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Mainzer Journal. Nr. 93. Mainz, 22. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz] nicht, wie man es anstellen muß, Hochverräther zu werden. Wir
finden es daher nothwendig, gefordert von dem Rechte, der Ehre,
der Hoheit und Freiheit des deutschen Volkes, Männern, welche
in solcher Weise einer offenen Kriegserklärung gegen das Parla-
ment sich angeschlossen, fortan in derselben Versammlung, gegen
welche sie sich empört, Sitz und Stimme zu verweigern.

Wir finden es dringend nothwendig für das Wohl und die
Sicherheit des deutschen Volkes, den notorischen Hochverrath un-
nachsichtlich nach der Strenge der über dieses Verbrechen be-
stehenden Gesetze zu bestrafen. Die Behörden, oder die Personen,
denen diese Anklage und denen die Handhabung dieser Gesetze
verfassungsmäßig zusteht, sind schuldig und dafür verantwortlich,
daß der bedenklich um sich greifenden Anarchie endlich einmal durch
energische Maßregeln, durch abschreckende Beispiele gesteuert
werde. Milde gegen einen unversöhnlichen Feind, Edelmuth
gegen Menschen, denen das Wohl des ganzen deutschen Volkes
Nichts gilt, -- das ist Thorheit, Feigheit, Schwäche, Versün-
digung an Deutschland und an Europa, an der lebenden und an
der künftigen Generation, und eine Versündigung, die bald und
schwer und unabwendbar sich rächen wird. Gott schütze Deutsch-
land!



Deutschland.

Wien. Jn später Stunde, meldet die Allgemeine Zeitung,
erhalten wir noch die Wiener Post vom 17. September. Sie
ist voll der wichtigsten Meldungen, die wir heute nur mit wenigen
Worten andeuten können. Graf Batthyanyi brachte wirklich in
Pesth kein Ministerium für sich allein zusammen; Kossuths Bei-
hülfe scheint in der Verzweiflung wieder erbeten worden zu seyn,
und dieser veranlaßte die Absendung einer neuen Deputation nach
Wien -- an das österreichische Volk! Mittlerweile soll
Graf Teleky, welcher an der Drau dem Banus den Uebergang
wehren sollte, ohne Widerstand gewichen, ja ganz aus Ungarn
entflohen und in Gratz angekommen seyn. Wenn also die beiden
anderen ungarischen Heerhaufen ( unter Szalay und Twanka? )
nicht besser Stand halten, so kann Jellachich seinen Einzug in
Pesth halten. Jn Pesth wurde zwar von Batthyanyi der Land-
sturm aufgeboten; wird aber dieser die Geschicke abwenden kön-
nen, die über Ungarn drohend hereinbrechen? -- Aus Agram
vom 15. erhalten wir Siegesberichte. Die ungarischen Heersäu-
len an der Mur leisteten so wenig wie die an der Drau Wider-
stand; die einen flohen, die anderen unterwarfen sich dem Ban,
mit der Bitte nach Steyermark marschiren zu dürfen -- so erklärt
sich Teleky's Flucht nach Gratz.

