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Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] ich organisirte gezeigt hat, etwas zu lernen, raisonniren sie blos
m Stillen über die Erfolge, die dieselbe ihrer Entschiedenheit
verdankt. Uebrigens hat die Aufstellung des demokratischen Can-
didaten hier allseitig überrascht. Stellen wir uns auch außer-
halb jedes Parteistandpunktes, so erscheint es uns rein unbegreif-
lich, wie man, abgesehen davon, daß Herr Dölitzsch eben noch der
einzige Parteiführer ist, sich für ihn hat bestimmen können, denn
es gehen ihm alle anderen für die Stellung eines Bürgerwehr-
commandanten erforderlichen Eigenschaften, selbst die körperlichen
Erfordernisse ab, und er hat sich bisher von allen Bürgerwehr-
diensten seiner Kränklichkeit wegen fern halten müssen.

Frankfurt 18. December. ( O. P. A. Z. ) An die Verhand-
lung vom letzten Sonnabende über die Vorlage des Handels-
ministers,
die commercielle Einigung Deutschlands betreffend,
haben sich Vermuthungen geknüpft, als ob Duckwitz sich zu der
Freihandelspartei geschlagen habe. Auch verbreitet man da und
dort die seltsame Ansicht, als spreche der von Abgeordneten der
norddeutschen Handelsstädte herausgegebene Entwurf eines Zoll-
tarifes die Ansichten des Reichshandelsministeriums aus. Die
gänzliche Unrichtigkeit dieser Ansichten können wir aus der besten
Quelle versichern; das Reichsministerium steht nach wie vor auf
dem Standpunkte practischer Vermittelung der Extreme, den es
festhalten wird. Wir legen großen Werth auf die
Verbreitung dieser Berichtigung,
weil jene irrigen
Ansichten, wie wir hören, große Beunruhigung in Süddeutsch-
land hervorgerufen, deren Anwachsen zu verhindern in der Pflicht
eines Jeden liegt, der die Handelseinigung Deutschlands als eine
unserer größten Aufgaben erkennt.

Frankreich.

M Paris 15. December. Die Männer der rothen Republik
liegen sich einmal wieder in den Haaren und das Organ Ledru-
Rollins, die "Revolution democratique et sociale" fällt eben mit
wahrer Wuth über Proudhon her und beschwört "den Fluch aller
wahren Demokraten" auf sein Haupt herab. Herr Proudhon ist
indessen ein Geschöpf, das Schnabel und Klauen hat, und wenn
er grimmig wird, so wird er den "Berg" schön zerkratzen, den er
vor Kurzem in seinem weltberühmten Streite mit Felix Pyat
"einen Olymp von Einfaltspinseln" genannt hat. Diese Fami-
lienscenen der Anarchisten sind wirklich das Amusanteste von der
Welt, was man sich denken kann und wir können dem allgemei-
nen Stimmrechte nicht genug danken, daß es die Veranlassung
geworden ist, wegen deren diese "Bürger" die Nasen sich abbeißen.
Ledru=Rollins Blatt hat es indessen nicht allein mit Proudhon,
sondern auch mit dem "National" zu thun, und es vergißt über
der Niederlage, welche der National erlitten, fast ganz das Un-
glück, welches seinem eigenen Patrone bei der Präsidentenwahl
passirt ist. Armer National, wie bist du den Siegern und den
Besiegten zum Spotte geworden!

