinde unerschütterlich ihr Recht behaupten wird. Jtalien. Aus Brescia wird unterm 25. dieses geschrieben: „Seit letzten Samstag schlägt man sich fortwährend mit den Oesterrei- chern und erst seit gestern Mittags sind wir im Vortheil und ist uns das Schicksal günstig.“ Zwei Depeschen aus Villafranca vom 24. d. 7 Uhr Nachmittags und vom 24. d. Mitternachts be- richten von hartnäckigen Kämpfen, die erst später zu Gunsten der Jtaliener sich entschieden, jedoch noch keineswegs so, daß sie als ganz beendigt anzusehen wären. Die Oesterreicher zogen, wäh- rend die Hauptmacht Karl Alberts bei Mantua sich concentrirte, aus Verona und griffen mit Uebermacht die schwachen bei Rivoli und in der Ebene von Villafranca aufgestellten piemontesischen Korps an. Diese wichen nach hartnäckigem Widerstande. Jn- dessen eilte der König mit Verstärkung herbei und die Oesterreicher wurden wieder zurückgedrängt. Die zweite Depesche aus Villafranca vom 24. d. Mitternachts lautet: „Der Sieg ist heute unser, und morgen frühe um drei Uhr eilen wir die Früchte desselben zu pflücken. Der Feind wurde aus allen seinen Stellungen verdrängt und gegenwärtig ist der Herzog von Genua bei Sommacompagna aufgestellt, wo er dem Feind den Weg nach Verona abschneidet. Das Hauptergebniß des Tages ist, das feindliche Korps, das laut der Aussage eini- ger Gefangenen von Radetzky angeführt ist, von Verona getrennt zu haben. Morgen wird er eine zweite Schlacht zu bestehen ha- ben, und geschlagen und gefangen werden. Die Verluste kennt man nicht genau; wenn sie beträchtlich für die Oesterreicher sind, so sind sie auch nicht gering für uns.“ Ein Privatschreiben aus Mailand vom 26. d. sagt: „Nach so eben angelangter und promulgirter offizieller Nachricht blieben die Jtaliener in einer gestern gelieferten Hauptschlacht Sieger, nahmen 12000 Oesterreicher gefangen und erbeuteten 50 Kanonen und 17 Fahnen. Auf beiden Seiten viele Todte.“ ☞ Jn gänzlichem Widerspruche mit all' diesen Privat- nachrichten 1) meldet ein Brief aus Mailand vom 27., daß die gestern daselbst verbreiteten Siegesnachrichten nicht nur sich nicht bestätigen, gar nichts Offizielles darüber bekannt gemacht wurde, sondern daß Karl Albert von einem bedeutenden österreichi- schen Corps überfallen, geschlagen und gezwungen worden sey, sich hinter die Linien von Goito zurückzuziehen. Jn Mailand herrsche die größte Confusion; alle verfügbaren Truppen, sogar der jüngere Theil der Nationalgarde mußte sogleich zur Armee aufbrechen. Frankreich. Paris 26. Juli. ( Karlsr. Z. ) Lassen sie durch die vielen Kriegsgerüchte, wozu die plötzliche Abreise des General Oudinot ( er ist Oberbefehlshaber der Alpenarmee ) von hier nach Grenoble Anlaß gibt, nicht irre führen. Eine einfache aber schlagende Thatsache mag Jhnen die Grundlosigkeit der umlaufenden Ge- rüchte darthun. Vor wenigen Tagen hat der Finanzminister be- kanntlich der Nationalversammlung das Projekt einer Staats- anleihe vorgelegt. Baron James Rothschild, welcher sich bei dem Finanzminister im voraus zur Uebernahme dieses Anlehens verpflichtete, lud die Bank ein, sich mit dem Betrage von 25 Millionen Franken dabei zu betheiligen. Der Bankausschuß be- auftragte hierauf den Bankgouverneur d'Argout, sich vorläufig auf vertraulichem Wege bei dem General Cavaignac zu erkundi- gen, wie es mit dem vielbesprochenen Plan einer Jntervention in Jtalien stehe. Mit der ihm eigenen Offenheit und Geradheit erklärte General Cavaignac, das System der Nichtintervention gewissenhaft befolgen und zu keinem Kriege, wobei die Ehre und die Jnteressen Frankreichs nicht direkt im Spiele seyen, die Hand bieten zu wollen. Jn Folge einer so bestimmten friedfer- tigen Antwort verwilligte nun gestern der Bankausschuß die von Hrn. v. Rothschild gewünschten fünfundzwanzig Millionen, die zur Theilnahme an der fraglichen Staatsanleihe verwendet wer- den sollen. Das Beispiel der Bank wird bei den Kapitalisten als ein wirksames Vorbild dienen und dadurch wesentlich zur Förderung der Sache beitragen, während im andern Falle, näm- lich bei der geringsten Gefahr eines Krieges mit dem Auslande, das Anleiheprojekt als gescheitert zu betrachten wäre. Was die Abreise des Generals Oudinot nach Grenoble betrifft, so ist zu bemerken, daß in Folge der zahlreichen Truppensendungen nach Paris die Alpenarmee gleichsam auseinander gerissen wurde, weßhalb General Oudinot mit der Neugestaltung derselben be- auftragt ist. Denn obgleich Frankreich nicht in Jtalien zu inter- veniren gedenkt, so macht doch der Krieg zwischen Sardinien