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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] den Dingen etwas genauer bekannten Einwohner, daß
die Verbesserung nur auf der Oberfläche schwimme,
während im Jnnern Alles morsch sey."     L.



Die Neptunsgrotte in Sardinien.

Diese Grotte befindet sich ungefähr 12 Miglien
von Alghero, auf der rechten Seite der herrlichen
[unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]Rhede von Porto Conte unter dem Cap Caccia.
Wenn man dieß Vorgebirge, dessen Gipfel sich be-
deutend erhebt, umsegelt und die zahlreichen, von
Wasservögeln reich bevölkerten Schluchten desselben
betrachtet hat, gelangt man in eine kleine, durch
das Eiland Foradada gegen die West= und Nord-
winde geschützte Bucht, woselbst man sogleich beim
Landen die sogenannte äußere Grotte erblickt,
deren Wände mit Tropfstein und anderen mannig-
fachen Verhärtungen überzogen sind, die nur durch
den Zutritt der freien Luft verhindert werden, die
Farbe und Dichtigkeit des Alabasters anzunehmen,
im Ganzen aber schon einen Begriff von den Wun-
dern geben, die das Auge hier erblicken wird.

Der einzige Eingang zu der Grotte stößt an
einen mehr weiten als tiefen unterirdischen Salz-
wasser = See, über welchen man auf einer eigends
dazu eingerichteten Schaluppe nach dem Eingange
der eigentlichen Neptunsgrotte rudert. Auf die
grauenhafte Dunkelheit dieser unterirdischen Schiff-
fahrt, die den Reisenden unwillkürlich an den Styx
und dessen mitleidlosen Fuhrmann erinnert, folgt
eine plötzliche, durch Fackeln und Windlichter her-
vorgebrachte Helle, welche dem erstaunten Blick eine
weite Aussicht in eine Feenwelt eröffnet, oder, wie
die Poesie es mit Recht genannt hat, in den Pal-
last des Meergottes.
Rechts und lints stutzen
Säulen von einer Stärke, daß 12 Menschen sie
nicht zu umklaftern vermöchten, das hocherhabene
Gewölbe, oder bekränzen den See. Hin und wieder
sind sie so dicht in drei = bis vierfachen Reihen bei
einander, daß man sie für einen undurchdringlichen
Wald halten möchte, obschon ein Mensch leicht durch
die Zwischenräume derselben kommen kann. An einer
Stelle erinnern sie an die alten Tempel Egyptens,
an einer andern an die langen, prachtvollen Säu-
lengänge des alten Roms; weiterhin kömmt man
auf mehreren Stufen zu einem herrlichen Amphi-
theater, und je tiefer man in diesen Tempel der
Natur, den Menschen ände geschaffen zu haben schei-
nen, eindringt, je mehr vervielfachen sich die Wun-
der, so daß sich das Auge nicht an der Menge
kleiner Tempel, Büsten, vielfacher Thierbildungen,
phantastischer Gestalten und seltsamer [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]Naturspiele
satt zu sehen vermag. Bald ziehen ein wie mit
Kunst zwischen zwei Säulenkhaufen aufgehangener
Vorhang, bald einzelne Skulpturen und Schmuck-
werk, die mit einer Genauigkeit und Feinheit aus-
geführt sind, daß sie der [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]gewandteste Meister kaum
so zu verfertigen im Stande wäre, den Blick auf
sich. Die reichen Verzierungen der Decke entsprechen
der Schönheit und Pracht des Ganzen; überall sieht
man hier umgekehrte kleine Poramiden und gothische
Säulen herabhängen, welche das Ansehen verlän-
gerter Kegel haben und in einer scharfen Spitze
enden. Alle diese wunderbaren Gestaltungen bestehen
aber weder aus Marmor, noch aus Alabaster, ob-
schon sie das Ansehen derselben haben, sondern es
sind reine Stalaktiten, die theils geädert, wie der
[Spaltenumbruch] Marmor, theils schneeweiß sind und dann für die
schönsten gehalten werden.