Eine andere Abart der Rothen, die Redacteure der " Demo-
cratie pacifique," verthuen ihre Zeit nicht mit leeren Declamatio-
nen, wie Ledru=Rollin und seine Freunde, sondern sie schmeicheln,
statt zu schmähen, und segnen statt zu fluchen. Vor der aufgehen-
den Sonne hat sich die "Democratie pacifique" stets tief in den
Staub geneigt. Ehe die Februartage kamen, war sie monarchisch,
als aber die Monarchie gestürzt war, wurde sie auf einmal, man
weiß nicht recht wie, republikanisch vom Tage vorher. Nun bot
sie ihre Recepte der Republik an, es waren indessen schon so viele
Quacksalber am Platze, daß die Gabe halb und halb verschmäht
wurde. Die "Democratie pacifique" ließ sich dadurch aber nicht
aus der Fassung bringen, sondern wandte sich, als das Reich von
Louis Blanc zu Ende war, dem Generale Cavaignac zu und bot
ihm ihr unfehlbares Heilmittel benebst den zwei= oder dreitausend
Stimmen an, über welche sie verfügen kann. Der General, der
ein vernünftiger Mann ist, gab aber dem marktschreierischen
Heilkünstler einen Fußtritt. Die "Democratie" wurde darüber
wüthig und warf sich Ledru=Rollin in die Arme, dessen Lob sie in
allen möglichen Variationen sang. Da indessen im Gefolge Le-
dru=Rollins dermalen nur Schläge zu bekommen sind und das
System Fourriers immer noch keine Aussicht hat, aus seinem my-
thischen Zustande herauszutreten, so klammert sie sich jetzt mit
bekannter Gewandtheit an Louis Bonaparte an und behauptet
steif und fest, sie habe ihm, Cavaignac zum Trotze, viele Stimmen
in Paris zugewiesen. Dafür verlangt sie ihren Lohn und dringt
darauf, daß für die Jdee Fourriers etwas gethan werde. Allem
Anscheine nach ist indessen alle diese Mühe auch jetzt wieder um-
sonst gewesen, denn die Räthe des künftigen Präsidenten sind
jedenfalls so vernünftig, daß sie die socialistischen Träumereien
dieses Blattes für das halten werden, was sie sind.

So viel steht schon fest, daß das allgemeine Stimmrecht dem
Prinzen Louis Bonaparte die absolute Majorität bringen und
[Spaltenumbruch] daß die Nationalversammlung weiter nichts zu thun haben wird,
als des Volkes Auserwählten zu proclamiren und seinen Eid ihm
abzunehmen. Wenn indessen dem Candidaten gegen alles Erwarten
auch noch ein paar tausend Stimmen an der absoluten Majorität
fehlen sollten, so treten hier Rücksichten etn, vor welchen die heftigsten
persönlichen Sympathien oder Antipathien in den Hintergrund
zurücktreten müssen. Die erste Rücksicht ist die Zahl der Stimmen
selbst und wenn, wie alle Anzeigen darauf hindeuten, die Distanz
zwischen den beiden Hauptcandidaten eine ungeheuere ist, so hat
sich, selbst wenn an der absoluten Majorität noch ein paar Stim-
men fehlen sollten, der Wille der Nation so offenkundig ausge-
sprochen, daß die Nationalversammlung sich wohl fügen muß.
Die zweite Rücksicht, welche zu nehmen ist, wird die Abstimmung
der Armee seyn. Die Soldaten haben zwar, nach der getroffenen
sehr vernünftigen Anordnung, nicht abgesondert, sondern mit den
bürgerlichen Wählern vermischt ihre Stimmen abgegeben. Es ist
indessen für Niemanden ein Geheimniß, wem die Majorität des
Heeres zugefallen ist, und es liegt im Jnteresse der Disciplin und
Ordnung, daß darauf die gebührende Rücksicht genommen werde.
Das Dritte, was berücksichtigt werden muß, ist die Abstimmung
von Paris. Paris ist der Sitz der Regierung, es ist einmal das
Herz Frankreichs und es liegt im Jnteresse des Landes, daß Pa-
ris ruhig bleibe und wieder Vertrauen auf die Zukunft gewinne.
Eine vernünftige Politik erfordert es also, den Candidaten zu be-
rücksichtigen, welchem die Majorität der Pariser Wähler ihre
Stimme gegeben hat, zumal wenn diese Majorität mit der Ma-
jorität des ganzen Landes im Einklange steht.

* * * Paris 17. December. Jn so weit die Wahlen aus allen
Departements bekannt geworden sind, hat Louis Napoleon bis
jetzt 4,538,642 und Cavaignac 1,152,720 Stimmen erhalten.
