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Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 103. Mittwoch, den 4. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Generalversammlung der katholischen Vereine
Deutschlands für religiöse Freiheit.
Erste öffentliche Sitzung am 3. October 1848.
( Schluß. )

Professor Buß aus Freiburg: Jch komme aus dem badi-
schen Oberland und bringe ihnen Dank und Gruß von mehr als
100,000 katholischen Mitbrüdern, Mitgliedern des Vereines Frei-
burg. Baden hat jetzt keinen guten Klang, aber wir sind doch
besser als unser Ruf. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir
für die katholische Sache vermögen. Wir haben es vor zwei
Jahren gezeigt beim Petitionssturm gegen Abgeordnete, welche
die Rechte der katholischen Kirche verriethen. Der Erfolg ist in
schmählicher Weise von der Bureaukratie dem Volk entwunden und
ausgebeutet worden. Wir sind die Spätesten: seit einem Monat
erst haben wir die Freiheit der Association benutzt; nicht als hätten
wir sie früher nicht gewollt, nein, weil wir sie nicht wollten aus den
Händen der Verschwörung, sondern aus dem Gewissen des Volkes.
Wir sind einen andern Weg gegangen als die Schlesier. Jene
gingen von der Stadt aufs Land, wir sind vom Land auf die
Stadt gegangen. Unsere Städte sind entnervt, verweichlicht, feig,
mattherzig, unfähig zur sittlichen Erhebung. Das gilt wenigstens
von den Massen, welche den Maßstab der Beurtheilung abgeben
müssen. Eine Handvoll Straßenknaben tyrannisirt die bedeutend-
sten Städte. Diese legen die Hände in den Schooß und lassen über
sich ergehen die Schande. Wer nicht an die Ewigkeit glaubt, setzt
Nichts für sie ein, hat nichts Höheres als Leib und Leibessorge,
er wagt Alles, wenn er seinen Leib wagt, daher die Feigheit.
Darum haben die größten Städte in Baden die kleinsten Vereine.
Kehren sie aber auf dem Lande den Schutt ab, da ist überall
grünes Wachsthum: sprechen sie an die Seele des Volkes, und
es antwortet der Glaube des lebendigen Gottes. Jch habe den
Aufruhr im badischen Oberland vorausgesehen, da hat mein Ge-
wissen gebebt, ich habe in einer Woche sechs Volksversammlungen
gehalten. Freischaaren waren dabei: ich habe das Verderbliche,
die Verkommenheit dieser Unternehmungen dargestellt, keine
Stimme hat sich dagegen erhoben, außer in einem Dorfe, wo man
eine Katzenmusik gebracht und die Fenster des Pfarrhauses, wo
ich wohnte, zertrümmert hat. "Diesen Jesuiten, hieß es, müssen
wir -- kalt machen!" Jn St. Blasien hielt ich die letzte Volksver-
sammlung, zwei Stunden später rückten die Freischaaren ein: mein
Haus fand ich bei meiner Heimkehr bezeichnet mit einem blutigen
Kreuze wie die der besten Bürger, bezeichnet zum Morde, zur
Plünderung. Jn jedem Ort sind nur eine Handvoll solcher Leute;
so ist es nicht blos im badischen Oberland, so ist es in ganz
Deutschland.

Wir erheben zuerst die Stimme des Dankes! Der Freiherr
von Andlaw wird noch eintreffen, wenn nicht unsere Befürcht-
ung eines neuen Einfalls von Basel her sich bestätigt; sonst wä-
ren Dutzende badischer Vereinsvorstände zugegen. Einer wenig-
stens sollte nicht fehlen; wäre auch das Land in vollem Aufruhr,
ich werde hier seyn um wenigstens unsern Dank zu bringen, un-
sere Noth zu klagen. Die Autoritäten sind gebrochen, die Throne
bestehen nicht mehr durch eigene Kraft; ebenso, ich sag' es frei
heraus, verfällt das moralische Ansehen der neu geschaffenen
Autorität, der Nationalversammlung zu Frankfurt. Am Tage
nach den schlechten Beschlüssen über Staat und Kirche haben wir
eine Auslegung des verdächtigen, nun nicht mehr zweideutigen §. 14.,
der im Nachsatz nimmt, was er im Vordersatz zu geben scheint,
[Spaltenumbruch] gefordert. Wir hatten so Etwas erwartet. Jch hatte nicht er-
wartet, daß die Linke um der Consequenz willen, die sie gleich-
wohl für die Frechheit noch geltend gemacht, kirchliche Freiheit
bewilligen würde; auch nicht von der Rechten hatte ich es gehofft,
auch nicht von dem in bureaukratischer Gewohnheit erstarrten
Centrum. Langjährige Gewohnheit legt man nicht plötzlich, nicht
an Einem Tage ab. Aber einigen Anstand gegenüber einer Kirche
von 25,000,000 Deutschen hatte ich erwartet! Man will uns
aber nicht blos die Gegenwart, auch die Zukunft will man uns
verbittern. Den Glauben der kommenden Generation will man
im Keime ersticken, die Schule soll uns entrissen, soll zu reinem
Staatseigenthum geknechtet, soll entchristlicht werden. Aber
vom Beschließen zum Vollziehen ist es weit,
-- wir
Katholiken lassen das nicht vollziehen.
