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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 238. Köln, 6. März 1849.

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Slaven überhaupt Oestreich gerettet haben, welche harmlose Aeußerung den Fuhrwesenslieutenant derart in Zorn brachte, daß er den Pfarrer einen Verräther des Kaisers schalt, und ihm mit dem Aufhängen drohte. Der Hauswirth suchte den Lieutenant zu beschwichtigen, indem er ihn zugleich an die Opfer erinnerte, die Croatien in neuester Zeit gebracht, und die wohl dafür sprechen, daß ihnen die Ehre gebühre den Staat vor dem Zerfalle bewahrt zu haben.

Dies brachte den Offizier noch mehr in Harnisch, und er gab auch der Mannschaft sogleich den Befehl, das Haus des Stuhlrichters zu umzingeln, während er selbst in die Zimmer eindrang, und den Anwesenden mit einer kriegsrechtlichen Execution drohte. Der herbeigeeilte Ortspfarrer hatte indeß den Lieutenant auf die Folgen seines wahnsinnigen Gebahrens aufmerksam gemacht und mit dem Landsturme gedroht, falls der Offizier mit seiner Transportmannschaft den Ort nicht augenblicklich räumen würde. Dieser eindringlichen Vorstellung glaubte der Lieutenant dennoch nachgeben zu sollen, und als er mehrer bewaffneten Bauern, die zum Schutz des Stuhlrichters herbeigeeilt waren, ansichtig wurde, gab er seiner Mannschaft den Befehl zum Abmarsch. Gegen diesen argen Militärexceß wurde von den Einwohnern der genannten Ortschaft eine Genugthuung fordernde kräftige Vorstellung der betreffenden Militärbehörde übermacht.

Italien.

Aus Rom und Florenz sind die neuesten Journale und Briefe vom 21. und resp. 24. Febr. nicht eingetroffen.

In Turin fand im Senat am 26. Febr. eine lange Debatte statt, die darum wichtig, weil sie der kriegerischen Stimmung des Ministeriums gegen Oestreich völlig beitrat.

Aus Pisa meldet eine Depesche des dortigen Präfekten vom 23. Febr. an die provis. Regierung in Florenz: daß der General Laugier mit seinem Reaktions-Corps durch Vermittelung des Gemeinderaths von Massa zu capituliren begehrt.

Der größte Theil der Diplomaten ist dem Ex-Großherzog Leopold nach Gaeta oder Neapel gefolgt.

* Rom, 19. Febr.

Zu den bereits mitgetheilten Beschlüssen aus der heutigen Sitzung der römischen Constituante ist noch nachzutragen, daß der Kriegsminister Campello den Antrag eingebracht hat, alle Pferde der Ex-Nobelgarde und der päbstlichen Ställe zur Bespannung der Artillerie zu verwenden. Sterbini trug auf Absendung von Kommissären mit diskretionärer Vollmacht in die Provinzen an. Die Versammlung überließ der Regierung die Ernennung dieser Kommissäre. Außerdem wurde vom Finanzminister Guicciali eine progressive Zwangsanleihe vorgeschlagen, die bei den Besitzern von 2000 Scudi Jahresrente anfangen sollte und je nach dem Vermögen von 1/5 bis 2/3 der Rente steigen sollte. Der Vorschlag ging an die Bureaus.

* Rom.

Hier soll nach dem Plane von Pelligrini eine italienische Bank errichtet werden, um die Kosten des italienischen Freiheitskampfes zu tragen.

* Ferrara, 21. Januar.

Heute ist von Lugo durch Estafette eine Depesche des Präfekten Mayer eingetroffen, worin er meldet, daß er sich nach Argenta begeben und Ferrara verlassen, wo der Feind die päbstlichen Wappen wieder aufgerichtet hat. Aus offiziellen Berichten geht hervor, daß die Oestreicher Ferrara mit 7000 Mann umzingelten und 2000 Mann Reserve zu Pontelagoscuro und zu Santa-Maria-Maddelena bereit hielten. Die Truppen führten 24 Stück Artillerie mit sich ohne die 47 in der Citadelle zu rechnen. Es ist nicht uninteressant zu erwähnen, daß die Oestreicher zur selben Zeit, wo sie Ferrara angriffen, ungefähr 4000 Mann in das Modenesische Gebiet warfen, die gen Mirandola und Cento marschirten.

In diesem Augenblicke sind die Verbindungen vollständig wiederhergestellt.

218 Mailand, 28. Febr.

Radetzky hat sämmtlichen Offiziersfrauen den Befehl ertheilt, die Stadt zu verlassen. Auch soll das Kastell auf zwei Monate mit Lebensmitteln versehen und 7 Bataillons in dasselbe gelegt worden sein.

* Venedig, 19. Febr.

In der ersten Eröffnungssitzung der "Assemblea permanente" gab Manin unter stürmischem Beifall eine Uebersicht über die Zustände der Republik. Er kündigte zugleich einige nächstens folgende Vorlagen der Regierung in Betreff der italienischen Constituante an. In der zweiten Sitzung wurde Tommasseo zum Präsidenten ernannt, und da er diese Würde ablehnte, an seine Stelle Calucci.

In der dritten Sitzung (17. Febr.) wurde mit 70 gegen 36 Stimmen die provisorische Regierung (Manin, Cavedalis und Graziani) bestätigt. Es ist ihr die Gewalt gegeben, die innere und äußere Vertheidigung zu leiten, aber untersagt, die Assemblea zu prorogiren oder aufzulösen. Am 18. vertagte sich die Versammlung auf einige Tage, um ihr Reglement zu entwerfen.

Schweiz.
219 Bern, 2. März.

Die Nachricht, daß in Turin der König verjagt sei, läuft so eben durch die Stadt und versetzt Alles in ungeheure Aufregung.

Ein Hr. Cortaz, welcher von der sardinischen Regierung hieher geschickt war, um für den bevorstehenden Krieg Pferde zu kaufen, erhielt diese Nachricht durch einen Eilboten mit dem Auftrag, von ferneren Einkäufen abzustehen.

Die Volksvereine agitiren lebhaft für Aufhebung der Kapitulationen und Rekrutirungen. Die bernerischen Vereine haben sich einstimmig gegen dieselben und die vom Bundesrathe befolgte Politik erklärt. Auch in Freiburg und Murten sprach sich die Volksstimme in demselben Sinne aus. Sogar aus Brombach (Großherz. Baden) kam eine von 50 schweiz. Arbeitern unterzeichnete Erklärung, daß sich dieselben mit Freuden der Petition um Aufhebung der fremden Militärkapitulationen anschließen.

Seit den Sonderbundskriegen sind die Volksvereine in der Schweiz so ziemlich allmächtig und die diplomatischen Winkelzüge der Clique Furrer und Ochsenbein werden ebensowenig gegen die Volksaufregung sich behaupten können, wie Jesuiten und Sonderbund.

Pater Girard, bekannt durch die Verfolgungen, welche er von Seiten der Jesuiten früher ausstehen mußte, liegt sehr gefährlich krank

Von der Aargauer Polizei wurde letzthin eine schlechtgeprägte Münze aus Zinn aufgegriffen. Sie trägt auf der Hauptseite das kaum kenntliche Bild des Bundesrathes Ochsenbein, mit der Umschrift: "H. Ochsenbein der Erste mit 12 1/2 Stimmen 1847." Auf der Rückseite heißt es: "Jehova, Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen."

103 Zürich.

Hier ist vor einigen Tagen eine Dame lebendig begraben worden. Sie hatte schon öfter am Starrkrampf gelitten; der Arzt gab dennoch, nachdem er eine Ader geöffnet, ohne daß Blut geflossen, seine Erlaubniß zur Beerdigung. Als der Todtengräber den Sarg bedecken wollte, hörte er ein Stöhnen. Da nun nach den Kantonsgesetzen ohne obrigkeitliche Bewilligung kein Sarg geöffnet werden darf, so lief der Todtengräber zur Behörde. Als diese den Sarg öffnete, fand man die Unglückliche jetzt wirklich todt, im Blute schwimmend. Im Kanton Bern gilt dasselbe Gesetz.

Französische Republik.
17 Paris, 2. März.

Der reaktionären Schlange ist auf den Schwanz getreten: "Rückzahlung der Milliarde!" welch ein entsetzliches Wort! Die Schlange bäumt sich und zischt im "Memorial" von Bordeaux: "Nur hirnkränkelnde Schwätzer können auf Plünderung dieser Art ausgehn, möge die Staatsgewalt ihnen baldigst den Mund verstopfen, denn sonst könnte manch unerfahrner, naiver Landmann (aha!) dadurch verführt werden." Und Montalembert, der immer so salbungsvoll mit himmelnden Augen zwei Stunden ohne Unterlaß in der Kammer die Inquisition predigt, erbaute vorige Woche die Volksrepräsentanten durch eine idyllisch-pommersche Schilderung des "unschuldigen, gottgetreuen, biderden, allem Aufruhr abgeneigten" Landmanns in Frankreich. Hinter den Elogen des frommen Ritters lauert der Pater des Jesuitenjournals "Univers": "Sklaven, Knechte muß es immer geben, und nur unter dieser Bedingung kann die menschliche Gesellschaft bestehen." Der "Republicain des Ardennes" sagt ganz richtig: "Im Mai und Juni habt ihr das Wildschwein angeschossen, ihr waret zu ungeschickt. Jetzt staunet nicht, wenn es um sich haut und Hunde und Jäger verwundet. An Aussöhnung denkt ihr hoffentlich nicht mehr. Also gebt ihm stark und behende den Genickfang; die andern Nationen werden auch das Mal wieder euch nachahmen, und der Haupt-Eber in Petersburg selber wird zu Tode gehetzt werden können: Macht aber fürderhin etwas Ganzes, nichts halbes." "Corsaire" merkt, daß die Jagd auf "Kronenwild" nicht mehr allzufern ist, und Monsieur Rovigo schreibt heute folgende klassische Elegie: "Die Brea'sche Mordhistorie wird endlich klar durch jene Phrase von La Reforme: vor einem Jahre hielt das Volk von Paris in Händen die Gesandten der fremden Höfe; sie waren todtenbleich und bebten wie Königsanhänger - und dennoch hat es ihrer geschont! Ei welch edles Völkchen! ... aber das rothe Blättchen vergißt uns zu sagen, wessen sich Königsanhänger und Gesandte schuldig gemacht? Es erhellt zugleich aus der obigen Phrase von La Reforme, daß wenn das Volk, oder richtiger La Reforme, Recht über Leben und Tod der fremden Gesandten hat, es auch über einen Parlamentär verfügen kann, und wenn es ihm beliebte in den Februartagen nicht zu meuchelmorden, so hat es ihm in den Junitagen anders beliebt. Die fünf Mörder Brea's und seines Adjudanten sind Mörder von Parlamentären. - Teufel! das Volk ist Herr, hat uns keine Rechenschaft abzulegen, und wir sind froh noch unsern Kopf auf dem Rumpfe zu tragen. Aber Scherz beiseite, diese Doktrinen der Reformpartei werden den nächsten Volkssieg für unser eins verdammt unangenehm machen, und die Milde wird schwerlich an der Tagesordnung sein. O wir kennen das Wörterbuch der Rothen: Mörder heißen Unglückliche, Aufrührer sind Helden, erschoßne Empörer sind Märtyrer, die Meuchler eines Rossi, Latour und Lychnowski verdienen Bildsäulen (wie Sankt Lumpazivagabundus dem Corsaire am Herzen liegt!). Glücklicherweise kramt La Reforme ihre Herrlichkeiten vorher ans Licht, und das wahre Volk, der wahre Arbeiterstand kann schon vorher urtheilen, ob er sich solchen Mordbrennern unterwerfen will. La Reforme in specie kommt uns immer vor wie der besoffen gemachte Helorensklave, den die Spartiaten beim Gastmahl in dem Saale herumturkeln ließen, um Abscheu einzuflößen." Bekanntlich schrieb der Diktator Cavaignac den Bombardirern Wien's einen schmeichelhaften Brief; General Changarnier, dieser Chef der antirepublikanischen Verschwörung des 29. Januar, hatte bald darauf dieselbe Höflichkeit bewiesen, und die wiener Blätter, nicht minder die petersburger, streichen mit großem Enthusiasmus die Bourger- und lyoner Rebellenrede Bugeaud's heraus. Ein einziger Schrei des Unwillens ertönt deshalb durch die Demokratenpresse aller 86 Provinzen. Soviel ist gewiß, der Geist des Heeres "verschlechtert sich." Viele Unteroffiziere, Sergeanten und Fourriere aus fast allen pariser Garnisonstruppen, wie auch des Weichbildes, feierten ein Bruderbanquet in den Februartagen, dem Volksrepräsentanten beiwohnten; Demosthenes Ollivier, Mitglied der Bergpartei, sprach ermuthigend und freute sich, die Armee auf diesem Wege zu erblicken. Mehrere Militärs hielten nun hinter einander Toastreden und brachten ein Hoch auf die Republik, welches mehrmals in einer Weise wiederholt ward, die den königlichen Bestien Changarnier, Bugeaud, Faucher und Falloux wohl noch lange in den Ohren brummen wird. Ich mache den deutschen Leser auf dieses nicht vorher angekündigte Bankett aufmerksam, welches einestheils so unerwartet auftrat, anderntheils einen tiefen Einfluß auf das Heer haben dürfte, denn der französische Unteroffizier wirkt tausendmal mehr auf seine Soldaten als der deutsche. Die Demokratenpresse citirt zwar viele Sätze der Redner, verschweigt aber deren Namen; letztere sind, vorsichtshalber, auf dem Bankett gleichfalls verschwiegen geblieben. Trotzdem ist eine ministerielle Untersuchung bereits im Gange, doch bisjetzt haben sich unter den Kameraden keine Angebende gefunden. Ein Sergeant sagte:"Die elenden Zwerge, die Gegner der Revolution, mögen noch so wüthend sie befehden, siegen wird sie, und das bald." Ein Fourrier: "Freilich sind wir nicht sehr zahlreich auf diesem Bankett, aber Geduld! auch unsre Militärkette wird einst fallen. Wir können heute nicht, wie wir wollen. Die Disziplin wird immer härter seit Neujahr. Der geringste Fehltritt eines demokratischen Soldaten wird viel schärfer bestraft als früher. Seid aber gewiß, unsre nicht anwesenden Kameraden sind mit dem Herzen und Verstande gegenwärtig." Ein Unteroffizier toastete "auf die Herren Generäle Changarnier und Bugeaud, welche seit wenigen Wochen und ganz wider ihr Wissen und Wollen, in so vielen französischen Kriegern Revolutionsliebe und Revolutionsgeist erweckten."