Die übrigen Candidaten, Ledru=Rollin, Raspail und Lamartine
kommen nicht in Betracht, jedoch hat Ledru=Rollin in einigen De-
partements, wo die Arbeiterbevölkerung in den Städten sich con-
centrirt, verhältnißmäßig viele Stimmen erhalten, im Departe-
ment der Rhonemündungen z. B. 35,000 ( L. Bonaparte erhielt
dort 19,000, Cavaignac 45,000 Stimmen ) , im Departement der
oberen Garonne 10,336 ( L. Bonaparte 44,126, Cavaignac
9,212 ) , im Gersdepartement 8,753 ( L. Bonaparte 52,092,
Cavaignac 5,541 ) , im Departement der Lot und Garonne
12,314 ( L. Bonaparte 49,907, Cavaignac 6,967 ) , im Nord-
departement 14,441 ( L. Bonaparte 105,475, Cavaignac
86,939 ) . Jn 35 Departements dagegen erhielt Ledru=Rollin
nicht eine einzige, in allen übrigen Departements nur wenige
Stimmen. Sonst ist von hier aus wenig zu melden, es herrscht
vollkommene Ruhe, alle Staatspapiere steigen, das Geld und
der Herr Credit kommen wieder zum Vorschein und das Ver-
trauen auf die Zukunft nimmt auf eine wahrhaft staunenswerthe
Weise zu. Was die Nationalversammlung betrifft, deren Sitz-
ungen in den letzten Tagen verzweifelt langweilig waren, so
glaubt man allgemein, daß sie nicht mehr lange beisammen blei-
ben wird. -- Der heilige Vater hat an Cavaignac das folgende
Schreiben gerichtet: "Herr General! Mein Herz ist gerührt und ich
bin von Dankbarkeit durchdrungen für die schnelle und edle
Erhebung der ältesten Tochter der Kirche, die ihren regsten Eifer an
den Tag legt und sich bereits anschickt, dem regierenden Papste
zu Hilfe zu eilen. Es wird sich mir ohne Zweifel eine günstige
Gelegenheit bieten, in Person Frankreich meine väterlichen
Gefühle zu bezeugen und auf französischem Boden mit eigener
Hand die Segnungen des Herrn auszuspenden, wie ich jetzt
schon ihn anflehe, daß sich diese Segnungen reichlich über Sie
und ganz Frankreich ausbreiten. Gaeta 7. December 1848.
Pius IX." -- General Lamoriciere hat an die Armee folgenden
Tagesbefehl erlassen: Officiere, Unterofficiere und Soldaten!
Zum ersten Male war das ganze Volk berufen, den Präsidenten
der Republik zu wählen. Jn wenigen Tagen wird die National-
versammlung den durch das allgemeine Stimmrecht bezeichneten
Namen verkünden. Sollten Euch inzwischen Wühler zu sträflichen
Manifestationen verleiten, so werdet Jhr Eure Pflicht zu erfüllen
wissen. Die Regierung ist bereit, dem Erwählten der Nation die
Macht zu übertragen, die ihr von der Nationalversammlug ver-
liehen wurde; sie soll und will sie unversehrt und geachtet zu-
rückgeben. Der Kriegsminister, der Euch so tapfer und hingebend
im Kampfe und so geduldig und ruhig in den Tagen sah, die ihm
folgten, zählt auf Euch, daß Jhr ihn bis ans Ende in seinem Auf-
trage unterstützen werdet, der darin bestand, die Ordnung aufrecht
zu erhalten und dem Gesetz Achtung zu verschaffen. ( gez. ) De Lamo-
riciere. -- Nun noch eine Neuigkeit: Marschall Bugeaud hat
das Commando der Alpenarmee übernommen, jedoch nur unter
der Bedingung, daß das Hauptquartier nach Bourges verlegt
werde. Der Marschall will sich in den Stand setzen eben so leicht
nach Paris als nach Jtalien zu marschiren!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] ich organisirte gezeigt hat, etwas zu lernen, raisonniren sie blos
m Stillen über die Erfolge, die dieselbe ihrer Entschiedenheit
verdankt. Uebrigens hat die Aufstellung des demokratischen Can-
didaten hier allseitig überrascht. Stellen wir uns auch außer-
halb jedes Parteistandpunktes, so erscheint es uns rein unbegreif-
lich, wie man, abgesehen davon, daß Herr Dölitzsch eben noch der
einzige Parteiführer ist, sich für ihn hat bestimmen können, denn
es gehen ihm alle anderen für die Stellung eines Bürgerwehr-
commandanten erforderlichen Eigenschaften, selbst die körperlichen
Erfordernisse ab, und er hat sich bisher von allen Bürgerwehr-
diensten seiner Kränklichkeit wegen fern halten müssen.