Wien 17. September. ( N. C. ) Während das ungarische Mi-
nisterium, welches jetzt nur noch zum Schein im Amte verblieben
ist, das militärische Aufgebot im Lande verkündet, um einen
Guerillaskrieg gegen Jellachich zu unterhalten, und unsere Re-
sidenz selbst das sonderbare Schauspiel darbietet, daß für beide
streitende Parteien die Werbung von Freiwilligen hier stattfindet,
hat der Ban ohne Widerstand die Drau und die Mur überschrit-
ten. Das Militär schließt sich ihm überall an, und die bisher von
seinem Armeecorps berührten Ortschaften haben sich ohne Schwert-
streich ergeben. Die Stimme des Volkes spricht sich gegen die es
unterdrückende magyarische Fraction in diesen Vorgängen auf das
Deutlichste aus, und das Ende dieser an sich gewiß beklagens-
werthen Zerwürfnisse wird ohne Zweifel kein anderes seyn, als
der ungehemmte und wahrscheinlich ohne Blutvergießen bewerk-
stelligte Marsch Jellachich's nach Buda=Pest, worauf alsdann,
nach dem Willen des Kaisers, Unterhandlungen in Wien über die
Feststellung der ungarisch=kroatischen Verhältnisse werden gepflo-
gen werden, und zwar auf die Grundlage der pragmatischen
Sanction, die nicht allein dasselbe königliche Oberhaupt der Dy-
nastie, sondern in gewissen Punkten auch die allgemeine Verein-
barung der Regierung mit den deutschen Erbländern grundsätzlich
feststellt; ein Band, das in jüngster Zeit einseitig fast zerrissen
worden ist. -- Hier macht sich die demokratische Partei,
selbst nach ihrer letzten Niederlage am 13. d. M., durch Aufreiz-
ungen und Straßenskandale noch fortwährend mit vieler Rührig-
keit geltend, und es dürfte in naher Zeit wieder zum offenen Frie-
densbruche kommen. Anlaß dazu bietet der neu gegründete " con-
stitutionelle Verein," dessen Aufgabe es ist, eben sowohl der Rück-
kehr des alten Absolutismus, als den frechen Uebergriffen der
Republikaner ( wie sich das Programm ausdrückt ) entgegen zu
wirken, und welcher bei den Gutgesinnten aller Stände eine so
unglaubliche Theilnahme gefunden hat, daß die Einzeichnungen
seit vier Tagen schon die Zahl von 22,000 Theilnehmern über-
steigen. Die Radicalen und Republikaner erkennen darin natürlich
ein starkes monarchisches Gegengewicht und wollen in diesen Vor-
gängen Versuche zum Umsturze der errungenen Freiheit wittern.
[Spaltenumbruch] Durch ähnliche falsche Ausstreuungen, durch öffentliche Vorträge,
wie sie der Präsident der deutschen demokratischen Vereine, Herr
Fröbel, wiederholt hier hielt, sowie durch religiöse Aufregungen
im Sinne des Deutsch=Katholicismus, als dessen Vorkämpfer,
nach mehreren unglücklichen Versuchen hiesiger Priester, Herr
Ronge heute mit einer Predigt im "Odeon" auftrat, glaubt man
die Gemüther zu bearbeiten, schafft aber Widerstand von gegen-
theiliger Seite. So ist von den conservativen Liberalen der Plan
gefaßt und theilweise auch schon zur Ausführung gebracht wor-
den, sich mit den verpönten schwarz=gelben Farben zu schmücken,
die, als Symbol der Jntegrität der Monarchie, von der Auf-
lösungspartei besonders gehaßt werden. Jn Folge dieser Partei-
demonstration haben gestern bereits Straßenexcesse stattgefunden.

Triest 15. September. ( A. Z. ) Jn Fiume hat gestern die
erste kroatische Congregation stattgefunden. Der Vicegespan er-
öffnete dieselbe mit einer Rede in deutscher und kroatischer
Sprache, welche von der Versammlung mit dem größten Enthu-
siasmus aufgenommen wurde. Die Fiumaner sendeten auch eine
Deputation mit einer Ergebenheitsadresse an Jellachich.

Berlin 17. Sept. ( N. C. ) Hr. v. Beckerath ist vom Kö-
nige aus Potsdam zurückgekehrt, allein noch steht nichts definitiv
über die Zusammensetzung des Ministeriums fest, vielmehr findet
man die Vertrauten Beckerath's, die während der letzten Tage sehr
heiter und getrost waren, plötzlich schweigsam, fast möchten wir
sagen, niedergeschlagen, als wären ihre Ministerhoffnungen zu
nichte geworden. Sind wir recht unterrichtet, wie wir glauben,
so dürfen wir darin ein gutes Zeichen für die glückliche Lösung der
Krise erblicken. Die hauptsächliche Gefahr drohte nämlich im
Augenblicke daher, daß der König in Beziehung auf den wahren
Zustand der Dinge hierselbst, wie aus vielen umhergetragenen
Aeußerungen desselben hervorgeht, völlig falsch unterrichtet ge-
wesen und sich noch Hoffnungen hingegeben zu haben scheint, für
welche alle Anhaltspunkte fehlen. Hr. v. Beckerath soll, so wird
erzählt, dem Könige die volle, offene Wahrheit über die hiesigen
Zustände gesagt haben und hat sich damit jedenfalls ein hohes
Verdienst um den Thron erworben, denn es steht schlimm um den-
selben, wenn man sich noch länger täuscht und passiv Alles über
sich ergehen läßt; freilich soll er mit seinen Aeußerungen, die so
sehr gegen die sonstigen Nachrichten kontrastirten, leider keinen
rechten Glauben gefunden haben und in Folge davon mit seinen
Ansichten und Vorschlägen bei'm Könige auf Widersprüche gesto-
ßen seyn, deren schließliche Beseitigung jedoch mit Gewißheit vor-
auszusehen ist. Und für diesen Fall wäre jedenfalls schon viel
gewonnen und mancher Widerstand für die Zukunft beseitigt, wenn
der König bei dieser Gelegenheit genaue Aufklärung erhalten hat 1).