Die Einwohner von Alghero, welche mit
Recht diese Neptunsgrotte als eine große Merkwür-
digkeit ihres Landes betrachten, gaben ihr nicht
allein vor der von Antiparos, die, nebenbei be-
merkt, von ganz anderer Art und Bildung ist, son-
dern auch vor der von Mahon auf der Jnsel Mi-
norca, und den mehrsten andern der berühmtesten
in Europa den Vorzug. So viel ist wenigstens
gewiß, daß sie, vermöge ihrer Größe und der Schön-
heit ihrer Tropfsteinbildungen, den Vorrang vor
allen andern Grotten auf Sardinien wie z. B. der
von San Mialis bei Cagliari und der von
Acqua=Rutta bei Domus=Noas, verdient,
und daß sie gewiß weit häufiger als bisher von
Reisenden würde besucht werden, wenn man sich
die nicht bedeutende Mühe gäbe, den Eingang etwas
zu erleichtern.

Bemerkt mag noch seyn, daß ein neuer Hero-
strat,
ein Schiffskapitain, zu der Zeit, als man
diese Grotte entdeckte, sich das elende Vergnügen
machte, mittelst Kanonenschüsse mehrere der herr-
lichsten Pfeiler zu zerstören, bloß um zu zerstören.

    S.



Ein zertrümmertes Schiff.

Es war, wie wir aus authentischen Berichten
erfahren, ein amerikanisches, auf den Wallfischfang
auegeherdes Schiff, der "Essex" das in dem stillen
Meere von einem ungeheueren Pottwallfische zer-
trümmert wurde. Während der größere Theil der
Mannschaft auf den Böten damit beschäftigt war,
Wallfische zu erlegen, sahen einige, die am Bord
zurückgeblieben waren, einen ungeheueren Wallfisch
dicht auf das Schiff loskommen, und als er sehr
nahe daran war, schien er unterzutauchen, um dem
Schiffe auszuweichen; allein indem er dieß that,
schlug er mit seinem Rumpfe gegen einen Schiffs-
theil an, der sogleich in Stücke zerbrach und auf
der Meeresfläche umherschwamm; hierauf sah man
den Wallfisch in einer kleinen Entfernung vom Schiffe
wieder auftauchen, und mit anscheinend großer Wuth
auf dasselbe losfahren, indem er an eines der Bug-
spriete mit seinem Kopfe anschlug und dasselbe mit
erstaunender Gewalt zerschmetterte. Das Schiff füllte
sich unmittelbar mit Wasser, und sank nach einer
Seite zu. So war der einzige Zufluchtsort für die
armen Leute auf den Böten zerstört, indem sie sich
auf mehrere hundert Meilen von dem nächsten Lande
entfernt befanden. Als sie zum Wrak zurückkehrten,
fanden sie die Wenigen, die sie am Bord zurückge-
lassen, wie sie in aller Eile sich in ein Boot ge-
fluchtet, da sie kaum noch die Zeit dazu hatten, aus
dem umstürzendem Schiffe zu entkommen. Es war
nur wenig Vorrath an Lebensmitteln für die Mann-
schaft mit großer Schwierigkeit aus dem Wrak her-
beizuschaffen, und damit sahen sie sich genötdigt, die
lange traurige Reise nach der Küste von Peru an-
zutreten. Nur einem Boote war es geglückt, von
einem Fahrzeuge nicht weit von der Kuste aufge-
nommen zu werden; auf demselben befanden sich die
einzigen Ueberreste von der verunglückten Mannschaft,
drei an der Zahl, alle Uebrigen waren unter den
schrecklicheu Qualen des Hungers umgekommen. A.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] den Dingen etwas genauer bekannten Einwohner, daß
die Verbesserung nur auf der Oberfläche schwimme,
während im Jnnern Alles morsch sey.“     L.



Die Neptunsgrotte in Sardinien.

Diese Grotte befindet sich ungefähr 12 Miglien
von Alghero, auf der rechten Seite der herrlichen
[unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]Rhede von Porto Conte unter dem Cap Caccia.
Wenn man dieß Vorgebirge, dessen Gipfel sich be-
deutend erhebt, umsegelt und die zahlreichen, von
Wasservögeln reich bevölkerten Schluchten desselben
betrachtet hat, gelangt man in eine kleine, durch
das Eiland Foradada gegen die West= und Nord-
winde geschützte Bucht, woselbst man sogleich beim
Landen die sogenannte äußere Grotte erblickt,
deren Wände mit Tropfstein und anderen mannig-
fachen Verhärtungen überzogen sind, die nur durch
den Zutritt der freien Luft verhindert werden, die
Farbe und Dichtigkeit des Alabasters anzunehmen,
im Ganzen aber schon einen Begriff von den Wun-
dern geben, die das Auge hier erblicken wird.