Frankfurt 18. December. ( O. P. A. Z. ) An die Verhand-
lung vom letzten Sonnabende über die Vorlage des Handels-
ministers,
die commercielle Einigung Deutschlands betreffend,
haben sich Vermuthungen geknüpft, als ob Duckwitz sich zu der
Freihandelspartei geschlagen habe. Auch verbreitet man da und
dort die seltsame Ansicht, als spreche der von Abgeordneten der
norddeutschen Handelsstädte herausgegebene Entwurf eines Zoll-
tarifes die Ansichten des Reichshandelsministeriums aus. Die
gänzliche Unrichtigkeit dieser Ansichten können wir aus der besten
Quelle versichern; das Reichsministerium steht nach wie vor auf
dem Standpunkte practischer Vermittelung der Extreme, den es
festhalten wird. Wir legen großen Werth auf die
Verbreitung dieser Berichtigung,
weil jene irrigen
Ansichten, wie wir hören, große Beunruhigung in Süddeutsch-
land hervorgerufen, deren Anwachsen zu verhindern in der Pflicht
eines Jeden liegt, der die Handelseinigung Deutschlands als eine
unserer größten Aufgaben erkennt.

Frankreich.

M Paris 15. December. Die Männer der rothen Republik
liegen sich einmal wieder in den Haaren und das Organ Ledru-
Rollins, die „Revolution democratique et sociale“ fällt eben mit
wahrer Wuth über Proudhon her und beschwört „den Fluch aller
wahren Demokraten“ auf sein Haupt herab. Herr Proudhon ist
indessen ein Geschöpf, das Schnabel und Klauen hat, und wenn
er grimmig wird, so wird er den „Berg“ schön zerkratzen, den er
vor Kurzem in seinem weltberühmten Streite mit Felix Pyat
„einen Olymp von Einfaltspinseln“ genannt hat. Diese Fami-
lienscenen der Anarchisten sind wirklich das Amusanteste von der
Welt, was man sich denken kann und wir können dem allgemei-
nen Stimmrechte nicht genug danken, daß es die Veranlassung
geworden ist, wegen deren diese „Bürger“ die Nasen sich abbeißen.
Ledru=Rollins Blatt hat es indessen nicht allein mit Proudhon,
sondern auch mit dem „National“ zu thun, und es vergißt über
der Niederlage, welche der National erlitten, fast ganz das Un-
glück, welches seinem eigenen Patrone bei der Präsidentenwahl
passirt ist. Armer National, wie bist du den Siegern und den
Besiegten zum Spotte geworden!

Eine andere Abart der Rothen, die Redacteure der „ Demo-
cratie pacifique,“ verthuen ihre Zeit nicht mit leeren Declamatio-
nen, wie Ledru=Rollin und seine Freunde, sondern sie schmeicheln,
statt zu schmähen, und segnen statt zu fluchen. Vor der aufgehen-
den Sonne hat sich die „Democratie pacifique“ stets tief in den
Staub geneigt. Ehe die Februartage kamen, war sie monarchisch,
als aber die Monarchie gestürzt war, wurde sie auf einmal, man
weiß nicht recht wie, republikanisch vom Tage vorher. Nun bot
sie ihre Recepte der Republik an, es waren indessen schon so viele
Quacksalber am Platze, daß die Gabe halb und halb verschmäht
wurde. Die „Democratie pacifique“ ließ sich dadurch aber nicht
aus der Fassung bringen, sondern wandte sich, als das Reich von
Louis Blanc zu Ende war, dem Generale Cavaignac zu und bot
ihm ihr unfehlbares Heilmittel benebst den zwei= oder dreitausend
Stimmen an, über welche sie verfügen kann. Der General, der
ein vernünftiger Mann ist, gab aber dem marktschreierischen
Heilkünstler einen Fußtritt. Die „Democratie“ wurde darüber
wüthig und warf sich Ledru=Rollin in die Arme, dessen Lob sie in
allen möglichen Variationen sang. Da indessen im Gefolge Le-
dru=Rollins dermalen nur Schläge zu bekommen sind und das
System Fourriers immer noch keine Aussicht hat, aus seinem my-
thischen Zustande herauszutreten, so klammert sie sich jetzt mit
bekannter Gewandtheit an Louis Bonaparte an und behauptet
steif und fest, sie habe ihm, Cavaignac zum Trotze, viele Stimmen
in Paris zugewiesen. Dafür verlangt sie ihren Lohn und dringt
darauf, daß für die Jdee Fourriers etwas gethan werde. Allem
Anscheine nach ist indessen alle diese Mühe auch jetzt wieder um-
sonst gewesen, denn die Räthe des künftigen Präsidenten sind
jedenfalls so vernünftig, daß sie die socialistischen Träumereien
dieses Blattes für das halten werden, was sie sind.

