Mainzer Journal. Nr. 64. Mainz, 19. August 1848.[Beginn Spaltensatz]
staben, zusammen nur 296 Quartseiten, die gewiß noch kein f Frankfurt 19. August. Jn der gestrigen Sitzung der Na- ^ Aus der Wetterau 17. August. Sie brachten dieser Tage Altona 15. August. ( B. H. ) Hier liegen jetzt nahe an Kiel 14. August. ( B. H. ) Der Verfassungsentwurf ist fer- Apenrade 15. August. ( B. H. ) Jn diesen Tagen wird der Oesterreichische Monarchie. Pesth 12. August. ( Br. Z. ) Ein Courier aus Groß=Becskerek [Beginn Spaltensatz]
staben, zusammen nur 296 Quartseiten, die gewiß noch kein f Frankfurt 19. August. Jn der gestrigen Sitzung der Na- △ Aus der Wetterau 17. August. Sie brachten dieser Tage Altona 15. August. ( B. H. ) Hier liegen jetzt nahe an Kiel 14. August. ( B. H. ) Der Verfassungsentwurf ist fer- Apenrade 15. August. ( B. H. ) Jn diesen Tagen wird der Oesterreichische Monarchie. Pesth 12. August. ( Br. Z. ) Ein Courier aus Groß=Becskerek <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> staben, zusammen nur 296 Quartseiten, die gewiß noch kein<lb/> Gemeindevorsteher durchstudirt, vielweniger ausgeführt hat ) .<lb/> Wallerstein organisirt die unteren Classen, was dem Polizeistaat<lb/> nie gelungen, der eben unter Wallerstein den Culminationspunct<lb/> seiner Vollkommenheit durch einen Wald von Tabellen und Ver-<lb/> ordnungen erreicht hatte. Wallerstein hat sogar die Cholera orga-<lb/> nisirt, die wieder vor der Thüre ist. Wallerstein begreift endlich,<lb/> um auch den „Ultramontanen“ sich zu empfehlen, gar nicht mehr,<lb/> wie man bezüglich der kirchlichen Gemeinden allein die alte<lb/> bureaukratische Abhängigkeit vom Staate vertreten kann, wäh-<lb/> rend mit vollem Rechte für die politischen Gemeinden das Self-<lb/> Government, für jegliche Meinung und jegliches weltliche Jn-<lb/> teresse das Associationsrecht nach breitestem Maßstab in Anspruch<lb/> genommen wird. Aber wie steht es denn mit den Wallersteinischen<lb/> Selbstheiligsprechungsbullen von 1846, daß er sich nichts vorzu-<lb/> werfen, nichts zu bereuen brauche, da er doch als Kirchenlehrer<lb/> im Jahr 1834 ( denn damals wollte er die Bischöfe vom Minister-<lb/> tisch aus „belehren;“ früher hatte er sogar ein Gebetbuch ge-<lb/> schrieben! ) aufs allerweiteste von solchem Self=Government ent-<lb/> fernt war, und 1846 sich der Regierungsregel rühmte, nie<lb/> zuzugeben, daß Geistliche auch bei wirklicher Collision zweier<lb/> Pflichten diejenige, welche die Verfassung auflegt, als die zweite<lb/> betrachten!? O Allgewandter! O Nothwendiger! Zum Mini-<lb/> sterportefeuille wird dir alle deine Geschmeidigkeit nicht mehr<lb/> helfen!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p><foreign xml:lang="el">f</foreign> Frankfurt 19. August. 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Wenigstens ist von Seiten der<lb/> Katholiken nicht das mindeste Aergerniß zu besorgen, sobald man<lb/> nur offen und ehrlich die Religions=und Unterrichtsfreiheit zuge-<lb/> steht und den katholischen Bischöfen dieselbe Freiheit gewährt, wo-<lb/> zu jetzt jeder Zeitungsschreiber berechtigt ist und der katholischen<lb/> Kirche dieselbe Freiheit zugesteht, die jetzt jeder Verein hat.<lb/> Sollte aber die Religions=und Unterrichtsfreiheit an dem mo-<lb/> dern=aufgeklärten Religionshaß scheitern, dann wird dennoch,<lb/> mag man auch die Sache hinausschieben, das Unternehmen die<lb/> deutsche Einheit zu gründen, schmählich scheitern; obwohl auch<lb/> in diesem Falle die Katholiken mit aller Opferwilligkeit der Sache<lb/> des Vaterlandes ergeben bleiben würden. Was soll also der<lb/> diplomatische Antrag des Herrn Vischer? Uns will bedünken,<lb/> daß je eher um so lieber das kostbarste und wichtigste Freiheits-<lb/> recht zu garantiren wäre.