Koblenz 20. Sept. ( O. P. A. Z. ) Die Ereignisse in
Frankfurt a. M. sind nicht ohne Rückwirkung auf unsere Stadt
geblieben; es sind hier gestern Abend arge Excesse verübt worden.
Der Abgeordnete von Koblenz bei der Reichsversammlung, Advo-
cat und Justizrath Adams, sey von Frankfurt hier eingetroffen,
hieß es. Da nun ein großer Theil der Einwohner mit dessen
Richtung ( indem er bisher mit der äußersten Rechten stimmte ) ,
unzufrieden ist, sammelte sich am Abend ein Haufe Menschen vor
seinem Hause, um eine Katzenmusik zu bringen. Dabei blieb es
jedoch nicht, vielmehr ging der tobende Haufe zu Thätlichkeiten
über, warf die Fenster ein, drang in das Haus und richtete im
Erdgeschosse große Zerstörung an. Die Bürgerwehr wurde durch
Generalmarsch zu den Waffen gerufen, erschien aber wenig zahl-
reich; indessen gelang es ihr doch, die Ruhe wieder herzustellen
und weitere Zerstörungen zu verhüten. Ein Gendarm wurde ver-
wundet, auch sollen Ruhestörer Bajonettstiche von der Bürgerwehr
erhalten haben. Das Militär, durch die Lärmkanonen alarmirt,
schritt nicht ein. -- Jn der Gegend von Kreuznach soll eine Mo-
bil=Colonne von beiläufig 10,000 Mann zusammengezogen wer-
den. Dragoner, Husaren und Artillerie marschiren gleichfalls
dahin. Das siebente Armee=Corps rückt hierher, und unsere
Stadt erhält Garnison von Truppen dieses westphälischen Armee-
Corps.

Nürnberg 20. September. Drei Compagnien des hiesigen
Jnfanterieregiments werden morgen nach Bamberg abgehen,
zum Ersatz einer gleichen Anzahl der dasigen Truppen, welche
nach den sächsischen Herzogthümern verlegt werden sollen.

G Landau 20. September. [ Ein Belegstück zur " pfälzi-
schen Presse und ihren Leitern" Nr. 60. des M. J. ] Wo der
Text steht, dahin gehört auch der Commentar und die Noten und
darum wende ich mich an das Mainzer Journal, trotz aller Ver-
[Ende Spaltensatz]

1) Die letzte Ministerliste, welche am 18. circulirte, war folgende:
v. Beckerath, Präsident und Finanzen; v. Bonin, Jnneres; v.
Pfuel, Krieg; Graf Dönhof, Auswärtiges; Mevissen, Handel;
v. Ladenberg, Cultus. Es sind jedoch zu viele reactionäre Elemente
darin vertreten, als daß eine solche Combination von Dauer seyn könnte.

[Beginn Spaltensatz] nicht, wie man es anstellen muß, Hochverräther zu werden. Wir
finden es daher nothwendig, gefordert von dem Rechte, der Ehre,
der Hoheit und Freiheit des deutschen Volkes, Männern, welche
in solcher Weise einer offenen Kriegserklärung gegen das Parla-
ment sich angeschlossen, fortan in derselben Versammlung, gegen
welche sie sich empört, Sitz und Stimme zu verweigern.

Wir finden es dringend nothwendig für das Wohl und die
Sicherheit des deutschen Volkes, den notorischen Hochverrath un-
nachsichtlich nach der Strenge der über dieses Verbrechen be-
stehenden Gesetze zu bestrafen. Die Behörden, oder die Personen,
denen diese Anklage und denen die Handhabung dieser Gesetze
verfassungsmäßig zusteht, sind schuldig und dafür verantwortlich,
daß der bedenklich um sich greifenden Anarchie endlich einmal durch
energische Maßregeln, durch abschreckende Beispiele gesteuert
werde. Milde gegen einen unversöhnlichen Feind, Edelmuth
gegen Menschen, denen das Wohl des ganzen deutschen Volkes
Nichts gilt, — das ist Thorheit, Feigheit, Schwäche, Versün-
digung an Deutschland und an Europa, an der lebenden und an
der künftigen Generation, und eine Versündigung, die bald und
schwer und unabwendbar sich rächen wird. Gott schütze Deutsch-
land!