So viel steht schon fest, daß das allgemeine Stimmrecht dem
Prinzen Louis Bonaparte die absolute Majorität bringen und
[Spaltenumbruch] daß die Nationalversammlung weiter nichts zu thun haben wird,
als des Volkes Auserwählten zu proclamiren und seinen Eid ihm
abzunehmen. Wenn indessen dem Candidaten gegen alles Erwarten
auch noch ein paar tausend Stimmen an der absoluten Majorität
fehlen sollten, so treten hier Rücksichten etn, vor welchen die heftigsten
persönlichen Sympathien oder Antipathien in den Hintergrund
zurücktreten müssen. Die erste Rücksicht ist die Zahl der Stimmen
selbst und wenn, wie alle Anzeigen darauf hindeuten, die Distanz
zwischen den beiden Hauptcandidaten eine ungeheuere ist, so hat
sich, selbst wenn an der absoluten Majorität noch ein paar Stim-
men fehlen sollten, der Wille der Nation so offenkundig ausge-
sprochen, daß die Nationalversammlung sich wohl fügen muß.
Die zweite Rücksicht, welche zu nehmen ist, wird die Abstimmung
der Armee seyn. Die Soldaten haben zwar, nach der getroffenen
sehr vernünftigen Anordnung, nicht abgesondert, sondern mit den
bürgerlichen Wählern vermischt ihre Stimmen abgegeben. Es ist
indessen für Niemanden ein Geheimniß, wem die Majorität des
Heeres zugefallen ist, und es liegt im Jnteresse der Disciplin und
Ordnung, daß darauf die gebührende Rücksicht genommen werde.
Das Dritte, was berücksichtigt werden muß, ist die Abstimmung
von Paris. Paris ist der Sitz der Regierung, es ist einmal das
Herz Frankreichs und es liegt im Jnteresse des Landes, daß Pa-
ris ruhig bleibe und wieder Vertrauen auf die Zukunft gewinne.
Eine vernünftige Politik erfordert es also, den Candidaten zu be-
rücksichtigen, welchem die Majorität der Pariser Wähler ihre
Stimme gegeben hat, zumal wenn diese Majorität mit der Ma-
jorität des ganzen Landes im Einklange steht.

* * * Paris 17. December. Jn so weit die Wahlen aus allen
Departements bekannt geworden sind, hat Louis Napoleon bis
jetzt 4,538,642 und Cavaignac 1,152,720 Stimmen erhalten.
Die übrigen Candidaten, Ledru=Rollin, Raspail und Lamartine
kommen nicht in Betracht, jedoch hat Ledru=Rollin in einigen De-
partements, wo die Arbeiterbevölkerung in den Städten sich con-
centrirt, verhältnißmäßig viele Stimmen erhalten, im Departe-
ment der Rhonemündungen z. B. 35,000 ( L. Bonaparte erhielt
dort 19,000, Cavaignac 45,000 Stimmen ) , im Departement der
oberen Garonne 10,336 ( L. Bonaparte 44,126, Cavaignac
9,212 ) , im Gersdepartement 8,753 ( L. Bonaparte 52,092,
Cavaignac 5,541 ) , im Departement der Lot und Garonne
12,314 ( L. Bonaparte 49,907, Cavaignac 6,967 ) , im Nord-
departement 14,441 ( L. Bonaparte 105,475, Cavaignac
86,939 ) . Jn 35 Departements dagegen erhielt Ledru=Rollin
nicht eine einzige, in allen übrigen Departements nur wenige
Stimmen. Sonst ist von hier aus wenig zu melden, es herrscht
vollkommene Ruhe, alle Staatspapiere steigen, das Geld und
der Herr Credit kommen wieder zum Vorschein und das Ver-
trauen auf die Zukunft nimmt auf eine wahrhaft staunenswerthe
Weise zu. Was die Nationalversammlung betrifft, deren Sitz-
ungen in den letzten Tagen verzweifelt langweilig waren, so
glaubt man allgemein, daß sie nicht mehr lange beisammen blei-
ben wird. — Der heilige Vater hat an Cavaignac das folgende
Schreiben gerichtet: „Herr General! Mein Herz ist gerührt und ich
bin von Dankbarkeit durchdrungen für die schnelle und edle
Erhebung der ältesten Tochter der Kirche, die ihren regsten Eifer an
den Tag legt und sich bereits anschickt, dem regierenden Papste
zu Hilfe zu eilen. Es wird sich mir ohne Zweifel eine günstige
Gelegenheit bieten, in Person Frankreich meine väterlichen
Gefühle zu bezeugen und auf französischem Boden mit eigener
Hand die Segnungen des Herrn auszuspenden, wie ich jetzt
schon ihn anflehe, daß sich diese Segnungen reichlich über Sie
und ganz Frankreich ausbreiten. Gaeta 7. December 1848.