Wenn man die Schilderungen aus unparteiischer, wenngleich nicht parteiloser, d. h. indifferenter, Feder von den Behandlungen der zu den Galeeren verurtheilten Junihelden liest, so kann man sich - klingts auch etwas seltsam - eines leisen Lächelns nicht erwehren, denn unwillkürlich denkt man schon an die nahe Zukunft, wo das Blatt sich fürchterlich gewendet, wo die ganze Bonaparte'sche Familie, alle Minister, die republikanischen Cavaignacs und die royalistischen Armagnacs, die Meister der Börse und Bank, die Journalisten der Volksvergifterpresse und sonstige Chefs des Systems, in gelben Hosen und rothen Jacken und Mützen in's Eisen gehämmert werden: - dafern die höchste Justiz der Volksgemeinde gegen sie nicht kürzer vorher verfahren ist... Man vernehme folgenden Brief:"Im Bagno des Hafens Brest, am Tage der 1848ger Revolution. Lieber Ferdinand, den 17. Februar holte man mich aus dem pariser Gefängniß, um mich nach den brester Galeeren zu verpacken und zu versenden. Was auch ohne sonstige Mißfälle geschehen ist. Ich war in einen Kasten gesperrt, der sehr eng, und da wir um jedes Bein einen kolossalen Eisenring nebst Kette trugen, hob man uns in den Wagen. Vorher ward uns Geld, Messer und Löffel abgenommen. Um vier Uhr Morgens fuhr man uns weg und vier Tage und Nächte eines fortwährenden Rollens und Stoßens mußten wir aushalten. Man ließ uns hart hungern, Käse und Brod des Morgens; Abends Wurst und Wasser. Aber unsre Wächter betrugen sich sehr liebevoll, trotz des strengen Reglements. Die Beine waren dick angeschwollen, es war Zeit - daß wir anlangten, fährt der Brief des Märtyrers fort. Und wir kamen endlich im Sonnenschein des Bagnohofs, in der Luft zur Besinnung, wonach man uns die Treppe hinaufschickte. Unsre Gepäcke sollten reglementsgemäß ins Feuer geworfen werden, zu unserm Leidwesen, indeß schloß man sie blos ins Magazin ein. Die neue Kette, die wir nach einem Bade und Einkleiden in gelbe Hosen, rothe Jacke und Mütze, aber ohne Weste, ohne Strümpfe, ohne Krawatte (nur Holzschuhe von kolossaler Größe trägt der Galeerensklave, nebst einem Ringe an den Füßen) erhielten, war etwa 8 Fuß lang, 4 für mich, 4 für meinen Reisegefährten. Man gab uns ein hartes Feldbett und eine Wolldecke und ließ uns drei Tage ohne Arbeit, wegen unsrer geschwollenen Beine. - Also wäre es wirklich wahr, daß ehrliche Republikaner in diesem Bagno zehn Lebensjahre verbringen sollen? und das in der Republik?! - Dann trennte man uns, und zu meinem Schmerze schmiedete man meinen Ring an die Kette eines Mannes Namens Faure, dessen Fehltritt oder dessen Verbrechen ich bisjetzt noch nicht kenne. Ist es keine ganz verstockte Seele, wie ich hoffe, so werde ich ihm, so gut es geht, einige der ernsten Grundsätze einimpfen, die ich zeither stets befolgte, von früher Jugend auf. Was auch komme, ich werde ohne Jammern auszuharren wissen... Ich freue mich, daß wir alle diese schwere Probe mit Muth sämmtlich erduldeten. Diese großen Herzen haben keinen Augenblick gewankt. Und wir trugen hoch den Kopf als wir heute früh zum Hafen gingen auf die Galeeren der Republik, trotz unsrer Ketten und Kostüme, trotz unsers geschorenen Schädels und unsrer gestutzten Schnurrbärte. Übrigens sind wir vollkommen wohl."

"Ich ersuche dich, lieber Freund, heißt es weiter, meine zehnjährige Tochter zu umarmen und möge dieses Schreiben allen, die so liebreich versprachen sich des armen Mädchens anzunehmen, gezeigt werden. Wie steht es mit dem zweiten Kinde, das bei der Amme auf dem Dorfe ist?... Höchst quälend ist daß die zwei aneinander Geschmiedeten fort und fort sich folgen müssen, Tags wie Nachts, und selbst bei der Unbequemlichkeit des Lebens hat man immer einen Begleiter auf 8 Fuß Entfernung." Die Journale beeilen sich diesen Brief mitzutheilen; dafür wird das "Peuple" den Kasernen untersagt, und "La Reforme" auf dem Marktplatz zu Uzes im Süden feierlichst in den Scheiterhaufen geworfen. Dieses unglückselige Uzes ist seit Juni von der "honnetten" oder "gemäßigten" Presse in einer Weise aufgeregt worden, die ich früher mit Beispielen erwähnt (z. B. die dortige "Liberte" brachte 3 Tage lang einen Sturmartikel, der anfing: "nieder, nieder, nieder die Feinde Gottes, der Tugend, der Arbeit, des Volkes; möge sich Niemand scheuen das Blut dieser republikanischen Brut zu verspritzen") und die bekanntlich am Aschermittwoch zu Gräueln bereits führte.

Als die Aristokratenjournale scharf von den Volksblättern deswegen interpellirt wurden, antwortete der Moniteur mit einem Lügenbericht. Berlin's Journal jammerte über dies "deutsche Ideenchaos, welches sehr einem Vulkane ähnlich" und widmete den preußischen Kammern einen Leitartikel durch zwei Spalten. Auch den demokratischen Kongreß vom Oktober besprach es wieder ein Mal bei dieser schönen Gelegenheit und citirte "die socialistischen Beschlüsse desselben, welche dem materiellen Theile des Menschen einen so argen Einfluß auf den höhern einräumen, mithin einer Kulturvernichtung in die Hände arbeiten"; und heute quält es sich auf drei Spalten ab, durch das schlecht gedachte und schülerhaft stylisirte Schriftchen eines Monsieur Frankh unterstützt, dem Lindwurm des Kommunismus theoretisch den Hals umzudrehen. "Es wird Abend für diese alternden Sünder", sagt die "Boix du Peuple" in Marseille sehr richtig Welchen Kummer und Zorn erregten in ihnen nicht gewisse Toaste des pariser Februarfestes im Klubsalon der "Fraternite" in der Straße Martell!

* Paris, 3. März.

Man erinnert sich, daß "le jeune Leon Faucher", diese ministerielle Erfindung Odilon Barrot's, dieser bellestristische Statistiker und debattirende Oekonomist, im "Moniteur" wüthende Angriffe gegen die "rothe Republik" und Ledru Rollin's Bankettrede abdrucken läßt. Leon Faucher, dessen Leitartikel im "Courrier Francais" spurlos vorübergingen, hofft nun durch den Minister auch den Journalisten zu Ansehen zu bringen und veröffentlicht daher jetzt seinen Premier Paris im Moniteur.

Ledru Rollin schickte dem Moniteur eine Ewidrung ein. Der Moniteur verweigerte die Insertion. Wir geben die interessantesten Stellen aus diesem Schreiben.

"An den Redakteur des Moniteurs.

Bisher hat Ihr von den gesetzgebenden Versammlungen besoldetes Blatt die Mitglieder derselben nicht zu insultiren gewagt. Das jetzige Ministerium will es in andrer Weise ausbeuten. Die Nationalversammlung wird bald zu entscheiden haben, ob dieß der Bestimmung eines Blattes entspricht, welches nur gestiftet ist, um die offiziellen Dokumente und die historischen Ereignisse einzuregistriren; sie wird folglich entscheiden, ob Sie länger die Ihnen vom Volke bezahlte Subvention zu beziehen haben.

Der Moniteur steht unter besonderer Aufsicht des Ministers des Innern. Mehr als jeder andere ist dieser Beamte daher für den Inhalt des offiziellen Blattes verantwortlich. Zudem, in Ihrem Artikel gegen mich erkennt alle Welt die Hand des Herrn Faucher. Wäre ich seinen gegen mich versuchten Beleidigungen zugänglich, wie leicht, mich an ihm zu rächen! Es würde genügen, den Beweis zu liefern, daß dieser halbe Faucher vor kaum sieben Jahren um meine Patronschaft bettelte, um Deputirter von Saint-Valeryen-Cour zu werden. Und dennoch sprach ich mich zu jener Epoche schon offen als sozialistischen Republikaner aus, so gut wie heute."

Ledrü-Rollin weist dann die Anschuldigungen Faucher's als Verläumdungen zurück. "Die Regierung, sagt Faucher, befürchtet keine sozialistische Ansteckung der Armee. Und mit dieser Phrase glaubt man das Land täuschen und seinen Ingrimm verstecken zu können? Laßt uns sehen. Ich erfinde nicht, ich erzähle Thatsachen. Ein Unteroffizierbankett hat zu Paris stattgefunden; die Anwesenden vertraten einen sehr bedeutenden Theil der Pariser Regimenter."

"Der erste Toast lautete wie folgt:

Es hat die Stunde geschlagen, wo alle Mißbräuche und Privilegien aufhören müssen, um der Herrschaft der Vernunft und der Gerechtigkeit Platz zu machen. Republikaner, schließen wir fester unsre Reihen und zeigen wir den Elenden (merken Sie sich das wohl, Herr Minister des Innern!), welche die sträfliche Hoffnung einer monarchischen Restauration hegen, daß die Armee durchgängig den demokratischen Prinzipien ergeben ist. Sie ist bereit, für deren Vertheidigung ihr Blut zu vergießen."

"Ein zweiter Toast wurde ausgebracht: auf die demokratische und humanitärische Bergpartei!

Ein dritter Toast: Es lebe die demokratische und soziale Republik!, wurde mit nicht endendem Beifallsruf empfangen.

Ein vierter Toast lautete: Jeder Verdacht einer Contrerevolution wäre eine Beleidigung für die Armee. Sehr richtig hat ein Mitglied des Berges gesagt: Die soziale Idee ist in die Kaserne gedrungen, alle Versuche, sie zu tödten, sind von nun an eitel.

Ich könnte, schließt Ledrü-Rollin, noch mehrere andere Toaste hinzufügen, alle waren eingegeben von demselben Geiste. Aber es ist wahr, wir müssen es sagen, um gerecht zu sein und den Geist des passiven Gehorsams in der Armee zu konstatiren, daß dieses Bankett mit einem Toast auf Changarnier und Bugeaud beschlossen wurde, aus dem Motiv, daß diese Herren, ohne es zu ahnen, die Armee einen großen Schritt weiter habe thun lassen auf der Bahn der sozial-demokratischen Republik."

Hierzu eine Beilage.

Slaven überhaupt Oestreich gerettet haben, welche harmlose Aeußerung den Fuhrwesenslieutenant derart in Zorn brachte, daß er den Pfarrer einen Verräther des Kaisers schalt, und ihm mit dem Aufhängen drohte. Der Hauswirth suchte den Lieutenant zu beschwichtigen, indem er ihn zugleich an die Opfer erinnerte, die Croatien in neuester Zeit gebracht, und die wohl dafür sprechen, daß ihnen die Ehre gebühre den Staat vor dem Zerfalle bewahrt zu haben.