Deutschland.

Wien. Jn später Stunde, meldet die Allgemeine Zeitung,
erhalten wir noch die Wiener Post vom 17. September. Sie
ist voll der wichtigsten Meldungen, die wir heute nur mit wenigen
Worten andeuten können. Graf Batthyanyi brachte wirklich in
Pesth kein Ministerium für sich allein zusammen; Kossuths Bei-
hülfe scheint in der Verzweiflung wieder erbeten worden zu seyn,
und dieser veranlaßte die Absendung einer neuen Deputation nach
Wien — an das österreichische Volk! Mittlerweile soll
Graf Teleky, welcher an der Drau dem Banus den Uebergang
wehren sollte, ohne Widerstand gewichen, ja ganz aus Ungarn
entflohen und in Gratz angekommen seyn. Wenn also die beiden
anderen ungarischen Heerhaufen ( unter Szalay und Twanka? )
nicht besser Stand halten, so kann Jellachich seinen Einzug in
Pesth halten. Jn Pesth wurde zwar von Batthyanyi der Land-
sturm aufgeboten; wird aber dieser die Geschicke abwenden kön-
nen, die über Ungarn drohend hereinbrechen? — Aus Agram
vom 15. erhalten wir Siegesberichte. Die ungarischen Heersäu-
len an der Mur leisteten so wenig wie die an der Drau Wider-
stand; die einen flohen, die anderen unterwarfen sich dem Ban,
mit der Bitte nach Steyermark marschiren zu dürfen — so erklärt
sich Teleky's Flucht nach Gratz.

Wien 17. September. ( N. C. ) Während das ungarische Mi-
nisterium, welches jetzt nur noch zum Schein im Amte verblieben
ist, das militärische Aufgebot im Lande verkündet, um einen
Guerillaskrieg gegen Jellachich zu unterhalten, und unsere Re-
sidenz selbst das sonderbare Schauspiel darbietet, daß für beide
streitende Parteien die Werbung von Freiwilligen hier stattfindet,
hat der Ban ohne Widerstand die Drau und die Mur überschrit-
ten. Das Militär schließt sich ihm überall an, und die bisher von
seinem Armeecorps berührten Ortschaften haben sich ohne Schwert-
streich ergeben. Die Stimme des Volkes spricht sich gegen die es
unterdrückende magyarische Fraction in diesen Vorgängen auf das
Deutlichste aus, und das Ende dieser an sich gewiß beklagens-
werthen Zerwürfnisse wird ohne Zweifel kein anderes seyn, als
der ungehemmte und wahrscheinlich ohne Blutvergießen bewerk-
stelligte Marsch Jellachich's nach Buda=Pest, worauf alsdann,
nach dem Willen des Kaisers, Unterhandlungen in Wien über die
Feststellung der ungarisch=kroatischen Verhältnisse werden gepflo-
gen werden, und zwar auf die Grundlage der pragmatischen
Sanction, die nicht allein dasselbe königliche Oberhaupt der Dy-
nastie, sondern in gewissen Punkten auch die allgemeine Verein-
barung der Regierung mit den deutschen Erbländern grundsätzlich
feststellt; ein Band, das in jüngster Zeit einseitig fast zerrissen
worden ist. — Hier macht sich die demokratische Partei,
selbst nach ihrer letzten Niederlage am 13. d. M., durch Aufreiz-
ungen und Straßenskandale noch fortwährend mit vieler Rührig-
keit geltend, und es dürfte in naher Zeit wieder zum offenen Frie-
densbruche kommen. Anlaß dazu bietet der neu gegründete „ con-
stitutionelle Verein,“ dessen Aufgabe es ist, eben sowohl der Rück-
kehr des alten Absolutismus, als den frechen Uebergriffen der
Republikaner ( wie sich das Programm ausdrückt ) entgegen zu
wirken, und welcher bei den Gutgesinnten aller Stände eine so
unglaubliche Theilnahme gefunden hat, daß die Einzeichnungen
seit vier Tagen schon die Zahl von 22,000 Theilnehmern über-
steigen. Die Radicalen und Republikaner erkennen darin natürlich
ein starkes monarchisches Gegengewicht und wollen in diesen Vor-
gängen Versuche zum Umsturze der errungenen Freiheit wittern.
[Spaltenumbruch] Durch ähnliche falsche Ausstreuungen, durch öffentliche Vorträge,
wie sie der Präsident der deutschen demokratischen Vereine, Herr
Fröbel, wiederholt hier hielt, sowie durch religiöse Aufregungen
im Sinne des Deutsch=Katholicismus, als dessen Vorkämpfer,
nach mehreren unglücklichen Versuchen hiesiger Priester, Herr
Ronge heute mit einer Predigt im „Odeon“ auftrat, glaubt man
die Gemüther zu bearbeiten, schafft aber Widerstand von gegen-
theiliger Seite. So ist von den conservativen Liberalen der Plan
gefaßt und theilweise auch schon zur Ausführung gebracht wor-
den, sich mit den verpönten schwarz=gelben Farben zu schmücken,
die, als Symbol der Jntegrität der Monarchie, von der Auf-
lösungspartei besonders gehaßt werden. Jn Folge dieser Partei-
demonstration haben gestern bereits Straßenexcesse stattgefunden.