Pius IX.“ — General Lamoriciere hat an die Armee folgenden
Tagesbefehl erlassen: Officiere, Unterofficiere und Soldaten!
Zum ersten Male war das ganze Volk berufen, den Präsidenten
der Republik zu wählen. Jn wenigen Tagen wird die National-
versammlung den durch das allgemeine Stimmrecht bezeichneten
Namen verkünden. Sollten Euch inzwischen Wühler zu sträflichen
Manifestationen verleiten, so werdet Jhr Eure Pflicht zu erfüllen
wissen. Die Regierung ist bereit, dem Erwählten der Nation die
Macht zu übertragen, die ihr von der Nationalversammlug ver-
liehen wurde; sie soll und will sie unversehrt und geachtet zu-
rückgeben. Der Kriegsminister, der Euch so tapfer und hingebend
im Kampfe und so geduldig und ruhig in den Tagen sah, die ihm
folgten, zählt auf Euch, daß Jhr ihn bis ans Ende in seinem Auf-
trage unterstützen werdet, der darin bestand, die Ordnung aufrecht
zu erhalten und dem Gesetz Achtung zu verschaffen. ( gez. ) De Lamo-
riciere. — Nun noch eine Neuigkeit: Marschall Bugeaud hat
das Commando der Alpenarmee übernommen, jedoch nur unter
der Bedingung, daß das Hauptquartier nach Bourges verlegt
werde. Der Marschall will sich in den Stand setzen eben so leicht
nach Paris als nach Jtalien zu marschiren!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] ich organisirte gezeigt hat, etwas zu lernen, raisonniren sie blos m Stillen über die Erfolge, die dieselbe ihrer Entschiedenheit verdankt. Uebrigens hat die Aufstellung des demokratischen Can- didaten hier allseitig überrascht. Stellen wir uns auch außer- halb jedes Parteistandpunktes, so erscheint es uns rein unbegreif- lich, wie man, abgesehen davon, daß Herr Dölitzsch eben noch der einzige Parteiführer ist, sich für ihn hat bestimmen können, denn es gehen ihm alle anderen für die Stellung eines Bürgerwehr- commandanten erforderlichen Eigenschaften, selbst die körperlichen Erfordernisse ab, und er hat sich bisher von allen Bürgerwehr- diensten seiner Kränklichkeit wegen fern halten müssen. Frankfurt 18. December. ( O. P. A. Z. ) An die Verhand- lung vom letzten Sonnabende über die Vorlage des Handels- ministers, die commercielle Einigung Deutschlands betreffend, haben sich Vermuthungen geknüpft, als ob Duckwitz sich zu der Freihandelspartei geschlagen habe. Auch verbreitet man da und dort die seltsame Ansicht, als spreche der von Abgeordneten der norddeutschen Handelsstädte herausgegebene Entwurf eines Zoll- tarifes die Ansichten des Reichshandelsministeriums aus. Die gänzliche Unrichtigkeit dieser Ansichten können wir aus der besten Quelle versichern; das Reichsministerium steht nach wie vor auf dem Standpunkte practischer Vermittelung der Extreme, den es festhalten wird. Wir legen großen Werth auf die Verbreitung dieser Berichtigung, weil jene irrigen Ansichten, wie wir hören, große Beunruhigung in Süddeutsch- land hervorgerufen, deren Anwachsen zu verhindern in der Pflicht eines Jeden liegt, der die Handelseinigung Deutschlands als eine unserer größten Aufgaben erkennt. Frankreich. M Paris 15. December. Die Männer der rothen Republik liegen sich einmal wieder in den Haaren und das Organ Ledru- Rollins, die „Revolution democratique et sociale“ fällt eben mit wahrer Wuth über Proudhon her und beschwört „den Fluch aller wahren Demokraten“ auf sein Haupt herab. Herr Proudhon ist indessen ein Geschöpf, das Schnabel und Klauen hat, und wenn er grimmig wird, so wird er den „Berg“ schön zerkratzen, den er vor Kurzem in seinem weltberühmten Streite mit Felix Pyat „einen Olymp von Einfaltspinseln“ genannt hat. Diese Fami- lienscenen der Anarchisten sind wirklich das Amusanteste von der Welt, was man sich denken kann und wir können dem allgemei- nen Stimmrechte nicht genug danken, daß es die Veranlassung