Dies brachte den Offizier noch mehr in Harnisch, und er gab auch der Mannschaft sogleich den Befehl, das Haus des Stuhlrichters zu umzingeln, während er selbst in die Zimmer eindrang, und den Anwesenden mit einer kriegsrechtlichen Execution drohte. Der herbeigeeilte Ortspfarrer hatte indeß den Lieutenant auf die Folgen seines wahnsinnigen Gebahrens aufmerksam gemacht und mit dem Landsturme gedroht, falls der Offizier mit seiner Transportmannschaft den Ort nicht augenblicklich räumen würde. Dieser eindringlichen Vorstellung glaubte der Lieutenant dennoch nachgeben zu sollen, und als er mehrer bewaffneten Bauern, die zum Schutz des Stuhlrichters herbeigeeilt waren, ansichtig wurde, gab er seiner Mannschaft den Befehl zum Abmarsch. Gegen diesen argen Militärexceß wurde von den Einwohnern der genannten Ortschaft eine Genugthuung fordernde kräftige Vorstellung der betreffenden Militärbehörde übermacht.

Italien.

Aus Rom und Florenz sind die neuesten Journale und Briefe vom 21. und resp. 24. Febr. nicht eingetroffen.

In Turin fand im Senat am 26. Febr. eine lange Debatte statt, die darum wichtig, weil sie der kriegerischen Stimmung des Ministeriums gegen Oestreich völlig beitrat.

Aus Pisa meldet eine Depesche des dortigen Präfekten vom 23. Febr. an die provis. Regierung in Florenz: daß der General Laugier mit seinem Reaktions-Corps durch Vermittelung des Gemeinderaths von Massa zu capituliren begehrt.

Der größte Theil der Diplomaten ist dem Ex-Großherzog Leopold nach Gaëta oder Neapel gefolgt.

* Rom, 19. Febr.

Zu den bereits mitgetheilten Beschlüssen aus der heutigen Sitzung der römischen Constituante ist noch nachzutragen, daß der Kriegsminister Campello den Antrag eingebracht hat, alle Pferde der Ex-Nobelgarde und der päbstlichen Ställe zur Bespannung der Artillerie zu verwenden. Sterbini trug auf Absendung von Kommissären mit diskretionärer Vollmacht in die Provinzen an. Die Versammlung überließ der Regierung die Ernennung dieser Kommissäre. Außerdem wurde vom Finanzminister Guicciali eine progressive Zwangsanleihe vorgeschlagen, die bei den Besitzern von 2000 Scudi Jahresrente anfangen sollte und je nach dem Vermögen von 1/5 bis 2/3 der Rente steigen sollte. Der Vorschlag ging an die Bureaus.

* Rom.

Hier soll nach dem Plane von Pelligrini eine italienische Bank errichtet werden, um die Kosten des italienischen Freiheitskampfes zu tragen.

* Ferrara, 21. Januar.

Heute ist von Lugo durch Estafette eine Depesche des Präfekten Mayer eingetroffen, worin er meldet, daß er sich nach Argenta begeben und Ferrara verlassen, wo der Feind die päbstlichen Wappen wieder aufgerichtet hat. Aus offiziellen Berichten geht hervor, daß die Oestreicher Ferrara mit 7000 Mann umzingelten und 2000 Mann Reserve zu Pontelagoscuro und zu Santa-Maria-Maddelena bereit hielten. Die Truppen führten 24 Stück Artillerie mit sich ohne die 47 in der Citadelle zu rechnen. Es ist nicht uninteressant zu erwähnen, daß die Oestreicher zur selben Zeit, wo sie Ferrara angriffen, ungefähr 4000 Mann in das Modenesische Gebiet warfen, die gen Mirandola und Cento marschirten.

In diesem Augenblicke sind die Verbindungen vollständig wiederhergestellt.

218 Mailand, 28. Febr.

Radetzky hat sämmtlichen Offiziersfrauen den Befehl ertheilt, die Stadt zu verlassen. Auch soll das Kastell auf zwei Monate mit Lebensmitteln versehen und 7 Bataillons in dasselbe gelegt worden sein.

* Venedig, 19. Febr.

In der ersten Eröffnungssitzung der „Assemblea permanente“ gab Manin unter stürmischem Beifall eine Uebersicht über die Zustände der Republik. Er kündigte zugleich einige nächstens folgende Vorlagen der Regierung in Betreff der italienischen Constituante an. In der zweiten Sitzung wurde Tommasseo zum Präsidenten ernannt, und da er diese Würde ablehnte, an seine Stelle Calucci.

In der dritten Sitzung (17. Febr.) wurde mit 70 gegen 36 Stimmen die provisorische Regierung (Manin, Cavedalis und Graziani) bestätigt. Es ist ihr die Gewalt gegeben, die innere und äußere Vertheidigung zu leiten, aber untersagt, die Assemblea zu prorogiren oder aufzulösen. Am 18. vertagte sich die Versammlung auf einige Tage, um ihr Reglement zu entwerfen.

Schweiz.
219 Bern, 2. März.

Die Nachricht, daß in Turin der König verjagt sei, läuft so eben durch die Stadt und versetzt Alles in ungeheure Aufregung.

Ein Hr. Cortaz, welcher von der sardinischen Regierung hieher geschickt war, um für den bevorstehenden Krieg Pferde zu kaufen, erhielt diese Nachricht durch einen Eilboten mit dem Auftrag, von ferneren Einkäufen abzustehen.

Die Volksvereine agitiren lebhaft für Aufhebung der Kapitulationen und Rekrutirungen. Die bernerischen Vereine haben sich einstimmig gegen dieselben und die vom Bundesrathe befolgte Politik erklärt. Auch in Freiburg und Murten sprach sich die Volksstimme in demselben Sinne aus. Sogar aus Brombach (Großherz. Baden) kam eine von 50 schweiz. Arbeitern unterzeichnete Erklärung, daß sich dieselben mit Freuden der Petition um Aufhebung der fremden Militärkapitulationen anschließen.

Seit den Sonderbundskriegen sind die Volksvereine in der Schweiz so ziemlich allmächtig und die diplomatischen Winkelzüge der Clique Furrer und Ochsenbein werden ebensowenig gegen die Volksaufregung sich behaupten können, wie Jesuiten und Sonderbund.

Pater Girard, bekannt durch die Verfolgungen, welche er von Seiten der Jesuiten früher ausstehen mußte, liegt sehr gefährlich krank

Von der Aargauer Polizei wurde letzthin eine schlechtgeprägte Münze aus Zinn aufgegriffen. Sie trägt auf der Hauptseite das kaum kenntliche Bild des Bundesrathes Ochsenbein, mit der Umschrift: „H. Ochsenbein der Erste mit 12 1/2 Stimmen 1847.“ Auf der Rückseite heißt es: „Jehova, Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“

103 Zürich.

Hier ist vor einigen Tagen eine Dame lebendig begraben worden. Sie hatte schon öfter am Starrkrampf gelitten; der Arzt gab dennoch, nachdem er eine Ader geöffnet, ohne daß Blut geflossen, seine Erlaubniß zur Beerdigung. Als der Todtengräber den Sarg bedecken wollte, hörte er ein Stöhnen. Da nun nach den Kantonsgesetzen ohne obrigkeitliche Bewilligung kein Sarg geöffnet werden darf, so lief der Todtengräber zur Behörde. Als diese den Sarg öffnete, fand man die Unglückliche jetzt wirklich todt, im Blute schwimmend. Im Kanton Bern gilt dasselbe Gesetz.

Französische Republik.
17 Paris, 2. März.

Der reaktionären Schlange ist auf den Schwanz getreten: „Rückzahlung der Milliarde!“ welch ein entsetzliches Wort! Die Schlange bäumt sich und zischt im „Memorial“ von Bordeaux: „Nur hirnkränkelnde Schwätzer können auf Plünderung dieser Art ausgehn, möge die Staatsgewalt ihnen baldigst den Mund verstopfen, denn sonst könnte manch unerfahrner, naiver Landmann (aha!) dadurch verführt werden.“ Und Montalembert, der immer so salbungsvoll mit himmelnden Augen zwei Stunden ohne Unterlaß in der Kammer die Inquisition predigt, erbaute vorige Woche die Volksrepräsentanten durch eine idyllisch-pommersche Schilderung des „unschuldigen, gottgetreuen, biderden, allem Aufruhr abgeneigten“ Landmanns in Frankreich. Hinter den Elogen des frommen Ritters lauert der Pater des Jesuitenjournals „Univers“: „Sklaven, Knechte muß es immer geben, und nur unter dieser Bedingung kann die menschliche Gesellschaft bestehen.“ Der „Republicain des Ardennes“ sagt ganz richtig: „Im Mai und Juni habt ihr das Wildschwein angeschossen, ihr waret zu ungeschickt. Jetzt staunet nicht, wenn es um sich haut und Hunde und Jäger verwundet. An Aussöhnung denkt ihr hoffentlich nicht mehr. Also gebt ihm stark und behende den Genickfang; die andern Nationen werden auch das Mal wieder euch nachahmen, und der Haupt-Eber in Petersburg selber wird zu Tode gehetzt werden können: Macht aber fürderhin etwas Ganzes, nichts halbes.“ „Corsaire“ merkt, daß die Jagd auf „Kronenwild“ nicht mehr allzufern ist, und Monsieur Rovigo schreibt heute folgende klassische Elegie: „Die Brea'sche Mordhistorie wird endlich klar durch jene Phrase von La Reforme: vor einem Jahre hielt das Volk von Paris in Händen die Gesandten der fremden Höfe; sie waren todtenbleich und bebten wie Königsanhänger ‒ und dennoch hat es ihrer geschont! Ei welch edles Völkchen! … aber das rothe Blättchen vergißt uns zu sagen, wessen sich Königsanhänger und Gesandte schuldig gemacht? Es erhellt zugleich aus der obigen Phrase von La Reforme, daß wenn das Volk, oder richtiger La Reforme, Recht über Leben und Tod der fremden Gesandten hat, es auch über einen Parlamentär verfügen kann, und wenn es ihm beliebte in den Februartagen nicht zu meuchelmorden, so hat es ihm in den Junitagen anders beliebt. Die fünf Mörder Brea's und seines Adjudanten sind Mörder von Parlamentären. ‒ Teufel! das Volk ist Herr, hat uns keine Rechenschaft abzulegen, und wir sind froh noch unsern Kopf auf dem Rumpfe zu tragen. Aber Scherz beiseite, diese Doktrinen der Reformpartei werden den nächsten Volkssieg für unser eins verdammt unangenehm machen, und die Milde wird schwerlich an der Tagesordnung sein. O wir kennen das Wörterbuch der Rothen: Mörder heißen Unglückliche, Aufrührer sind Helden, erschoßne Empörer sind Märtyrer, die Meuchler eines Rossi, Latour und Lychnowski verdienen Bildsäulen (wie Sankt Lumpazivagabundus dem Corsaire am Herzen liegt!). Glücklicherweise kramt La Reforme ihre Herrlichkeiten vorher ans Licht, und das wahre Volk, der wahre Arbeiterstand kann schon vorher urtheilen, ob er sich solchen Mordbrennern unterwerfen will. La Reforme in specie kommt uns immer vor wie der besoffen gemachte Helorensklave, den die Spartiaten beim Gastmahl in dem Saale herumturkeln ließen, um Abscheu einzuflößen.“ Bekanntlich schrieb der Diktator Cavaignac den Bombardirern Wien's einen schmeichelhaften Brief; General Changarnier, dieser Chef der antirepublikanischen Verschwörung des 29. Januar, hatte bald darauf dieselbe Höflichkeit bewiesen, und die wiener Blätter, nicht minder die petersburger, streichen mit großem Enthusiasmus die Bourger- und lyoner Rebellenrede Bugeaud's heraus. Ein einziger Schrei des Unwillens ertönt deshalb durch die Demokratenpresse aller 86 Provinzen. Soviel ist gewiß, der Geist des Heeres „verschlechtert sich.“ Viele Unteroffiziere, Sergeanten und Fourriere aus fast allen pariser Garnisonstruppen, wie auch des Weichbildes, feierten ein Bruderbanquet in den Februartagen, dem Volksrepräsentanten beiwohnten; Demosthenes Ollivier, Mitglied der Bergpartei, sprach ermuthigend und freute sich, die Armee auf diesem Wege zu erblicken. Mehrere Militärs hielten nun hinter einander Toastreden und brachten ein Hoch auf die Republik, welches mehrmals in einer Weise wiederholt ward, die den königlichen Bestien Changarnier, Bugeaud, Faucher und Falloux wohl noch lange in den Ohren brummen wird. Ich mache den deutschen Leser auf dieses nicht vorher angekündigte Bankett aufmerksam, welches einestheils so unerwartet auftrat, anderntheils einen tiefen Einfluß auf das Heer haben dürfte, denn der französische Unteroffizier wirkt tausendmal mehr auf seine Soldaten als der deutsche. Die Demokratenpresse citirt zwar viele Sätze der Redner, verschweigt aber deren Namen; letztere sind, vorsichtshalber, auf dem Bankett gleichfalls verschwiegen geblieben. Trotzdem ist eine ministerielle Untersuchung bereits im Gange, doch bisjetzt haben sich unter den Kameraden keine Angebende gefunden. Ein Sergeant sagte:„Die elenden Zwerge, die Gegner der Revolution, mögen noch so wüthend sie befehden, siegen wird sie, und das bald.“ Ein Fourrier: „Freilich sind wir nicht sehr zahlreich auf diesem Bankett, aber Geduld! auch unsre Militärkette wird einst fallen. Wir können heute nicht, wie wir wollen. Die Disziplin wird immer härter seit Neujahr. Der geringste Fehltritt eines demokratischen Soldaten wird viel schärfer bestraft als früher. Seid aber gewiß, unsre nicht anwesenden Kameraden sind mit dem Herzen und Verstande gegenwärtig.“ Ein Unteroffizier toastete „auf die Herren Generäle Changarnier und Bugeaud, welche seit wenigen Wochen und ganz wider ihr Wissen und Wollen, in so vielen französischen Kriegern Revolutionsliebe und Revolutionsgeist erweckten.“