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>△ Aus der Wetterau 17. August. Sie brachten dieser Tage<lb/> einen der Kölner Zeitung entnommenen Correspondenzartikel aus<lb/> Homburg, wornach der regierende Landgraf gesonnen seyn sollte,<lb/> schon bei Lebzeiten die Regierung aus den Händen zu geben und<lb/> dieses sein Vorhaben den bald zum zweitenmale zusammenkom-<lb/> menden Landständen verkünden werde. Die weitere Folge davon<lb/> wäre dann, daß die Landgrafschaft in kürzester Frist zu dem Groß-<lb/> herzogthum Hessen geschlagen werde. Allein soviel wir, die wir<lb/> nicht so weit von Homburg entfernt sind, erfahren konnten, scheint<lb/> daran nicht viel Wahres zu seyn. Wohl ist der Landgraf ein al-<lb/> ter, kränklicher Herr, soll aber keineswegs gesonnen seyn, so<lb/> lange er am Leben ist, die Landgrafschaft an Hessen=Darmstadt<lb/> abzugeben; von Seiten der Landstände wird er auch nicht dazu<lb/> aufgefordert werden, da die Unterthanen mit ihrem alten Herrn<lb/> ganz zufrieden sind. Homburg selbst wünscht den Anschluß an<lb/> Darmstadt um so weniger, da ihm dadurch nur Nachtheil erwachsen<lb/> kann, obwohl wir im Jnteresse der deutschen Einheit es von Herzen<lb/> wünschten, wenn ein so kleiner souveräner Regent, wie der Landgraf,<lb/> in Frieden eingehen möchte. Es wäre vielleicht dann auch möglich,<lb/> daß das Roulette zu Homburg eher einginge, denn bekanntlich<lb/> zahlen die Besitzer jenes verderblichen Spieles dem Landgrafen,<lb/> der sonst ein für einen souverainen Herrn geringes Einkommen<lb/> hat, eine hübsche Pachtsumme. Wie sehr wäre aber zu wünschen,<lb/> daß jenem Hazardspiele ein Ende gemacht würde! Jn gegenwär-<lb/> tiger Saison, wo es an Fremden ziemlich fehlt, kommen die Land-<lb/> leute in zahlreicher Menge von Nahe und Ferne und versuchen<lb/> an der Bank ihr Glück, gehen aber meist mit leerem Beutel nach<lb/> Hause. Uns sind Landleute bekannt, die ihre ganze Baarschaft<lb/> nach Homburg Sonntags tragen, in der Hoffnung, dieselbe dop-<lb/> pelt oder dreifach dort zu vermehren; allein meistens kehren sie<lb/><cb n="2"/> mit betrübten Gesichtern nach Hause. Früher durfte Niemand,<lb/> der nicht anständig gekleidet war, in dem Saale, wo das Roulette<lb/> stehet, erscheinen; jetzt aber läßt man auch Leute mit Blousen,<lb/> sowohl in den Saal, als auch an dem Spiele Theil nehmen.<lb/> Jeder Patriot unserer Gegend sehnt sich mit Schmerz darnach,<lb/> daß die Nationalversammlung dem Unfuge ein Ende machen<lb/> möge, aber ja recht bald!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Altona 15. August. ( B. H. ) Hier liegen jetzt nahe an<lb/> 2000 Nassauer mit einer Batterie und vielem Train; morgen<lb/> wird ein Theil derselben nach Rendsburg abgehen, aber wiederum<lb/> ein Bataillon an dessen Stelle erwartet. Auch Oesterreicher wer-<lb/> den ehestens eintreffen und sollen schon unterwegs seyn.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Kiel 14. August. ( B. H. ) Der Verfassungsentwurf ist fer-<lb/> tig und wird allernächstens im Buchhandel erscheinen. Es ist ein<lb/> wohldurchdachtes Werk, welches seinen Verfassern Ehre macht, in<lb/> einzelnen Artikeln aber mannigfache Anfechtung erleiden wird.<lb/> Als hauptsächlichste Punkte heben wir hervor, daß Schleswig-<lb/> Holstein darin als <hi rendition="#g">rein deutscher Staat</hi> aufgefaßt ist, daher<lb/> denn alle Deutschen durch feste Niederlassung in Schleswig=Hol-<lb/> stein das Staatsbürgerrecht erwerben können, die gegenwärtige<lb/> wie künftige Verfassung Deutschlands hier ihre volle Anerkennung<lb/> findet und das Staatsgrundgesetz durch verfassungsgebende Be-<lb/> stimmungen der deutschen Centralgewalt <hi rendition="#aq">ipso jure</hi> verändert wird.