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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] öfters irrige Ansichten theils über die Masse, welche
Herculanum und Pompeji bedeckt, theils glau-
ben sie, daß beide Städte durch Lava verschüttet
wurden. Mit Herculanum war dieß der Fall,
denn die Ausgrabungen daselbst gleichen ohngefähr
den Arbeiten in einem Steinbruche. Der Eingang in
die geöffneten Plätze ist wie der eines Bergwerks,
man ist stets unter der Erde, und Fackeln dienen
zur Beleuchtung; Pompeji jedoch war mit einer
lockeren Substanz bedeckt, bestehend aus Bimsstein
und Asche, auf welcher nach Verlauf von Jahrhun-
derten sich fruchtbarer Boden erzeugte. Unter diesem
dünnen Erdreich liegt eine sehr bröckliche Masse,
welche sehr leicht aufzugraben ist, und nur selten
finden größere Schwierigkeiten Statt als bei dem Graben
in einer Sandgrube. Die ausgegrabene Erde wird
in Karren weggefahren, und außerhalb der Stadt
abgeladen. Zu Zeiten, wo die Arbeit mit Lebhaftig-
keit betrieben wird, wenn ein unaufhörliches Hin-
und Herkarren die Deckerde rasch forträumt, sieht
man in großer Schnelligkeit ganze Häuser hervorge-
hen, nur fehlen die Dächer, welche beinahe alle ein-
gestürzt sind, und so eröffnet sich nach und nach eine
ganze Straße dem Licht der Sonne und dem Erguß
der Wolken, das Ganze aber gewinnt den Anblick
einer unbewohnten benachbarten Stadt. Jst der vul-
kanische Boden weggeschafft, so ist es seltsam zu
bemerken, daß die Häuser meistentheils aus Lava
erbaut sind, das älteste Produkt desselben Vesuvs,
dessen spätere Ausbrüche Pompeji für so viele
Menschenalter begrub und verbarg.

Es war der ersten Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts vorbehalten, die Reste von Herculanum
und Pompeji der Welt wieder zu schenken, und
mit besonderer Lebhaftigkeit ist dieß Werk in dem
gegenwärtigen betrieben worden.

Hat gleich die letztere Stadt eine geringere Aus-
dehnung als die erste, so scheint sie doch nicht minder
reich an Kunstwerken und Gebäuden gewesen zu seyn,
welche letztern durch die Art ihres Unterganges
großentheils wohl erhalten sind.

Die Aschenlage von 18 Fuß Höhe, die sich fast
durchgehends gleichmäßig vorfindet, ließ, wenn sie
nicht vielleicht höher war, und erst in der Erhärtung
sich verringerte, wahrscheinlich die Spitzen der Gebäude
hervorragen, bis endlich die Zeit Alles bedeckte, und
ein neues fruchttragendes Erdreich sich oberhalb der
verschütteten Orte bildete.

Jn dem bereits ausgegrabenen Theile des Ganzen
erblickt man ein Amphitheater -- einer der ersten
Gegenstände, welche aufgefunden wurden -- zwei
Theater, mehrere Tempel, Bäder, den Gerichtshof,
zwei Plätze mit Hallen umgeben und eine große Zahl
von Privatgebäuden, und seit 1812 führt die soge-
nannte Gräberstraße, deren alterthümliche Denkmale
ganz unversehrt stehen, in das Jnnere der Stadt.

Die Casa del poeta tragieo ( das Haus des
tragischen Dichters ) im Jahre 1825 aufgedeckt, ist
ungefähr 91 bis 92 Fuß lang und 46 breit, und
enthielt 19 Gemächer, ein Atrium ( Vorsaal ) und
Peristyl ( Säulenhalle ) mit trefflichen Wandgemälden.
Was diese letztern überall, wo sie gefunden werden,
betrifft, so sind selbe, vorzüglich das Bild des Actäon,
wie der eingelegte Fußboden sehr wohl erhalten, und
scheinen von ihrer ursprünglichen Frische und Lebhaf-
tigkeit der Farben nichts verloren zu haben.