Der einzige Eingang zu der Grotte stößt an
einen mehr weiten als tiefen unterirdischen Salz-
wasser = See, über welchen man auf einer eigends
dazu eingerichteten Schaluppe nach dem Eingange
der eigentlichen Neptunsgrotte rudert. Auf die
grauenhafte Dunkelheit dieser unterirdischen Schiff-
fahrt, die den Reisenden unwillkürlich an den Styx
und dessen mitleidlosen Fuhrmann erinnert, folgt
eine plötzliche, durch Fackeln und Windlichter her-
vorgebrachte Helle, welche dem erstaunten Blick eine
weite Aussicht in eine Feenwelt eröffnet, oder, wie
die Poesie es mit Recht genannt hat, in den Pal-
last des Meergottes.
Rechts und lints stutzen
Säulen von einer Stärke, daß 12 Menschen sie
nicht zu umklaftern vermöchten, das hocherhabene
Gewölbe, oder bekränzen den See. Hin und wieder
sind sie so dicht in drei = bis vierfachen Reihen bei
einander, daß man sie für einen undurchdringlichen
Wald halten möchte, obschon ein Mensch leicht durch
die Zwischenräume derselben kommen kann. An einer
Stelle erinnern sie an die alten Tempel Egyptens,
an einer andern an die langen, prachtvollen Säu-
lengänge des alten Roms; weiterhin kömmt man
auf mehreren Stufen zu einem herrlichen Amphi-
theater, und je tiefer man in diesen Tempel der
Natur, den Menschen ände geschaffen zu haben schei-
nen, eindringt, je mehr vervielfachen sich die Wun-
der, so daß sich das Auge nicht an der Menge
kleiner Tempel, Büsten, vielfacher Thierbildungen,
phantastischer Gestalten und seltsamer [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]Naturspiele
satt zu sehen vermag. Bald ziehen ein wie mit
Kunst zwischen zwei Säulenkhaufen aufgehangener
Vorhang, bald einzelne Skulpturen und Schmuck-
werk, die mit einer Genauigkeit und Feinheit aus-
geführt sind, daß sie der [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]gewandteste Meister kaum
so zu verfertigen im Stande wäre, den Blick auf
sich. Die reichen Verzierungen der Decke entsprechen
der Schönheit und Pracht des Ganzen; überall sieht
man hier umgekehrte kleine Poramiden und gothische
Säulen herabhängen, welche das Ansehen verlän-
gerter Kegel haben und in einer scharfen Spitze
enden. Alle diese wunderbaren Gestaltungen bestehen
aber weder aus Marmor, noch aus Alabaster, ob-
schon sie das Ansehen derselben haben, sondern es
sind reine Stalaktiten, die theils geädert, wie der
[Spaltenumbruch] Marmor, theils schneeweiß sind und dann für die
schönsten gehalten werden.

Die Einwohner von Alghero, welche mit
Recht diese Neptunsgrotte als eine große Merkwür-
digkeit ihres Landes betrachten, gaben ihr nicht
allein vor der von Antiparos, die, nebenbei be-
merkt, von ganz anderer Art und Bildung ist, son-
dern auch vor der von Mahon auf der Jnsel Mi-
norca, und den mehrsten andern der berühmtesten
in Europa den Vorzug. So viel ist wenigstens
gewiß, daß sie, vermöge ihrer Größe und der Schön-
heit ihrer Tropfsteinbildungen, den Vorrang vor
allen andern Grotten auf Sardinien wie z. B. der
von San Mialis bei Cagliari und der von
Acqua=Rutta bei Domus=Noas, verdient,
und daß sie gewiß weit häufiger als bisher von
Reisenden würde besucht werden, wenn man sich
die nicht bedeutende Mühe gäbe, den Eingang etwas
zu erleichtern.

Bemerkt mag noch seyn, daß ein neuer Hero-
strat,
ein Schiffskapitain, zu der Zeit, als man
diese Grotte entdeckte, sich das elende Vergnügen
machte, mittelst Kanonenschüsse mehrere der herr-
lichsten Pfeiler zu zerstören, bloß um zu zerstören.

    S.