und Oesterreich die Gegenwart eines Beobachtungsheeres an der ita- lienischen Gränze für unvorhergesehene Fälle nöthig. Die Gerüchte über einen bevorstehenden neuen Aufstand haben aufgehört; aber es ist doch noch kein rechtes Vertrauen, man fürchtet die Aufhebung des Belagerungszustandes und das Wie- deraufleben der Presse der rothen Republik, nicht als ob man sich des Sieges über sie nicht für sicher hielte, sondern weil jede öffent- liche Besorgniß die noch sehr schwachen Anfänge von Wiederauf- nahme der Arbeit sogleich unterbricht. Darin liegt auch das ganze Geheimniß der Barbaren, sie wollen die Arbeit hindern, um durch das zunehmende Elend eine Armee immer bereit zu halten. Diese höllische Berechnung zu vereiteln ist die erste Aufgabe der Regierung, wogegen jede andere politische Frage in den Hinter- grund tritt. Die Regierung gibt sich auch alle Mühe das Ver- trauen wieder herzustellen und erst am 26. hat der neue Polizei- präfect wieder eine sehr schöne Verordnung erlassen, in welcher er die in allen Verhältnissen eingetretene Besserung nachweist und alle Besorgnisse der Bevölkerung zu zerstreuen sucht. Binnen kurzem wird die Abführung der Juni=Jnsurgenten nach den Marquesas=Jnseln beginnen. Die Dampffregatte S. Juan de Ulloa ist bereits in Havre angekommen, um eine erste Abtheilung von vierhundert an Bord zu nehmen. Dieselben wer- den des Nachts mittelst eines besondern Eisenbahnzuges nach Havre gebracht, um dort an Bord der Fregatte zur Weiterbe- förderung nach Brest eingeschifft zu werden, von wo es dann un- mittelbar nach den transatlantischen Colonien geht. Alle fünfzehn Tage werden ähnliche Transporte stattfinden, bis die Zahl der in diese Kategorie gehörenden Jnsurgenten erschöpft wird. Vor einigen Tagen, sagt die „Union,“ drückte der Bürger Proudhon in dem Conferenzsaal seinen Unwillen über die Unterdrückung seines Blattes der Volksrepräsentant aus. „ Wa- ren Sie der Eigenthümer davon?“ fragte ihn der Angeredete. „Ganz gewiß.“ „Ueber was beschweren Sie sich denn? Haben Sie nicht den Grundsatz aufgestellt, Eigenthum sey Dieb- stahl?“ Man weiß nicht, was Bürger Proudhon darauf geant- wortet hat. Eine in Straßburg angelangte telegraphische Depesche aus Paris verordnet, daß den deutschen Flüchtlingen keine Pässe mehr nach der Schweiz gegeben werden dürfen. Jn Folge Dessen erhielten am 20. Juli drei Freischärler, die bei Dossen- bach und Kandern gewesen, Pässe nach Bayern. All' ihre Vor- stellungen halfen nichts; der Beamte welcher die Pässe aus- fertigte, erklärte ruhig: „als Flüchtlinge seyen sie herübergekom- men, und als Flüchtlinge könnten sie jetzt hinübergehen.“ — Die Mannheimer Abendzeitung ist über ein solches Verfahren höchlich entrüstet: „deutsche Flüchtlinge, ruft sie aus, erhalten von der französischen Republick Pässe nach Bayern — es lebe die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit!“ Für Jeden, welchen die Ereignisse der letzten fünf Monate nicht aller Besinnung be- raubt haben, wird aber aus diesem allerdings bezeichnenden Vorgange die Lehre hervorgehen, daß es eben gewisse Elemente gibt, welche jede Gesellschaft, sey sie nun in der Form der Re- publik oder der Monarchie constituirt, von sich ausstoßen muß, wenn sie sich nicht ewigen fruchtlosen Convulsionen preisgegeben sehen will. Eine zweite Lehre, welche uns das Verfahren der französischen Regierung gegen die Hecker'schen Freischärler gibt, ist aber die: die Republik im Vergleich mit der constitutionellen Monarchie ist nur so lange die liberalere, als sie die Monarchie bekämpft; sobald sie dieser Herr geworden, greift sie zu den nämlichen Mittel der Selbsterhaltung, welche auch die Mo- narchie anwendet. Und sie muß es thun, so lange auch sie ein geordnetes Staatswesen, und nicht ein nie verlöschender Heerd der Anarchie seyn will. Großbritannien. Liverpool 27. Juli 10 Uhr Morgens. Berichte aus Dublin melden, daß ganz Südirland in offenem Aufruhr ist. Jn Clon- mel war der Kampf furchtbar. Die Truppen sind geschlagen wor- den. Man sagt, Cork und Waterford befänden sich an der Spitze der großen Jnsurrection. Jn Liverpool selbst war die Erbitterung auf's Höchste gestiegen. Man sieht dem Ausbruch eines allgemeinen Brandes durch's ganze Land mit jedem Augen- blicke entgegen. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Die aller Wahrscheinlichkeit nach in der Schweiz fabricirten Mailänder Berichte des Frankfurter Journals reichen nur bis zum 26.

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal046_1848/6>, abgerufen am 29.05.2024.