Jn dem Keller eines Landhauses fand man nahe
an der offenen Thüre desselben 27 weibliche Gerippe,
[Spaltenumbruch] und den Abdruck des Obertheils einer Frau in der
nachmals verhärteten Aschenmasse nebst dabei befind-
lichem Arm= und Halsschmuck. Von zwei Skeletten,
die man am Eingange eines andern Hauses ausgrub,
hatte eines in den Knochen der rechten Hand noch
einen Schlüssel, das andere einen Beutel mit Münzen
und Kameen ( geschnittene Steine ) . Nahe bei dem-
selben stieß man auf Gefäße von Silber und Bronce,
und man glaubt, es sey ein Herr mit seinem Sklaven
gewesen, welche der glühende Aschenregen in ihren
häuslichen Verrichtungen überrascht und erstickt hatte.
Jn dem ganzen Theile, der bisher dem Lichte wieder
gegeben worden, hat man bereits 170 Personen, die
ein Opfer jenes Ausbruchs geworden, aufgefunden.

Von unberechenbarer Wichtigkeit für die Wissen-
schaft, Kunst und die echte Bekanntschaft mit den
Sitten und Gebräuchen des klassischen Alterthums
sind diese unterirdischen Arbeiten; denn die alten
Straßen und Häuser thaten sich wieder auf, und
ließen uns Blicke in das häusliche Leben ihrer ehe-
maligen Bewohner thun, welches alle alten Werke
nicht so schildern konnten, als es diese, aus dem
Schooße der Erde erstandenen Reliquien der Vorzeit
vor unserm Geiste entfalten. Wichtige Handschriften
und Kunstwerke wurden der Welt wiedergeboren.
Freilich sind die meisten der ersteren theils verkohlt,
theils durch die Nässe beinahe aufgelöst, so daß trotz
der Erfindung des berühmten Chemikers Davy von
1696 Papyrusrollen nur etwa 407 bereits aufgerollt sind,
und vielleicht noch 80 bis 120 gerettet werden können.
Zahllos ist dagegen die Menge der Bildsäulen und
anderer Werke der bildenden Kunst, ja selbst der
Wandgemälde, die mit großer Kunst und Mühe sammt
den Mauern, die den Grund derselben ausmachen,
von den Gebäuden gelöst wurden, und in die Kunst-
sammlungen Europas übergingen, die vielleicht noch
im folgenden Jahrhundert neue Kostbarkeiten aus
dieser unterirdischen Schatzkammer zu hoffen haben
dürften.



Neue Feuerlöscharten.

Zu Rom hat der Obrist Origo zwei neue Er-
findungen gemacht, von welchen die eine den Menschen
großentheils gegen die Einwirkung des Feuers auf seine
Person sichert, während die andere die Löschung des-
selben erleichtert, und eine Gesellschaft von Gelehrten
hat den Versuchen beigewohnt. Man errichtete nämlich
auf einem freien Platze zwei Holzstöße, mit den ent-
zündlichsten Stoffen vermischt, und die am schwierig-
sten zu löschen sind, und zündete beide zu gleicher
Zeit an. Obrist Origo ließ auf den einen den Strahl
einer Spritze, mit gewöhnlichem Wasser gefüllt, rich-
ten, auf den zweiten eine Spritze, deren Wasser mit
einer starken Auflösung von Alaun und Thonerde ge-
sättigt war. Die erste löschte den Holzstoß in 3 Minuten
27 Sekunden, und mit einem Aufwande von 35 Fässern
Wasser; die zweite vollbrachte die Löschung in 47
Sekunden, und brauchte dazu nur 5 Fässer Wasser.
Dieses Ergebniß läßt keinen Zweifel mehr über den
Vortheil, welchen die Mischung von Alaun und Töpfer-
thon in Feuersbrünsten gewährt, und wie sehr es zu
wünschen wäre, wenn man, zumal auf dem Lande,
darauf bedacht wäre, dergleichen Wasserbehälter in
der Nähe der Gebäude anzulegen.