( Lauter, lang-
anhaltender Beifall. ) Hinter der Protestation, die wir
geschickt, steht ein Muth, der selbst einer solchen
Versammlung gewachsen ist!
Trug und List bedroht
Deutschland von Außen, im Jnnern Aufruhr allenthalben, in
Frankfurt Reden, die ein Spiel sind der Eitelkeit, an die Byzan-
tiner mahnend, welche theologische Spitzfindigkeiten verhandel-
ten, indessen der Feind ihre Mauern brach. Das Spiel wird
nicht gelingen, wenn die Katholiken Ernst brauchen! Man wird
sich in Frankfurt besinnen, die Beschlüsse zurücknehmen, der Kirche
jene Freiheit geben, welche Christus, der Erlöser, ihr an die Stirne
geschrieben. Reißet die Hülle weg, dann werden die Herzen entgegen
pulsiren der Gnade Gottes, hinauf sich sehnend zu den Höhen des
Kreuzes. Dann ist die Freiheit erobert für die einzige Macht, welche
das unglücklich in der Brandung umhergetriebene Schiff noch retten
kann. Wir wollen ein geistiges Parlament bilden, niederknieend
um den Altar des ewigen gerechten Gottes, vor dem ewigen Ge-
richte der Fürsten und Völker, mit dem Kreuz in der Hand aus
tiefinnerstem Gewissen einstürmend unter die Parteien, mit dem
Kreuze, das die Jnschrift trägt: "Jn diesem Zeichen wirst du
siegen."

Ruland von Berlin: Kaum ein Wort kann ich noch sagen,
so gewaltig hat der Redner vor mir aus meiner Seele herausge-
redet, so tief ist er mir hineingedrungen. Ja, mit dem Kreuze voran
und Gebet auf den Lippen, dann mag die Hölle und der Satan
uns bekämpfen! Jch kann Jhnen von Allem dem, was meine
Vorgänger dargeboten, Nichts entgegentragen. Nichts von einer
materiellen Macht, Nichts von überwiegender Gewalt dee Bevöl-
kerung; nur Eines kann ich darbringen: einen warmen, heiligen,
in Gefahr und Todesnoth unerschütterlichen katholischen Glau-
ben. Die sich bei uns katholisch nennen, sind es auch; das sind
nicht die blasirten Vornehmen, es ist das arme, an seine Arbeit
und seinen Gott angewiesene katholische Volk, das seinen Schweiß
geopfert hat, um barmherzige Schwestern zu haben, welche die
Gotteslästerer von den Straßen aufsuchen, um an ihren Betten
ihre Herzen zu rühren; ja nur von dem Schweißpfennig dieser
Armen erhalten wir uns achtzehn katholische Schulen. Dieses
arme Volk hat uns gezwungen, mit ihm zu gehen; es hat ausge-
rufen: wir sind Eins im Glauben mit unsern Brüdern, wir wol-
len Leib und Leben opfern, wenn es gilt nicht fluchwürdige Em-
pörung, sondern heiligen Glaubenskampf. Wir zählen Tausende
opfermuthig und opferwillig. Nur durch die wenigen, gesammel-
ten Pfennige dieser armen Katholiken ist es möglich, daß ich vor
Jhnen stehe, selbst ein armer Priester, der Nichts hat. Das ist
also der Gruß, den wir Norddeutsche den Süddeutschen bringen:
"Jhr habet auf uns zu rechnen mit Leib und Seele, wir kommen
zu Euch, liebend und Liebe verlangend, mit offenen Armen, und in
eure Arme uns hineinstürzend." Sind mir geeinigt, dann mögen
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 103. Mittwoch, den 4. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Generalversammlung der katholischen Vereine
Deutschlands für religiöse Freiheit.