Ein zertrümmertes Schiff.

Es war, wie wir aus authentischen Berichten
erfahren, ein amerikanisches, auf den Wallfischfang
auegeherdes Schiff, der „Essex“ das in dem stillen
Meere von einem ungeheueren Pottwallfische zer-
trümmert wurde. Während der größere Theil der
Mannschaft auf den Böten damit beschäftigt war,
Wallfische zu erlegen, sahen einige, die am Bord
zurückgeblieben waren, einen ungeheueren Wallfisch
dicht auf das Schiff loskommen, und als er sehr
nahe daran war, schien er unterzutauchen, um dem
Schiffe auszuweichen; allein indem er dieß that,
schlug er mit seinem Rumpfe gegen einen Schiffs-
theil an, der sogleich in Stücke zerbrach und auf
der Meeresfläche umherschwamm; hierauf sah man
den Wallfisch in einer kleinen Entfernung vom Schiffe
wieder auftauchen, und mit anscheinend großer Wuth
auf dasselbe losfahren, indem er an eines der Bug-
spriete mit seinem Kopfe anschlug und dasselbe mit
erstaunender Gewalt zerschmetterte. Das Schiff füllte
sich unmittelbar mit Wasser, und sank nach einer
Seite zu. So war der einzige Zufluchtsort für die
armen Leute auf den Böten zerstört, indem sie sich
auf mehrere hundert Meilen von dem nächsten Lande
entfernt befanden. Als sie zum Wrak zurückkehrten,
fanden sie die Wenigen, die sie am Bord zurückge-
lassen, wie sie in aller Eile sich in ein Boot ge-
fluchtet, da sie kaum noch die Zeit dazu hatten, aus
dem umstürzendem Schiffe zu entkommen. Es war
nur wenig Vorrath an Lebensmitteln für die Mann-
schaft mit großer Schwierigkeit aus dem Wrak her-
beizuschaffen, und damit sahen sie sich genötdigt, die
lange traurige Reise nach der Küste von Peru an-
zutreten. Nur einem Boote war es geglückt, von
einem Fahrzeuge nicht weit von der Kuste aufge-
nommen zu werden; auf demselben befanden sich die
einzigen Ueberreste von der verunglückten Mannschaft,
drei an der Zahl, alle Uebrigen waren unter den
schrecklicheu Qualen des Hungers umgekommen. A.