<lb/> Den dänischredenden Landestheilen wird der Bestand ihrer<lb/> Sprache in Kirche, Schule, Rechtspflege und Verwaltung ge-<lb/> sichert. Das volle Staatsbürgerthum ist vom religiösen Glau-<lb/> ben unabhängig. Zur Landesversammlung finden directe Wahlen<lb/> statt, doch ist das Wahlrecht an ein jährliches Einkommen von<lb/> über 150 Rthlr. Crt. geknüpft. Die Landesversammlung tritt je-<lb/> des Jahr am 1. November auch ohne Berufung durch den Her-<lb/> zog zusammen, mit beschließender Stimme und dem Recht der<lb/> Jnitiative. Wenn der Herzog ein fremder Fürst ist, so <hi rendition="#g">muß</hi> er<lb/> jedes von drei verschiedenen Landtagen mit einer Majorität von<lb/><gap reason="illegible"/> Stimmen unverändert angenommene Gesetz sanctioniren. Der<lb/> Herzog, beim Antritt der Regierung, ein jeder Staatsbürger beim<lb/> Mündigwerden legt einen Eid auf die Verfassung ab. Jst der<lb/> Herzog zugleich Oberhaupt eines fremden Staates, so regiert er<lb/> unmittelbar über Schleswig=Holstein nur, wenn er hier residirt,<lb/> sonst durch einen von ihm ernannten deutschen Statthalter, wel-<lb/> cher statt des Herzogs unabhängig unterzeichnet. Der Herzog ist<lb/> unverletzlich, die Minister sind natürlich verantwortlich. Die<lb/> Punkte mögen vorläufig als Proben des Ganzen dienen, welchem<lb/> wir, trotz abweichender Ansichten in Einzelheiten, unsere Achtung<lb/> nicht versagen können. — Nach einem Gerüchte, welches wir in-<lb/> deß nicht verbürgen wollen, soll, sobald der Waffenstillstand mit<lb/> Dänemark abgeschlossen ist, die provisorische Regierung abtreten,<lb/> und <hi rendition="#g">der Prinz von Preußen bis zum Frieden die<lb/> Regentschaft übernehmen.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Apenrade 15. August. ( B. H. ) Jn diesen Tagen wird der<lb/> Unterstaatssecretair des Ministeriums des Auswärtigen in Frank-<lb/> furt, <hi rendition="#g">Max<gap reason="illegible"/>.<gap reason="illegible"/></hi> v. <hi rendition="#g">Gagern</hi> hier bei dem General Wrangel erwar-<lb/> tet, um bei den Vermittelungen eines Waffenstillstandes mit Dä-<lb/> nemark thätigen Antheil zu nehmen. Alles deutet darauf hin,<lb/> daß derselbe erfolgen werde, wie denn auch seit gestern keine neuen<lb/> Truppenmärsche mehr gegen Norden stattgefunden haben. Möge<lb/> dieser Waffenstillstand nur ein ehrenvoller seyn und ganz Deutsch-<lb/> land wird sich darüber freuen, und sowohl von General Wrangel<lb/> als Hrn. v. Gagern können wir erwarten, daß sie zu keinem an-<lb/> dern die Hand bieten werden. Es wird nicht zu befürchten seyn,<lb/> daß wir Bedingungen annehmen, wie sie uns das erstemal ange-<lb/> boten wurden, wo diplomatische Ränke Dasjenige fast wieder ver-<lb/> dorben hätten, was deutsche Waffen gut gemacht haben. — Außer<lb/> der von uns schon gemeldeten Gefangennehmung von 22 preußi-<lb/> schen Kuirassieren auf einem Piquet, glückte es den Dänen auch,<lb/> 2 Briefpatrouillen desselben Regimentes aufzuheben, so daß sie<lb/> jetzt mit fast 30 preußischen Kuirassieren als Gefangene herum-<lb/> paradiren können, was sie sicherlich sehr ausposaunen <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="6"/>nwerde.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head>Oesterreichische Monarchie.</head><lb/> <p>Pesth 12. August. ( Br. Z. ) Ein Courier aus Groß=Becskerek<lb/> meldet von einem siegreichen Gefecht der Ungarn unter dem Oberst<lb/><hi rendition="#g">Kisch</hi> gegen die Jnsurgenten. 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staben, zusammen nur 296 Quartseiten, die gewiß noch kein
Gemeindevorsteher durchstudirt, vielweniger ausgeführt hat ) .