Erste öffentliche Sitzung am 3. October 1848.
( Schluß. )

Professor Buß aus Freiburg: Jch komme aus dem badi-
schen Oberland und bringe ihnen Dank und Gruß von mehr als
100,000 katholischen Mitbrüdern, Mitgliedern des Vereines Frei-
burg. Baden hat jetzt keinen guten Klang, aber wir sind doch
besser als unser Ruf. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir
für die katholische Sache vermögen. Wir haben es vor zwei
Jahren gezeigt beim Petitionssturm gegen Abgeordnete, welche
die Rechte der katholischen Kirche verriethen. Der Erfolg ist in
schmählicher Weise von der Bureaukratie dem Volk entwunden und
ausgebeutet worden. Wir sind die Spätesten: seit einem Monat
erst haben wir die Freiheit der Association benutzt; nicht als hätten
wir sie früher nicht gewollt, nein, weil wir sie nicht wollten aus den
Händen der Verschwörung, sondern aus dem Gewissen des Volkes.
Wir sind einen andern Weg gegangen als die Schlesier. Jene
gingen von der Stadt aufs Land, wir sind vom Land auf die
Stadt gegangen. Unsere Städte sind entnervt, verweichlicht, feig,
mattherzig, unfähig zur sittlichen Erhebung. Das gilt wenigstens
von den Massen, welche den Maßstab der Beurtheilung abgeben
müssen. Eine Handvoll Straßenknaben tyrannisirt die bedeutend-
sten Städte. Diese legen die Hände in den Schooß und lassen über
sich ergehen die Schande. Wer nicht an die Ewigkeit glaubt, setzt
Nichts für sie ein, hat nichts Höheres als Leib und Leibessorge,
er wagt Alles, wenn er seinen Leib wagt, daher die Feigheit.
Darum haben die größten Städte in Baden die kleinsten Vereine.
Kehren sie aber auf dem Lande den Schutt ab, da ist überall
grünes Wachsthum: sprechen sie an die Seele des Volkes, und
es antwortet der Glaube des lebendigen Gottes. Jch habe den
Aufruhr im badischen Oberland vorausgesehen, da hat mein Ge-
wissen gebebt, ich habe in einer Woche sechs Volksversammlungen
gehalten. Freischaaren waren dabei: ich habe das Verderbliche,
die Verkommenheit dieser Unternehmungen dargestellt, keine
Stimme hat sich dagegen erhoben, außer in einem Dorfe, wo man
eine Katzenmusik gebracht und die Fenster des Pfarrhauses, wo
ich wohnte, zertrümmert hat. „Diesen Jesuiten, hieß es, müssen
wir — kalt machen!“ Jn St. Blasien hielt ich die letzte Volksver-
sammlung, zwei Stunden später rückten die Freischaaren ein: mein
Haus fand ich bei meiner Heimkehr bezeichnet mit einem blutigen
Kreuze wie die der besten Bürger, bezeichnet zum Morde, zur
Plünderung. Jn jedem Ort sind nur eine Handvoll solcher Leute;
so ist es nicht blos im badischen Oberland, so ist es in ganz
Deutschland.