geworden ist, wegen deren diese „Bürger“ die Nasen sich abbeißen. Ledru=Rollins Blatt hat es indessen nicht allein mit Proudhon, sondern auch mit dem „National“ zu thun, und es vergißt über der Niederlage, welche der National erlitten, fast ganz das Un- glück, welches seinem eigenen Patrone bei der Präsidentenwahl passirt ist. Armer National, wie bist du den Siegern und den Besiegten zum Spotte geworden! Eine andere Abart der Rothen, die Redacteure der „ Demo- cratie pacifique,“ verthuen ihre Zeit nicht mit leeren Declamatio- nen, wie Ledru=Rollin und seine Freunde, sondern sie schmeicheln, statt zu schmähen, und segnen statt zu fluchen. Vor der aufgehen- den Sonne hat sich die „Democratie pacifique“ stets tief in den Staub geneigt. Ehe die Februartage kamen, war sie monarchisch, als aber die Monarchie gestürzt war, wurde sie auf einmal, man weiß nicht recht wie, republikanisch vom Tage vorher. Nun bot sie ihre Recepte der Republik an, es waren indessen schon so viele Quacksalber am Platze, daß die Gabe halb und halb verschmäht wurde. Die „Democratie pacifique“ ließ sich dadurch aber nicht aus der Fassung bringen, sondern wandte sich, als das Reich von Louis Blanc zu Ende war, dem Generale Cavaignac zu und bot ihm ihr unfehlbares Heilmittel benebst den zwei= oder dreitausend Stimmen an, über welche sie verfügen kann. Der General, der ein vernünftiger Mann ist, gab aber dem marktschreierischen Heilkünstler einen Fußtritt. Die „Democratie“ wurde darüber wüthig und warf sich Ledru=Rollin in die Arme, dessen Lob sie in allen möglichen Variationen sang. Da indessen im Gefolge Le- dru=Rollins dermalen nur Schläge zu bekommen sind und das System Fourriers immer noch keine Aussicht hat, aus seinem my- thischen Zustande herauszutreten, so klammert sie sich jetzt mit bekannter Gewandtheit an Louis Bonaparte an und behauptet steif und fest, sie habe ihm, Cavaignac zum Trotze, viele Stimmen in Paris zugewiesen. Dafür verlangt sie ihren Lohn und dringt darauf, daß für die Jdee Fourriers etwas gethan werde. Allem Anscheine nach ist indessen alle diese Mühe auch jetzt wieder um- sonst gewesen, denn die Räthe des künftigen Präsidenten sind jedenfalls so vernünftig, daß sie die socialistischen Träumereien dieses Blattes für das halten werden, was sie sind. So viel steht schon fest, daß das allgemeine Stimmrecht dem Prinzen Louis Bonaparte die absolute Majorität bringen und daß die Nationalversammlung weiter nichts zu thun haben wird, als des Volkes Auserwählten zu proclamiren und seinen Eid ihm abzunehmen. Wenn indessen dem Candidaten gegen alles Erwarten auch noch ein paar tausend Stimmen an der absoluten Majorität fehlen sollten, so treten hier Rücksichten etn, vor welchen die heftigsten persönlichen Sympathien oder Antipathien in den Hintergrund zurücktreten müssen. Die erste Rücksicht ist die Zahl der Stimmen selbst und wenn, wie alle Anzeigen darauf hindeuten, die Distanz zwischen den beiden Hauptcandidaten eine ungeheuere ist, so hat sich, selbst wenn an der absoluten Majorität noch ein paar Stim- men fehlen sollten, der Wille der Nation so offenkundig ausge- sprochen, daß die Nationalversammlung sich wohl fügen muß. Die zweite Rücksicht, welche zu nehmen ist, wird die Abstimmung der Armee seyn. Die Soldaten haben zwar, nach der getroffenen sehr vernünftigen Anordnung, nicht abgesondert, sondern mit den bürgerlichen Wählern vermischt ihre Stimmen abgegeben. Es ist indessen für Niemanden ein Geheimniß, wem die Majorität des Heeres zugefallen ist, und es liegt im Jnteresse der Disciplin und Ordnung, daß darauf die gebührende Rücksicht genommen werde. Das Dritte, was berücksichtigt werden muß, ist die Abstimmung von Paris. Paris ist der Sitz der Regierung, es ist einmal