Wenn man die Schilderungen aus unparteiischer, wenngleich nicht parteiloser, d. h. indifferenter, Feder von den Behandlungen der zu den Galeeren verurtheilten Junihelden liest, so kann man sich ‒ klingts auch etwas seltsam ‒ eines leisen Lächelns nicht erwehren, denn unwillkürlich denkt man schon an die nahe Zukunft, wo das Blatt sich fürchterlich gewendet, wo die ganze Bonaparte'sche Familie, alle Minister, die republikanischen Cavaignacs und die royalistischen Armagnacs, die Meister der Börse und Bank, die Journalisten der Volksvergifterpresse und sonstige Chefs des Systems, in gelben Hosen und rothen Jacken und Mützen in's Eisen gehämmert werden: ‒ dafern die höchste Justiz der Volksgemeinde gegen sie nicht kürzer vorher verfahren ist… Man vernehme folgenden Brief:„Im Bagno des Hafens Brest, am Tage der 1848ger Revolution. Lieber Ferdinand, den 17. Februar holte man mich aus dem pariser Gefängniß, um mich nach den brester Galeeren zu verpacken und zu versenden. Was auch ohne sonstige Mißfälle geschehen ist. Ich war in einen Kasten gesperrt, der sehr eng, und da wir um jedes Bein einen kolossalen Eisenring nebst Kette trugen, hob man uns in den Wagen. Vorher ward uns Geld, Messer und Löffel abgenommen. Um vier Uhr Morgens fuhr man uns weg und vier Tage und Nächte eines fortwährenden Rollens und Stoßens mußten wir aushalten. Man ließ uns hart hungern, Käse und Brod des Morgens; Abends Wurst und Wasser. Aber unsre Wächter betrugen sich sehr liebevoll, trotz des strengen Reglements. Die Beine waren dick angeschwollen, es war Zeit ‒ daß wir anlangten, fährt der Brief des Märtyrers fort. Und wir kamen endlich im Sonnenschein des Bagnohofs, in der Luft zur Besinnung, wonach man uns die Treppe hinaufschickte. Unsre Gepäcke sollten reglementsgemäß ins Feuer geworfen werden, zu unserm Leidwesen, indeß schloß man sie blos ins Magazin ein. Die neue Kette, die wir nach einem Bade und Einkleiden in gelbe Hosen, rothe Jacke und Mütze, aber ohne Weste, ohne Strümpfe, ohne Krawatte (nur Holzschuhe von kolossaler Größe trägt der Galeerensklave, nebst einem Ringe an den Füßen) erhielten, war etwa 8 Fuß lang, 4 für mich, 4 für meinen Reisegefährten. Man gab uns ein hartes Feldbett und eine Wolldecke und ließ uns drei Tage ohne Arbeit, wegen unsrer geschwollenen Beine. ‒ Also wäre es wirklich wahr, daß ehrliche Republikaner in diesem Bagno zehn Lebensjahre verbringen sollen? und das in der Republik?! ‒ Dann trennte man uns, und zu meinem Schmerze schmiedete man meinen Ring an die Kette eines Mannes Namens Faure, dessen Fehltritt oder dessen Verbrechen ich bisjetzt noch nicht kenne. Ist es keine ganz verstockte Seele, wie ich hoffe, so werde ich ihm, so gut es geht, einige der ernsten Grundsätze einimpfen, die ich zeither stets befolgte, von früher Jugend auf. Was auch komme, ich werde ohne Jammern auszuharren wissen… Ich freue mich, daß wir alle diese schwere Probe mit Muth sämmtlich erduldeten. Diese großen Herzen haben keinen Augenblick gewankt. Und wir trugen hoch den Kopf als wir heute früh zum Hafen gingen auf die Galeeren der Republik, trotz unsrer Ketten und Kostüme, trotz unsers geschorenen Schädels und unsrer gestutzten Schnurrbärte. Übrigens sind wir vollkommen wohl.“

„Ich ersuche dich, lieber Freund, heißt es weiter, meine zehnjährige Tochter zu umarmen und möge dieses Schreiben allen, die so liebreich versprachen sich des armen Mädchens anzunehmen, gezeigt werden. Wie steht es mit dem zweiten Kinde, das bei der Amme auf dem Dorfe ist?… Höchst quälend ist daß die zwei aneinander Geschmiedeten fort und fort sich folgen müssen, Tags wie Nachts, und selbst bei der Unbequemlichkeit des Lebens hat man immer einen Begleiter auf 8 Fuß Entfernung.“ Die Journale beeilen sich diesen Brief mitzutheilen; dafür wird das „Peuple“ den Kasernen untersagt, und „La Reforme“ auf dem Marktplatz zu Uzes im Süden feierlichst in den Scheiterhaufen geworfen. Dieses unglückselige Uzes ist seit Juni von der „honnetten“ oder „gemäßigten“ Presse in einer Weise aufgeregt worden, die ich früher mit Beispielen erwähnt (z. B. die dortige „Liberté“ brachte 3 Tage lang einen Sturmartikel, der anfing: „nieder, nieder, nieder die Feinde Gottes, der Tugend, der Arbeit, des Volkes; möge sich Niemand scheuen das Blut dieser republikanischen Brut zu verspritzen“) und die bekanntlich am Aschermittwoch zu Gräueln bereits führte.

Als die Aristokratenjournale scharf von den Volksblättern deswegen interpellirt wurden, antwortete der Moniteur mit einem Lügenbericht. Berlin's Journal jammerte über dies „deutsche Ideenchaos, welches sehr einem Vulkane ähnlich“ und widmete den preußischen Kammern einen Leitartikel durch zwei Spalten. Auch den demokratischen Kongreß vom Oktober besprach es wieder ein Mal bei dieser schönen Gelegenheit und citirte „die socialistischen Beschlüsse desselben, welche dem materiellen Theile des Menschen einen so argen Einfluß auf den höhern einräumen, mithin einer Kulturvernichtung in die Hände arbeiten“; und heute quält es sich auf drei Spalten ab, durch das schlecht gedachte und schülerhaft stylisirte Schriftchen eines Monsieur Frankh unterstützt, dem Lindwurm des Kommunismus theoretisch den Hals umzudrehen. „Es wird Abend für diese alternden Sünder“, sagt die „Boix du Peuple“ in Marseille sehr richtig Welchen Kummer und Zorn erregten in ihnen nicht gewisse Toaste des pariser Februarfestes im Klubsalon der „Fraternite“ in der Straße Martell!

* Paris, 3. März.

Man erinnert sich, daß „le jeune Leon Faucher“, diese ministerielle Erfindung Odilon Barrot's, dieser bellestristische Statistiker und debattirende Oekonomist, im „Moniteur“ wüthende Angriffe gegen die „rothe Republik“ und Ledru Rollin's Bankettrede abdrucken läßt. Leon Faucher, dessen Leitartikel im „Courrier Français“ spurlos vorübergingen, hofft nun durch den Minister auch den Journalisten zu Ansehen zu bringen und veröffentlicht daher jetzt seinen Premier Paris im Moniteur.

Ledru Rollin schickte dem Moniteur eine Ewidrung ein. Der Moniteur verweigerte die Insertion. Wir geben die interessantesten Stellen aus diesem Schreiben.

„An den Redakteur des Moniteurs.

Bisher hat Ihr von den gesetzgebenden Versammlungen besoldetes Blatt die Mitglieder derselben nicht zu insultiren gewagt. Das jetzige Ministerium will es in andrer Weise ausbeuten. Die Nationalversammlung wird bald zu entscheiden haben, ob dieß der Bestimmung eines Blattes entspricht, welches nur gestiftet ist, um die offiziellen Dokumente und die historischen Ereignisse einzuregistriren; sie wird folglich entscheiden, ob Sie länger die Ihnen vom Volke bezahlte Subvention zu beziehen haben.

Der Moniteur steht unter besonderer Aufsicht des Ministers des Innern. Mehr als jeder andere ist dieser Beamte daher für den Inhalt des offiziellen Blattes verantwortlich. Zudem, in Ihrem Artikel gegen mich erkennt alle Welt die Hand des Herrn Faucher. Wäre ich seinen gegen mich versuchten Beleidigungen zugänglich, wie leicht, mich an ihm zu rächen! Es würde genügen, den Beweis zu liefern, daß dieser halbe Faucher vor kaum sieben Jahren um meine Patronschaft bettelte, um Deputirter von Saint-Valeryen-Cour zu werden. Und dennoch sprach ich mich zu jener Epoche schon offen als sozialistischen Republikaner aus, so gut wie heute.“

Ledrü-Rollin weist dann die Anschuldigungen Faucher's als Verläumdungen zurück. „Die Regierung, sagt Faucher, befürchtet keine sozialistische Ansteckung der Armee. Und mit dieser Phrase glaubt man das Land täuschen und seinen Ingrimm verstecken zu können? Laßt uns sehen. Ich erfinde nicht, ich erzähle Thatsachen. Ein Unteroffizierbankett hat zu Paris stattgefunden; die Anwesenden vertraten einen sehr bedeutenden Theil der Pariser Regimenter.“

„Der erste Toast lautete wie folgt:

Es hat die Stunde geschlagen, wo alle Mißbräuche und Privilegien aufhören müssen, um der Herrschaft der Vernunft und der Gerechtigkeit Platz zu machen. Republikaner, schließen wir fester unsre Reihen und zeigen wir den Elenden (merken Sie sich das wohl, Herr Minister des Innern!), welche die sträfliche Hoffnung einer monarchischen Restauration hegen, daß die Armee durchgängig den demokratischen Prinzipien ergeben ist. Sie ist bereit, für deren Vertheidigung ihr Blut zu vergießen.“

„Ein zweiter Toast wurde ausgebracht: auf die demokratische und humanitärische Bergpartei!

Ein dritter Toast: Es lebe die demokratische und soziale Republik!, wurde mit nicht endendem Beifallsruf empfangen.

Ein vierter Toast lautete: Jeder Verdacht einer Contrerevolution wäre eine Beleidigung für die Armee. Sehr richtig hat ein Mitglied des Berges gesagt: Die soziale Idee ist in die Kaserne gedrungen, alle Versuche, sie zu tödten, sind von nun an eitel.

Ich könnte, schließt Ledrü-Rollin, noch mehrere andere Toaste hinzufügen, alle waren eingegeben von demselben Geiste. Aber es ist wahr, wir müssen es sagen, um gerecht zu sein und den Geist des passiven Gehorsams in der Armee zu konstatiren, daß dieses Bankett mit einem Toast auf Changarnier und Bugeaud beschlossen wurde, aus dem Motiv, daß diese Herren, ohne es zu ahnen, die Armee einen großen Schritt weiter habe thun lassen auf der Bahn der sozial-demokratischen Republik.“

Hierzu eine Beilage.