Wir erheben zuerst die Stimme des Dankes! Der Freiherr
von Andlaw wird noch eintreffen, wenn nicht unsere Befürcht-
ung eines neuen Einfalls von Basel her sich bestätigt; sonst wä-
ren Dutzende badischer Vereinsvorstände zugegen. Einer wenig-
stens sollte nicht fehlen; wäre auch das Land in vollem Aufruhr,
ich werde hier seyn um wenigstens unsern Dank zu bringen, un-
sere Noth zu klagen. Die Autoritäten sind gebrochen, die Throne
bestehen nicht mehr durch eigene Kraft; ebenso, ich sag' es frei
heraus, verfällt das moralische Ansehen der neu geschaffenen
Autorität, der Nationalversammlung zu Frankfurt. Am Tage
nach den schlechten Beschlüssen über Staat und Kirche haben wir
eine Auslegung des verdächtigen, nun nicht mehr zweideutigen §. 14.,
der im Nachsatz nimmt, was er im Vordersatz zu geben scheint,
[Spaltenumbruch] gefordert. Wir hatten so Etwas erwartet. Jch hatte nicht er-
wartet, daß die Linke um der Consequenz willen, die sie gleich-
wohl für die Frechheit noch geltend gemacht, kirchliche Freiheit
bewilligen würde; auch nicht von der Rechten hatte ich es gehofft,
auch nicht von dem in bureaukratischer Gewohnheit erstarrten
Centrum. Langjährige Gewohnheit legt man nicht plötzlich, nicht
an Einem Tage ab. Aber einigen Anstand gegenüber einer Kirche
von 25,000,000 Deutschen hatte ich erwartet! Man will uns
aber nicht blos die Gegenwart, auch die Zukunft will man uns
verbittern. Den Glauben der kommenden Generation will man
im Keime ersticken, die Schule soll uns entrissen, soll zu reinem
Staatseigenthum geknechtet, soll entchristlicht werden. Aber
vom Beschließen zum Vollziehen ist es weit,
wir
Katholiken lassen das nicht vollziehen.
( Lauter, lang-
anhaltender Beifall. ) Hinter der Protestation, die wir
geschickt, steht ein Muth, der selbst einer solchen
Versammlung gewachsen ist!
Trug und List bedroht
Deutschland von Außen, im Jnnern Aufruhr allenthalben, in
Frankfurt Reden, die ein Spiel sind der Eitelkeit, an die Byzan-
tiner mahnend, welche theologische Spitzfindigkeiten verhandel-
ten, indessen der Feind ihre Mauern brach. Das Spiel wird
nicht gelingen, wenn die Katholiken Ernst brauchen! Man wird
sich in Frankfurt besinnen, die Beschlüsse zurücknehmen, der Kirche
jene Freiheit geben, welche Christus, der Erlöser, ihr an die Stirne
geschrieben. Reißet die Hülle weg, dann werden die Herzen entgegen
pulsiren der Gnade Gottes, hinauf sich sehnend zu den Höhen des
Kreuzes. Dann ist die Freiheit erobert für die einzige Macht, welche
das unglücklich in der Brandung umhergetriebene Schiff noch retten
kann. Wir wollen ein geistiges Parlament bilden, niederknieend
um den Altar des ewigen gerechten Gottes, vor dem ewigen Ge-
richte der Fürsten und Völker, mit dem Kreuz in der Hand aus
tiefinnerstem Gewissen einstürmend unter die Parteien, mit dem
Kreuze, das die Jnschrift trägt: „Jn diesem Zeichen wirst du
siegen.“

Ruland von Berlin: Kaum ein Wort kann ich noch sagen,
so gewaltig hat der Redner vor mir aus meiner Seele herausge-
redet, so tief ist er mir hineingedrungen. Ja, mit dem Kreuze voran
und Gebet auf den Lippen, dann mag die Hölle und der Satan
uns bekämpfen! Jch kann Jhnen von Allem dem, was meine
Vorgänger dargeboten, Nichts entgegentragen. Nichts von einer
materiellen Macht, Nichts von überwiegender Gewalt dee Bevöl-
kerung; nur Eines kann ich darbringen: einen warmen, heiligen,
in Gefahr und Todesnoth unerschütterlichen katholischen Glau-
ben. Die sich bei uns katholisch nennen, sind es auch; das sind
nicht die blasirten Vornehmen, es ist das arme, an seine Arbeit
und seinen Gott angewiesene katholische Volk, das seinen Schweiß
geopfert hat, um barmherzige Schwestern zu haben, welche die
Gotteslästerer von den Straßen aufsuchen, um an ihren Betten
ihre Herzen zu rühren; ja nur von dem Schweißpfennig dieser
Armen erhalten wir uns achtzehn katholische Schulen. Dieses
arme Volk hat uns gezwungen, mit ihm zu gehen; es hat ausge-