Wallerstein organisirt die unteren Classen, was dem Polizeistaat
nie gelungen, der eben unter Wallerstein den Culminationspunct
seiner Vollkommenheit durch einen Wald von Tabellen und Ver-
ordnungen erreicht hatte. Wallerstein hat sogar die Cholera orga-
nisirt, die wieder vor der Thüre ist. Wallerstein begreift endlich,
um auch den „Ultramontanen“ sich zu empfehlen, gar nicht mehr,
wie man bezüglich der kirchlichen Gemeinden allein die alte
bureaukratische Abhängigkeit vom Staate vertreten kann, wäh-
rend mit vollem Rechte für die politischen Gemeinden das Self-
Government, für jegliche Meinung und jegliches weltliche Jn-
teresse das Associationsrecht nach breitestem Maßstab in Anspruch
genommen wird. Aber wie steht es denn mit den Wallersteinischen
Selbstheiligsprechungsbullen von 1846, daß er sich nichts vorzu-
werfen, nichts zu bereuen brauche, da er doch als Kirchenlehrer
im Jahr 1834 ( denn damals wollte er die Bischöfe vom Minister-
tisch aus „belehren;“ früher hatte er sogar ein Gebetbuch ge-
schrieben! ) aufs allerweiteste von solchem Self=Government ent-
fernt war, und 1846 sich der Regierungsregel rühmte, nie
zuzugeben, daß Geistliche auch bei wirklicher Collision zweier
Pflichten diejenige, welche die Verfassung auflegt, als die zweite
betrachten!? O Allgewandter! O Nothwendiger! Zum Mini-
sterportefeuille wird dir alle deine Geschmeidigkeit nicht mehr
helfen!
f Frankfurt 19. August. Jn der gestrigen Sitzung der Na-
tionalversammlung erinnerte Vischer an seinen Antrag, die De-
batte über Art. III. und IV. der Grundrechte, die religiöse und
Unterrichtsfreiheit betreffend, zu vertagen. Als Grund dieses
Antrags wurde angegeben, daß man jetzt nicht das Schau-
spiel der bei jener Debatte hervortretenden Uneinigkeit und
Leidenschaftlichkeit geben solle. Ein sonderbarer Grund. Der hier
so überaus vorsichtige und wohlmeinende Herr Vischer, welcher
doch sonst die turbulenteste Freiheit nicht scheut und zweifelsohne
keinen Anstoß genommen hat an all' den selbst den Bestand der
Nationalversammlung bedrohenden Schilderhebungen der äußer-
sten Linken, möge sich beruhigen. Wenigstens ist von Seiten der
Katholiken nicht das mindeste Aergerniß zu besorgen, sobald man
nur offen und ehrlich die Religions=und Unterrichtsfreiheit zuge-
steht und den katholischen Bischöfen dieselbe Freiheit gewährt, wo-
zu jetzt jeder Zeitungsschreiber berechtigt ist und der katholischen
Kirche dieselbe Freiheit zugesteht, die jetzt jeder Verein hat.
Sollte aber die Religions=und Unterrichtsfreiheit an dem mo-
dern=aufgeklärten Religionshaß scheitern, dann wird dennoch,
mag man auch die Sache hinausschieben, das Unternehmen die
deutsche Einheit zu gründen, schmählich scheitern; obwohl auch
in diesem Falle die Katholiken mit aller Opferwilligkeit der Sache
des Vaterlandes ergeben bleiben würden. Was soll also der
diplomatische Antrag des Herrn Vischer? Uns will bedünken,
daß je eher um so lieber das kostbarste und wichtigste Freiheits-
recht zu garantiren wäre.