Triest 15. September. ( A. Z. ) Jn Fiume hat gestern die
erste kroatische Congregation stattgefunden. Der Vicegespan er-
öffnete dieselbe mit einer Rede in deutscher und kroatischer
Sprache, welche von der Versammlung mit dem größten Enthu-
siasmus aufgenommen wurde. Die Fiumaner sendeten auch eine
Deputation mit einer Ergebenheitsadresse an Jellachich.

Berlin 17. Sept. ( N. C. ) Hr. v. Beckerath ist vom Kö-
nige aus Potsdam zurückgekehrt, allein noch steht nichts definitiv
über die Zusammensetzung des Ministeriums fest, vielmehr findet
man die Vertrauten Beckerath's, die während der letzten Tage sehr
heiter und getrost waren, plötzlich schweigsam, fast möchten wir
sagen, niedergeschlagen, als wären ihre Ministerhoffnungen zu
nichte geworden. Sind wir recht unterrichtet, wie wir glauben,
so dürfen wir darin ein gutes Zeichen für die glückliche Lösung der
Krise erblicken. Die hauptsächliche Gefahr drohte nämlich im
Augenblicke daher, daß der König in Beziehung auf den wahren
Zustand der Dinge hierselbst, wie aus vielen umhergetragenen
Aeußerungen desselben hervorgeht, völlig falsch unterrichtet ge-
wesen und sich noch Hoffnungen hingegeben zu haben scheint, für
welche alle Anhaltspunkte fehlen. Hr. v. Beckerath soll, so wird
erzählt, dem Könige die volle, offene Wahrheit über die hiesigen
Zustände gesagt haben und hat sich damit jedenfalls ein hohes
Verdienst um den Thron erworben, denn es steht schlimm um den-
selben, wenn man sich noch länger täuscht und passiv Alles über
sich ergehen läßt; freilich soll er mit seinen Aeußerungen, die so
sehr gegen die sonstigen Nachrichten kontrastirten, leider keinen
rechten Glauben gefunden haben und in Folge davon mit seinen
Ansichten und Vorschlägen bei'm Könige auf Widersprüche gesto-
ßen seyn, deren schließliche Beseitigung jedoch mit Gewißheit vor-
auszusehen ist. Und für diesen Fall wäre jedenfalls schon viel
gewonnen und mancher Widerstand für die Zukunft beseitigt, wenn
der König bei dieser Gelegenheit genaue Aufklärung erhalten hat 1).

Koblenz 20. Sept. ( O. P. A. Z. ) Die Ereignisse in
Frankfurt a. M. sind nicht ohne Rückwirkung auf unsere Stadt
geblieben; es sind hier gestern Abend arge Excesse verübt worden.
Der Abgeordnete von Koblenz bei der Reichsversammlung, Advo-
cat und Justizrath Adams, sey von Frankfurt hier eingetroffen,
hieß es. Da nun ein großer Theil der Einwohner mit dessen
Richtung ( indem er bisher mit der äußersten Rechten stimmte ) ,
unzufrieden ist, sammelte sich am Abend ein Haufe Menschen vor
seinem Hause, um eine Katzenmusik zu bringen. Dabei blieb es
jedoch nicht, vielmehr ging der tobende Haufe zu Thätlichkeiten
über, warf die Fenster ein, drang in das Haus und richtete im
Erdgeschosse große Zerstörung an. Die Bürgerwehr wurde durch
Generalmarsch zu den Waffen gerufen, erschien aber wenig zahl-
reich; indessen gelang es ihr doch, die Ruhe wieder herzustellen
und weitere Zerstörungen zu verhüten. Ein Gendarm wurde ver-
wundet, auch sollen Ruhestörer Bajonettstiche von der Bürgerwehr
erhalten haben. Das Militär, durch die Lärmkanonen alarmirt,
schritt nicht ein. — Jn der Gegend von Kreuznach soll eine Mo-
bil=Colonne von beiläufig 10,000 Mann zusammengezogen wer-
den. Dragoner, Husaren und Artillerie marschiren gleichfalls
dahin. Das siebente Armee=Corps rückt hierher, und unsere
Stadt erhält Garnison von Truppen dieses westphälischen Armee-
Corps.