Das Schutzmittel für die Feuerlöscher bestand in
einer vollständigen Kleidung mit Stulphandschuhen,
hohen Stiefeln und einer Kaputze über den Kopf,
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] öfters irrige Ansichten theils über die Masse, welche
Herculanum und Pompeji bedeckt, theils glau-
ben sie, daß beide Städte durch Lava verschüttet
wurden. Mit Herculanum war dieß der Fall,
denn die Ausgrabungen daselbst gleichen ohngefähr
den Arbeiten in einem Steinbruche. Der Eingang in
die geöffneten Plätze ist wie der eines Bergwerks,
man ist stets unter der Erde, und Fackeln dienen
zur Beleuchtung; Pompeji jedoch war mit einer
lockeren Substanz bedeckt, bestehend aus Bimsstein
und Asche, auf welcher nach Verlauf von Jahrhun-
derten sich fruchtbarer Boden erzeugte. Unter diesem
dünnen Erdreich liegt eine sehr bröckliche Masse,
welche sehr leicht aufzugraben ist, und nur selten
finden größere Schwierigkeiten Statt als bei dem Graben
in einer Sandgrube. Die ausgegrabene Erde wird
in Karren weggefahren, und außerhalb der Stadt
abgeladen. Zu Zeiten, wo die Arbeit mit Lebhaftig-
keit betrieben wird, wenn ein unaufhörliches Hin-
und Herkarren die Deckerde rasch forträumt, sieht
man in großer Schnelligkeit ganze Häuser hervorge-
hen, nur fehlen die Dächer, welche beinahe alle ein-
gestürzt sind, und so eröffnet sich nach und nach eine
ganze Straße dem Licht der Sonne und dem Erguß
der Wolken, das Ganze aber gewinnt den Anblick
einer unbewohnten benachbarten Stadt. Jst der vul-
kanische Boden weggeschafft, so ist es seltsam zu
bemerken, daß die Häuser meistentheils aus Lava
erbaut sind, das älteste Produkt desselben Vesuvs,
dessen spätere Ausbrüche Pompeji für so viele
Menschenalter begrub und verbarg.

Es war der ersten Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts vorbehalten, die Reste von Herculanum
und Pompeji der Welt wieder zu schenken, und
mit besonderer Lebhaftigkeit ist dieß Werk in dem
gegenwärtigen betrieben worden.

Hat gleich die letztere Stadt eine geringere Aus-
dehnung als die erste, so scheint sie doch nicht minder
reich an Kunstwerken und Gebäuden gewesen zu seyn,
welche letztern durch die Art ihres Unterganges
großentheils wohl erhalten sind.

Die Aschenlage von 18 Fuß Höhe, die sich fast
durchgehends gleichmäßig vorfindet, ließ, wenn sie
nicht vielleicht höher war, und erst in der Erhärtung
sich verringerte, wahrscheinlich die Spitzen der Gebäude
hervorragen, bis endlich die Zeit Alles bedeckte, und
ein neues fruchttragendes Erdreich sich oberhalb der
verschütteten Orte bildete.

Jn dem bereits ausgegrabenen Theile des Ganzen
erblickt man ein Amphitheater — einer der ersten
Gegenstände, welche aufgefunden wurden — zwei
Theater, mehrere Tempel, Bäder, den Gerichtshof,
zwei Plätze mit Hallen umgeben und eine große Zahl
von Privatgebäuden, und seit 1812 führt die soge-
nannte Gräberstraße, deren alterthümliche Denkmale
ganz unversehrt stehen, in das Jnnere der Stadt.

Die Casa del poeta tragieo ( das Haus des
tragischen Dichters ) im Jahre 1825 aufgedeckt, ist
ungefähr 91 bis 92 Fuß lang und 46 breit, und
enthielt 19 Gemächer, ein Atrium ( Vorsaal ) und
Peristyl ( Säulenhalle ) mit trefflichen Wandgemälden.
Was diese letztern überall, wo sie gefunden werden,
betrifft, so sind selbe, vorzüglich das Bild des Actäon,
wie der eingelegte Fußboden sehr wohl erhalten, und
scheinen von ihrer ursprünglichen Frische und Lebhaf-
tigkeit der Farben nichts verloren zu haben.

Jn dem Keller eines Landhauses fand man nahe
an der offenen Thüre desselben 27 weibliche Gerippe,
[Spaltenumbruch] und den Abdruck des Obertheils einer Frau in der
nachmals verhärteten Aschenmasse nebst dabei befind-
lichem Arm= und Halsschmuck. Von zwei Skeletten,
die man am Eingange eines andern Hauses ausgrub,
hatte eines in den Knochen der rechten Hand noch
einen Schlüssel, das andere einen Beutel mit Münzen
und Kameen ( geschnittene Steine ) . Nahe bei dem-
selben stieß man auf Gefäße von Silber und Bronce,
und man glaubt, es sey ein Herr mit seinem Sklaven
gewesen, welche der glühende Aschenregen in ihren
häuslichen Verrichtungen überrascht und erstickt hatte.
Jn dem ganzen Theile, der bisher dem Lichte wieder
gegeben worden, hat man bereits 170 Personen, die
ein Opfer jenes Ausbruchs geworden, aufgefunden.