[Ende Spaltensatz]
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Der einzige Eingang zu der Grotte stößt an einen mehr weiten als tiefen unterirdischen Salz- wasser = See, über welchen man auf einer eigends dazu eingerichteten Schaluppe nach dem Eingange der eigentlichen Neptunsgrotte rudert. Auf die grauenhafte Dunkelheit dieser unterirdischen Schiff- fahrt, die den Reisenden unwillkürlich an den Styx und dessen mitleidlosen Fuhrmann erinnert, folgt eine plötzliche, durch Fackeln und Windlichter her- vorgebrachte Helle, welche dem erstaunten Blick eine weite Aussicht in eine Feenwelt eröffnet, oder, wie die Poesie es mit Recht genannt hat, in den Pal- last des Meergottes. Rechts und lints stutzen Säulen von einer Stärke, daß 12 Menschen sie nicht zu umklaftern vermöchten, das hocherhabene Gewölbe, oder bekränzen den See. Hin und wieder sind sie so dicht in drei = bis vierfachen Reihen bei einander, daß man sie für einen undurchdringlichen Wald halten möchte, obschon ein Mensch leicht durch die Zwischenräume derselben kommen kann. An einer Stelle erinnern sie an die alten Tempel Egyptens, an einer andern an die langen, prachtvollen Säu- lengänge des alten Roms; weiterhin kömmt man auf mehreren Stufen zu einem herrlichen Amphi- theater, und je tiefer man in diesen Tempel der Natur, den Menschen ände geschaffen zu haben schei- nen, eindringt, je mehr vervielfachen sich die Wun- der, so daß sich das Auge nicht an der Menge kleiner Tempel, Büsten, vielfacher Thierbildungen, phantastischer Gestalten und seltsamer ___________Naturspiele satt zu sehen vermag. Bald ziehen ein wie mit Kunst zwischen zwei Säulenkhaufen aufgehangener Vorhang, bald einzelne Skulpturen und Schmuck- werk, die mit einer Genauigkeit und Feinheit aus- geführt sind, daß sie der ___________gewandteste Meister kaum so zu verfertigen im Stande wäre, den Blick auf sich. Die reichen Verzierungen der Decke entsprechen der Schönheit und Pracht des Ganzen; überall sieht man hier umgekehrte kleine Poramiden und gothische Säulen herabhängen, welche das Ansehen verlän- gerter Kegel haben und in einer scharfen Spitze enden. Alle diese wunderbaren Gestaltungen bestehen aber weder aus Marmor, noch aus Alabaster, ob- schon sie das Ansehen derselben haben, sondern es sind reine Stalaktiten, die theils geädert, wie der Marmor, theils schneeweiß sind und dann für die schönsten gehalten werden. Die Einwohner von Alghero, welche mit Recht diese Neptunsgrotte als eine große Merkwür- digkeit ihres Landes betrachten, gaben ihr nicht allein vor der von Antiparos, die, nebenbei be- merkt, von ganz anderer Art und Bildung ist, son- dern auch vor der von Mahon auf der Jnsel Mi- norca, und den mehrsten andern der berühmtesten in Europa den Vorzug. So viel ist wenigstens gewiß, daß sie, vermöge ihrer Größe und der Schön- heit ihrer Tropfsteinbildungen, den Vorrang vor allen andern Grotten auf Sardinien wie z. B. der von San Mialis bei Cagliari und der von Acqua=Rutta bei Domus=Noas, verdient, und daß sie gewiß weit häufiger als bisher von Reisenden würde besucht werden, wenn man sich die nicht bedeutende Mühe gäbe, den Eingang etwas zu erleichtern. Bemerkt mag noch seyn, daß ein neuer Hero- strat, ein Schiffskapitain, zu der Zeit, als man diese Grotte entdeckte, sich das elende Vergnügen machte, mittelst Kanonenschüsse mehrere der herr- lichsten Pfeiler zu zerstören, bloß um zu zerstören. S. Ein zertrümmertes Schiff. Es war, wie wir aus authentischen Berichten erfahren, ein amerikanisches, auf den Wallfischfang auegeherdes Schiff, der „Essex“ das in dem stillen Meere von einem ungeheueren Pottwallfische zer- trümmert wurde. Während der größere Theil der Mannschaft auf den Böten damit beschäftigt war, Wallfische zu erlegen, sahen einige, die am Bord zurückgeblieben waren, einen ungeheueren Wallfisch dicht auf das Schiff loskommen, und als er sehr nahe daran war, schien er unterzutauchen, um dem Schiffe auszuweichen; allein indem er dieß that, schlug er mit seinem Rumpfe gegen einen Schiffs- theil an, der sogleich in Stücke zerbrach und auf der Meeresfläche umherschwamm; hierauf sah man den Wallfisch in einer kleinen Entfernung vom Schiffe wieder auftauchen, und mit anscheinend großer Wuth auf dasselbe losfahren, indem er an eines der Bug- spriete mit seinem Kopfe anschlug und dasselbe mit erstaunender Gewalt zerschmetterte. Das Schiff füllte sich unmittelbar mit Wasser, und sank nach einer Seite zu. So war der einzige Zufluchtsort für die armen Leute auf den Böten zerstört, indem sie sich auf mehrere hundert Meilen von dem nächsten Lande entfernt befanden. Als sie zum Wrak zurückkehrten, fanden sie die Wenigen, die sie am Bord zurückge- lassen, wie sie in aller Eile sich in ein Boot ge- fluchtet, da sie kaum noch die Zeit dazu hatten, aus dem umstürzendem Schiffe zu entkommen. Es war nur wenig Vorrath an Lebensmitteln für die Mann- schaft mit großer Schwierigkeit aus dem Wrak her- beizuschaffen, und damit sahen sie sich genötdigt, die lange traurige Reise nach der Küste von Peru an- zutreten. Nur einem Boote war es geglückt, von einem Fahrzeuge nicht weit von der Kuste aufge- nommen zu werden; auf demselben befanden sich die einzigen Ueberreste von der verunglückten Mannschaft, drei an der Zahl, alle Uebrigen waren unter den schrecklicheu Qualen des Hungers umgekommen. A.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 9. Prag, 1836, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama09_1836/3>, abgerufen am 01.06.2024.