rufen: wir sind Eins im Glauben mit unsern Brüdern, wir wol-
len Leib und Leben opfern, wenn es gilt nicht fluchwürdige Em-
pörung, sondern heiligen Glaubenskampf. Wir zählen Tausende
opfermuthig und opferwillig. Nur durch die wenigen, gesammel-
ten Pfennige dieser armen Katholiken ist es möglich, daß ich vor
Jhnen stehe, selbst ein armer Priester, der Nichts hat. Das ist
also der Gruß, den wir Norddeutsche den Süddeutschen bringen:
„Jhr habet auf uns zu rechnen mit Leib und Seele, wir kommen
zu Euch, liebend und Liebe verlangend, mit offenen Armen, und in
eure Arme uns hineinstürzend.“ Sind mir geeinigt, dann mögen
[Ende Spaltensatz]

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( Schluß. ) Professor Buß aus Freiburg: Jch komme aus dem badi- schen Oberland und bringe ihnen Dank und Gruß von mehr als 100,000 katholischen Mitbrüdern, Mitgliedern des Vereines Frei- burg. Baden hat jetzt keinen guten Klang, aber wir sind doch besser als unser Ruf. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir für die katholische Sache vermögen. Wir haben es vor zwei Jahren gezeigt beim Petitionssturm gegen Abgeordnete, welche die Rechte der katholischen Kirche verriethen. Der Erfolg ist in schmählicher Weise von der Bureaukratie dem Volk entwunden und ausgebeutet worden. Wir sind die Spätesten: seit einem Monat erst haben wir die Freiheit der Association benutzt; nicht als hätten wir sie früher nicht gewollt, nein, weil wir sie nicht wollten aus den Händen der Verschwörung, sondern aus dem Gewissen des Volkes. Wir sind einen andern Weg gegangen als die Schlesier. Jene gingen von der Stadt aufs Land, wir sind vom Land auf die Stadt gegangen. Unsere Städte sind entnervt, verweichlicht, feig, mattherzig, unfähig zur sittlichen Erhebung. Das gilt wenigstens von den Massen, welche den Maßstab der Beurtheilung abgeben müssen. Eine Handvoll Straßenknaben tyrannisirt die bedeutend- sten Städte. Diese legen die Hände in den Schooß und lassen über sich ergehen die Schande. Wer nicht an die Ewigkeit glaubt, setzt Nichts für sie ein, hat nichts Höheres als Leib und Leibessorge, er wagt Alles, wenn er seinen Leib wagt, daher die Feigheit. Darum haben die größten Städte in Baden die kleinsten Vereine. Kehren sie aber auf dem Lande den Schutt ab, da ist überall grünes Wachsthum: sprechen sie an die Seele des Volkes, und es antwortet der Glaube des lebendigen Gottes. Jch habe den Aufruhr im badischen Oberland vorausgesehen, da hat mein Ge- wissen gebebt, ich habe in einer Woche sechs Volksversammlungen gehalten. Freischaaren waren dabei: ich habe das Verderbliche, die Verkommenheit dieser Unternehmungen dargestellt, keine Stimme hat sich dagegen erhoben, außer in einem Dorfe, wo man eine Katzenmusik gebracht und die Fenster des Pfarrhauses, wo ich wohnte, zertrümmert hat. „Diesen Jesuiten, hieß es, müssen wir — kalt machen!“ Jn St. Blasien hielt ich die letzte Volksver- sammlung, zwei Stunden später rückten die Freischaaren ein: mein Haus fand ich bei meiner Heimkehr bezeichnet mit einem blutigen Kreuze wie die der besten Bürger, bezeichnet zum Morde, zur Plünderung. Jn jedem Ort sind nur eine Handvoll solcher Leute; so ist es nicht blos im badischen Oberland, so ist es in ganz Deutschland. Wir erheben zuerst die Stimme des Dankes! Der Freiherr von Andlaw wird noch eintreffen, wenn nicht unsere Befürcht- ung eines neuen Einfalls von Basel her sich bestätigt; sonst wä- ren Dutzende badischer Vereinsvorstände zugegen. Einer wenig- stens sollte nicht fehlen; wäre auch das Land in vollem Aufruhr, ich werde hier seyn um wenigstens unsern Dank zu bringen, un- sere Noth zu klagen. Die Autoritäten sind gebrochen, die Throne bestehen nicht mehr durch eigene Kraft; ebenso, ich sag' es frei heraus, verfällt das moralische Ansehen der neu geschaffenen Autorität, der Nationalversammlung zu Frankfurt. Am Tage nach den schlechten Beschlüssen über Staat und Kirche haben wir eine Auslegung des verdächtigen, nun nicht mehr zweideutigen §. 