Nürnberg 20. September. Drei Compagnien des hiesigen
Jnfanterieregiments werden morgen nach Bamberg abgehen,
zum Ersatz einer gleichen Anzahl der dasigen Truppen, welche
nach den sächsischen Herzogthümern verlegt werden sollen.

G Landau 20. September. [ Ein Belegstück zur „ pfälzi-
schen Presse und ihren Leitern“ Nr. 60. des M. J. ] Wo der
Text steht, dahin gehört auch der Commentar und die Noten und
darum wende ich mich an das Mainzer Journal, trotz aller Ver-
[Ende Spaltensatz]

1) Die letzte Ministerliste, welche am 18. circulirte, war folgende:
v. Beckerath, Präsident und Finanzen; v. Bonin, Jnneres; v.
Pfuel, Krieg; Graf Dönhof, Auswärtiges; Mevissen, Handel;
v. Ladenberg, Cultus. Es sind jedoch zu viele reactionäre Elemente
darin vertreten, als daß eine solche Combination von Dauer seyn könnte.
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[0002] nicht, wie man es anstellen muß, Hochverräther zu werden. Wir finden es daher nothwendig, gefordert von dem Rechte, der Ehre, der Hoheit und Freiheit des deutschen Volkes, Männern, welche in solcher Weise einer offenen Kriegserklärung gegen das Parla- ment sich angeschlossen, fortan in derselben Versammlung, gegen welche sie sich empört, Sitz und Stimme zu verweigern. Wir finden es dringend nothwendig für das Wohl und die Sicherheit des deutschen Volkes, den notorischen Hochverrath un- nachsichtlich nach der Strenge der über dieses Verbrechen be- stehenden Gesetze zu bestrafen. Die Behörden, oder die Personen, denen diese Anklage und denen die Handhabung dieser Gesetze verfassungsmäßig zusteht, sind schuldig und dafür verantwortlich, daß der bedenklich um sich greifenden Anarchie endlich einmal durch energische Maßregeln, durch abschreckende Beispiele gesteuert werde. Milde gegen einen unversöhnlichen Feind, Edelmuth gegen Menschen, denen das Wohl des ganzen deutschen Volkes Nichts gilt, — das ist Thorheit, Feigheit, Schwäche, Versün- digung an Deutschland und an Europa, an der lebenden und an der künftigen Generation, und eine Versündigung, die bald und schwer und unabwendbar sich rächen wird. Gott schütze Deutsch- land! Deutschland. Wien. Jn später Stunde, meldet die Allgemeine Zeitung, erhalten wir noch die Wiener Post vom 17. September. Sie ist voll der wichtigsten Meldungen, die wir heute nur mit wenigen Worten andeuten können. Graf Batthyanyi brachte wirklich in Pesth kein Ministerium für sich allein zusammen; Kossuths Bei- hülfe scheint in der Verzweiflung wieder erbeten worden zu seyn, und dieser veranlaßte die Absendung einer neuen Deputation nach Wien — an das österreichische Volk! Mittlerweile soll Graf Teleky, welcher an der Drau dem Banus den Uebergang wehren sollte, ohne Widerstand gewichen, ja ganz aus Ungarn entflohen und in Gratz angekommen seyn. Wenn also die beiden anderen ungarischen Heerhaufen ( unter Szalay und Twanka? ) nicht besser Stand halten, so kann Jellachich seinen Einzug in Pesth halten. Jn Pesth wurde zwar von Batthyanyi der Land- sturm aufgeboten; wird aber dieser die Geschicke abwenden kön- nen, die über Ungarn drohend hereinbrechen? — Aus Agram vom 15. erhalten wir Siegesberichte. Die ungarischen Heersäu- len an der Mur leisteten so wenig wie die an der Drau Wider- stand; die einen flohen, die anderen unterwarfen sich dem Ban, mit der Bitte nach Steyermark marschiren zu dürfen — so erklärt sich Teleky's Flucht nach Gratz. Wien 17. September. ( N. C. ) Während das ungarische Mi- nisterium, welches jetzt nur noch zum Schein im Amte verblieben ist, das militärische Aufgebot im Lande verkündet, um einen Guerillaskrieg gegen Jellachich zu unterhalten, und