Von unberechenbarer Wichtigkeit für die Wissen-
schaft, Kunst und die echte Bekanntschaft mit den
Sitten und Gebräuchen des klassischen Alterthums
sind diese unterirdischen Arbeiten; denn die alten
Straßen und Häuser thaten sich wieder auf, und
ließen uns Blicke in das häusliche Leben ihrer ehe-
maligen Bewohner thun, welches alle alten Werke
nicht so schildern konnten, als es diese, aus dem
Schooße der Erde erstandenen Reliquien der Vorzeit
vor unserm Geiste entfalten. Wichtige Handschriften
und Kunstwerke wurden der Welt wiedergeboren.
Freilich sind die meisten der ersteren theils verkohlt,
theils durch die Nässe beinahe aufgelöst, so daß trotz
der Erfindung des berühmten Chemikers Davy von
1696 Papyrusrollen nur etwa 407 bereits aufgerollt sind,
und vielleicht noch 80 bis 120 gerettet werden können.
Zahllos ist dagegen die Menge der Bildsäulen und
anderer Werke der bildenden Kunst, ja selbst der
Wandgemälde, die mit großer Kunst und Mühe sammt
den Mauern, die den Grund derselben ausmachen,
von den Gebäuden gelöst wurden, und in die Kunst-
sammlungen Europas übergingen, die vielleicht noch
im folgenden Jahrhundert neue Kostbarkeiten aus
dieser unterirdischen Schatzkammer zu hoffen haben
dürften.



Neue Feuerlöscharten.

Zu Rom hat der Obrist Origo zwei neue Er-
findungen gemacht, von welchen die eine den Menschen
großentheils gegen die Einwirkung des Feuers auf seine
Person sichert, während die andere die Löschung des-
selben erleichtert, und eine Gesellschaft von Gelehrten
hat den Versuchen beigewohnt. Man errichtete nämlich
auf einem freien Platze zwei Holzstöße, mit den ent-
zündlichsten Stoffen vermischt, und die am schwierig-
sten zu löschen sind, und zündete beide zu gleicher
Zeit an. Obrist Origo ließ auf den einen den Strahl
einer Spritze, mit gewöhnlichem Wasser gefüllt, rich-
ten, auf den zweiten eine Spritze, deren Wasser mit
einer starken Auflösung von Alaun und Thonerde ge-
sättigt war. Die erste löschte den Holzstoß in 3 Minuten
27 Sekunden, und mit einem Aufwande von 35 Fässern
Wasser; die zweite vollbrachte die Löschung in 47
Sekunden, und brauchte dazu nur 5 Fässer Wasser.
Dieses Ergebniß läßt keinen Zweifel mehr über den
Vortheil, welchen die Mischung von Alaun und Töpfer-
thon in Feuersbrünsten gewährt, und wie sehr es zu
wünschen wäre, wenn man, zumal auf dem Lande,
darauf bedacht wäre, dergleichen Wasserbehälter in
der Nähe der Gebäude anzulegen.

Das Schutzmittel für die Feuerlöscher bestand in
einer vollständigen Kleidung mit Stulphandschuhen,
hohen Stiefeln und einer Kaputze über den Kopf,
[Ende Spaltensatz]

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Man errichtete nämlich auf einem freien Platze zwei Holzstöße, mit den ent- zündlichsten Stoffen vermischt, und die am schwierig- sten zu löschen sind, und zündete beide zu gleicher Zeit an. Obrist Origo ließ auf den einen den Strahl einer Spritze, mit gewöhnlichem Wasser gefüllt, rich- ten, auf den zweiten eine Spritze, deren Wasser mit einer starken Auflösung von Alaun und Thonerde ge- sättigt war. Die erste löschte den Holzstoß in 3 Minuten 27 Sekunden, und mit einem Aufwande von 35 Fässern Wasser; die zweite vollbrachte die Löschung in 47 Sekunden, und brauchte dazu nur 5 Fässer Wasser. Dieses Ergebniß läßt keinen Zweifel mehr über den Vortheil, welchen die Mischung von Alaun und Töpfer- thon in Feuersbrünsten gewährt, und wie sehr es zu wünschen wäre, wenn man, zumal auf dem Lande, darauf bedacht wäre, dergleichen Wasserbehälter in der Nähe der Gebäude anzulegen. Das Schutzmittel für die Feuerlöscher bestand in einer vollständigen Kleidung mit Stulphandschuhen, hohen Stiefeln und einer Kaputze über den Kopf,

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama03_1834/6>, abgerufen am 01.06.2024.