△ Aus der Wetterau 17. August. Sie brachten dieser Tage
einen der Kölner Zeitung entnommenen Correspondenzartikel aus
Homburg, wornach der regierende Landgraf gesonnen seyn sollte,
schon bei Lebzeiten die Regierung aus den Händen zu geben und
dieses sein Vorhaben den bald zum zweitenmale zusammenkom-
menden Landständen verkünden werde. Die weitere Folge davon
wäre dann, daß die Landgrafschaft in kürzester Frist zu dem Groß-
herzogthum Hessen geschlagen werde. Allein soviel wir, die wir
nicht so weit von Homburg entfernt sind, erfahren konnten, scheint
daran nicht viel Wahres zu seyn. Wohl ist der Landgraf ein al-
ter, kränklicher Herr, soll aber keineswegs gesonnen seyn, so
lange er am Leben ist, die Landgrafschaft an Hessen=Darmstadt
abzugeben; von Seiten der Landstände wird er auch nicht dazu
aufgefordert werden, da die Unterthanen mit ihrem alten Herrn
ganz zufrieden sind. Homburg selbst wünscht den Anschluß an
Darmstadt um so weniger, da ihm dadurch nur Nachtheil erwachsen
kann, obwohl wir im Jnteresse der deutschen Einheit es von Herzen
wünschten, wenn ein so kleiner souveräner Regent, wie der Landgraf,
in Frieden eingehen möchte. Es wäre vielleicht dann auch möglich,
daß das Roulette zu Homburg eher einginge, denn bekanntlich
zahlen die Besitzer jenes verderblichen Spieles dem Landgrafen,
der sonst ein für einen souverainen Herrn geringes Einkommen
hat, eine hübsche Pachtsumme. Wie sehr wäre aber zu wünschen,
daß jenem Hazardspiele ein Ende gemacht würde! Jn gegenwär-
tiger Saison, wo es an Fremden ziemlich fehlt, kommen die Land-
leute in zahlreicher Menge von Nahe und Ferne und versuchen
an der Bank ihr Glück, gehen aber meist mit leerem Beutel nach
Hause. Uns sind Landleute bekannt, die ihre ganze Baarschaft
nach Homburg Sonntags tragen, in der Hoffnung, dieselbe dop-
pelt oder dreifach dort zu vermehren; allein meistens kehren sie
mit betrübten Gesichtern nach Hause. Früher durfte Niemand,
der nicht anständig gekleidet war, in dem Saale, wo das Roulette
stehet, erscheinen; jetzt aber läßt man auch Leute mit Blousen,
sowohl in den Saal, als auch an dem Spiele Theil nehmen.
Jeder Patriot unserer Gegend sehnt sich mit Schmerz darnach,
daß die Nationalversammlung dem Unfuge ein Ende machen
möge, aber ja recht bald!
Altona 15. August. ( B. H. ) Hier liegen jetzt nahe an
2000 Nassauer mit einer Batterie und vielem Train; morgen
wird ein Theil derselben nach Rendsburg abgehen, aber wiederum
ein Bataillon an dessen Stelle erwartet. Auch Oesterreicher wer-
den ehestens eintreffen und sollen schon unterwegs seyn.
Kiel 14. August. ( B. H. ) Der Verfassungsentwurf ist fer-
tig und wird allernächstens im Buchhandel erscheinen. Es ist ein
wohldurchdachtes Werk, welches seinen Verfassern Ehre macht, in
einzelnen Artikeln aber mannigfache Anfechtung erleiden wird.
Als hauptsächlichste Punkte heben wir hervor, daß Schleswig-
Holstein darin als rein deutscher Staat aufgefaßt ist, daher
denn alle Deutschen durch feste Niederlassung in Schleswig=Hol-
stein das Staatsbürgerrecht erwerben können, die gegenwärtige
wie künftige Verfassung Deutschlands hier ihre volle Anerkennung
findet und das Staatsgrundgesetz durch verfassungsgebende Be-
stimmungen der deutschen Centralgewalt ipso jure verändert wird.