unsere Re- sidenz selbst das sonderbare Schauspiel darbietet, daß für beide streitende Parteien die Werbung von Freiwilligen hier stattfindet, hat der Ban ohne Widerstand die Drau und die Mur überschrit- ten. Das Militär schließt sich ihm überall an, und die bisher von seinem Armeecorps berührten Ortschaften haben sich ohne Schwert- streich ergeben. Die Stimme des Volkes spricht sich gegen die es unterdrückende magyarische Fraction in diesen Vorgängen auf das Deutlichste aus, und das Ende dieser an sich gewiß beklagens- werthen Zerwürfnisse wird ohne Zweifel kein anderes seyn, als der ungehemmte und wahrscheinlich ohne Blutvergießen bewerk- stelligte Marsch Jellachich's nach Buda=Pest, worauf alsdann, nach dem Willen des Kaisers, Unterhandlungen in Wien über die Feststellung der ungarisch=kroatischen Verhältnisse werden gepflo- gen werden, und zwar auf die Grundlage der pragmatischen Sanction, die nicht allein dasselbe königliche Oberhaupt der Dy- nastie, sondern in gewissen Punkten auch die allgemeine Verein- barung der Regierung mit den deutschen Erbländern grundsätzlich feststellt; ein Band, das in jüngster Zeit einseitig fast zerrissen worden ist. — Hier macht sich die demokratische Partei, selbst nach ihrer letzten Niederlage am 13. d. M., durch Aufreiz- ungen und Straßenskandale noch fortwährend mit vieler Rührig- keit geltend, und es dürfte in naher Zeit wieder zum offenen Frie- densbruche kommen. Anlaß dazu bietet der neu gegründete „ con- stitutionelle Verein,“ dessen Aufgabe es ist, eben sowohl der Rück- kehr des alten Absolutismus, als den frechen Uebergriffen der Republikaner ( wie sich das Programm ausdrückt ) entgegen zu wirken, und welcher bei den Gutgesinnten aller Stände eine so unglaubliche Theilnahme gefunden hat, daß die Einzeichnungen seit vier Tagen schon die Zahl von 22,000 Theilnehmern über- steigen. Die Radicalen und Republikaner erkennen darin natürlich ein starkes monarchisches Gegengewicht und wollen in diesen Vor- gängen Versuche zum Umsturze der errungenen Freiheit wittern. Durch ähnliche falsche Ausstreuungen, durch öffentliche Vorträge, wie sie der Präsident der deutschen demokratischen Vereine, Herr Fröbel, wiederholt hier hielt, sowie durch religiöse Aufregungen im Sinne des Deutsch=Katholicismus, als dessen Vorkämpfer, nach mehreren unglücklichen Versuchen hiesiger Priester, Herr Ronge heute mit einer Predigt im „Odeon“ auftrat, glaubt man die Gemüther zu bearbeiten, schafft aber Widerstand von gegen- theiliger Seite. So ist von den conservativen Liberalen der Plan gefaßt und theilweise auch schon zur Ausführung gebracht wor- den, sich mit den verpönten schwarz=gelben Farben zu schmücken, die, als Symbol der Jntegrität der Monarchie, von der Auf- lösungspartei besonders gehaßt werden. Jn Folge dieser Partei- demonstration haben gestern bereits Straßenexcesse stattgefunden. Triest 15. September. ( A. Z. ) Jn Fiume hat gestern die erste kroatische Congregation stattgefunden. Der Vicegespan er- öffnete dieselbe mit einer Rede in deutscher und kroatischer Sprache, welche von der Versammlung mit dem größten Enthu- siasmus aufgenommen wurde. Die Fiumaner sendeten auch eine Deputation mit einer Ergebenheitsadresse an Jellachich. Berlin 17. Sept. ( N. C. ) Hr. v. Beckerath ist vom Kö- nige aus Potsdam zurückgekehrt, allein noch steht nichts definitiv über die Zusammensetzung des Ministeriums fest, vielmehr findet man die Vertrauten Beckerath's, die während der letzten Tage sehr heiter und getrost waren, plötzlich schweigsam, fast möchten wir sagen, niedergeschlagen, als wären ihre Ministerhoffnungen