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Slaven überhaupt Oestreich gerettet haben, welche harmlose Aeußerung den Fuhrwesenslieutenant derart in Zorn brachte, daß er den Pfarrer einen Verräther des Kaisers schalt, und ihm mit dem Aufhängen drohte. Der Hauswirth suchte den Lieutenant zu beschwichtigen, indem er ihn zugleich an die Opfer erinnerte, die Croatien in neuester Zeit gebracht, und die wohl dafür sprechen, daß ihnen die Ehre gebühre den Staat vor dem Zerfalle bewahrt zu haben.</p>
          <p>Dies brachte den Offizier noch mehr in Harnisch, und er gab auch der Mannschaft sogleich den Befehl, das Haus des Stuhlrichters zu umzingeln, während er selbst in die Zimmer eindrang, und den Anwesenden mit einer kriegsrechtlichen Execution drohte. Der herbeigeeilte Ortspfarrer hatte indeß den Lieutenant auf die Folgen seines wahnsinnigen Gebahrens aufmerksam gemacht und mit dem Landsturme gedroht, falls der Offizier mit seiner Transportmannschaft den Ort nicht augenblicklich räumen würde. Dieser eindringlichen Vorstellung glaubte der Lieutenant dennoch nachgeben zu sollen, und als er mehrer bewaffneten Bauern, die zum Schutz des Stuhlrichters herbeigeeilt waren, ansichtig wurde, gab er seiner Mannschaft den Befehl zum Abmarsch. Gegen diesen argen Militärexceß wurde von den Einwohnern der genannten Ortschaft eine Genugthuung fordernde kräftige Vorstellung der betreffenden Militärbehörde übermacht.</p>
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        <head>Italien.</head>
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          <p>Aus <hi rendition="#g">Rom</hi> und <hi rendition="#g">Florenz</hi> sind die neuesten Journale und Briefe vom 21. und resp. 24. Febr. nicht eingetroffen.</p>
          <p>In <hi rendition="#g">Turin</hi> fand im Senat am 26. Febr. eine lange Debatte statt, die darum wichtig, weil sie der kriegerischen Stimmung des Ministeriums gegen Oestreich völlig beitrat.</p>
          <p>Aus <hi rendition="#g">Pisa</hi> meldet eine Depesche des dortigen Präfekten vom 23. Febr. an die provis. Regierung in Florenz: daß der General Laugier mit seinem Reaktions-Corps durch Vermittelung des Gemeinderaths von Massa zu capituliren begehrt.</p>
          <p>Der größte Theil der Diplomaten ist dem Ex-Großherzog Leopold nach Gaëta oder Neapel gefolgt.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 19. Febr.</head>
          <p>Zu den bereits mitgetheilten Beschlüssen aus der heutigen Sitzung der römischen Constituante ist noch nachzutragen, daß der Kriegsminister Campello den Antrag eingebracht hat, <hi rendition="#g">alle Pferde der Ex-Nobelgarde und der päbstlichen Ställe</hi> zur Bespannung der <hi rendition="#g">Artillerie</hi> zu verwenden. Sterbini trug auf Absendung von Kommissären mit diskretionärer Vollmacht in die Provinzen an. Die Versammlung überließ der Regierung die Ernennung dieser Kommissäre. Außerdem wurde vom Finanzminister Guicciali eine progressive Zwangsanleihe vorgeschlagen, die bei den Besitzern von 2000 Scudi Jahresrente anfangen sollte und je nach dem Vermögen von 1/5 bis 2/3 der Rente steigen sollte. Der Vorschlag ging an die Bureaus.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom.</head>
          <p>Hier soll nach dem Plane von Pelligrini eine italienische Bank errichtet werden, um die Kosten des italienischen Freiheitskampfes zu tragen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Ferrara, 21. Januar.</head>
          <p>Heute ist von Lugo durch Estafette eine Depesche des Präfekten Mayer eingetroffen, worin er meldet, daß er sich nach Argenta begeben und Ferrara verlassen, wo der Feind die päbstlichen Wappen wieder aufgerichtet hat. Aus offiziellen Berichten geht hervor, daß die Oestreicher Ferrara mit 7000 Mann umzingelten und 2000 Mann Reserve zu Pontelagoscuro und zu Santa-Maria-Maddelena bereit hielten. Die Truppen führten 24 Stück Artillerie mit sich ohne die 47 in der Citadelle zu rechnen. Es ist nicht uninteressant zu erwähnen, daß die Oestreicher zur selben Zeit, wo sie Ferrara angriffen, ungefähr 4000 Mann in das Modenesische Gebiet warfen, die gen Mirandola und Cento marschirten.</p>
          <p>In diesem Augenblicke sind die Verbindungen vollständig wiederhergestellt.</p>
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          <head><bibl><author>218</author></bibl> Mailand, 28. Febr.</head>
          <p>Radetzky hat sämmtlichen Offiziersfrauen den Befehl ertheilt, die Stadt zu verlassen. Auch soll das Kastell auf zwei Monate mit Lebensmitteln versehen und 7 Bataillons in dasselbe gelegt worden sein.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Venedig, 19. Febr.</head>
          <p>In der ersten Eröffnungssitzung der &#x201E;Assemblea permanente&#x201C; gab Manin unter stürmischem Beifall eine Uebersicht über die Zustände der Republik. Er kündigte zugleich einige nächstens folgende Vorlagen der Regierung in Betreff der italienischen Constituante an. In der zweiten Sitzung wurde Tommasseo zum Präsidenten ernannt, und da er diese Würde ablehnte, an seine Stelle Calucci.</p>
          <p>In der dritten Sitzung (17. Febr.) wurde mit 70 gegen 36 Stimmen die provisorische Regierung (Manin, Cavedalis und Graziani) bestätigt. Es ist ihr die Gewalt gegeben, die innere und äußere Vertheidigung zu leiten, aber untersagt, die Assemblea zu prorogiren oder aufzulösen. Am 18. vertagte sich die Versammlung auf einige Tage, um ihr Reglement zu entwerfen.</p>
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        <head>Schweiz.</head>
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          <head><bibl><author>219</author></bibl> Bern, 2. März.</head>
          <p>Die Nachricht, daß <hi rendition="#g">in Turin der König verjagt sei,</hi> läuft so eben durch die Stadt und versetzt Alles in ungeheure Aufregung.</p>
          <p>Ein Hr. Cortaz, welcher von der sardinischen Regierung hieher geschickt war, um für den bevorstehenden Krieg Pferde zu kaufen, erhielt diese Nachricht durch einen Eilboten mit dem Auftrag, von ferneren Einkäufen abzustehen.</p>
          <p>Die Volksvereine agitiren lebhaft für Aufhebung der Kapitulationen und Rekrutirungen. Die <hi rendition="#g">bernerischen</hi> Vereine haben sich einstimmig gegen dieselben und die vom Bundesrathe befolgte Politik erklärt. Auch in <hi rendition="#g">Freiburg</hi> und <hi rendition="#g">Murten</hi> sprach sich die Volksstimme in demselben Sinne aus. Sogar aus <hi rendition="#g">Brombach</hi> (Großherz. Baden) kam eine von 50 schweiz. Arbeitern unterzeichnete Erklärung, daß sich dieselben mit Freuden der Petition um Aufhebung der fremden Militärkapitulationen anschließen.</p>
          <p>Seit den Sonderbundskriegen sind die Volksvereine in der Schweiz so ziemlich allmächtig und die diplomatischen Winkelzüge der Clique Furrer und Ochsenbein werden ebensowenig gegen die Volksaufregung sich behaupten können, wie Jesuiten und Sonderbund.</p>
          <p>Pater <hi rendition="#g">Girard,</hi> bekannt durch die Verfolgungen, welche er von Seiten der Jesuiten früher ausstehen mußte, liegt sehr gefährlich krank</p>
          <p>Von der <hi rendition="#g">Aargauer</hi> Polizei wurde letzthin eine schlechtgeprägte Münze aus Zinn aufgegriffen. Sie trägt auf der Hauptseite das kaum kenntliche Bild des Bundesrathes Ochsenbein, mit der Umschrift: &#x201E;H. Ochsenbein der Erste mit 12 1/2 Stimmen 1847.&#x201C; Auf der Rückseite heißt es: &#x201E;Jehova, Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>103</author></bibl> Zürich.</head>
          <p>Hier ist vor einigen Tagen eine Dame lebendig begraben worden. Sie hatte schon öfter am Starrkrampf gelitten; der Arzt gab dennoch, nachdem er eine Ader geöffnet, ohne daß Blut geflossen, seine Erlaubniß zur Beerdigung. Als der Todtengräber den Sarg bedecken wollte, hörte er ein Stöhnen. <hi rendition="#g">Da nun nach den Kantonsgesetzen ohne obrigkeitliche Bewilligung kein Sarg geöffnet werden darf,</hi> so lief der Todtengräber zur Behörde. Als diese den Sarg öffnete, fand man die Unglückliche jetzt wirklich todt, im Blute schwimmend. Im Kanton Bern gilt dasselbe Gesetz.</p>
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        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar238_030" type="jArticle">
          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 2. März.</head>
          <p>Der reaktionären Schlange ist auf den Schwanz getreten: &#x201E;Rückzahlung der Milliarde!&#x201C; welch ein entsetzliches Wort! Die Schlange bäumt sich und zischt im &#x201E;Memorial&#x201C; von Bordeaux: &#x201E;Nur hirnkränkelnde Schwätzer können auf Plünderung dieser Art ausgehn, möge die Staatsgewalt ihnen baldigst den Mund verstopfen, denn sonst könnte manch unerfahrner, naiver Landmann (aha!) dadurch verführt werden.&#x201C; Und Montalembert, der immer so salbungsvoll mit himmelnden Augen zwei Stunden ohne Unterlaß in der Kammer <hi rendition="#g">die Inquisition</hi> predigt, erbaute vorige Woche die Volksrepräsentanten durch eine idyllisch-pommersche Schilderung des &#x201E;unschuldigen, gottgetreuen, biderden, allem Aufruhr abgeneigten&#x201C; Landmanns in Frankreich. Hinter den Elogen des frommen Ritters lauert der Pater des Jesuitenjournals &#x201E;Univers&#x201C;: &#x201E;Sklaven, Knechte muß es immer geben, und nur unter dieser Bedingung kann die menschliche Gesellschaft bestehen.&#x201C; Der &#x201E;Republicain des Ardennes&#x201C; sagt ganz richtig: &#x201E;Im Mai und Juni habt ihr das Wildschwein angeschossen, ihr waret zu ungeschickt. Jetzt staunet nicht, wenn es um sich haut und Hunde und Jäger verwundet. An Aussöhnung denkt ihr hoffentlich nicht mehr. Also gebt ihm stark und behende den Genickfang; die andern Nationen werden auch das Mal wieder euch nachahmen, und der Haupt-Eber in Petersburg selber wird zu Tode gehetzt werden können: Macht aber fürderhin etwas Ganzes, nichts halbes.&#x201C; &#x201E;Corsaire&#x201C; merkt, daß die Jagd auf &#x201E;Kronenwild&#x201C; nicht mehr allzufern ist, und Monsieur Rovigo schreibt heute folgende klassische Elegie: &#x201E;Die Brea'sche Mordhistorie wird endlich klar durch jene Phrase von La Reforme: vor einem Jahre hielt das Volk von Paris in Händen die Gesandten der fremden Höfe; sie waren todtenbleich und bebten wie Königsanhänger &#x2012; und dennoch hat es ihrer geschont! Ei welch edles Völkchen! &#x2026; aber das rothe Blättchen vergißt uns zu sagen, wessen sich Königsanhänger und Gesandte schuldig gemacht? Es erhellt zugleich aus der obigen Phrase von La Reforme, daß wenn das Volk, oder richtiger La Reforme, Recht über Leben und Tod der fremden Gesandten hat, es auch über einen Parlamentär verfügen kann, und wenn es ihm beliebte in den Februartagen nicht zu meuchelmorden, so hat es ihm in den Junitagen anders beliebt. Die fünf Mörder Brea's und seines Adjudanten sind Mörder von Parlamentären. &#x2012; Teufel! das Volk ist Herr, hat uns keine Rechenschaft abzulegen, und wir sind froh noch unsern Kopf auf dem Rumpfe zu tragen. Aber Scherz beiseite, diese Doktrinen der Reformpartei werden den nächsten Volkssieg für unser eins verdammt unangenehm machen, und die Milde wird schwerlich an der Tagesordnung sein. O wir kennen das Wörterbuch der Rothen: Mörder heißen Unglückliche, Aufrührer sind Helden, erschoßne Empörer sind Märtyrer, die Meuchler eines Rossi, Latour und Lychnowski verdienen Bildsäulen (wie Sankt Lumpazivagabundus dem Corsaire am Herzen liegt!). Glücklicherweise kramt La Reforme ihre Herrlichkeiten vorher ans Licht, und das <hi rendition="#g">wahre</hi> Volk, der <hi rendition="#g">wahre</hi> Arbeiterstand kann schon vorher urtheilen, ob er sich solchen Mordbrennern unterwerfen will. La Reforme in specie kommt uns immer vor wie der besoffen gemachte Helorensklave, den die Spartiaten beim Gastmahl in dem Saale herumturkeln ließen, um Abscheu einzuflößen.