Den dänischredenden Landestheilen wird der Bestand ihrer
Sprache in Kirche, Schule, Rechtspflege und Verwaltung ge-
sichert. Das volle Staatsbürgerthum ist vom religiösen Glau-
ben unabhängig. Zur Landesversammlung finden directe Wahlen
statt, doch ist das Wahlrecht an ein jährliches Einkommen von
über 150 Rthlr. Crt. geknüpft. Die Landesversammlung tritt je-
des Jahr am 1. November auch ohne Berufung durch den Her-
zog zusammen, mit beschließender Stimme und dem Recht der
Jnitiative. Wenn der Herzog ein fremder Fürst ist, so muß er
jedes von drei verschiedenen Landtagen mit einer Majorität von
_ Stimmen unverändert angenommene Gesetz sanctioniren. Der
Herzog, beim Antritt der Regierung, ein jeder Staatsbürger beim
Mündigwerden legt einen Eid auf die Verfassung ab. Jst der
Herzog zugleich Oberhaupt eines fremden Staates, so regiert er
unmittelbar über Schleswig=Holstein nur, wenn er hier residirt,
sonst durch einen von ihm ernannten deutschen Statthalter, wel-
cher statt des Herzogs unabhängig unterzeichnet. Der Herzog ist
unverletzlich, die Minister sind natürlich verantwortlich. Die
Punkte mögen vorläufig als Proben des Ganzen dienen, welchem
wir, trotz abweichender Ansichten in Einzelheiten, unsere Achtung
nicht versagen können. — Nach einem Gerüchte, welches wir in-
deß nicht verbürgen wollen, soll, sobald der Waffenstillstand mit
Dänemark abgeschlossen ist, die provisorische Regierung abtreten,
und der Prinz von Preußen bis zum Frieden die
Regentschaft übernehmen.
Apenrade 15. August. ( B. H. ) Jn diesen Tagen wird der
Unterstaatssecretair des Ministeriums des Auswärtigen in Frank-
furt, Max_ ._ v. Gagern hier bei dem General Wrangel erwar-
tet, um bei den Vermittelungen eines Waffenstillstandes mit Dä-
nemark thätigen Antheil zu nehmen. Alles deutet darauf hin,
daß derselbe erfolgen werde, wie denn auch seit gestern keine neuen
Truppenmärsche mehr gegen Norden stattgefunden haben. Möge
dieser Waffenstillstand nur ein ehrenvoller seyn und ganz Deutsch-
land wird sich darüber freuen, und sowohl von General Wrangel
als Hrn. v. Gagern können wir erwarten, daß sie zu keinem an-
dern die Hand bieten werden. Es wird nicht zu befürchten seyn,
daß wir Bedingungen annehmen, wie sie uns das erstemal ange-
boten wurden, wo diplomatische Ränke Dasjenige fast wieder ver-
dorben hätten, was deutsche Waffen gut gemacht haben. — Außer
der von uns schon gemeldeten Gefangennehmung von 22 preußi-
schen Kuirassieren auf einem Piquet, glückte es den Dänen auch,
2 Briefpatrouillen desselben Regimentes aufzuheben, so daß sie
jetzt mit fast 30 preußischen Kuirassieren als Gefangene herum-
paradiren können, was sie sicherlich sehr ausposaunen ______nwerde.
Oesterreichische Monarchie.
Pesth 12. August. ( Br. Z. ) Ein Courier aus Groß=Becskerek
meldet von einem siegreichen Gefecht der Ungarn unter dem Oberst
Kisch gegen die Jnsurgenten. Diese wurden mit großem Verlust
aus den früher von ihnen besetzten Ortschaften Szarcsa, Neu-
zina u. s. w. vertrieben. Das ganze Feld war mit Leichen der
Jnsurgenten bedeckt. Der Verlust auf ungarischer Seite wird über-
einstimmend als gering angegeben. Zu gleicher Zeit ist die Nach-
richt eingetroffen, daß der Banus Jellachich die wichtige Stadt
Fiume besetzen ließ. Von beiden Seiten wird über unmenschliche
Grausamkeiten geklagt. Jm Lager der Jnsurgenten ist ein Preis
von einem Gulden auf jeden eingebrachten ungarischen Kopf ge-
setzt, dagegen klagt der Erzbischof Rajachich von Carlowitz
in einem Sendschreiben an den Feldmarschall=Lieutenant v. Hra-
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