14., der im Nachsatz nimmt, was er im Vordersatz zu geben scheint, gefordert. Wir hatten so Etwas erwartet. Jch hatte nicht er- wartet, daß die Linke um der Consequenz willen, die sie gleich- wohl für die Frechheit noch geltend gemacht, kirchliche Freiheit bewilligen würde; auch nicht von der Rechten hatte ich es gehofft, auch nicht von dem in bureaukratischer Gewohnheit erstarrten Centrum. Langjährige Gewohnheit legt man nicht plötzlich, nicht an Einem Tage ab. Aber einigen Anstand gegenüber einer Kirche von 25,000,000 Deutschen hatte ich erwartet! Man will uns aber nicht blos die Gegenwart, auch die Zukunft will man uns verbittern. Den Glauben der kommenden Generation will man im Keime ersticken, die Schule soll uns entrissen, soll zu reinem Staatseigenthum geknechtet, soll entchristlicht werden. Aber vom Beschließen zum Vollziehen ist es weit, — wir Katholiken lassen das nicht vollziehen. ( Lauter, lang- anhaltender Beifall. ) Hinter der Protestation, die wir geschickt, steht ein Muth, der selbst einer solchen Versammlung gewachsen ist! Trug und List bedroht Deutschland von Außen, im Jnnern Aufruhr allenthalben, in Frankfurt Reden, die ein Spiel sind der Eitelkeit, an die Byzan- tiner mahnend, welche theologische Spitzfindigkeiten verhandel- ten, indessen der Feind ihre Mauern brach. Das Spiel wird nicht gelingen, wenn die Katholiken Ernst brauchen! Man wird sich in Frankfurt besinnen, die Beschlüsse zurücknehmen, der Kirche jene Freiheit geben, welche Christus, der Erlöser, ihr an die Stirne geschrieben. Reißet die Hülle weg, dann werden die Herzen entgegen pulsiren der Gnade Gottes, hinauf sich sehnend zu den Höhen des Kreuzes. Dann ist die Freiheit erobert für die einzige Macht, welche das unglücklich in der Brandung umhergetriebene Schiff noch retten kann. Wir wollen ein geistiges Parlament bilden, niederknieend um den Altar des ewigen gerechten Gottes, vor dem ewigen Ge- richte der Fürsten und Völker, mit dem Kreuz in der Hand aus tiefinnerstem Gewissen einstürmend unter die Parteien, mit dem Kreuze, das die Jnschrift trägt: „Jn diesem Zeichen wirst du siegen.“ Ruland von Berlin: Kaum ein Wort kann ich noch sagen, so gewaltig hat der Redner vor mir aus meiner Seele herausge- redet, so tief ist er mir hineingedrungen. Ja, mit dem Kreuze voran und Gebet auf den Lippen, dann mag die Hölle und der Satan uns bekämpfen! Jch kann Jhnen von Allem dem, was meine Vorgänger dargeboten, Nichts entgegentragen. Nichts von einer materiellen Macht, Nichts von überwiegender Gewalt dee Bevöl- kerung; nur Eines kann ich darbringen: einen warmen, heiligen, in Gefahr und Todesnoth unerschütterlichen katholischen Glau- ben. Die sich bei uns katholisch nennen, sind es auch; das sind nicht die blasirten Vornehmen, es ist das arme, an seine Arbeit und seinen Gott angewiesene katholische Volk, das seinen Schweiß geopfert hat, um barmherzige Schwestern zu haben, welche die Gotteslästerer von den Straßen aufsuchen, um an ihren Betten ihre Herzen zu rühren; ja nur von dem Schweißpfennig dieser Armen erhalten wir uns achtzehn katholische Schulen. Dieses arme Volk hat uns gezwungen, mit ihm zu gehen; es hat ausge- rufen: wir sind Eins im Glauben mit unsern Brüdern, wir wol- len Leib und Leben opfern, wenn es gilt nicht fluchwürdige Em- pörung, sondern heiligen Glaubenskampf. Wir zählen Tausende opfermuthig und opferwillig. Nur durch die wenigen, gesammel- ten Pfennige dieser armen Katholiken ist es möglich, daß ich vor Jhnen stehe, selbst ein armer Priester, der Nichts hat. Das ist also der Gruß, den wir Norddeutsche den Süddeutschen bringen: „Jhr habet auf uns zu rechnen mit Leib und Seele, wir kommen zu Euch, liebend und Liebe verlangend, mit offenen Armen, und in eure Arme uns hineinstürzend.“ Sind mir geeinigt, dann mögen

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal103_1848/1>, abgerufen am 16.05.2024.