&#x201C; Bekanntlich schrieb der Diktator Cavaignac den Bombardirern Wien's einen schmeichelhaften Brief; General Changarnier, dieser Chef der antirepublikanischen Verschwörung des 29. Januar, hatte bald darauf dieselbe Höflichkeit bewiesen, und die <hi rendition="#g">wiener</hi> Blätter, nicht minder die <hi rendition="#g">petersburger,</hi> streichen mit großem Enthusiasmus die Bourger- und lyoner Rebellenrede Bugeaud's heraus. Ein einziger Schrei des Unwillens ertönt deshalb durch die Demokratenpresse aller 86 Provinzen. Soviel ist gewiß, der Geist des Heeres &#x201E;verschlechtert sich.&#x201C; Viele Unteroffiziere, Sergeanten und Fourriere aus fast allen pariser Garnisonstruppen, wie auch des Weichbildes, feierten ein Bruderbanquet in den Februartagen, dem Volksrepräsentanten beiwohnten; Demosthenes Ollivier, Mitglied der Bergpartei, sprach ermuthigend und freute sich, die Armee auf diesem Wege zu erblicken. Mehrere Militärs hielten nun hinter einander Toastreden und brachten ein Hoch auf die Republik, welches mehrmals in einer Weise wiederholt ward, die den königlichen Bestien Changarnier, Bugeaud, Faucher und Falloux wohl noch lange in den Ohren brummen wird. Ich mache den deutschen Leser auf dieses nicht vorher angekündigte Bankett aufmerksam, welches einestheils so unerwartet auftrat, anderntheils einen tiefen Einfluß auf das Heer haben dürfte, denn der französische Unteroffizier wirkt tausendmal mehr auf seine Soldaten als der deutsche. Die Demokratenpresse citirt zwar viele Sätze der Redner, verschweigt aber deren Namen; letztere sind, vorsichtshalber, auf dem Bankett gleichfalls verschwiegen geblieben. Trotzdem ist eine ministerielle Untersuchung bereits im Gange, doch bisjetzt haben sich unter den Kameraden keine Angebende gefunden. Ein Sergeant sagte:&#x201E;Die elenden Zwerge, die Gegner der Revolution, mögen noch so wüthend sie befehden, siegen wird sie, und das bald.&#x201C; Ein Fourrier: &#x201E;Freilich sind wir nicht sehr zahlreich auf diesem Bankett, aber Geduld! auch unsre Militärkette wird einst fallen. Wir können heute nicht, wie wir wollen. Die Disziplin wird immer härter seit Neujahr. Der geringste Fehltritt eines demokratischen Soldaten wird viel schärfer bestraft als früher. Seid aber gewiß, unsre nicht anwesenden Kameraden sind mit dem Herzen und Verstande gegenwärtig.&#x201C; Ein Unteroffizier toastete &#x201E;auf die Herren Generäle Changarnier und Bugeaud, welche seit wenigen Wochen und ganz wider ihr Wissen und Wollen, in so vielen französischen Kriegern Revolutionsliebe und Revolutionsgeist erweckten.&#x201C;</p>
          <p>Wenn man die Schilderungen aus unparteiischer, wenngleich nicht parteiloser, d. h. indifferenter, Feder von den Behandlungen der zu den Galeeren verurtheilten Junihelden liest, so kann man sich &#x2012; klingts auch etwas seltsam &#x2012; eines leisen Lächelns nicht erwehren, denn unwillkürlich denkt man schon an die nahe Zukunft, wo das Blatt sich fürchterlich gewendet, wo die ganze Bonaparte'sche Familie, alle Minister, die republikanischen Cavaignacs und die royalistischen Armagnacs, die Meister der Börse und Bank, die Journalisten der Volksvergifterpresse und sonstige Chefs des Systems, in gelben Hosen und rothen Jacken und Mützen in's Eisen gehämmert werden: &#x2012; dafern die höchste Justiz der Volksgemeinde gegen sie nicht <hi rendition="#g">kürzer</hi> vorher verfahren ist&#x2026; Man vernehme folgenden Brief:&#x201E;Im Bagno des Hafens Brest, am Tage der 1848ger Revolution. Lieber Ferdinand, den 17. Februar holte man mich aus dem pariser Gefängniß, um mich nach den brester Galeeren zu verpacken und zu versenden. Was auch ohne sonstige Mißfälle geschehen ist. Ich war in einen Kasten gesperrt, der sehr eng, und da wir um jedes Bein einen kolossalen Eisenring nebst Kette trugen, hob man uns in den Wagen. Vorher ward uns Geld, Messer und Löffel abgenommen. Um vier Uhr Morgens fuhr man uns weg und vier Tage und Nächte eines fortwährenden Rollens und Stoßens mußten wir aushalten. Man ließ uns hart hungern, Käse und Brod des Morgens; Abends Wurst und Wasser. Aber unsre Wächter betrugen sich sehr liebevoll, trotz des strengen Reglements. Die Beine waren dick angeschwollen, es war Zeit &#x2012; daß wir anlangten, fährt der Brief des Märtyrers fort. Und wir kamen endlich im Sonnenschein des Bagnohofs, in der Luft zur Besinnung, wonach man uns die Treppe hinaufschickte. Unsre Gepäcke sollten reglementsgemäß ins Feuer geworfen werden, zu unserm Leidwesen, indeß schloß man sie blos ins Magazin ein. Die neue Kette, die wir nach einem Bade und Einkleiden in gelbe Hosen, rothe Jacke und Mütze, aber ohne Weste, ohne Strümpfe, ohne Krawatte (nur Holzschuhe von kolossaler Größe trägt der Galeerensklave, nebst einem Ringe an den Füßen) erhielten, war etwa 8 Fuß lang, 4 für mich, 4 für meinen Reisegefährten. Man gab uns ein hartes Feldbett und eine Wolldecke und ließ uns drei Tage ohne Arbeit, wegen unsrer geschwollenen Beine. &#x2012; Also wäre es wirklich wahr, daß ehrliche Republikaner in diesem Bagno zehn Lebensjahre verbringen sollen? und das in der Republik?! &#x2012; Dann trennte man uns, und zu meinem Schmerze schmiedete man meinen Ring an die Kette eines Mannes Namens Faure, dessen Fehltritt oder dessen Verbrechen ich bisjetzt noch nicht kenne. Ist es keine ganz verstockte Seele, wie ich hoffe, so werde ich ihm, so gut es geht, einige der ernsten Grundsätze einimpfen, die ich zeither stets befolgte, von früher Jugend auf. Was auch komme, ich werde ohne Jammern auszuharren wissen&#x2026; Ich freue mich, daß wir alle diese schwere Probe mit Muth sämmtlich erduldeten. Diese großen Herzen haben keinen Augenblick gewankt. Und wir trugen hoch den Kopf als wir heute früh zum Hafen gingen auf die Galeeren der Republik, trotz unsrer Ketten und Kostüme, trotz unsers geschorenen Schädels und unsrer gestutzten Schnurrbärte. Übrigens sind wir vollkommen wohl.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ich ersuche dich, lieber Freund, heißt es weiter, meine zehnjährige Tochter zu umarmen und möge dieses Schreiben allen, die so liebreich versprachen sich des armen Mädchens anzunehmen, gezeigt werden. Wie steht es mit dem zweiten Kinde, das bei der Amme auf dem Dorfe ist?&#x2026; Höchst quälend ist daß die zwei aneinander Geschmiedeten fort und fort sich folgen müssen, Tags wie Nachts, und selbst bei der Unbequemlichkeit des Lebens hat man immer einen Begleiter auf 8 Fuß Entfernung.&#x201C; Die Journale beeilen sich diesen Brief mitzutheilen; dafür wird das &#x201E;Peuple&#x201C; den Kasernen untersagt, und &#x201E;La Reforme&#x201C; auf dem Marktplatz zu Uzes im Süden feierlichst in den Scheiterhaufen geworfen. Dieses unglückselige Uzes ist seit Juni von der &#x201E;honnetten&#x201C; oder &#x201E;gemäßigten&#x201C; Presse in einer Weise aufgeregt worden, die ich früher mit Beispielen erwähnt (z. B. die dortige &#x201E;Liberté&#x201C; brachte 3 Tage lang einen Sturmartikel, der anfing: &#x201E;nieder, nieder, nieder die Feinde Gottes, der Tugend, der Arbeit, des Volkes; möge sich Niemand scheuen das Blut dieser republikanischen Brut zu verspritzen&#x201C;) und die bekanntlich am Aschermittwoch zu Gräueln bereits führte.</p>
          <p>Als die Aristokratenjournale scharf von den Volksblättern deswegen interpellirt wurden, antwortete der Moniteur mit einem Lügenbericht. Berlin's Journal jammerte über dies &#x201E;deutsche Ideenchaos, welches sehr einem Vulkane ähnlich&#x201C; und widmete den preußischen Kammern einen Leitartikel durch zwei Spalten. Auch den demokratischen Kongreß vom Oktober besprach es wieder ein Mal bei dieser schönen Gelegenheit und citirte &#x201E;die socialistischen Beschlüsse desselben, welche dem materiellen Theile des Menschen einen so argen Einfluß auf den höhern einräumen, mithin einer Kulturvernichtung in die Hände arbeiten&#x201C;; und heute quält es sich auf drei Spalten ab, durch das schlecht gedachte und schülerhaft stylisirte Schriftchen eines Monsieur Frankh unterstützt, dem Lindwurm des Kommunismus theoretisch den Hals umzudrehen. &#x201E;Es wird Abend für diese alternden Sünder&#x201C;, sagt die &#x201E;Boix du Peuple&#x201C; in Marseille sehr richtig Welchen Kummer und Zorn erregten in ihnen nicht gewisse Toaste des pariser Februarfestes im Klubsalon der &#x201E;Fraternite&#x201C; in der Straße Martell!</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 3. März.</head>
          <p>Man erinnert sich, daß &#x201E;le jeune <hi rendition="#g">Leon Faucher&#x201C;,</hi> diese ministerielle Erfindung Odilon Barrot's, dieser bellestristische Statistiker und debattirende Oekonomist, im &#x201E;Moniteur&#x201C; wüthende Angriffe gegen die &#x201E;rothe Republik&#x201C; und <hi rendition="#g">Ledru Rollin's</hi> Bankettrede abdrucken läßt. Leon Faucher, dessen Leitartikel im &#x201E;Courrier Français&#x201C; spurlos vorübergingen, hofft nun durch den Minister auch den Journalisten zu Ansehen zu bringen und veröffentlicht daher jetzt seinen Premier Paris im Moniteur.</p>
          <p>Ledru Rollin schickte dem Moniteur eine Ewidrung ein. Der Moniteur verweigerte die Insertion. Wir geben die interessantesten Stellen aus diesem Schreiben.</p>
          <p>&#x201E;An den Redakteur des Moniteurs.</p>
          <p>Bisher hat Ihr von den gesetzgebenden Versammlungen besoldetes Blatt die Mitglieder derselben nicht zu insultiren gewagt. Das jetzige Ministerium will es in andrer Weise ausbeuten. Die Nationalversammlung wird bald zu entscheiden haben, ob dieß der Bestimmung eines Blattes entspricht, welches nur gestiftet ist, um die offiziellen Dokumente und die historischen Ereignisse einzuregistriren; sie wird folglich entscheiden, ob Sie länger die Ihnen vom Volke bezahlte Subvention zu beziehen haben.</p>
          <p>Der Moniteur steht unter besonderer Aufsicht des Ministers des Innern. Mehr als jeder andere ist dieser Beamte daher für den Inhalt des offiziellen Blattes verantwortlich. Zudem, in Ihrem Artikel gegen mich erkennt alle Welt die Hand des Herrn Faucher. Wäre ich seinen gegen mich versuchten Beleidigungen zugänglich, wie leicht, mich an ihm zu rächen! Es würde genügen, den Beweis zu liefern, daß dieser halbe Faucher vor kaum sieben Jahren um meine Patronschaft bettelte, um Deputirter von Saint-Valeryen-Cour zu werden. Und dennoch sprach ich mich zu jener Epoche schon offen als sozialistischen Republikaner aus, so gut wie heute.&#x201C;</p>
          <p>Ledrü-Rollin weist dann die Anschuldigungen Faucher's als Verläumdungen zurück. &#x201E;Die Regierung, sagt Faucher, befürchtet keine sozialistische Ansteckung der Armee. Und mit dieser Phrase glaubt man das Land täuschen und seinen Ingrimm verstecken zu können? Laßt uns sehen. Ich erfinde nicht, ich erzähle Thatsachen. Ein Unteroffizierbankett hat zu Paris stattgefunden; die Anwesenden vertraten einen sehr bedeutenden Theil der Pariser Regimenter.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Der <hi rendition="#g">erste Toast</hi> lautete wie folgt:</p>
          <p>Es hat die Stunde geschlagen, wo alle Mißbräuche und Privilegien aufhören müssen, um der Herrschaft der Vernunft und der Gerechtigkeit Platz zu machen. Republikaner, schließen wir fester unsre Reihen und zeigen wir den <hi rendition="#g">Elenden</hi> (merken Sie sich das wohl, Herr Minister des Innern!), welche die sträfliche Hoffnung einer monarchischen Restauration hegen, daß die Armee durchgängig den demokratischen Prinzipien ergeben ist. Sie ist bereit, für deren Vertheidigung ihr Blut zu vergießen.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ein <hi rendition="#g">zweiter Toast</hi> wurde ausgebracht: auf die demokratische und humanitärische Bergpartei!</p>