das Herz Frankreichs und es liegt im Jnteresse des Landes, daß Pa- ris ruhig bleibe und wieder Vertrauen auf die Zukunft gewinne. Eine vernünftige Politik erfordert es also, den Candidaten zu be- rücksichtigen, welchem die Majorität der Pariser Wähler ihre Stimme gegeben hat, zumal wenn diese Majorität mit der Ma- jorität des ganzen Landes im Einklange steht. * * * Paris 17. December. Jn so weit die Wahlen aus allen Departements bekannt geworden sind, hat Louis Napoleon bis jetzt 4,538,642 und Cavaignac 1,152,720 Stimmen erhalten. Die übrigen Candidaten, Ledru=Rollin, Raspail und Lamartine kommen nicht in Betracht, jedoch hat Ledru=Rollin in einigen De- partements, wo die Arbeiterbevölkerung in den Städten sich con- centrirt, verhältnißmäßig viele Stimmen erhalten, im Departe- ment der Rhonemündungen z. B. 35,000 ( L. Bonaparte erhielt dort 19,000, Cavaignac 45,000 Stimmen ) , im Departement der oberen Garonne 10,336 ( L. Bonaparte 44,126, Cavaignac 9,212 ) , im Gersdepartement 8,753 ( L. Bonaparte 52,092, Cavaignac 5,541 ) , im Departement der Lot und Garonne 12,314 ( L. Bonaparte 49,907, Cavaignac 6,967 ) , im Nord- departement 14,441 ( L. Bonaparte 105,475, Cavaignac 86,939 ) . Jn 35 Departements dagegen erhielt Ledru=Rollin nicht eine einzige, in allen übrigen Departements nur wenige Stimmen. Sonst ist von hier aus wenig zu melden, es herrscht vollkommene Ruhe, alle Staatspapiere steigen, das Geld und der Herr Credit kommen wieder zum Vorschein und das Ver- trauen auf die Zukunft nimmt auf eine wahrhaft staunenswerthe Weise zu. Was die Nationalversammlung betrifft, deren Sitz- ungen in den letzten Tagen verzweifelt langweilig waren, so glaubt man allgemein, daß sie nicht mehr lange beisammen blei- ben wird. — Der heilige Vater hat an Cavaignac das folgende Schreiben gerichtet: „Herr General! Mein Herz ist gerührt und ich bin von Dankbarkeit durchdrungen für die schnelle und edle Erhebung der ältesten Tochter der Kirche, die ihren regsten Eifer an den Tag legt und sich bereits anschickt, dem regierenden Papste zu Hilfe zu eilen. Es wird sich mir ohne Zweifel eine günstige Gelegenheit bieten, in Person Frankreich meine väterlichen Gefühle zu bezeugen und auf französischem Boden mit eigener Hand die Segnungen des Herrn auszuspenden, wie ich jetzt schon ihn anflehe, daß sich diese Segnungen reichlich über Sie und ganz Frankreich ausbreiten. Gaeta 7. December 1848. Pius IX.“ — General Lamoriciere hat an die Armee folgenden Tagesbefehl erlassen: Officiere, Unterofficiere und Soldaten! Zum ersten Male war das ganze Volk berufen, den Präsidenten der Republik zu wählen. Jn wenigen Tagen wird die National- versammlung den durch das allgemeine Stimmrecht bezeichneten Namen verkünden. Sollten Euch inzwischen Wühler zu sträflichen Manifestationen verleiten, so werdet Jhr Eure Pflicht zu erfüllen wissen. Die Regierung ist bereit, dem Erwählten der Nation die Macht zu übertragen, die ihr von der Nationalversammlug ver- liehen wurde; sie soll und will sie unversehrt und geachtet zu- rückgeben. Der Kriegsminister, der Euch so tapfer und hingebend im Kampfe und so geduldig und ruhig in den Tagen sah, die ihm folgten, zählt auf Euch, daß Jhr ihn bis ans Ende in seinem Auf- trage unterstützen werdet, der darin bestand, die Ordnung aufrecht zu erhalten und dem Gesetz Achtung zu verschaffen. ( gez. ) De Lamo- riciere. — Nun noch eine Neuigkeit: Marschall Bugeaud hat das Commando der Alpenarmee übernommen, jedoch nur unter der Bedingung, daß das Hauptquartier nach Bourges verlegt werde. Der Marschall will sich in den Stand setzen eben so leicht nach Paris als nach Jtalien zu marschiren! Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal168_1848/4>, abgerufen am 13.06.2024.