zu nichte geworden. Sind wir recht unterrichtet, wie wir glauben, so dürfen wir darin ein gutes Zeichen für die glückliche Lösung der Krise erblicken. Die hauptsächliche Gefahr drohte nämlich im Augenblicke daher, daß der König in Beziehung auf den wahren Zustand der Dinge hierselbst, wie aus vielen umhergetragenen Aeußerungen desselben hervorgeht, völlig falsch unterrichtet ge- wesen und sich noch Hoffnungen hingegeben zu haben scheint, für welche alle Anhaltspunkte fehlen. Hr. v. Beckerath soll, so wird erzählt, dem Könige die volle, offene Wahrheit über die hiesigen Zustände gesagt haben und hat sich damit jedenfalls ein hohes Verdienst um den Thron erworben, denn es steht schlimm um den- selben, wenn man sich noch länger täuscht und passiv Alles über sich ergehen läßt; freilich soll er mit seinen Aeußerungen, die so sehr gegen die sonstigen Nachrichten kontrastirten, leider keinen rechten Glauben gefunden haben und in Folge davon mit seinen Ansichten und Vorschlägen bei'm Könige auf Widersprüche gesto- ßen seyn, deren schließliche Beseitigung jedoch mit Gewißheit vor- auszusehen ist. Und für diesen Fall wäre jedenfalls schon viel gewonnen und mancher Widerstand für die Zukunft beseitigt, wenn der König bei dieser Gelegenheit genaue Aufklärung erhalten hat 1). Koblenz 20. Sept. ( O. P. A. Z. ) Die Ereignisse in Frankfurt a. M. sind nicht ohne Rückwirkung auf unsere Stadt geblieben; es sind hier gestern Abend arge Excesse verübt worden. Der Abgeordnete von Koblenz bei der Reichsversammlung, Advo- cat und Justizrath Adams, sey von Frankfurt hier eingetroffen, hieß es. Da nun ein großer Theil der Einwohner mit dessen Richtung ( indem er bisher mit der äußersten Rechten stimmte ) , unzufrieden ist, sammelte sich am Abend ein Haufe Menschen vor seinem Hause, um eine Katzenmusik zu bringen. Dabei blieb es jedoch nicht, vielmehr ging der tobende Haufe zu Thätlichkeiten über, warf die Fenster ein, drang in das Haus und richtete im Erdgeschosse große Zerstörung an. Die Bürgerwehr wurde durch Generalmarsch zu den Waffen gerufen, erschien aber wenig zahl- reich; indessen gelang es ihr doch, die Ruhe wieder herzustellen und weitere Zerstörungen zu verhüten. Ein Gendarm wurde ver- wundet, auch sollen Ruhestörer Bajonettstiche von der Bürgerwehr erhalten haben. Das Militär, durch die Lärmkanonen alarmirt, schritt nicht ein. — Jn der Gegend von Kreuznach soll eine Mo- bil=Colonne von beiläufig 10,000 Mann zusammengezogen wer- den. Dragoner, Husaren und Artillerie marschiren gleichfalls dahin. Das siebente Armee=Corps rückt hierher, und unsere Stadt erhält Garnison von Truppen dieses westphälischen Armee- Corps. Nürnberg 20. September. Drei Compagnien des hiesigen Jnfanterieregiments werden morgen nach Bamberg abgehen, zum Ersatz einer gleichen Anzahl der dasigen Truppen, welche nach den sächsischen Herzogthümern verlegt werden sollen. G Landau 20. September. [ Ein Belegstück zur „ pfälzi- schen Presse und ihren Leitern“ Nr. 60. des M. J. ] Wo der Text steht, dahin gehört auch der Commentar und die Noten und darum wende ich mich an das Mainzer Journal, trotz aller Ver- 1) Die letzte Ministerliste, welche am 18. circulirte, war folgende: v. Beckerath, Präsident und Finanzen; v. Bonin, Jnneres; v. Pfuel, Krieg; Graf Dönhof, Auswärtiges; Mevissen, Handel; v. Ladenberg, Cultus. Es sind jedoch zu viele reactionäre Elemente darin vertreten, als daß eine solche Combination von Dauer seyn könnte.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 93. Mainz, 22. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal093_1848/2>, abgerufen am 29.05.2024.