          <p>Ein <hi rendition="#g">dritter Toast:</hi> Es lebe die demokratische und soziale Republik!, wurde mit nicht endendem Beifallsruf empfangen.</p>
          <p>Ein <hi rendition="#g">vierter Toast</hi> lautete: Jeder Verdacht einer Contrerevolution wäre eine Beleidigung für die Armee. Sehr richtig hat ein Mitglied des Berges gesagt: Die soziale Idee ist in die Kaserne gedrungen, alle Versuche, sie zu tödten, sind von nun an eitel.</p>
          <p>Ich könnte, schließt Ledrü-Rollin, noch mehrere andere Toaste hinzufügen, alle waren eingegeben von demselben Geiste. Aber es ist wahr, wir müssen es sagen, um gerecht zu sein und den Geist des passiven Gehorsams in der Armee zu konstatiren, daß dieses Bankett mit einem Toast auf Changarnier und Bugeaud beschlossen wurde, aus dem Motiv, daß diese Herren, ohne es zu ahnen, die Armee einen großen Schritt weiter habe thun lassen auf der Bahn der sozial-demokratischen Republik.&#x201C;</p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
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</TEI>
[1318/0004] Slaven überhaupt Oestreich gerettet haben, welche harmlose Aeußerung den Fuhrwesenslieutenant derart in Zorn brachte, daß er den Pfarrer einen Verräther des Kaisers schalt, und ihm mit dem Aufhängen drohte. Der Hauswirth suchte den Lieutenant zu beschwichtigen, indem er ihn zugleich an die Opfer erinnerte, die Croatien in neuester Zeit gebracht, und die wohl dafür sprechen, daß ihnen die Ehre gebühre den Staat vor dem Zerfalle bewahrt zu haben. Dies brachte den Offizier noch mehr in Harnisch, und er gab auch der Mannschaft sogleich den Befehl, das Haus des Stuhlrichters zu umzingeln, während er selbst in die Zimmer eindrang, und den Anwesenden mit einer kriegsrechtlichen Execution drohte. Der herbeigeeilte Ortspfarrer hatte indeß den Lieutenant auf die Folgen seines wahnsinnigen Gebahrens aufmerksam gemacht und mit dem Landsturme gedroht, falls der Offizier mit seiner Transportmannschaft den Ort nicht augenblicklich räumen würde. Dieser eindringlichen Vorstellung glaubte der Lieutenant dennoch nachgeben zu sollen, und als er mehrer bewaffneten Bauern, die zum Schutz des Stuhlrichters herbeigeeilt waren, ansichtig wurde, gab er seiner Mannschaft den Befehl zum Abmarsch. Gegen diesen argen Militärexceß wurde von den Einwohnern der genannten Ortschaft eine Genugthuung fordernde kräftige Vorstellung der betreffenden Militärbehörde übermacht. Italien. Aus Rom und Florenz sind die neuesten Journale und Briefe vom 21. und resp. 24. Febr. nicht eingetroffen. In Turin fand im Senat am 26. Febr. eine lange Debatte statt, die darum wichtig, weil sie der kriegerischen Stimmung des Ministeriums gegen Oestreich völlig beitrat. Aus Pisa meldet eine Depesche des dortigen Präfekten vom 23. Febr. an die provis. Regierung in Florenz: daß der General Laugier mit seinem Reaktions-Corps durch Vermittelung des Gemeinderaths von Massa zu capituliren begehrt. Der größte Theil der Diplomaten ist dem Ex-Großherzog Leopold nach Gaëta oder Neapel gefolgt. * Rom, 19. Febr. Zu den bereits mitgetheilten Beschlüssen aus der heutigen Sitzung der römischen Constituante ist noch nachzutragen, daß der Kriegsminister Campello den Antrag eingebracht hat, alle Pferde der Ex-Nobelgarde und der päbstlichen Ställe zur Bespannung der Artillerie zu verwenden. Sterbini trug auf Absendung von Kommissären mit diskretionärer Vollmacht in die Provinzen an. Die Versammlung überließ der Regierung die Ernennung dieser Kommissäre. Außerdem wurde vom Finanzminister Guicciali eine progressive Zwangsanleihe vorgeschlagen, die bei den Besitzern von 2000 Scudi Jahresrente anfangen sollte und je nach dem Vermögen von 1/5 bis 2/3 der Rente steigen sollte. Der Vorschlag ging an die Bureaus. * Rom. Hier soll nach dem Plane von Pelligrini eine italienische Bank errichtet werden, um die Kosten des italienischen Freiheitskampfes zu tragen. * Ferrara, 21. Januar. Heute ist von Lugo durch Estafette eine Depesche des Präfekten Mayer eingetroffen, worin er meldet, daß er sich nach Argenta begeben und Ferrara verlassen, wo der Feind die päbstlichen Wappen wieder aufgerichtet hat. Aus offiziellen Berichten geht hervor, daß die Oestreicher Ferrara mit 7000 Mann umzingelten und 2000 Mann Reserve zu Pontelagoscuro und zu Santa-Maria-Maddelena bereit hielten. Die Truppen führten 24 Stück Artillerie mit sich ohne die 47 in der Citadelle zu rechnen. Es ist nicht uninteressant zu erwähnen, daß die Oestreicher zur selben Zeit, wo sie Ferrara angriffen, ungefähr 4000 Mann in das Modenesische Gebiet warfen, die gen Mirandola und Cento marschirten. In diesem Augenblicke sind die Verbindungen vollständig wiederhergestellt. 218 Mailand, 28. Febr. Radetzky hat sämmtlichen Offiziersfrauen den Befehl ertheilt, die Stadt zu verlassen. Auch soll das Kastell auf zwei Monate mit Lebensmitteln versehen und 7 Bataillons in dasselbe gelegt worden sein. * Venedig, 19. Febr. In der ersten Eröffnungssitzung der „Assemblea permanente“ gab Manin unter stürmischem Beifall eine Uebersicht über die Zustände der Republik. Er kündigte zugleich einige nächstens folgende Vorlagen der Regierung in Betreff der italienischen Constituante an. In der zweiten Sitzung wurde Tommasseo zum Präsidenten ernannt, und da er diese Würde ablehnte, an seine Stelle Calucci. In der dritten Sitzung (17. Febr.) wurde mit 70 gegen 36 Stimmen die provisorische Regierung (Manin, Cavedalis und Graziani) bestätigt. Es ist ihr die Gewalt gegeben, die innere und äußere Vertheidigung zu leiten, aber untersagt, die Assemblea zu prorogiren oder aufzulösen. Am 18. vertagte sich die Versammlung auf einige Tage, um ihr Reglement zu entwerfen. Schweiz. 219 Bern, 2. März. Die Nachricht, daß in Turin der König verjagt sei, läuft so eben durch die Stadt und versetzt Alles in ungeheure Aufregung. Ein Hr. Cortaz, welcher von der sardinischen Regierung hieher geschickt war, um für den bevorstehenden Krieg Pferde zu kaufen, erhielt diese Nachricht durch einen Eilboten mit dem Auftrag, von ferneren Einkäufen abzustehen. Die Volksvereine agitiren lebhaft für Aufhebung der Kapitulationen und Rekrutirungen. Die bernerischen Vereine haben sich einstimmig gegen dieselben und die vom Bundesrathe befolgte Politik erklärt. Auch in Freiburg und Murten sprach sich die Volksstimme in demselben Sinne aus. Sogar aus Brombach (Großherz. Baden) kam eine von 50 schweiz. Arbeitern unterzeichnete Erklärung, daß sich dieselben mit Freuden der Petition um Aufhebung der fremden Militärkapitulationen anschließen. Seit den Sonderbundskriegen sind die Volksvereine in der Schweiz so ziemlich allmächtig und die diplomatischen Winkelzüge der Clique Furrer und Ochsenbein werden ebensowenig gegen die Volksaufregung sich behaupten können, wie Jesuiten und Sonderbund. Pater Girard, bekannt durch die Verfolgungen, welche er von Seiten der Jesuiten früher ausstehen mußte, liegt sehr gefährlich krank Von der Aargauer Polizei wurde letzthin eine schlechtgeprägte Münze aus Zinn aufgegriffen. Sie trägt auf der Hauptseite das kaum kenntliche Bild des Bundesrathes Ochsenbein, mit der Umschrift: „H. Ochsenbein der Erste mit 12 1/2 Stimmen 1847.“ Auf der Rückseite heißt es: „Jehova, Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ 103 Zürich. Hier ist vor einigen Tagen eine Dame lebendig begraben worden. Sie hatte schon öfter am Starrkrampf gelitten; der Arzt gab dennoch, nachdem er eine Ader geöffnet, ohne daß Blut geflossen, seine Erlaubniß zur Beerdigung. Als der Todtengräber den Sarg bedecken wollte, hörte er ein Stöhnen. Da nun nach den Kantonsgesetzen ohne obrigkeitliche Bewilligung kein Sarg geöffnet werden darf, so lief der Todtengräber zur Behörde. Als diese den Sarg öffnete, fand man die Unglückliche jetzt wirklich todt, im Blute schwimmend. Im Kanton Bern gilt dasselbe Gesetz. Französische Republik. 17 Paris, 2. März. Der reaktionären Schlange ist auf den Schwanz getreten: „Rückzahlung der Milliarde!“ welch ein entsetzliches Wort! Die Schlange bäumt sich und zischt im „Memorial“ von Bordeaux: „Nur hirnkränkelnde Schwätzer können auf Plünderung dieser Art ausgehn, möge die Staatsgewalt ihnen baldigst den Mund verstopfen, denn sonst könnte manch unerfahrner, naiver Landmann (aha!) dadurch verführt werden.“ Und Montalembert, der immer so salbungsvoll mit himmelnden Augen zwei Stunden ohne Unterlaß in der Kammer die Inquisition predigt, erbaute vorige Woche die Volksrepräsentanten durch eine idyllisch-pommersche Schilderung des „unschuldigen, gottgetreuen, biderden, allem Aufruhr abgeneigten“ Landmanns in Frankreich. Hinter den Elogen des frommen Ritters lauert der Pater des Jesuitenjournals „Univers“: „Sklaven, Knechte muß es immer geben, und nur unter dieser Bedingung kann die menschliche Gesellschaft bestehen.“ Der „Republicain des Ardennes“ sagt ganz richtig: „Im Mai und Juni habt ihr das Wildschwein angeschossen, ihr waret zu ungeschickt. Jetzt staunet nicht, wenn es um sich haut und Hunde und Jäger verwundet. An Aussöhnung denkt ihr hoffentlich nicht mehr. Also gebt ihm stark und behende den Genickfang; die andern Nationen werden auch das Mal wieder euch nachahmen, und der Haupt-Eber in Petersburg selber wird zu Tode gehetzt werden können: Macht aber fürderhin etwas Ganzes, nichts halbes.“ „Corsaire“ merkt, daß die Jagd auf „Kronenwild“ nicht mehr allzufern ist, und Monsieur Rovigo schreibt heute folgende klassische Elegie: „Die Brea'sche Mordhistorie wird endlich klar durch jene Phrase von La Reforme: vor einem Jahre hielt das Volk von Paris in Händen die Gesandten der fremden Höfe; sie waren todtenbleich und bebten wie Königsanhänger ‒ und dennoch hat es ihrer geschont! Ei welch edles Völkchen! … aber das rothe Blättchen vergißt uns zu sagen, wessen sich Königsanhänger und Gesandte schuldig gemacht? Es erhellt zugleich aus der obigen Phrase von La Reforme, daß wenn das Volk, oder richtiger La Reforme, Recht über Leben und Tod der fremden Gesandten hat, es auch über einen Parlamentär verfügen kann, und wenn es ihm beliebte in den Februartagen nicht zu meuchelmorden, so hat es ihm in den Junitagen anders beliebt. Die fünf Mörder Brea's und seines Adjudanten sind Mörder von Parlamentären. ‒ Teufel! das Volk ist Herr, hat uns keine Rechenschaft abzulegen, und wir sind froh noch unsern Kopf auf dem Rumpfe zu tragen. Aber Scherz beiseite, diese Doktrinen der Reformpartei werden den nächsten Volkssieg für unser eins verdammt unangenehm machen, und die Milde wird schwerlich an der Tagesordnung sein. O wir kennen das Wörterbuch der Rothen: Mörder heißen Unglückliche, Aufrührer sind Helden, erschoßne Empörer sind Märtyrer, die Meuchler eines Rossi, Latour und Lychnowski verdienen Bildsäulen (wie Sankt Lumpazivagabundus dem Corsaire am Herzen liegt!). Glücklicherweise kramt La Reforme ihre Herrlichkeiten vorher ans Licht, und das wahre Volk, der wahre Arbeiterstand kann schon vorher urtheilen, ob er sich solchen Mordbrennern unterwerfen will. La Reforme in specie kommt uns immer vor wie der besoffen gemachte Helorensklave, den die Spartiaten beim Gastmahl in dem Saale herumturkeln ließen, um Abscheu einzuflößen.“ Bekanntlich schrieb der Diktator Cavaignac den Bombardirern Wien's einen schmeichelhaften Brief; General Changarnier, dieser Chef der antirepublikanischen Verschwörung des 29. Januar, hatte bald darauf dieselbe Höflichkeit bewiesen, und die wiener Blätter, nicht minder die petersburger, streichen mit großem Enthusiasmus die Bourger- und lyoner Rebellenrede Bugeaud's heraus. Ein einziger Schrei des Unwillens ertönt deshalb durch die Demokratenpresse aller 86 Provinzen. Soviel ist gewiß, der Geist des Heeres „verschlechtert sich.“ Viele Unteroffiziere, Sergeanten und Fourriere aus fast allen pariser Garnisonstruppen, wie auch des Weichbildes, feierten ein Bruderbanquet in den Februartagen, dem Volksrepräsentanten beiwohnten; Demosthenes Ollivier, Mitglied der Bergpartei, sprach ermuthigend und freute sich, die Armee auf diesem Wege zu erblicken. Mehrere Militärs hielten nun hinter einander Toastreden und brachten ein Hoch auf die Republik, welches mehrmals in einer Weise wiederholt ward, die den königlichen Bestien Changarnier, Bugeaud, Faucher und Falloux wohl noch lange in den Ohren brummen wird. Ich mache den deutschen Leser auf dieses nicht vorher angekündigte Bankett aufmerksam, welches einestheils so unerwartet auftrat, anderntheils einen tiefen Einfluß auf das Heer haben dürfte, denn der französische Unteroffizier wirkt tausendmal mehr auf seine Soldaten als der deutsche. Die Demokratenpresse citirt zwar viele Sätze der Redner, verschweigt aber deren Namen; letztere sind, vorsichtshalber, auf dem Bankett gleichfalls verschwiegen geblieben. Trotzdem ist eine ministerielle Untersuchung bereits im Gange, doch bisjetzt haben sich unter den Kameraden keine Angebende gefunden. Ein Sergeant sagte:„Die elenden Zwerge, die Gegner der Revolution, mögen noch so wüthend sie befehden, siegen wird sie, und das bald.“ Ein Fourrier: „Freilich sind wir nicht sehr zahlreich auf diesem Bankett, aber Geduld! auch unsre Militärkette wird einst fallen. Wir können heute nicht, wie wir wollen. Die Disziplin wird immer härter seit Neujahr. Der geringste Fehltritt eines demokratischen Soldaten wird viel schärfer bestraft als früher. Seid aber gewiß, unsre nicht anwesenden Kameraden sind mit dem Herzen und Verstande gegenwärtig.“ Ein Unteroffizier toastete „auf die Herren Generäle Changarnier und Bugeaud, welche seit wenigen Wochen und ganz wider ihr Wissen und Wollen, in so vielen französischen Kriegern Revolutionsliebe und Revolutionsgeist erweckten.“ Wenn man die Schilderungen aus unparteiischer, wenngleich nicht parteiloser, d. h. indifferenter, Feder von den Behandlungen der zu den Galeeren verurtheilten Junihelden liest, so kann man sich ‒ klingts auch etwas seltsam ‒ eines leisen Lächelns nicht erwehren, denn unwillkürlich denkt man schon an die nahe Zukunft, wo das Blatt sich fürchterlich gewendet, wo die ganze Bonaparte'sche Familie, alle Minister, die republikanischen Cavaignacs und die royalistischen Armagnacs, die Meister der Börse und Bank, die Journalisten der Volksvergifterpresse und sonstige Chefs des Systems, in gelben Hosen und rothen Jacken und Mützen in's Eisen gehämmert werden: ‒ dafern die höchste Justiz der Volksgemeinde gegen sie nicht kürzer vorher verfahren ist… Man vernehme folgenden Brief:„Im Bagno des Hafens Brest, am Tage der 1848ger Revolution. Lieber Ferdinand, den 17. Februar holte man mich aus dem pariser Gefängniß, um mich nach den brester Galeeren zu verpacken und zu versenden. Was auch ohne sonstige Mißfälle geschehen ist. Ich war in einen Kasten gesperrt, der sehr eng, und da wir um jedes Bein einen kolossalen Eisenring nebst Kette trugen, hob man uns in den Wagen. Vorher ward uns Geld, Messer und Löffel abgenommen. Um vier Uhr Morgens fuhr man uns weg und vier Tage und Nächte eines fortwährenden Rollens und Stoßens mußten wir aushalten. Man ließ uns hart hungern, Käse und Brod des Morgens; Abends Wurst und Wasser. Aber unsre Wächter betrugen sich sehr liebevoll, trotz des strengen Reglements. Die Beine waren dick angeschwollen, es war Zeit ‒ daß wir anlangten, fährt der Brief des Märtyrers fort. Und wir kamen endlich im Sonnenschein des Bagnohofs, in der Luft zur Besinnung, wonach man uns die Treppe hinaufschickte. Unsre Gepäcke sollten reglementsgemäß ins Feuer geworfen werden, zu unserm Leidwesen, indeß schloß man sie blos ins Magazin ein. Die neue Kette, die wir nach einem Bade und Einkleiden in gelbe Hosen, rothe Jacke und Mütze, aber ohne Weste, ohne Strümpfe, ohne Krawatte (nur Holzschuhe von kolossaler Größe trägt der Galeerensklave, nebst einem Ringe an den Füßen) erhielten, war etwa 8 Fuß lang, 4 für mich, 4 für meinen Reisegefährten. Man gab uns ein hartes Feldbett und eine Wolldecke und ließ uns drei Tage ohne Arbeit, wegen unsrer geschwollenen Beine. ‒ Also wäre es wirklich wahr, daß ehrliche Republikaner in diesem Bagno zehn Lebensjahre verbringen sollen? und das in der Republik?! ‒ Dann trennte man uns, und zu meinem Schmerze schmiedete man meinen Ring an die Kette eines Mannes Namens Faure, dessen Fehltritt oder dessen Verbrechen ich bisjetzt noch nicht kenne. Ist es keine ganz verstockte Seele, wie ich hoffe, so werde ich ihm, so gut es geht, einige der ernsten Grundsätze einimpfen, die ich zeither stets befolgte, von früher Jugend auf. Was auch komme, ich werde ohne Jammern auszuharren wissen… Ich freue mich, daß wir alle diese schwere Probe mit Muth sämmtlich erduldeten. Diese großen Herzen haben keinen Augenblick gewankt. Und wir trugen hoch den Kopf als wir heute früh zum Hafen gingen auf die Galeeren der Republik, trotz unsrer Ketten und Kostüme, trotz unsers geschorenen Schädels und unsrer gestutzten Schnurrbärte. Übrigens sind wir vollkommen wohl.“ „Ich ersuche dich, lieber Freund, heißt es weiter, meine zehnjährige Tochter zu umarmen und möge dieses Schreiben allen, die so liebreich versprachen sich des armen Mädchens anzunehmen, gezeigt werden. Wie steht es mit dem zweiten Kinde, das bei der Amme auf dem Dorfe ist?… Höchst quälend ist daß die zwei aneinander Geschmiedeten fort und fort sich folgen müssen, Tags wie Nachts, und selbst bei der Unbequemlichkeit des Lebens hat man immer einen Begleiter auf 8 Fuß Entfernung.“ Die Journale beeilen sich diesen Brief mitzutheilen; dafür wird das „Peuple“ den Kasernen untersagt, und „La Reforme“ auf dem Marktplatz zu Uzes im Süden feierlichst in den Scheiterhaufen geworfen. Dieses unglückselige Uzes ist seit Juni von der „honnetten“ oder „gemäßigten“ Presse in einer Weise aufgeregt worden, die ich früher mit Beispielen erwähnt (z. B. die dortige „Liberté“ brachte 3 Tage lang einen Sturmartikel, der anfing: „nieder, nieder, nieder die Feinde Gottes, der Tugend, der Arbeit, des Volkes; möge sich Niemand scheuen das Blut dieser republikanischen Brut zu verspritzen“) und die bekanntlich am Aschermittwoch zu Gräueln bereits führte. Als die Aristokratenjournale scharf von den Volksblättern deswegen interpellirt wurden, antwortete der Moniteur mit einem Lügenbericht. Berlin's Journal jammerte über dies „deutsche Ideenchaos, welches sehr einem Vulkane ähnlich“ und widmete den preußischen Kammern einen Leitartikel durch zwei Spalten. Auch den demokratischen Kongreß vom Oktober besprach es wieder ein Mal bei dieser schönen Gelegenheit und citirte „die socialistischen Beschlüsse desselben, welche dem materiellen Theile des Menschen einen so argen Einfluß auf den höhern einräumen, mithin einer Kulturvernichtung in die Hände arbeiten“; und heute quält es sich auf drei Spalten ab, durch das schlecht gedachte und schülerhaft stylisirte Schriftchen eines Monsieur Frankh unterstützt, dem Lindwurm des Kommunismus theoretisch den Hals umzudrehen. „Es wird Abend für diese alternden Sünder“, sagt die „Boix du Peuple“ in Marseille sehr richtig Welchen Kummer und Zorn erregten in ihnen nicht gewisse Toaste des pariser Februarfestes im Klubsalon der „Fraternite“ in der Straße Martell! * Paris, 3. März. Man erinnert sich, daß „le jeune Leon Faucher“, diese ministerielle Erfindung Odilon Barrot's, dieser bellestristische Statistiker und debattirende Oekonomist, im „Moniteur“ wüthende Angriffe gegen die „rothe Republik“ und Ledru Rollin's Bankettrede abdrucken läßt. Leon Faucher, dessen Leitartikel im „Courrier Français“ spurlos vorübergingen, hofft nun durch den Minister auch den Journalisten zu Ansehen zu bringen und veröffentlicht daher jetzt seinen Premier Paris im Moniteur. Ledru Rollin schickte dem Moniteur eine Ewidrung ein. Der Moniteur verweigerte die Insertion. Wir geben die interessantesten Stellen aus diesem Schreiben. „An den Redakteur des Moniteurs. Bisher hat Ihr von den gesetzgebenden Versammlungen besoldetes Blatt die Mitglieder derselben nicht zu insultiren gewagt. Das jetzige Ministerium will es in andrer Weise ausbeuten. Die Nationalversammlung wird bald zu entscheiden haben, ob dieß der Bestimmung eines Blattes entspricht, welches nur gestiftet ist, um die offiziellen Dokumente und die historischen Ereignisse einzuregistriren; sie wird folglich entscheiden, ob Sie länger die Ihnen vom Volke bezahlte Subvention zu beziehen haben. Der Moniteur steht unter besonderer Aufsicht des Ministers des Innern. Mehr als jeder andere ist dieser Beamte daher für den Inhalt des offiziellen Blattes verantwortlich. Zudem, in Ihrem Artikel gegen mich erkennt alle Welt die Hand des Herrn Faucher. Wäre ich seinen gegen mich versuchten Beleidigungen zugänglich, wie leicht, mich an ihm zu rächen! Es würde genügen, den Beweis zu liefern, daß dieser halbe Faucher vor kaum sieben Jahren um meine Patronschaft bettelte, um Deputirter von Saint-Valeryen-Cour zu werden. Und dennoch sprach ich mich zu jener Epoche schon offen als sozialistischen Republikaner aus, so gut wie heute.“ Ledrü-Rollin weist dann die Anschuldigungen Faucher's als Verläumdungen zurück. „Die Regierung, sagt Faucher, befürchtet keine sozialistische Ansteckung der Armee. Und mit dieser Phrase glaubt man das Land täuschen und seinen Ingrimm verstecken zu können? Laßt uns sehen. Ich erfinde nicht, ich erzähle Thatsachen. Ein Unteroffizierbankett hat zu Paris stattgefunden; die Anwesenden vertraten einen sehr bedeutenden Theil der Pariser Regimenter.“ „Der erste Toast lautete wie folgt: Es hat die Stunde geschlagen, wo alle Mißbräuche und Privilegien aufhören müssen, um der Herrschaft der Vernunft und der Gerechtigkeit Platz zu machen. Republikaner, schließen wir fester unsre Reihen und zeigen wir den Elenden (merken Sie sich das wohl, Herr Minister des Innern!), welche die sträfliche Hoffnung einer monarchischen Restauration hegen, daß die Armee durchgängig den demokratischen Prinzipien ergeben ist. Sie ist bereit, für deren Vertheidigung ihr Blut zu vergießen.“ „Ein zweiter Toast wurde ausgebracht: auf die demokratische und humanitärische Bergpartei! Ein dritter Toast: Es lebe die demokratische und soziale Republik!, wurde mit nicht endendem Beifallsruf empfangen. Ein vierter Toast lautete: Jeder Verdacht einer Contrerevolution wäre eine Beleidigung für die Armee. Sehr richtig hat ein Mitglied des Berges gesagt: Die soziale Idee ist in die Kaserne gedrungen, alle Versuche, sie zu tödten, sind von nun an eitel. Ich könnte, schließt Ledrü-Rollin, noch mehrere andere Toaste hinzufügen, alle waren eingegeben von demselben Geiste. Aber es ist wahr, wir müssen es sagen, um gerecht zu sein und den Geist des passiven Gehorsams in der Armee zu konstatiren, daß dieses Bankett mit einem Toast auf Changarnier und Bugeaud beschlossen wurde, aus dem Motiv, daß diese Herren, ohne es zu ahnen, die Armee einen großen Schritt weiter habe thun lassen auf der Bahn der sozial-demokratischen Republik.“ Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 238. Köln, 6. März 1849, S. 1318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz238_1849/4>, abgerufen am 27.04.2024.